Titel: | Feuerlose Locomotive für Bergwerke, System C. Rolland. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 155 |
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Feuerlose Locomotive für Bergwerke, System C.
Rolland.
Mit Abbildungen auf Tafel
9.
Feuerlose Locomotive für Bergwerke.
Schon seit geraumer Zeit sucht man nach einem geeigneten Motor, welcher die zum
Lastentransport in Bergwerken zur Verwendung kommenden Pferde vortheilhaft zu
ersetzen im Stande ist.
Den Grubenverhältnissen angepaſste Locomotiven, welche als mechanische Mittel ihrer
Fortbewegung gepreſste Luft, die Elektricität oder überhitztes Wasser in Verbindung
mit anderen Körpern benutzen, haben wegen der Kostspieligkeit ihrer Unterhaltung,
sowie auch wegen der mit Einführung elektrischer Maschinen in Bergwerken nicht
unerheblichen Gefahr und da die Unterbringung von Accumulatoren auf den Kohlenwagen
in praktischer Hinsicht nicht vortheilhaft erschien, keine allgemeinere Verwendung
finden können, und man ist deshalb in neuester Zeit zu dem Dampfbetriebe
zurückgekehrt, indem die namentlich in Belgien auf Straſsenbahnen bereits erprobten
feuerlosen Locomotiven, dem Bergwerksbetriebe entsprechend construirt, eingeführt
wurden.
Die Revue Universelle des Mines, 1889 * Taf. 10,
entnommenen Abbildungen Fig. 1 und 2 Taf. 9 veranschaulichen
eine derartige von dem Ingenieur C. Rolland in Mons
construirte, zum Transport von Lasten in Bergwerken dienende feuerlose Locomotive,
deren 0cbm,550 fassendes Reservoir A, ebenso wie die 1882 246 *
308 beschriebene feuerlose Maschine von Lamm-Francq
überhitztes Wasser von hier 205° C. Temperatur oder 16at absoluter Spannung enthält, welches von einem über Tage liegenden
Dampfkessel aus geheizt wird und für eine regelmäſsige Fahrt von 3 bis 4km ausreichen soll. Die Ueberhitzung von
Kesselwasser mittels eines Dampfstrahles wurde bekanntlich zuerst von dem Belgier
M. Bede betrieben, dessen hierüber ausgestelltes
Patent indeſs schon seit dem 13. Juli 1883 erloschen ist.
Mit der Benutzung dieses überhitzten Wassers läſst sich in einem relativ kleinen
Raume eine bedeutende Arbeit in Gestalt von Wärme aufspeichern, welche die
allmähliche Verdampfung des zum Betreiben von Maschinen nöthigen Wassers
bewirkt.
Die Stärke der vorliegenden Locomotive beträgt bei einer durchschnittlichen
Geschwindigkeit von 2m in der Secunde 6 ,
während die Geschwindigkeit eines Pferdes zu 0,9 bis 1m,0 angenommen werden kann; sie wird demnach bei ununterbrochenem Betrieb,
d.h. Tag und Nacht
arbeitend, 12 bis 18 Pferde ersetzen können und auſserdem eine entsprechende Anzahl
von Bedienungsmannschaften unnöthig machen.
Die weiteren Vortheile, welche sich bei der Verwendung von feuerlosen Locomotiven in
Bergwerken ergeben, dürften die folgenden sein:
1) Absolute Sicherheit gegen die durch Feuer und Rauch entstehenden Gefahren und
Belästigungen.
2) Angenehmerer Aufenthalt in der Grube in hygienischer Beziehung da die Pferde und
deren Stallungen fortfallen.
3) Vermeidung aller mit dem Pferdebetriebe verbundenen Ausgaben, z.B. der Kosten bei
epidemischen Krankheiten und Verwundungen, der durch Einsturz und Explosion von
Grubengas entstehenden Verluste u. dgl.
4) Geringer Dampfverbrauch (15 bis 16k auf 1km) und gute Ventilation durch den bei der
Bewegung der Locomotive erzeugten Luftstrom, deshalb auch in sanitärer Beziehung für
die in den Bergwerken beschäftigten Arbeiter vortheilhaft.
5) Bedeutende direkte Ersparnisse.
Die nachstehende Kostenzusammenstellung für eine Grubenanlage von 600m Tiefe und 600m
Transportlänge zeigt, wie bedeutend die Ersparnisse bei Beschaffung einer feuerlosen
Locomotive gegenüber dem Betriebe mit Pferden sein können.
2 Locomotiven, davon eine in Reserve
8400
Fr.
Kessel von 10qm Heizfläche
mit Zubehör, jedoch ohne Schornstein
2000
„
600m gezogene Rohre von
0m,050 Durchmesser
1800
„
Wärmeschutzmasse
1800
„
Wasserrohr mit Zubehör
1000
„
Für Unvorhergesehenes
500
„
––––––––––
Total
15500
Fr.
Die einer Betriebslänge von 600m entsprechenden
Transportkosten mit feuerloser Locomotive betragen:
2 Maschinisten à 3,50 Fr., demnach für 300 Tage
2100
Fr.
Brennmaterial
500
„
Oel, Schmierung und Packmaterial
150
„
Unterhaltung und Reparatur
600
„
Zinsen und Amortisation des Kapitals
1550
„
–––––––––
Total
4900
Fr.,
während die Kosten dieses Transportes bei der Verwendung von
Pferden sich zusammensetzen aus:
Nahrung für 6 Pferde, Unterhaltung der Geschirre
und Amortisation 6 . 3,00 . 365
6570
Fr.
