Titel: | Ueber neuere Centrirvorrichtungen. |
Autor: | R. |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 64 |
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Ueber neuere Centrirvorrichtungen.
Mit Abbildungen.
Ueber neuere Centrirvorrichtungen.
Die Erkenntniſs der Wichtigkeit genauer Centrirung der Instrumente und Signale bei
Polygonzugsvermessungen, insbesondere bei Stadtaufnahmen, wo der Werth von Grund und
Boden ein bedeutender ist und woselbst auch häufig kurze Seiten, bei welchen der
Centrirungsfehler von um so gröſserem Einfluſs ist, unvermeidlich sind, haben
Geodäten und Mechaniker veranlaſst, auf Vorrichtungen zu sinnen, die ein schärferes
Centriren ermöglichen, als dies mit dem gewöhnlichen Schnurloth der Fall ist, um
sich von diesem oft beträchtlichen Fehler unabhängig zu machen. Das für den
gewöhnlichen Bedarf vollkommen ausreichende, ja überhaupt geradezu unentbehrliche
Schnurloth hat man zur Erreichung des genannten Zweckes durch das feste Loth und durch das optische Loth zu ersetzen, oder besser gesagt, zu ergänzen versucht, und
mit Erfolg.
In diesem Journal (1888 268 409) haben wir bereits über
derartige Vorrichtungen berichtet und Abbildung und Beschreibung des festen Lothes
von Müller-Reinecke (Firma Meiſsner in Berlin) und des optischen Lothes nach Prof. Nagel in Dresden von Hildebrand in Freiberg gebracht und dargethan, wie mit Hilfe des ersten
Horizontirung und Centrirung einfach und rasch, mit Hilfe des zweiten die Centrirung
von Instrument und Signal mit groſser Schärfe bewerkstelligt werden kann.
Die Idee des festen Lothes ist nicht neu, Prof. Dr. M.
Schmidt in Freiberg weist auf ein solches (vgl. Zeitschrift für Vermessungswesen, 1888 S. 250) schon Ende des verflossenen
Jahrhunderts von Studer in Freiberg verfertigtes und
von diesem 1801 beschriebenes festes Loth hin, das damals ziemlich häufig im
Gebrauche gestanden haben soll, und gibt auſserdem noch verschiedene Einrichtungen
zum schnellen Horizontiren an, die theils deutschen, theils amerikanischen Ursprungs
sind.
Hier wollen wir auf die Beschreibung einiger neuerer Einrichtungen des optischen Lothes eingehen.
Ganz nach dem Prinzipe des optischen Lothes von Hildebrand ist die Vorrichtung, wie sie Prof. Dr. Jordan durch Randhagen in Hannover anfertigen lieſs. Dieses
optische Loth ist aus einem älteren, ebenfalls von Randhagen für Prof. Dr. Jordan ausgeführten
Centrirapparate für Theodolit und Signale entstanden. Dieser besteht (Zeitschrift für Vermessungswesen, 1884 S. 520 und 1888
S. 9) aus einem Messingdreifuſs (Textfigur) mit Stellschrauben; der Centralcylinder
F trägt senkrecht in seiner Fortsetzung einen
Aufsatzstift, der zum Avisiren bestimmt ist und aus einem unteren stärkeren (t) und einem oberen schwächeren Theil besteht (t1), für verschiedene
Entfernungen berechnet. Eine zur Cylinderachse senkrechte Dosenlibelle L dient zur Beurtheilung der senkrechten Stellung
dieses Signales. Der Dreifuſs wird mit den Stellschrauben in die Rinnen, die in die
3 unter 120° gegen einander geneigten Arme einer Fuſslagerplatte central geschnitten
sind, gestellt (Fig. 2).
