Titel: | Apparate zur Bearbeitung von Rohnaphta und Naphtarückständen. |
Autor: | R. Luther |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 466 |
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Apparate zur Bearbeitung von Rohnaphta und
Naphtarückständen.Nach dem „Berichte der
Prüfungscommission über die VIII. Section der Ausstellung für
Beleuchtungsgegenstände und Naphtaindustrie in St. Petersburg,
zusammengestellt von A. K.
Wasiljew“.
Mit Abbildungen.
Apparate zur Bearbeitung von Rohnaphta und
Naphtarückständen.
1) Continuirlich wirkender Apparat von Schuchow und
Intschik (Fig. 1).
Fig. 1., Bd. 276, S. 465
Das Hauptgewicht bei der Construction dieses Apparates ist auf
möglichst geringen Rauminhalt, möglichst geringen Brennmaterial- und
Kühlwasserverbrauch und möglichst vollständige Fractionirung der
Destillationsproducte gelegt. Seine Wirkungsweise ist folgende: Die zu verarbeitende
Rohnaphta tritt zuerst in den Kühler, um, als Kühlflüssigkeit dienend, die
Destillationsproducte zu condensiren. Dabei tritt sehr zweckmäſsig die kälteste
Rohnaphta zuerst mit den flüchtigsten Destillationsantheilen in Berührung. Die im Kühler
vorgewärmte Rohnaphta tritt durch die Röhre a in den
Fractionirapparat, flieſst auf die flache Pfanne b7, von dort durch das Rohr d7 auf die Pfanne b6 u.s.w. Auf ihrem Wege nach unten
begegnet die Naphta den ihr aus dem Kessel A
entgegenströmenden Dämpfen, welche, je näher zum Kessel, um so heiſser sind, und
gibt successive ihre flüchtigen Bestandtheile ab; in den Kessel gelangen
schlieſslich durch das Rohr d1 hochsiedende Naphtarückstände. Andererseits werden auch die aus dem
Kessel austretenden Dämpfe fractionirt. Sie gelangen zuerst in den Raum e, wo sich in Berührung mit der unteren Fläche der
Pfanne b1 der
höchstsiedende Theil condensirt und auf den Boden c1 fällt. Aus dem Raum e
gelangen die Dämpfe, gezwungen durch die in die Flüssigkeit fast bis zum Boden
tauchende Querwand g1
in die Masse der Naphta, welche auf der Pfanne b1 verbreitet ist, erwärmen dieselbe, condensiren
sich zum Theil und gehen mit den leichter flüchtigen Antheilen in den Raum zwichen
c2 und b2, wo sich wiederum
ein Theil in Berührung mit der unteren Fläche der Pfanne b2 condensirt, auf den Boden c2 fällt und durch das
Rohr f2 in den Kühler
geleitet wird. Dieser Prozeſs wiederholt sich, je nach der Anzahl der Pfannen,
beliebig viele Male.
Ein Ueberschuſs der Naphtarückstände im Kessel flieſst durch das Rohr r ab, welches ebenfalls den Kühler passirt. Die
flüchtigsten Antheile, welche im Fractionirapparat nicht condensirt werden,
verlassen den Apparat durch das Rohr i und werden
getrennt condensirt. Die Dämpfe, welche durch das Vorwärmen der Naphta entstehen,
passiren das Rohr k und werden ebenfalls getrennt
condensirt. Die Heizung geschieht mittels pulverisirter Naphtarückstände.
Die bis jetzt im Betrieb befindlichen Apparate haben folgende Resultate ergeben:
Zwischen den einzelnen Pfannen in der Fractionirsäule herrscht durchschnittlich eine
Temperaturdifferenz von 30° C, was bei Anwendung von 7 Etagen eine Gesammtdifferenz
von 210° C. ergibt. Es werden also gleichzeitig alle Destillate, angefangen von den
leichtesten Benzinen bis herauf zu den schwersten Schmierölen, erhalten. Der Apparat
kann täglich ein Naphtaquantum verarbeiten, welches, dem Volum nach, 27mal gröſser
ist als der Apparat. Die im Betriebe befindlichen Apparate können bis zu 105000k täglich fractioniren, wobei nur etwa 40 Proc.
Rückstände erhalten werden, während selbst bei den besseren gewöhnlich im Betriebe
befindlichen Apparaten die Rückstände mehr als 60 Proc. der verarbeiteten Rohnaphta
betragen.
2) Continuirlich wirkender Apparat zur Naphtadestillation der Gebr. Nobel.Beschrieben in
D. p. J. 1886 260 434. Derselbe besteht aus einer Reihe von
62 Kesseln, durch welche die Rohnaphta successive flieſst, wobei sie allmählich
immer höher erwärmt wird und immer ärmer an leichtflüchtigen Bestandtheilen wird. Durch die aus dem
letzten Kessel austretenden hochsiedenden Naphtarückstände wird das in den ersten
Kessel eintretende Rohöl auf 115° vorgewärmt. Es gibt dabei seine flüchtigsten
Bestandtheile ab, welche condensirt zur Fabrikation von Benzin (Petroläther) dienen.
