Titel: | Maschinen für die Herstellung von Zahnrädern. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 545 |
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Maschinen für die Herstellung von
Zahnrädern.
Mit Abbildungen.
Maschinen für die Herstellung von Zahnrädern.
Aus dem vollen Zahnkranzringe werden die einzelnen Zahnkörper in der Weise
ausgearbeitet, daſs die Lücke zwischen zwei benachbarten Zahnflanken entweder
ausgefräst oder ausgehobelt wird.
Im ersten Falle bedient man sich der Formfräsen, das sind kreisende Werkzeuge,
Fräsescheiben, deren Formquerschnitt genau dem vorgeschriebenen Querschnitte der
herzustellenden Zahnlücke oder einer Flanke derselben entspricht.
Im zweiten Falle benutzt man Formschienen, d. i. Leitlinien, nach welchen die
Schneidkante des geradlinig bewegten Hobelwerkzeuges verstellt bezieh. nach jedem
Schnitte sich genau nach der Flankenform des Zahnes einrichtet.
Der Arbeitsvorgang kann demnach wie folgt beschrieben werden: Ein der Zahnlücke
entsprechender Formquerschnitt bewegt sich als Erzeugendes längs einer Leitlinie,
welche der mittleren Zahnkante entspricht, oder eine der Zahnkante entsprechende
Erzeugende umhüllt eine Leitlinie, welche die äuſsere Umgrenzung des
Zahnlückenquerschnittes ist.
Je nachdem nun die Zahnkante des Zahnes geradlinig und parallel zur Radachse steht
oder diese schneidet, oder die Zahnkante schraubenförmig gewunden ist, entstehen
jene Radformen, welche als Stirn- und Winkelräder oder Schrägzahn- und
Schraubenräder bekannt sind, wobei die Radbreite wohl das äuſsere Ansehen, nicht
aber die Grundform der Räder beeinfluſst.
Nur bei verhältniſsmäſsig geringer Radbreite kann bei Schrägzahnrädern die Zahnkante
angenähert als eine Gerade angenommen werden, obwohl dieselbe eigentlich stets nach
einem steilen Schraubengange geformt sein müſste.
Bei Stirnrädern mit zur Radachse parallelen oder schräg stehenden Zahnkanten (auch
bei Schnecken) bleibt der Formquerschnitt der Zahnlücke sich stets gleich, während
derselbe bei Winkelrädern nach dem Schnittpunkte (Kegelspitze) der Achsen zu sich
stetig verjüngt.
Es wird daher bei Herstellung von Stirnrädern das Fräse Werkzeug, welches den vollen
Lückenquerschnitt auf einmal erzeugt, vortheilhaft sein, hingegen bei Bearbeitung
von Winkelrädern das nach Formschienen geführte Hobel Werkzeug in jeder Beziehung
genauer wirken, wobei ganz wohl beide Zahnflanken auf einmal in Angriff genommen und
fertiggestellt werden können.
Beim Ausfräsen von Winkelradzähnen kann hingegen nur je eine Seitenflanke eines
Zahnes auf einmal und diese auch nur in annähernd genauer Weise bearbeitet werden,
je nachdem die Zahnflanke einfach oder doppelt gekrümmt ist und man für die
Herstellung der Kopf- und Fuſsflankentheile des Zahnes besondere Fräsewerkzeuge in
Anwendung bringt.
Von jeder vollkommenen Räderfräsemaschine wird verlangt, daſs man innerhalb gewisser
Gröſsenverhältnisse mit derselben im Stande sei, gerade, sowie schräg gezähnte
Stirn- und Winkelräder zu bearbeiten, während die Herstellung eigentlicher
Schneckenräder gewöhnlich besonderen Maschinen zugewiesen wird.
Die Drehungsachse des Fräsewerkzeuges und die Achse des zu fräsenden Rades müssen
vermöge der festen Lager- und Schlittentheile der Maschine derart gegen einander
verstellt und bewegt werden können, damit den vorgestellten Bedingungen vollständig
entsprochen werden kann, wobei es gleichgültig ist, welchen Haupttheilen die
Verstellbarkeit zugewiesen wird.
Wilkinson und Lister's
Räderfräsemaschine (Fig. 1).
