Titel: | Ueber Nononaphten und seine Derivate. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 456 |
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Ueber Nononaphten und seine Derivate.
Ueber Nononaphten und seine Derivate.
In der von Markownikow und OglobinJournal de la Soc. phys.-chim. russe 16 (2)
296 und 297. veröffentlichten Untersuchung der
kaukasischen Naphta ist eine Reihe von Kohlenwasserstoffen der allgemeinen Formel
CnH2n
beschrieben, die die Eigenschaften der gesättigten Kohlenwasserstoffe besitzen und
welche sie Naphtene nannten. Eine ausführliche
Untersuchung eines von diesen Kohlenwasserstoffen, des Nononaphtens C9H18 vom Siedepunkt
135 bis 136° und dem spec. Gew. 0,7652 bei 20° und 0,7808 bei 0°, hat Konowalow veröffentlicht (Journal de la Société physico-chimique russe à l'Université de St.
Petersbourg, 1890 Bd. 22 S. 4 und S. 118).
Das Nononaphten C9H18
hat Konowalow aus der Balachan- und Bibi-Aibatnaphta in
folgender Weise ausgeschieden: Das Destillat 125 bis 140° aus Bibi-Aibatnaphta wurde
nach 3maliger Destillation mit 10 Proc. Schwefelsäure während 2 Stunden geschüttelt
und 24 Stunden bei 40° stehen gelassen. Das spec. Gew. ändert sich dabei nicht Das
Destillat wird dann 3mal mit je 20 Proc. rauchender Schwefelsäure gereinigt, unter
Erwärmen auf 40° und einstündigem Schütteln. Das spec. Gew. sinkt von 0,763 (bei
22°) auf 0,758. Man beobachtet ziemlich heftige Entwickelung von schwefliger Säure.
Die Schwefelsäure bräunt sich stark und wird dickflüssig. Das Destillat wird mit
Soda und Wasser gewaschen, mit Chlorcalcium getrocknet und über metallischem Natrium
6 mal destillirt. Die Fractionen werden aufgefangen von 121 bis 151° in Grenzen von
5 bis 6°. Ferner werden gesammelt die Fractionen 133 bis 139° und 139 bis 145°.
Diese wurden wie früher mit rauchender Schwefelsäure behandelt, wobei sich das spec.
Gew. nicht mehr als um 0,002 erniedrigt. Nach dem Auswaschen, Trocknen und
Destilliren über Natrium in Grenzen von 2° (10mal) bekommt man ein Destillat vom
constanten Siedepunkte 135 bis 137°. Das spec. Gew. beträgt 0,7647. Ferner wurde aus
dem Balachan-Kerosin das Nononaphten vom Siedepunkte 135 bis 137° ebenfalls
herausdestillirt. Sein spec. Gew. war d\,\frac{20}{0}=0,7681 und
d\,\frac{20}{20}=0,7664.
Die spec. Gew. der aus den verschiedenen Fractionen gewonnenen Nononaphtene sind also
nicht so weit verschieden, daſs auf die Anwesenheit mehrerer Kohlenwasserstoffe von
gleichem Siedepunkt geschlossen werden könnte, eine Annahme, welche auch durch die
Analysen Konowalow's gestützt wird.
Das Nononaphten aus der kaukasischen Naphta hat sonach gleichen Siedepunkt wie das
Nonan aus amerikanischem Erdöl, während sein spec. Gew. erheblich höher ist, wie aus
folgender Tabelle zu ersehen.
Siedepunkt
Spec. Gew.
Autoren
1)
Nonan
aus
amerik.
Erdöl
= 150,8°
–
Warren
2)
„
„
„
„
136–138°
0,741 (15°)
Cahours u. Pelouze
3)
„
„
„
„
135–147°
0,742 (14,4°)
Lemoin
4)
„
„
„
„
129–131,5°bei 751mm
0,743 (0°),0,734 (12,6°)
\frac{d\,D}{d\,t^{\circ}}=0,000708
5)
Normales Nonan aus Pe-largonsäure
149,5° (760mm)
0,733\,\left(\frac{0}{4}\right)
0,7177\,\left(\frac{20}{4}\right)
12,7Kraft\frac{d\,D}{d\,t}=0,000765
Das spec. Volumen des Nononaphtens bei 0° = 161,37.
Der Coefficient der Veränderung des spec. Gew. bei Temp.
\frac{d\,D}{d\,t} zwischen 20° und 0° beträgt 0,00078. Für
die übrigen Naphtene ist dieser Coefficient = 0,00077 bis 0,00088.