Die Heizung, theils innere, theils äuſsere, geschieht durch pulverisirte
Naphtarückstände. Die Temperaturdifferenz zwischen je zwei benachbarten Kesseln
beträgt 7° C, was in Summa eine Differenz von 224° C. ausmacht. Die Destillate haben
ein spec. Gew. von 0,740 bis 0,920. Die Differenz der specifischen Gewichte zweier
Destillate, welche aus benachbarten Kesseln kommen, beträgt 0,6. Die Destillate
werden in 7 Gruppen vereinigt und einer nochmaligen Destillation unterworfen und
zwar dienen die Destillate
vom
spec.
Gew.
unter
0,780
zur
Gewinnung
von
Benzin und Kerosin
„
„
„
0,780
bis
0,850
„
„
„
Kerosin
„
„
„
0,850
„
0,890
„
„
„
Solaröl
„
„
„
0,890
„
0,900
„
„
„
Spindelöl
„
„
„
0,900
„
0,912
„
„
„
Maschinenöl
„
„
„
0,912
„
0,920
„
„
„
Cylinderöl.
Verarbeitet wurden im J. 1888 etwa 6000 Millionen Kilo Rohnaphta. Davaus wurden
erhalten Kerosin 35,1 Proc., Benzin 0,2 Proc., Solaröl 1,4 Proc., Spindelöl 0,8
Proc., Maschinenöl 1,7 Proc., Cylinderöl 0,1 Proc., Rückstände 60,6 Proc. Von den
letzteren wird etwa ⅕ zur Heizung der Kessel benutzt. Es werden also im Ganzen nur
etwa 39 Proc. abdestillirt.
Fig. 2., Bd. 276, S. 467
Fig. 3., Bd. 276, S. 467
3) Apparat von Intschik zur NaphtagasbereitungDas aus 1k
Naphta erhaltene Gas übertrifft bekanntlich das aus 1k Steinkohlen erzeugte an Volum um das
2½fache, an Leuchtkraft um das 9fache. (Fig. 2 und 3). Die zu verarbeitenden
Materialien Rohnaphta oder Naphtarückstände treten durch ein Rohr in den am oberen
Ende der senkrechten Retorte (Fig. 2) gelegenen
Kasten a und flieſsen über dessen Rand auf den
Vertheilungskegel b. Von den Zähnen des Vertheilungskegels fällt die
Flüssigkeit in Form eines Hohlcylinders von kleinen Tropfen tiefer in die Retorte
hinab. Ohne die Wände der Retorte zu berühren, was eine baldige Verunreinigung
derselben zur Folge haben würde, wird die Flüssigkeit zuerst verdampft und später
vergast. Um eine möglichst gleichmäſsige Vertheilung der Wärme innerhalb des nach
unten strömenden Gas- und Dampfgemisches zu erzielen, ist die Retorte durch die
Querwände c in mehrere Abtheilungen getheilt, welche
unter einander durch Spiralgänge communiciren. Die Gase und Dämpfe werden dadurch in
eine drehende Bewegung gesetzt, so daſs immer neue Antheile derselben in Berührung
mit den heiſsen Wänden kommen. Aus dem unteren Theil der Retorte gelangen die Gase
und Dämpfe durch das Rohr d zuerst in die Hydraulike
und von dort in ein System von Kühlern (Fig. 3), wo
die Dämpfe fractionirt condensirt werden. Die Condensatoren (Fig. 3) sind treppenförmig angeordnet. Durch
überhitzten Dampf wird ein jeder auf einer bestimmten Temperatur gehalten und zwar
der unterste auf der höchsten. Das Dampf- und Gasgemisch tritt durch das Rohr a in den untersten Condensator, gibt seine
schwerflüchtigsten Bestandtheile dort ab, geht durch das Rohr b in den zweiten Condensator, dann in den dritten
u.s.w. Die letzten flüchtigsten Antheile werden durch Wasserkühlung condensirt.
Durch eine sinnreiche Construction werden die in den Condensatoren sich
niederschlagenden Dämpfe gleichzeitig einer nochmaligen fractionirten Destillation
unterworfen. Wenn nämlich die Flüssigkeit im Condensator, etwa in B, eine gewisse Höhe erreicht hat, so flieſst sie durch
das Rohr b und das bis zum Boden reichende Trichterrohr
c in die geschlossene innere Kammer A1 des nächsten
tieferliegenden Condensators und wird durch die dort herrschende höhere Temperatur
wieder verdampft. Die Dämpfe werden in dem Kühler B e
condensirt; der nicht verdampfte Rückstand flieſst nach Erreichung einer gewissen
Höhe durch das Rohr d in die äuſsere Kammer des
Condensators.
Fig. 4., Bd. 276, S. 468
Die Heizung, bei welcher die Regeneration der Wärme angewandt wird, geschieht durch
pulverisirte Naphtarückstände oder Generatorgas, und zwar bilden je 6 Retorten eine
Batterie, welche von einer gemeinschaftlichen Flamme erhitzt wird.