5 Karrenführer à 2 Fr. pro Tag, demnach für 300 Tage
3000
„
2 Stallknechte pro 24 Stunden und 365 Tage
1460
„
–––––––––
Total
11030
Fr.,
so daſs sich zu Gunsten der feuerlosen Locomotive eine
Differenz von 11030 – 4900 = 6130 Fr. herausstellt, d.h. es lassen sich mit der
Abschaffung eines jeden Pferdes jährlich 1000 Fr. ersparen. Bei 1000m Transportlänge sind 10 Pferde (Tag und Nacht) erforderlich
und es betragen die Unterhaltungskosten:
10 Pferde 10 . 3,00 . 365
10950
Fr.
8 Karrenführer, davon 5 am Tage, 8 . 2,00
4800
„
Stallknechte und andere Unkosten
1825
„
–––––––––
Total
17575
Fr.,
so daſs in diesem Falle, wenn man auch die feuerlose
Locomotive mit 300 Fr. Betriebsmehrkosten in Rechnung stellt, zu Gunsten derselben
eine Differenz von 17575 – 5200 = 12375 Fr. bleibt, demnach für jedes entbehrliche
Pferd eine jährliche Ersparniſs von ungefähr 1200 Fr. erzielt wird.
Im betriebsfähigen Zustande wiegt die Locomotive 3000k; ihr Mechanismus ist auſsenliegend und überall leicht zugänglich. Die
beiden Dampfcylinder arbeiten auf eine doppelt gekröpfte sogen. Blindachse, welche
durch an ihren Enden aufgezogene Kurbeln und an deren Zapfen angreifende
Kuppelstangen mit den beiden Tragachsen verbunden ist. Die für 0m,6 Spurweite erbaute Maschine hat 0m,82 gröſste Breite und eine totale Länge von etwa
3m. Ein automatischer Dampfdruckregulator
gewöhnlicher Construction befindet sich in F, auſserdem
kann der Maschinist die Spannung des Einströmdampfes nach Belieben mittels des von
Hand stellbaren Regulators E einstellen.
Die Ausströmung des Abdampfes kann an dem einen oder anderen Ende der Locomotive
stattfinden, je nachdem der mit einem Scharnier 4
versehene bewegliche und durch den Bügel 5 in fester
Lage gehaltene Krümmer 2 die Verbindung der Theile 6 und 3 des Abdampfrohres
vermittelt oder nicht.
Die Hauptverhältnisse der Maschine sind die folgenden:
Cylinderdurchmesser
d = 0m,115
Kolbenhub
L = 0m,175
Raddurchmesser
D = 0m,450
Radstand
1m,000
Absolute Kesselspannung
16at
Maximalspannung des Dampfes beim Austritt aus dem
Regulator
P = 7k,231
Maximaldruck auf die Kolbenfläche
752k
Nutzbare mittlere Dampfspannung p = 0,75
P = 5k,42
Nach der Formel von Le Châtelier ergibt sich die
Zugkraft in Kilogrammen zu
T=p\,.\,\frac{d^2\,.\,L}{D}\,k,
nach Einsetzung der Werthe erhält man
T=\frac{5,42\,.\,11,5^2\,.\,17,5}{45}=278^k,\
\mbox{und}
die Leistung bei 2m
Geschwindigkeit in der Secunde aus
\frac{278\,.\,2}{75}=7,4\ \mbox{Pferde}.
Da die Maschine mit Expansion arbeitet, wird man die Durchschnittsleistung zu 6
Pferden annehmen können und erhält dann mit dem Adhäsionsverhältniſs von
\frac{1}{6} dennoch eine nutzbare Zugkraft von 500k anstatt 278k.
Die Dampfmenge und Anzahl der verbrauchten Calorien für 1km Fahrt ergibt sich unter der Voraussetzung, daſs die Maschine mit der
Maximalfüllung arbeitet, bei 5k,42 Dampfspannung
zu
Q = S +
4Ln . P1k,
worin S die Kolbenfläche = 0qm,01038,
P1
das Gewicht eines Cubikmeters Dampf von 5k,42
Spannung und
n die Anzahl der Räderumdrehungen
für 1^{km}=\frac{1000}{\pi\,.\,D}=708 bedeutet, demnach nach
Einsetzung der Werthe
Q = 16k,30.
Die Anzahl C der Calorien, welche in 16k,30 verbrauchtem Dampf für 1km enthalten sind, beträgt
C = 16,30 . 650 = 10595
Calorien.
Bei 16at absoluter Spannung, einer Temperatur von
205,2° entsprechend, enthalten die im Reservoir befindlichen 550k überhitztes Wasser
C = 205,2 . 550 = 112860
Calorien,
demnach hat die Locomotive nach zurückgelegter Fahrt von 4km Länge verbraucht
4 . 16,30
=
65k,20 Wasser oder
10595 . 4
=
42380 Calorien
und im Reservoir sind noch verblieben
550 – 65,20
=
484k,80 Wasser und
112860 – 42380
=
70480 Calorien oder
\frac{70480}{48480}=145 Wärmegrade,
entsprechend einer absoluten Spannung von 3at,11.
Fr.