Fig. 1., Bd. 276, S. 547
Diese mit allen Einrichtungen gröſserer Maschinen ausgestattete Räderfräse ist nur
für die Bearbeitung von Zahnrädern bis 610mm
Durchmesser, 100mm Breite und 25mm Theilung bestimmt. Nach Engineering vom 19. April 1889, * S. 367, ist auf der geraden Wange (Fig. 1) der Lagertheil für das Triebwerk vermöge einer
Zwischenplatte quer, hingegen der Schlitten mit dem Aufspannbolzen für das Rad längs
der Wange verstellbar, wodurch nicht nur auf die Radgröſse, sondern auch auf die
Lage der Fräserebene zur Radachse Rücksicht genommen ist. Der innere Lagerkopf des
Triebwerks ist ferner zu einer kreisförmigen Scheibe erweitert, an welcher ein
kurzer Kopfschlitten drehbar paſst und an welchem der Lagerschlitten für die
Fräsespindel mittels einer Bewegungsspindel selbsthätig bewegt werden kann, während
ein über Leitrollen geführter Riemen die Fräsespindel vermöge eines
Schneckentriebwerkes und einer Seitenwelle bethätigt. Von dieser Seitenwelle aus
wird durch ein zweifaches Schnecken trieb werk die im Kopfschlitten liegende Bewegungsspindel für
den Fräserlagerschlitten selbsthätig gedreht, während für die Einstellung des
Fräserschlittens mit der Handkurbel eine Zwischenkuppelung vorgesehen ist.
Um die Fräsewerkzeuge bequem auswechseln zu können, ist das Vorderlager der Spindel
zum Abheben bezieh. zum Ausschieben gemacht, indem ein Einsatz in die Spannuth die
Genauigkeit der Achsenlage sicherstellt.
Mit diesem Haupttheile der Maschine wird die erforderliche Einstellung des
Kopfschlittens zur Achsenebene des Werkstückrades in der Weise ermöglicht, daſs
damit eine Bewegung der Fräsescheibe in der vorerwähnten Achsenebene parallel oder
schräg hierzu durchgeführt werden kann.
Der zweite Haupttheil der Maschine besteht aus einem Schlitten und einer Oberplatte,
welcher vermöge zweier seitlichen Schlitzbögen Winkelstellung gegen die Wagerechte
ertheilt werden kann. Am unteren Theile dieser Platte ist das Theilrad angebracht,
deren Schnecke genau in die Schwingungsachse derselben eingelegt ist, während die
Anstellkurbel an einem verschiebbaren Arme aus dem Grunde angebracht ist, um die
Einschaltung der Versatzräder bequemer zu machen.
Brainard's
Räderfräsemaschine.
Von der Brainard Milling Machine Co. in Boston, Mass.,
Amerika, wird nach Engineering vom 5. Juli 1889, * S.
23, eine Räderfräsemaschine gebaut, welche dem äuſseren Ansehen nach den
Fräsemaschinen für allgemeine Arbeit derselben Fabrik (vgl. Brainard, 1889 274 * 489) entspricht.
In den oberen Lagern des Standfuſses ist die Theilradspindel eingelegt, an welcher
der Aufspanndorn ansetzt, dessen Lage noch durch einen Gegenspitzenarm gesichert
wird, ein Vortheil, welcher durch die hervorgerufene Raumbeschränkung aufgewogen
wird, bei dieser Ausführung aber nicht zu umgehen ist. Durch diese feste Lage der
Theilradspindel erhält auch die Stellvorrichtung am Hintertheile des Ständers eine
dementsprechende einfache Anordnung, während am Tischwinkel alles angebracht ist,
was zur Einstellung und zum Betriebe der Fräserspindel erforderlich wird.
Der an der vorderen vollen Führungsfläche des Standfuſses gleitende Tischwinkel wird
durch eine Standspindel gestützt, deren Hochstellung vermöge einer Zeigerscheibe
nachgewiesen wird. Auf der oberen Prismafläche des Tischwinkels gleitet eine
Doppelplatte, deren Obertheil vermöge zweier seitlich angeordneten Schlitzbögen und
eines zusätzlichen Zahnbogens in Winkellagen zur Wagerechten gebracht werden kann,
um Winkelräder zu fräsen.
Auf der Prismaführung dieses Obertheiles gleitet die durch Selbstgang bethätigte
Schlittenplatte, auf welcher die Lager für die Fräsespindel sich vorfinden, wobei eine mit
einer Zahnkuppelung verbundene Selbstausrückung angebracht ist.
Das Fräsertriebwerk ist an der rechten Tischseite angeordnet, besteht aus einer
einfachen Riemenscheibe und einem ins Langsame übersetzenden Stirnradpaare, während
zur Steuerung des Tisches eine auf Stufenrollen laufende lederne Treibschnur dient.
Eine Schräglage der Fräsespindel zum Werkstückrade ist nicht beabsichtigt und wegen
der Triebwerksanordnung auch umständlich.
Eberhardt's selbsthätig wirkende
Räderfräsemaschine (Fig. 2).
