Titel: | Erkennungsmittel von Pergamentpapier und imitirtem Pergamentpapier; von Dr. E. Muth. |
Autor: | E. Muth |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 471 |
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Erkennungsmittel von Pergamentpapier und
imitirtem Pergamentpapier; von Dr. E. Muth.
Muth, Erkennungsmittel von Pergamentpapier.
Viele der in neuester Zeit im Handel befindlichen sogen. Pergamentpapiere haben im
Aussehen sehr wenig Unterschied von einander, in den Eigenschaften aber ist der
Unterschied um so gröſser. Das Pergamentpapier, wie es schon lange im Handel ist und
zum Einpacken feuchter Gegenstände benutzt wird, hat zum Zweck, diese vor dem
Austrocknen zu schützen, und die Eigenschaft, daſs es von Wasser nicht aufgeweicht
wird, so daſs es feucht und trocken nahezu die gleiche Festigkeit hat. Diese
Eigenschaft erhält das Papier dadurch, daſs bei der Pergamentirung die Faser zu
gallertartiger Masse aufquillt, so daſs nach dem Auswaschen und Trocknen die ganze
Fläche als aus einer Masse bestehend betrachtet werden kann. Wird dieses Papier
eingerissen, so lassen
sich selbst mit dem schärfsten Instrumente auf dem Risse keine Fasern erkennen. Das
transparente glasige Aussehen, die Härte des Papiers waren früher
Haupterkennungsmittel für Pergamentpapier. Mit der Ausdehnung der Fabrikation des
Sulfitzellstoffes wurde auch dessen Anwendung für Pergamentpapier immer gröſser und
ist es hauptsächlich auf Mitscherlich'sche Art
hergestellter Stoff, der hierzu Verwendung findet. Wird dieser Stoff möglichst dick
im Holländer eingetragen und auf stumpfem Grundwerk gemahlen, so wird Papier
erhalten, welches genau das gleiche transparente Aussehen hat wie Pergamentpapier.
Durch Behandeln der Faser im Holländer mit Schwefelsäure, Chlorzink u.s.w. quillt
die Faser etwas auf, so daſs das Aussehen dem wirklichen Pergamentpapier noch
ähnlicher wird. Dieses gegen die Fabrikation des wirklichen Pergamentpapiers so
vereinfachte Verfahren gab Anlaſs, daſs dieses Papier jetzt in weit ausgedehnterem
Grade Verwendung findet als früher, indem das Fabrikat als imitirtes
Pergamentpapier, Pergamyn, ja auch als Pergamentpapier in den Handel gebracht wird.
Es handelt sich bei dem imitirten Pergamentpapier jedoch nur um das Aussehen, die
Eigenschaften des Pergamentpapiers hat dieses nicht, weil die Fasern wie bei jedem
anderen Papier vorhanden sind, weshalb es auch die Zähigkeit und
Widerstandsfähigkeit gegen Wasser nicht haben kann: mit feuchten Stoffen
zusammengebracht, weicht es auf und reiſst. Wenn imitirtes Pergamentpapier auch für
eine Menge Zwecke genügt, für viele ist es von Belang, ein einfaches
Erkennungsmittel zu haben, durch welches sich Pergamentpapier von imitirtem Papier
unterscheiden läſst. Hierfür genügt, daſs das zu prüfende Papier in fingerbreite
Streifen geschnitten wird, welche kurze Zeit in heiſses Wasser getaucht werden. Das
Pergamentpapier leistet dem Aufweichen Widerstand, es behält nahezu die gleiche
Festigkeit, welche es trocken hat, nach dem Zerreiſsen ist die Riſsfläche glatt wie
abgeschnitten, beim Betrachten mit der Lupe zeigt sich dieselbe etwas zackig. Das
imitirte Pergamentpapier wird in den meisten Fällen beim Einwirken des Wassers
aufweichen und zum Zerreiſsen des Streifens ist wenig Kraft erforderlich. Auf der
Riſsfläche aber lassen sich mit bloſsem Auge deutlich die einzelnen Fasern erkennen,
wie dieselben im Papier gelagert sind, noch deutlicher aber, wenn eine Lupe
verwendet wird. Es sollte diese schon deshalb zur Probe benutzt werden, weil der
Sulfitstoff um so mehr das Aussehen von Pergamentpapier zeigen wird, je schmieriger
derselbe gemahlen ist, so daſs die Faserbündel in möglichst feine Fasern zertheilt
werden.
Wenn es gelungen ist, das imitirte Pergamentpapier in Aussehen und Eigenschaften dem
Pergamentpapier ähnlich herzustellen, so bleibt der Unterschied zwischen beiden
immer noch so groſs und die Anforderungen, welche an Pergamentpapier gestellt
werden, sind so bedeutend und genau präcisirt, daſs das angegebene Erkennungsmittel immer
benutzt werden sollte, will man nicht durch eigenen Schaden klug werden.