Auf polarisirtes Licht wirkt das Nononaphten, wie auch die anderen Naphtene der
kaukasischen Naphta, nicht ein. In Wasser ist Nononaphten unlöslich, aber sehr
hygroskopisch. Bei der Destillation über Natrium wird ein kleiner Theil des
Kohlenwasserstoffes in essigsaures Natron übergeführt. Vor kurzemJournal de la Soc. Ch.
russe 20 (1) 648. hat Osipow in Paris die Verbrennungswärmen zweier isomeren Nononaphtene
bestimmt. Das eine, vom Siedepunkt 135 bis 136° hat eine Verbrennungswärme von 10958
kleinen Calorien. Das andere, ein Isonononaphten, vom Siedepunkt 150 bis 151° hat
10966 kleine Calorien.
Das Verhalten des Nononaphtens zu chemischen Reagentien.
Man hat bisher angenommen, daſs die Naphtene gegenüber verschiedenen Reagentien in
hohem Grade indifferent und in dieser Beziehung den Paraffinen sehr ähnlich sind.
Speciell das Studium des Nononaphtens hat jedoch gelehrt, daſs dies nicht durchweg
der Fall ist und Mendelejeff's Vorschlag, bei der
Reinigung von Kohlenwasserstoffen die Behandlung mit Schwefelsäure wegzulassen, ist
deshalb nicht ohne Grund.
Das Verhalten der Naphtene zu Schwefelsäure. In
Uebereinstimmung mit Markownikow und Spadi (Ibid. 19 (1) 519) hat Konowalow gefunden, daſs rauchende Schwefelsäure die Naphtene angreift.
Bei Verwendung überschüssiger Säure bilden sich Sulfosäuren, Harze und auch mit
Wasserdämpfen flüchtige Körper. Konowalow glaubt, daſs
beim Behandeln von Nononaphten mit der 4fachen Menge rauchender Schwefelsäure sich
Mono- und Disulfosäure des Pseudocumols bilden; analog der Annahme von Markownikow und Spadi,
wonach durch Einwirkung von rauchender Schwefelsäure auf Octonaphten Mono- und
Disulfosäuren des Metaxylols entstehen.
Bei der Behandlung des Nononaphtens vom Siedepunkt 135 bis 137° mit Schwefel nach der Methode von Markownikow und Spadi waren wohl
charakterisirte Verbindungen nicht zu erhalten.
Brom allein wirkt auf Naphtene unter Ausscheidung von
Bromwasserstoff nicht nur beim Erwärmen, wie Beistein
und Kurbatow zeigten, sondern auch bei gewöhnlicher
Temperatur ein. Die Reaction geht langsam bei zerstreutem Lichte (im Dunkeln gar
nicht), aber rasch im direkten Sonnenlichte vor sich. Reine
Brom-Substitutionsproducte des Nononaphtens konnten nicht isolirt werden.
Einwirkung von Brom auf Naphtene bei Gegenwart von
Aluminiumbromid. Gustavson hat eine empfindliche und bequeme Reaction auf
aromatische Kohlenwasserstoffe angegeben: man behandelt den zu prüfenden
Kohlenwasserstoff mit Brom und Aluminiumbromid, wobei sich Krystallnadeln bilden.
Alle Naphtene von C7 bis C10, die in Konowalow's Laboratorium
dargestellt sind, geben aber immer diese Krystallnadeln, auch wenn man die Naphtene
vorher mehrmals mit rauchender Schwefelsäure behandelt hat. Auch Naphtene, die durch
Hydriren der Naphtylene erhalten waren, gaben diese Reaction. Man glaubte
anfänglich, dieses Verhalten der Naphtene durch einen Gehalt derselben an
aromatischen Kohlenwasserstoffen erklären zu sollen, wie die Versuche von Konowalow beweisen, ist dies indessen nicht der
Fall.
10g Nononaphten vom Siedepunkte 135 bis 137° wurden
portionsweise zu 40g Brom bei Gegenwart von
einigen Milligrammen Aluminiumbromid zugegeben; dabei scheiden sich bei
entsprechender Verarbeitung des Bromirungsproductes Krystallnadeln aus, welchen die
Zusummensetzung C9H9Br3 zukommt.
Nach dem Umkrystallisiren schmilzt der gröſste Theil der Krystalle bei 227°, ein
kleiner Theil bei 235°. Der Gehalt an Brom in den sublimirten Krystallen beträgt
67,86 Proc., Kohlenstoff 29,8 Proc. Tribrompseudocumol, das bei 225 bis 226°
schmilzt, enthält:
Br = 67,22 Proc. C = 30,2 Proc. H = 2,5 Proc.
Die leichte Löslichkeit dieses Bromids in Benzol, die Schwerlöslichkeit in siedendem
Alkohol, die Fähigkeit zu sublimiren, entspricht vollkommen den Eigenschaften des
Tribrompseudocumols. Der etwas höhere Gehalt an Brom und der etwas höhere
Schmelzpunkt deuten vielleicht auf Gegenwart eines an Brom reicheren Bromids, z.B.