Fig. 1., Bd. 277, S. 65
Fig. 2., Bd. 277, S. 65
Die Fuſslagerplatte hat in der Mitte ein kreisrundes Loch, in welches eine eben
solche Scheibe σ mit rechtwinkeligem, das Centrum C markirendem Ausschnitt paſst und eingelegt werden
kann. Mit Hilfe des Schnurlothes und Verschiebung der Platte auf dem annähernd gut
gestellten Holzstativ wird die Centrirung, so gut es mit dem Schnurloth geht,
bewerkstelligt. Sowohl im Winkelscheitelpunkt als auch in den Endpunkten der
Schenkel des zu messenden Winkels wird je ein Stativ mit auf diese Weise richtig
gestellter Fuſslagerplatte aufgestellt. Die letztere kann durch Niederschrauben von
kleinen, unten spitzen Schrauben s, deren Muttergewinde
in den Armen der Fuſsplatte sind, durch das Eindrücken der Spitzen in das Holz der
Stativplatte gegen eine zufällige Verschiebung gesichert werden. Auf diesen
Fuſslagern findet nun das bei der fortschreitenden Winkelmessung erforderliche
Umsetzen von Instrument und Signal statt, und wie man beurtheilen kann, mit
ziemlicher Schärfe, wenn anders die Ausführung der Details der Vorrichtung exact
erfolgt ist. Allerdings erfolgt das Ablothen, weil mit dem Schnurloth geschehen,
nicht mit derselben Schärfe, und es wird bei diesem Vorgange nur eine genaue
Winkelmessung, vom Centrirungsfehler ziemlich unabhängig, erreicht, während das
abgelothete Polygon innerhalb der Ablothungsfehler mit dem Senkel ein anderes ist,
dessen Seiten dann gemessen werden. Da aber das Messen der Polygonseiten, wenn auch
mit Latten wohl noch immer nicht so scharf erfolgt, als dieses Ablothen geschieht,
so entspricht dieser Vorgang vollkommen, und mit Recht redet Prof. Dr. Jordan demselben bei Stadtaufnahmen das Wort.
Um auch das Ablothen mit derselben Schärfe zu erzielen, wie das Umsetzen bei diesem
Verfahren möglich ist, hat nun Prof. Dr. Jordan (Zeitschrift für Vermessungswesen, 1889 S. 41) den
Centralcylinder F (Fig.
1) des Messingdreifuſses cylindrisch durchbohrt und als Objectivröhre
eines kleinen Fernrohres eingerichtet, in welcher sich die mit einem Fadenkreuz
versehene Ocularröhre verschieben läſst. Ist die annähernde Richtigstellung der
Fuſslagerplatte auf dem Stativ mit Hilfe des Senkels erfolgt, so wird mit Benutzung
dieses ganz wie das Hildebrand'sche zu gebrauchenden
und demselben ganz ähnlichen Ablothfernrohres die Platte so lange verschoben, bis
der Kreuzungspunkt der Fäden genau den Winkelpunkt deckt und dann die Platte mittels
der genannten Druckschräubchen gesichert. Der Ansatzstift befindet sich auf einem
kleinen, mit kurzem Gewinde versehenen Oculardeckel und wird mit diesem auf das
Ocular aufgeschraubt, nachdem die Centrirung erfolgt ist. Die Dosenlibelle, welche
mit den Stellschrauben vorher zum Einspielen gebracht werden und auch in dieser
Stellung erhalten werden muſs, ist auf einer die Objectivröhre concentrisch
umgebenden, um diese drehbaren Büchse senkrecht zur Achse des Fernröhrchens
befestigt. Wird das Signal weggehoben und der Theodolit auf die Fuſslagerplatten mit
den Stellschrauben in die Rinnen gestellt, so ist auch dieser so genau eben die
Umsetzung erfolgen kann, centrirt.
Auf die zur Richtigkeit erforderlichen Punkte, ihre Prüfung und Berichtigung,
eventuell auf die Mittel, die Unrichtigkeit in gegebenen Fällen unschädlich zu
machen, braucht hier, wo wir lediglich die Beschreibung der Centrirvorrichtungen
bringen wollen, nicht eingegangen zu werden.
Um den Theodolit möglichst scharf centriren zu können,
haben O. Fennel in Cassel und Dennert und Pape in Altona Einrichtungen getroffen, die sich von den
früher genannten optischen Lothen dadurch wesentlich unterscheiden, daſs sie in
Verbindung mit dem zu centrirenden Instrumente selbst sind und nicht besondere
Instrumente wie das von Hildebrand und Randhagen.