Fig. 2., Bd. 276, S. 549
Obwohl diese Maschine vor einigen Jahren schon in D. p.
J., 1887 264 * 366, zur Kenntniſs der Leser
gebracht worden ist, so dürfte eine nochmalige Darstellung dieser hochinteressanten
Räderfräsemaschine gewiſs willkommen sein. Nach Engineering, 1889 Bd. 47 * S. 208, wird dieselbe in neuerer Zeit auch
von J. Lang in Johnstone bei Glasgow gebaut und in
Folge dessen auch bei uns eine gröſsere Verbreitung finden können.
An dem stehenden Führungstheile (Fig. 2) des
winkelförmigen Ständers ist die Theilradspindel in der Höhenrichtung einstellbar,
während auf der wagerechten Wange des Ständerfuſses der Schlitten mit allen
Triebwerks- und Schaltungstheilen für die Fräsespindel angeordnet ist.
Bemerkenswerth ist die Einrichtung für die selbsthätige Verstellung des Theilrades
bezieh. der Spindel mit dem Werkstückrade am Hubende des Fräseschlittens bei Bildung
einer neuen Zahnlücke im Werkstückrade.
Am hinteren Lagerschlitten des groſsen Theilrades ist auſser dem Lager für die
Triebschnecke und den dazu gehörigen Versatzrädern noch ein Trieb- und Hemmungswerk
angebracht, welches vermöge einer stehenden Keilnuthwelle von einer Reibungsscheibe
betrieben wird, die mit einer ununterbrochen umlaufenden Riemenscheibe derart in
Verbindung steht, daſs die zwischen den Reibungsscheiben auftretende
Uebertragungskraft derart durch eine Druckfeder bemessen und geregelt wird, daſs sie
eben hinreicht, um die Verdrehung des Theilrades zu bewerkstelligen. Tritt jedoch
eine durch das Einschieben eines Riegels in die Löcher der Stellscheibe
hervorgerufene Hemmung dieser Drehbewegung ein, so gleiten die Reibungsscheiben
gegen einander, ohne deshalb eine Störung des Riemenlaufes zu veranlassen, so daſs
beim Ausheben dieses Riegels aus dem Loche diese Drehbewegung sofort in Thätigkeit
treten kann.
Um ferner das Einsetzen des Federriegels in die Löcher der Stellscheibe sicher zu
stellen, wird vermöge eines Räderpaares diese Stellscheibe verhältniſsmäſsig langsam
gedreht, während durch die Lochzahl oder die Lochentfernung in dieser Stellscheibe
die Gröſse der Drehung bezieh. die jedesmalige Umlaufszahl der stehenden Seitenwelle
einer Schaltperiode bestimmt wird.
Gewünschte Aenderungen derselben werden durch Verschiebung des Riegels in die
nebenliegende Lochreihe oder durch Verwechselung verschiedener Stellscheiben
erhalten, während die vorgeschriebene Bogenverstellung des groſsen Theilrades durch
eine entsprechende Anzahl von Versatzrädern für jede einzelne Stellscheibe
ermöglicht wird, so daſs bis 100 alle Zähnezahlen und von 100 bis 200 alle mit
Ausnahme von Primzahlen am Werkrade zu erzielen sind.
Sind in der Aufeinanderfolge der Einstellungen alle Zahnlücken gefräst, hat also im
Selbstbetriebe das groſse Theilrad eine volle Umdrehung gemacht, so wird durch
Anschlag eines am Bund der Theilradspindel vorgesehenen Knopfes an eine Klingel die
Vollendung des letzten Radzahnes gemeldet.
Der zweite Haupttheil der Maschine, der Fräserschlitten, besteht aus dem Grundschlitten, sowie
der darauf befindlichen, mittels Schlitzbögen einstellbaren Neigungsplatte und dem
Oberschlitten mit dem Triebwerke. Das Fräsertriebwerk ist aus einer einfachen
Riemenscheibe und zwei Stirnradpaaren zusammengesetzt, welche fliegend und frei auf
Zapfen laufen.
Auf der in einem Gabellager laufenden Spindel ist eine Vorfräse und eine Formfräse in
entsprechendem Abstande angebracht, so daſs dem Vorfräsen sämmtlicher Zahnlücken
sofort die Vollendungsarbeit mittels des Formfräsers nachfolgen kann.
Von der Hauptantriebsscheibe wird das Schaltwerk bethätigt, in welchem ein
Wendetriebwerk für die selbsthätige Umkehrung der Hubbewegung eingeschaltet ist,
deren Anschlagknaggen für die Hubbegrenzung in einer Schlitzschiene verstellt werden
können, welche sich auf der Neigungsplatte vorfindet. Für die Rückführung des
Schlittens im Leerlaufe ist eine raschere Gangart wie bei Hobelmaschinen
vorgesehen.