C8H6Br4, das bei 240 bis 241° schmilzt. Es ist nicht
unwahrscheinlich, daſs bei der Einwirkung des Broms auf das Naphten eine Abspaltung
einer Methylgruppe stattfindet, was auch, wie später angegeben, bei der Einwirkung
von Salpetersäure beobachtet wurde. Wir sehen somit, daſs Brom bei Gegenwart von
Aluminiumbromid nicht sowohl auf beigemischte aromatische Kohlenwasserstoffe,
sondern sehr energisch auch auf die Naphtene selbst
einwirkt. Konowalow hält es für unmöglich, daſs sein
Nononaphten 7 Proc. aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten soll, welche Menge sich aus der
Quantität des abgeschiedenen Tribrompseudocumols berechnet.
Das von P. Subow aus Octylalkohol erhaltene Octan gibt
bei der analogen Verarbeitung keine krystallinischen Producte.
Chlor reagirt mit Nononaphten in der Wärme und bei
gewöhnlicher Temperatur wie mit allen Naphtenen überhaupt. Ueberschüssiges Chlor
wirkt im direkten Sonnenlichte auf Dämpfe des Kohlenwasserstoffes unter Explosion
ein, wobei starke Abscheidung von Kohle eintritt. Als Producte der Reaction treten
auf Mono- und Poly-substituirte Nononaphtene, von denen später die Rede sein
wird.
Das Verhalten zu Salpetersäure. Auf Grund der
Eigenschaft der Naphtene krystallinische aromatische Nitroproducte zu liefern,
reihten schon Beilstein und Kurbatow die Naphtene in die Gruppe der hydrirten aromatischen
Kohlenwasserstoffe ein. Zu dem gleichen Resultate kommt auch Konowalow beim Studium des Verhaltens des Nononaphtens gegenüber
verdünnter Salpetersäure.
Konowalow hatte erwartet, daſs es ihm unter Benutzung
der Brückner'schen MethodeBrückner, Berliner
Berichte, 9 406. Ann. Ch. Pharm. 141,
144. zur Darstellung aromatischer Carbonsäuren mittels verdünnter
Salpetersäure auch gelingen werde, zu Carbonsäuren der Naphtene zu gelangen.
5cc Nononaphten (Siedepunkt 135 bis 137°) wurden
mit 20cc verdünnter Salpetersäure (Salpetersäure
vom spec. Gew. 1,38 mit 2 Vol. H2O verdünnt) in
geschlossenen Röhren bis auf 120 bis 130° erhitzt. Nach 5 Stunden wurden die Röhren,
welche starken Druck zeigten, geöffnet. Es hatte sich ein Oel abgeschieden, das von
der wässerigen Flüssigkeit getrennt, mit Sodalösung gewaschen, mit Wasserdampf
übergetrieben, dann mit Chlorcalcium getrocknet und fractionirt wurde. Dabei siedete
die Hauptmenge des Oeles constant bei 218 bis 220°. Stickstoffbestimmung und
Elementaranalyse lieferten Zahlen, welche auf die Zusammensetzung dieses Oeles C8H15NO2 stimmen.
Das Oel ist von schwach gelber Farbe und hat einen charakteristischen, aber sehr
wenig an aromatische Kohlenwasserstoffe erinnernden Geruch. Concentrirte wässerige
Lösungen der Alkalien lösen diesen Körper sehr wenig auf. Die Farbreaction mit
salpetrigsaurem Kali und Schwefelsäure, welche für die Nitro- und
Pseudonitroderivate der Paraffinkohlenwasserstoffe charakteristisch sind, zeigt
dieses Oel nicht. Beim Erhitzen auf dem Wasserbade mit Zinn
und Salzsäure löst sich der Körper nach einigen Stunden auf. Beim Zusatz
von Alkalien und Destilliren mit Wasserdampf erhält man eine flüchtige Base, die in
Wasser schwer löslich ist. Nach dem Trocknen mit Kalihydrat siedet diese Base bei
170 bis 174° und destillirt ohne Zersetzung als eine farblose stark riechende
Flüssigkeit (der Geruch erinnert an Coniin).
Sie ist leichter als Wasser; das salzsaure Salz ist leicht löslich in Wasser und
krystallisirt aus heiſsen Lösungen in Blättern oder Nadeln aus. Es bildet mit
Platinchlorid eine Verbindung, die schwer löslich ist in kaltem und leicht in
heiſsem Wasser. Aus der heiſsen Lösung krystallisirt das Platinchloriddoppelsalz in
Form von glänzenden gelben Blättchen und Nadeln, dasselbe enthält 30,1 Proc. Platin.