Bei beiden ist die senkrechte Umdrehungsachse des Instrumentes cylindrisch durchbohrt
und gewährt eine völlig freie Durchsicht auf den senkrecht unterhalb gelegenen
Punkt. Es ist daher auch der Gewindezapfen und eine allenfalls vorhandene Tragfeder
oder Verschluſskapsel u.s.w. durchbohrt. Bei der Einrichtung, wie sie O. Fennel patentirt wurde (D. R. P. Nr. 45593, vgl. Zeitschrift für Vermessungswesen, 1890 S. 33), ist im
unteren Ende der durchbohrten Achse ein achromatisches Objectiv eingesetzt, und vor
dem oberen Ende ein Glasprisma und darüber ein Fadenkreuz mit Correctionsschräubchen
zur Justirung. In der Richtung der durch das Prisma abgelenkten, von unten kommenden senkrechten
Visur ist das Ocular ausziehbar und eingelagert in einem kastenförmigen Guſsstück,
welches zwischen Alhidade und Fernrohrträger angeordnet ist. Für dieses kleine
gebrochene Hilfsfernrohr besteht eine groſse Schwierigkeit darin, den Ocularauszug
parallel der durch das Prisma gebrochenen Visur richtig herzustellen; diese
Schwierigkeit ist dadurch behoben worden, daſs eine passende Constructionsabänderung
vorgenommen wurde, darin bestehend, daſs das Prisma bei der neuesten Einrichtung
nicht zwischen Fadenplatte und Objectiv angebracht erscheint, sondern im gebrochenen
terrestrischen Oculare. Die Aufstellung eines solchen Theodoliten auf dem Stative
geschieht am zweckmäſsigsten wie bei der Freiberger Aufstellung (wie auch beim Nagel'schen Centrirapparate), also mit einer
durchbohrten Platte, da dann auch der Gebrauch durch ähnlich eingerichtete Signale
möglich ist. Natürlich ist auch hier zur vorläufigen Aufstellung der Senkel von
groſsem Vortheile, da sonst bei der Beschränktheit des Gesichtsfeldes des kleinen
Hilfsfernrohres die genaue Centrirung wohl zu zeitraubend ausfallen könnte, da man
den anzuvisirenden Punkt nicht im Gesichtsfelde hätte und nicht weiſs, wohin die
Verschiebung zu erfolgen hätte.
Prof. Dr. Jordan hat unabhängig von der vorstehend
beschriebenen Einrichtung im J. 1888 vom Mechaniker Randhagen in Hannover einen Theodoliten anfertigen lassen, wo derselbe
Gedanke, die senkrechte Instrumentenachse als Fernrohr einzurichten, Anwendung
gefunden. Nur ist das Fernröhrchen, das zum Ablothen dient, kein gebrochenes,
sondern man sieht von oben hinein; um dies durchführen zu können, muſste das
Fernrohr des Instrumentes excentrisch angeordnet werden (Zeitschrift für Vermessungswesen, 1890 S. 35 und 36).
Dennert und Pape in Altona verwenden das Fernrohr des
Instrumentes selbst zum Ablothen (D. R. P. Nr. 47061, Zeitschrift für Vermessungswesen, 1890 S. 270), also als optisches Loth.
In den unteren Theil des durchbohrten Gewindezapfens, mit welchem das Instrument mit
dem Stativ in Verbindung gebracht wird, wird erstlich ein Loth eingeschraubt, und
damit die annähernd richtige Aufstellung besorgt. Die Libellen des Instrumentes
werden mit den Stellschrauben zum Einspielen gebracht, die Umdrehungsachse des
Instrumentes dadurch senkrecht gestellt, das Fernrohr mit dem Objectiv nach unten
gerichtet, mit Hilfe der Nonien und des Höhenkreises ebenfalls senkrecht gerichtet
und die Objectivblende herabgeschoben. Nachdem das Loth weggenommen, hat man durch
die hohle Achse freien Durchblick nach abwärts. Da nun, wenn das Instrument für die
auszuführende Winkelmessung passend aufgestellt ist, die Einstellung der Visur auf
den Fuſspunkt unbequem wäre, so wird man entweder ein Prisma auflegen oder ein
gebrochenes Ocular einsetzen; das Instrument ist nun so lange zu verschieben, bis
der Fadenkreuzungspunkt den Winkelpunkt genaudeckt, dann wird mit der vorhandenen Klemmschraube die
feste Verbindung von Instrument und Stativ hergestellt.
Eine Centrirvorrichtung mit optischem Loth in Verbindung mit einer
Horizontirvorrichtung hat O. Fennel patentiren lassen
(D. R. P. Nr. 48147), welche im Wesentlichen in Folgendem besteht. Die Stativplatte,
durchbohrt in der Mitte, wird mit zwei Stellschrauben wagerecht gerichtet und auf
dieser ist eine Platte mit Rinnen, in welche die Stellschrauben des Instrumentes
kommen, verschiebbar. Diese Instrumentenplatte trägt in der Mitte ein zu ihr
senkrecht gerichtetes Visirrohr, mit welchem die Platte lothrecht über einen
gegebenen Punkt gebracht und in dieser Lage mit einer dritten Schraube festgestellt
werden kann. Der Theodolit ist mit einer Centrirkugel versehen. Zur Erreichung der
Horizontirung und Centrirung sind aber, wie zu ersehen, zwei getrennte Vorgänge
nothwendig; erstlich die Wagerechtstellung der Stativplatte mit den genannten zwei
Stellschrauben, dann die Herstellung der richtigen Lage der Instrumentenplatte mit
dem Visirrohr und Feststellung dieser mit der dritten Schraube, und dann ist
selbstverständlich das aufgestellte Instrument noch mit den Stellschrauben richtig
zu stellen.
R.