Die bis jetzt im Betriebe befindlichen Apparate zeigen, daſs die Intschick'schen Retorten unvergleichlich ökonomischer
und reinlicher arbeiten als die sonst üblichen. Folgende Tabelle illustrirt das eben
Gesagte besser:
Verbrauch an Heiz-material in Pud à 16,4
k
1 Quadratfuſs Retortenwand inder
Stunde
Verlust durchBildung von Ruſsund
Retorten-kohle auf 100 Th.Tohmaterial
Auf 1000Cub.-F. Gas
Auf 100 PudRohmaterial
verarbeitetRohmaterialPud
gibt
Gas Cub.-F.
Gastheer Pf.
a) Retorte von Intschick
0,5
16,6
3,25
27,8
1,9
0,4
b) Sonst üb- liche Retor- ten im Mittel
2,41
80
0,75
6
0,15
7
Die Intschick'schen Condensatoren befinden sich noch
nirgends in groſsem Maſsstabe im Betriebe, so daſs sich über deren praktischen Werth
vorläufig noch nichts sagen läſst.
4) Apparat von Alexejew zur Destillation von Naphta und
Naphtarückständen (Fig. 4). Um eine möglichst
vollständige Ausbeute bei der Destillation von Rohnaphta bezieh. Naphtarückständen
zu erzielen, leitet Alexejew durch die Flüssigkeit in
der Destillationsblase Dämpfe von niedrigsiedenden Kohlenwasserstoffen. Dieselben
reiſsen alle verdampfbaren Antheile mit und ermöglichen eine viel vollständigere
Trennung als bei Anwendung von gewöhnlichen Destillirblasen. Auſserdem muſs bei der
Temperatur von 380°, welche die Destillirblase allmählich erreicht, eine chemische
Einwirkung der leichten Kohlenwasserstoffe auf die schweren bezieh. eine Zersetzung
der letzteren angenommen werden, denn es gelingt mittels des Alexejew'schen Apparates selbst aus den sogen. Naphtarückständen gegen 70
Proc. eines dem gewöhnlichen Kerosin vollständig ähnlichen Leuchtöles zu
erhalten.
Der Apparat, den Alexejew benutzt, besteht aus einem
Kessel A und einer Reihe von liegenden cylindrischen
Condensatoren B, durch welche die Dämpfe aus A successive durchstreichen müssen. Die Condensatoren
werden durch die heiſsen Feuerungsgase auf bestimmten Temperaturen erhalten und zwar
der erste B auf etwa 360° bis 400°, in ihm verdichtet
sich Vaselin, der zweite auf 250° bis 300° für Maschinenöl, der dritte auf 150° bis
200° für Solaröl und der letzte auf 80° bis 100° für Kerosin (Leuchtöl). Die
Condensatoren sind behufs Erzielung einer gröſseren kühlenden Oberfläche mit
durchgehenden Rohren b, b
versehen. Jeder Condensator hat ein Ablaſsrohr, durch welches die in ihm
condensirten Producte abgeleitet und gekühlt werden können. Die äuſsere Mündung
dieses Rohres liegt ein wenig höher als der Boden des Condensators, so daſs die
Flüssigkeit erst abflieſsen kann, wenn sie eine gewisse Höhe erreicht hat. Dadurch
wird die Flüssigkeit zu einem längeren Verweilen im Condensator gezwungen und die
mechanisch mitgerissenen Dämpfe der leichteren Kohlenwasserstoffe haben Zeit, von
neuem zu verdampfen. Die im letzten Condensator nicht verdichteten Antheile werden
im Kühler C condensirt. Der auch hier sich nicht
condensirende Theil wird durch das sich bei d
abzweigende Rohr e mittels der Pumpe f wieder in den ersten Kessel A gepumpt. In den Kessel flieſsen continuirlich das Rohmaterial aus dem
Behälter D, wohin es durch die Pumpe E gehoben wird. Ein Ueberschuſs des Kesselinhalts kann
durch das Rohr f abgelassen werden. Dasselbe Prinzip
des Durchleitens der Dämpfe von leichten Kohlenwasserstoffen durch hochsiedende
Naphtarückstände ist von Alexejew auch bei nicht
continuirlich wirkenden Apparaten angewandt worden.
Im Betriebe gibt der Apparat aus Naphtarückständen etwa 80 Proc. Rohkerosin vom spec.
Gew. 0,824. Bei einmaliger Destillation werden im Kessel B4 nur etwa 30 Proc. des Rohmaterials als
Kerosin gewonnen. Wenn aber die in den Kesseln B1
B2
B3 sich condensirenden
Oele einer nochmaligen Destillation im Apparat unterworfen werden, erhält man die
obigen 80 Proc. Dieses Rohkerosin wird in gewöhnlichen Blasen einer nochmaligen
Destillation und dann einer chemischen Reinigung unterworfen. Das Product, ein gutes
Brennöl von 0,821 spec. Gew., beträgt 67 Proc. des Rohmaterials.
Der Apparat arbeitet ruhig und erfordert keine Aufsicht, verbraucht aber sehr viel
Brennmaterial, da wegen der 3maligen Destillation zur Gewinnung von 100k Kerosin gegen 400k Material verdampft werden müssen.
R. Luther.