Der Formel (C8H15NH2. HCl)2 PtCl4 entspricht 29,6 Proc. Pt. Der
beschriebene Versuch beweist, wie leicht die Naphtene durch verdünnte Salpetersäure
nitrirt werden, und daſs hierbei Abspaltung wahrscheinlich einer CH3-Gruppe erfolgt, an deren Stelle im Molekül die
Nitrogruppe tritt.
Wir haben hier also die gleiche Erscheinung des Abbaus des Nononaphtenmoleküls wie
wir ihn bei der Einwirkung von Brom und Aluminiumbromid auf jenen Kohlenwasserstoff
bereits oben beschrieben haben und es ist nun verständlich, warum es bis jetzt nicht
gelang, die Oxydationsproducte der Naphtene, die Naphtensäuren, durch direkte
Oxydation jener Kohlenwasserstoffe zu erhalten.
Konowalow glaubt mittels dieser Nitrirungsreaction eine
Reihe von Homologen der Naphtene zu erhalten. Er hofft auch die Ausbeute an Nitro-
und Amidokörper vergröſsern und durch Hydriren die Naphtenamine in
Kohlenwasserstoffe überführen zu können, welche dann wieder der Wirkung der
Salpetersäure ausgesetzt werden sollen. Man wird der Lösung der Frage über die Natur
und Constitution der Naphtene näher kommen, sobald eine solche homologe Reihe
aufgestellt und sobald auch die Grenze, bis zu welcher man bei der Abspaltung von
Kohlenwasserstoffgruppen gelangen kann, bekannt sein wird.
Besonderes Interesse beanspruchen die Amidoverbindungen deshalb, weil sie einerseits
das Ausgangsmaterial für die Darstellung der Naphtenalkohole liefern und
andererseits den natürlichen Alkaloiden nahe stehen. So ist z.B. das Naphtenamin
C8H15NH2 dem Coniin
isomer.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, daſs bei der Einwirkung der verdünnten Salpetersäure
auf das Nononaphten auſser dem beschriebenen Nitroproduct in geringer Menge auch
noch Körper auftreten, welche ihre Entstehung einer oxydirenden Wirkung der
verdünnten Salpetersäure verdanken. Es gelang Konowalow, in dem Reactionsproduct Terephtalsäure und Fettsäuren
(hauptsächlich Essigsäure) nachzuweisen.
Wirkung von Oxydationsmittel auf Nononaphten. Versuche,
dem Nononaphten Wasserstoff zu entziehen mittels Ueberleiten über schwach glühendes
Bleioxyd führten nicht zum Ziele. Ebenso erfolglos erwiesen sich die Versuche mit
schwachen Oxydationsmitteln.
Reduction des Nononaphtens. Konowalow hat in der
Absicht, das Nononaphten in Nonan überzuführen, ersteres unter den verschiedensten
Bedingungen mit Jodwasserstoff und Phosphor, sowie mit Jodwasserstoff allein in
zugeschmolzenen Rohren bei höherer Temperatur behandelt. Diese Versuche sind
indessen bis jetzt durchaus negativ ausgefallen.
Konowalow halt es aber nicht für ausgeschlossen, daſs
die Ueberführung des Nononaphtens in Nonan bei entsprechend geänderten
Versuchsbedingungen doch noch gelingen werde.
Derivate des
Nononaphtens:
Monochloride des Nononaphtens wurden
durch Einleiten von trockenem Chlor in die Dämpfe des Kohlenwasserstoffes erhalten.
Sowohl aus dem Nononaphten vom Siedepunkt 135 bis 136° und spec. Gew.
0,7652\,\left(\frac{20}{0}\right) oder
0,7664\,\left(\frac{20}{20}\right), das Markownikow und Oglobin
beschrieben haben, wie auch aus dem Nononaphten aus Bibi-Aibatnaphta vom Siedepunkte
135 bis 137° bekommt man ein Monochlorid von der Zusammensetzung C9H17Cl, ebenfalls
ein Beweis, daſs die Nononaphtene verschiedener Herkunft identisch sind.
Auſserdem scheint sich noch ein isomeres Chlorid zu bilden, dessen
Siedepunkt bei 185,5° liegt; es hat das spec. Gew.
D\,\frac{20}{20}=0,9339,
D\,\frac{20}{0}=0,9322,
D\,\frac{0}{0}=0,9515,
D\,\frac{0}{4}=0,95067.