Eine kleine Transportschnecke befördert die Fräsespäne aus dem Bereiche des
Triebwerkes und der Schlittenführungen, während an einem seitlichen langvorragenden
Arme des Oberschlittens die für die Theilradverstellung vorgesehene Riegelkette
etwas federnd angehängt wird.
Shippey und O'Maher's Winkelradzahn-Fräsemaschine (Fig. 3 und 4).
Die Haupteigenthümlichkeit dieser für das Fräsen der bei Räderformmaschinen
gebrauchten hölzernen Modellzahnkranztheile oder auch der Holzkämme an Vollrädern
bestimmte Maschine liegt nach Industries, 1889 Bd. 7 *
S. 73, darin, daſs die beiden je eine Zahnflanke erzeugenden und einen Zahn
bildenden Fräsemesser eine gegensätzliche, gleichförmig zunehmende Bewegung
erhalten, so daſs während des fortlaufenden Fräsebetriebes die Zahndicke stetig sich
verstärkt oder abmindert.
Es muſs aber hierbei bemerkt werden, daſs durch das einfache, stetige
Zusammenschieben gleichbleibender Zahnflankenprofile in der Richtung der Theilkreise
niemals eine vollkommene Querschnittsverjüngung der Zähne nach allen Richtungen
erreichbar wird, wie es bei richtig ausgeführten Winkelrädern unerläſslich ist,
wobei nicht nur die Theilung und die Zahnkopf- und Zahnfuſshöhen, sondern auch die
Flankenform gleichmäſsig nach dem Achsenschnittpunkte zu sich verjüngen. Bei der in
Rede stehenden Fräsemaschine verjüngt sich bloſs die Zahndicke, während die
Zahnhöhen und die Flankenform sich beständig gleich bleiben.
Trotz dieses fehlerhaften Arbeitsvorganges bietet diese von W. Heap und Co. in Ashton-under-Lyne in England gebaute Maschine (Fig. 3 und 4) in den
Einzelheiten manch Bemerkenswerthes.
Auf der geraden Wange ist eine Schlittenplatte mit zwei Seitenständern verstellbar. Zwischen diesen
Seitenständern A (Fig.
4) ist ein Zwischenstück B vermöge eines
Wurmrades um Zapfenschrauben C drehbar, deren Achsen
winkelrecht zur Wangenkante stehen und welche zugleich zur Feststellung der Lage
dieses Zwischenstückes dienen. Auf diesem letzteren ist ein Drehstück D angeordnet, welches durch zwei in der Ringnuth des
Zwischenstückes B laufende Kopfschrauben F gehalten wird, und das in seiner Prismaführung einen
Schlitten G trägt, welcher vermöge eines Handrades
(Fig. 3) während der Fräsearbeit bequem
verschoben werden kann.
Fig. 3., Bd. 276, S. 552
Fig. 4., Bd. 276, S. 552
Am vorderen Rücken dieses Schlittens G ist eine
Querführung angegossen, in welcher zwei Spindelstöcke K
durch eine im Auge O des Schlittens G drehbar gehaltene Doppelschraube N mit Rechts- und Linksgewinde gleichmäſsig
zusammengeführt werden können.
Während der den Fräsebetrieb bedingenden Schlittenverschiebung findet das
Zusammenrücken der beiden, die einzelnen Fräsemesser selbständig tragenden
Spindelstöcke dadurch statt, daſs ein auf die Doppelschraube N gestecktes Zahnrad Q in eine seitliche,
festgestellte Zahnstange P greift. Je nach dem Grade
der Zahnverjüngung bezieh. der Keilform der Winkelradzähne werden Zahnräder Q von verschiedener Zähnezahl verwendet, deren Wirkung
vorher genau ermittelt worden ist. Der Betrieb der zwei selbständigen Messerfräsen
L erfolgt durch Schnurlaufrollen M, welche auf den in den beiden Lagerböckchen K laufenden Spindeln sitzen.
Beim Fräsen von Stirn- oder Schrägzahnradmodellen unterbleibt selbstverständlich
dieses Zusammenschieben der Fräsemesser, indem Q und
P auſser Eingriff gesetzt werden.
Das groſse unter der Wange angeordnete Theilrad (240 Zähne) trägt an ihrem
Spindelkopfe eine Führung für den Kranzschlitten, an welchem die zu fräsenden
Zahnradsegmente Befestigung finden.
(Schluſs folgt.)