Beide Chloride des Nononaphtens sind ölige Flüssigkeiten, gut
gereinigt sind sie farblos und lassen sich bei gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung
destilliren, ihr Geruch erinnert an Campher. Kaliumhydrat bewirkt
Salzsäure-Abspaltung, in wässeriger Lösung geht jedoch diese Reaction sehr schwer
vor sich. Beim Kochen mit concentrirter Kalilauge unter Zusatz von etwas Alkohol
bekommt man aus dem Chloride des Nononaphtens sehr complicirte Verbindungen, was
auch schon Markownikow, Oglobin und Pautinski bei den Chloriden der übrigen Naphtene
bemerkt haben.
Wasser wirkt wie Kalilauge, spaltet
HCl ab, in gröſseren Mengen beim Erwärmen. Auch hier verläuft die Reaction nicht
ganz einfach; es tritt theilweise Ersetzung des Chlors durch Hydroxyl ein. Essigsaures Kalium und essigsaures Silber geben mit dem
Chloride Essigsäureester des Nononaphtenalkohols.
Brom wirkt auf C9H17Cl vom
Siedepunkte 185,5° bei Gegenwart von Al2Br6 sehr energisch ein. Man bekommt sehr schnell
Krystalle, die denselben Schmelzpunkt haben, wie die aus dem Kohlenwasserstoff C9H16 erhaltenen.
Diese Reaction ist sehr bemerkenswerth, weil sie einen Fingerzeig gibt, in welcher
Stellung im Chlorid C9H17Cl das Chlor sich befindet, wenn das erhaltene Reactionsproduct
Tribrompseudocumol ist.
Jodid des Nononaphtens. Dasselbe
wurde durch Erwärmen des Chlorids während 18 bis 20 Stunden mit dem 4fachen Volumen
Jodwasserstoffsäure (gesättigt bei 0°) in geschlossenen Röhren dargestellt, das
Reactionsproduct mit Wasser verdünnt und die, das Jodproduct enthaltene ölige
Schicht vom säurehaltigen Wasser getrennt, mit Natronlauge gereinigt und mit
Wasserdampf abdestillirt, mit Kalihydrat, später mit CaCl2 getrocknet und endlich unter einem Druck von 20mm fractionirt. Das Jodid siedet unter einem Druck
von 200mm bei 108 bis 111°. Sein spec. Gew.
D\,\frac{20}{20}=1,4041,\ D\,\frac{0}{0}=1,4228.
Es ist ein schweres, nicht erstarrendes Oel, farblos, wird aber
mit der Zeit sogar in geschlossenen Röhren, die mit Kohlensäure gefüllt sind, braun;
bei gewöhnlichem Druck, auch im Kohlensäurestrome, läſst es sich nicht ohne
Zersetzung destilliren; in Wasser ist es, wie das Chlorid, unlöslich. Es kommt dem
Jodid die Formel C9H17J zu.
Essigsäureester des Nononaphtens:
CH3 . COO . C9H17. Um diesen zu erhalten, wurden 250g des Jodürs (vom Siedepunkt 108 bis 111° bei
20mm) mit 1½ Vol. Eisessig und 225g festen Silberacetats versetzt, die Reaction
verläuft sehr heftig, weshalb mit Eis gekühlt wurde. Darnach wurde das Gemisch in
zwei zugeschmolzenen Birnenkolben bei gewöhnlicher Temperatur stehen gelassen und
dann unter öfterem Umschütteln auf 125° während 20 bis 30 Stunden erhitzt. Aus dem
Filtrate wird der gröſste Theil bei 120° abdestillirt. Hieraus erhält man beim
Verdünnen mit 4 Vol. Wasser eine Kohlenwasserstoffschicht (Nononaphtylen). Der über
120° siedende Theil wurde mit Wasser und Sodalösung gewaschen, wobei sich feste
Silbersalze, die in der Essigsäure aufgelöst waren, ausschieden, die letzteren
wurden abfiltrirt und mit etwas Aether nach-gewaschen, das Filtrat mit Chlorcalcium
getrocknet und fractionirt.
Der gröſste Theil destillirt fast constant bei 208,5° über und
zeigt eine Zusammensetzung, welche der Formel C9H17 . COO . CH3
entspricht. Das spec. Gew. dieses Esters ist D\,\frac{20}{20}=0,9200,\
D\,\frac{20}{0}=0,91836. Der Ester stellt eine farblose Flüssigkeit
von angenehmem Gerüche dar, an der Luft verändert er sich nicht und erstarrt bei
Abkühlung. Beim Erhitzen mit alkoholischer Kalilauge wird der Ester verseift. Ester
der höheren Säuren zu erhalten, ist Konowalow nicht
gelungen.
Der Nononaphtenalkohol ist der erste
Naphtenalkohol, den rein zu erhalten, bis jetzt gelang, denn die von Markownikow und Oglobin,
sowie von Jakowkin und Pautinsky erhaltenen Alkohole der wahrscheinlichen Formeln C11H21 . OH und C8H15OH waren noch so
unrein, daſs man ihre Zusammensetzung nicht mit Sicherheit feststellen konnte. Um
den Nononaphtenalkohol zu erhalten, hat Konowalow den
Ester (37g) unter Zusatz von 17g Methylalkohol und 20g Kalilauge (50 proc.) während 17 Stunden bei Wasserbadtemperatur
verseift, das Reactionsproduct mit Wasser verdünnt, wobei sich eine Oelschicht
ausschied, die mit Wasserdampf abdestillirt, vom Wasser getrennt, mit Kalihydrat und
Potasche getrocknet und über trockenem Bariumoxyd destillirt wurde. Der auf diese
Weise rein erhaltene Alkohol siedet von 189 bis 192°, seine Zusammensetzung
entspricht der Formel C9H17OH, das spec. Gew. beträgt D\,\frac{20}{20}=0,8972,\
D\,\frac{0}{0}=0,9111. Er stellt eine farblose Flüssigkeit von
angenehmem Geruch dar.
Wirkung von Phosphorpentachlorid auf
Nononaphtenalkohol. Um das bereits oben beschriebene Chlorid zu erhalten,
wurden 5g Alkohol tropfenweise mit 8g Pentachlorid unter Abkühlung zusammengebracht,
in Eiswasser gegossen und die sich ausscheidende Oelschicht mit verdünnter Kalilauge
gewaschen, mit CaCl2 getrocknet und fractionirt. Es
destillirt fast die ganze Menge des Oeles bei 185 bis 188° über und man erhält das
reine Chlorid C9H17Cl von den früher angegebenen Eigenschaften.
Den Aether des Nononaphtenalkohols
hat Konowalow durch Einwirkung von Silberoxyd auf die
ätherische Lösung des Jodids des Nononaphtens (vom Siedepunkt 100 bis 110° bei 20mm) dargestellt. Er siedet bei 294 bis 297°, seine
Zusammensetzung stimmt auf die Formel (C9H17)2O. Es ist eine
dicke Flüssigkeit, die über Na farblos und ohne Zersetzung destillirt. Spec. Gew.
D\,\frac{20}{20}=0,8662. Mit HBr reagirt dieser Aether schon
bei gewöhnlicher Temperatur und beim Erwärmen auf dem Wasserbade in geschlossenem
Rohre zersetzt er sich vollständig unter Bildung des Bromids.
Nononaphtylene. Alle
Monochlorproducte der Naphtene spalten leicht Salzsäure ab unter Bildung von
Kohlenwasserstoffen der Formel CnH2n–2, die Markownikow
und Oglobin Naphtylene nannten. Das Nononaphtylen
erhielt Konowalow: 1) bei der Darstellung des
Essigsäureesters des Nononaphtenalkohols aus dem Chloride. Es siedet bei 135 bis
137°. Seine Zusammensetzung entspricht der Formel C9H16, sein spec. Gew. ist 0,8068 bei 0°.
2) Bei der Darstellung des Essigsäureesters aus dem Jodid vom Siedepunkt 108 bis
111° (bei 20mm). Nach dem Waschen mit Natronlauge
und Destilliren über Natrium siedet es bei 135 bis 137°.
D\,\frac{20}{20}=0,7946,\ D\,\frac{0}{0}=0,8082. 3) Bei dem
Behandeln des Chlorids in alkoholischer Lösung mit Kalihydrat. Man bekommt dabei das
Naphtylen vom Siedepunkt 135 bis 138° und in gröſseren Mengen auch ein Isonaphtylen
vom Siedepunkt 131 bis 133°. Das Nononaphtylen ist eine Flüssigkeit von
eigenthümlichem Geruch, der das Nononaphtylen vom Nononaphten leicht unterscheiden
läſst. Nach ihren spec. Gew. unterscheiden sie sich ebenfalls wesentlich, dagegen
sind ihre Siedepunkte gleich. Die Naphtylene reagiren sehr leicht mit Brom unter
starkem Erwärmen. Das Brom addirt sich aber nicht mehr als in einer Menge von 2
Bromatomen auf ein Molekül Kohlenwasserstoff; bei weiterer Zufuhr von Brom spaltet
sich Bromwasserstoff ab. Die in dieser Richtung angestellten Versuche lassen sich
wie folgt
zusammenfassen: 1) bei Zusatz einer Lösung von Brom in Bromkalium zum
Kohlenwasserstoff erhält man das Bromid C9H16Br2 vom Siedepunkt
131 bis 133°, das sehr beständig ist, mit Wasserdampf übergeht und unter Wasser
aufbewahrt werden kann. 2) Sogar bei 120° reagirt eine Lösung von Brom in Bromkalium
nicht mehr mit diesem Bibromid. 3) Es gelingt nicht, zu Nononaphtylen 4 Bromatome zu
addiren und aus einem Tetrabromid C9H16Br4 unter
Bromwasserstoffabspaltung den Kohlenwasserstoff Pseudocumol zu erhalten. Wasser addiren die
Naphtylene erst bei sehr langem Stehen (ungefähr ein Jahr) bei Gegenwart von wenig
Schwefelsäure. Bei gröſserem Ueberschusse von Schwefelsäure und Erwärmen geht die
Reaction viel leichter vor sich unter Bildung des Naphtenalkohols.
In concentrirter Schwefelsäure lösen
sich nach Markownikow und Oglobin alle Naphtene unter Erwärmung auf. Auch das Nononaphten
(Siedepunkt 131 bis 133°) löst sich vollständig in concentrirte Schwefelsäure beim
Erwärmen in geschlossenen Röhren auf 100°, unter Ausscheidung von schwefliger
Säure.
Hydriren des Nononaphtylens und anderer
Derivate des Nononaphtens. Das Nononaphtylen läſst sich leicht mit
Jodwasserstoff hydriren. Zu dem Zweck wurde das aus dem Chloride vom Siedepunkt 182
bis 184° bei der Darstellung des Esters erhaltene Naphtylen vom Siedepunkt 135 bis
137° und spec. Gew. 0,8068 (0°) in geschlossenen Röhren mit. gesättigter
Jodwasserstoffsäure auf 250° während 49 Stunden erhitzt. Als Reactionsproduct erhält
man das reine Nononaphten.
Oxydation des Nononaphtylens und des
Nononaphtenalkohols. Wie die tetrahydrirten aromatischen Kohlenwasserstoffe
sich leichter oxydiren lassen als die hexahydrirten (Wreden), so lassen sich auch die Naphtylene leichter als die Naphtene
oxydiren.
Oxydation des Nononaphtylens. Zu
einem Gemische von 50g Kaliumbichromat, 80g Schwefelsäure und 110g Wasser wurden 24g Nononaphtylen auf einmal zugegeben und nach längerem Stehen im
zugeschlossenen Gefäſse mit Wasser verdünnt und mit Wasserdampf abdestillirt.
Anfangs destillirte ein sauer reagirendes Oel, welches nach dem Auswaschen mit
Kalilauge und Trocknen bei 135 bis 136° siedete, über, dasselbe ist unverändertes
Nononaphtylen. Die weitere Fraction 138 bis 140° gab mit Phenylhydrazin und
Natriumbisulfit keine Verbindung. Die Fractionen wurden deshalb längere Zeit
erwärmt, dann mit Wasser verdünnt und mit Wasserdampf destillirt. Das Destillat
wurde nach der Abscheidung des unveränderten Naphtylens (Siedepunkt 135 bis 138°)
mit Kalilauge behandelt, um die Kaliumsalze der entstandenen Säuren zu erhalten. Die
Kaliumsalze wurden mit Schwefelsäure zersetzt, mit Wasserdampf destillirt, in drei
Fractionen getheilt und jede derselben mit salpetersaurem Silber behandelt. Die
ausgeschiedenen Silbersalze haben Aehnlichkeit mit Silberacetat, ihre Analyse
lieferte jedoch keine auf essigsaures Silber stimmende Zahlen. Die nach dem
Destilliren mit Wasserdampf im Destillirkolben verbliebene Flüssigkeit wurde mit
Aether extrahirt und über Schwefelsäure abgedunstet, wobei sich Krystalle
ausschieden, und hierauf fractionirt.
Es wurden aus verschiedenen Fractionen Krystalle vom Schmelzpunkt
120 bis 126° isolirt, wahrscheinlich das Anhydrid der Bernsteinsäure.
Oxydation des Nononaphtenalkohols.
Die bei der Oxydation mit Chromsäuremischung erhaltenen Resultate sind folgende: 1)
In dem Reactionsgemisch waren Aldehyde nicht nachzuweisen. 2) In den sauren
Reactionsproducten befinden sich keine Säuren von gleichem Kohlenstoffgehalt wie der
Alkohol. Es folgt daraus, wie auch aus dem ersten Resultate, daſs der Alkohol
wahrscheinlich ein secundärer ist. 3) Die Säure mit dem höchsten Kohlenstoffgehalt
von 7 Kohlenstoffatomen ist zweiwerthig. 4) Ferner erhält man als Oxydationsproduct
Säuren von der Formel C6H12O2 und C6H10O2,
sowie Bernsteinsäure und Essigsäure. Das Auftreten von Essigsäure zeigt, daſs im
Nononaphten Methylgruppen vorhanden sind. 5) Auſserdem war das Auftreten von Aethern
zu constatiren, welche von der Einwirkung der gebildeten Säuren auf den Alkohol
herrühren.
Die Resultate der Untersuchung des Nononaphtens sind folgende:
1) Die Fraction des Kohlenwasserstoffes vom Siedepunkt 135 bis 137°, die aus dem Kerosin der
Bakunaphta ausgeschieden war, ist reines Nononaphten. Aus dem Kohlenwasserstoff sind
zu erhalten das Chlorid, aus diesem das Jodid, der Essigsäureester und endlich der
Alkohol; aus dem letzteren wieder das Chlorid und aus diesem der Kohlenwasserstoff
C9H16, das
Nononaphtylen, welches beim Hydriren wieder das ursprüngliche Nononaphten gibt.
2) Seinen physikalischen Eigenschaften nach – Siedepunkt, specifisches Gewicht,
specifisches Volumen, Coefficient der Aenderung des specifischen Gewichtes mit der
Temperatur – erwies sich das Nononaphten dem Hexahydropseudocumol durchaus ähnlich,
das Konowalow schon im J. 1887 beschrieben hat.
Tabelle zum Vergleichen der
physikalischen Eigenschaften der beiden Kohlenwasserstoffe:
Siedepunkt
Spec. Gew.
Spec. Vol.
\frac{d\,D}{d\,t}
Nononaphten
135–137°
0,7652\,\left(\frac{20}{0}\right)
161,37
0,00078
–
0,7808\,\left(\frac{0}{0}\right)
–
–
Hexahydropseudocumol
135–138°
0,7667\,\left(\frac{20}{0}\right)
161,2
0,000725
–
0,7812\,\left(\frac{0}{0}\right)
–
–
–
0,7593\,\left(\frac{20}{0}\right)
–
–
Nicht weniger übereinstimmend haben sich beide Kohlenwasserstoffe auch ihren
chemischen Eigenschaften nach erwiesen:
1) Beim Behandeln mit rauchender Salpetersäure und mit einem Gemische von
Salpetersäure und Schwefelsäure geben sie beide nur Spuren von krystallinischen
aromatischen Nitroproducten.
2) Beim Behandeln mit Brom und Aluminiumbromid bekommt man aus beiden dasselbe
Tribrompseudocumol.
3) In überschüssiger Schwefelsäure lösen sich beide allmählich auf unter Bildung von
aromatischen Sulfosäuren.
4) Da das Brom bei Gegenwart von Aluminiumbromid mit Naphtenen krystallinische
Reactionsproducte gibt, so ist Gustavson's Reaction für
aromatische Kohlenwasserstoffe nicht allgemein charakteristisch.
5) Charakteristisch für Nononaphten ist seine Eigenschaft, mit verdünnter
Salpetersäure beim Erwärmen in geschlossenen Röhren Nitroproducte zu liefern unter
Abspaltung einer CH3-Gruppe. Die hydrirten
aromatischen Kohlenwasserstoffe spalten überhaupt bei verschiedenen Reactionen
leicht Seitenketten ab.
6) Da die hexahydrirten aromatischen Kohlenwasserstoffe sich von den aromatischen
durch ein Plus von 6 Wasserstoffatomen und von den fetten Kohlenwasserstoffen durch
ein Plus von 2 Wasserstoffatomen unterscheiden, so sind sie als Uebergangsproducte
der aromatischen zu den fetten Kohlenwasserstoffen zu betrachten. Sehr wichtig ist
in Folge dessen festzustellen, ob die hydrirten aromatischen Kohlenwasserstoffe in
homologe Methane überzugehen im Stande sind bezieh. bis zu welcher Grenze die aromatischen
Kohlenwasserstoffe Wasserstoff zu addiren vermögen.
7) Substituirend eingetretene Chlor- oder Jodatome, oder die Hydroxylgruppe u.s.w.
befinden sich im Kern und nicht in der Seitenkette. Dies beweisen folgende
Reactionen des Nononaphtenchlorides:
a) Das Chlorid C9H17Cl (Siedepunkt 185,5°) gibt mit Brom und Aluminiumbromid das
Tribrompseudocumol, was nicht zu erklären wäre, wenn das Chlor sich in der
Seitenkette befände.
b) Der Alkohol des Nononaphtens, der aus dem Chloride erhalten wird, gibt bei der
Oxydation weder einen Aldehyd noch eine Säure mit 9 Kohlenstoffatomen. Man bekommt
aber bei der Oxydation eine sehr kleine Menge eines Ketons, woraus man schlieſsen
muſs, daſs der Alkohol des Naphtens ein secundärer ist. Seinen chemischen
Eigenschaften nach erinnert er an Menthol, was dafür spricht, daſs die Hydroxyl- und
Methylgruppen an verschiedenen Kohlenstoffatomen sich befinden.
(Schluſs folgt.)