Titel: | Verminderung der Anzahl der Leitungen bei Eisenbahn-Signalanlagen. |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 265 |
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Verminderung der Anzahl der Leitungen bei
Eisenbahn-Signalanlagen.
Mit Abbildungen.
Verminderung der Anzahl der Leitungen bei
Eisenbahn-Signalanlagen.
In D. p. J. 1890 275 * 589
ist eine Anzahl von Telegraphen- und Signaleinrichtungen der französischen Ostbahn besprochen worden. Wir reihen an jene hier noch eine
eigenthümliche Anordnung und Benutzung der Leitungen bei Signalanlagen an, welche in
der Oesterreichischen Eisenbahn-Zeitung, 1890 * S. 234,
ebenfalls nach der von Oberinspektor G. Dumont
beschriebenen Schrift beschrieben worden ist.
Innerhalb der Bahnhöfe müssen oft elektrische Signaleinrichtungen hergestellt werden,
welche einen Verkehr einzelner Punkte mit einander ermöglichen, namentlich das
Ertheilen von Befehlen an die oft entfernten Weichenstellpunkte. Die Ostbahn hatte
in Paris 1889 Apparate ausgestellt, welche den Verkehr zwischen zwei
Weichenstellbuden von Saxby und Farmer ermöglichen.
Diese Apparate bestehen aus Empfängern und Gebern; die ersteren sind den in Gasthöfen u.s.w.
benutzten Fallscheibenkästen verwandt, die letzteren enthalten einfach bloſs
Druckknöpfe mit Contactfedern. Das Eigenthümliche aber ist, daſs die Ostbahn bei
derartigen Einrichtungen nicht ebenso viele Leitungen
spannt, als Signal- oder Fallscheiben zu bewegen sind, sondern daſs für n2 Signalscheiben
schon 2n LeitungenAllgemeiner sind bei einer derartigen Lösung der Aufgabe m + n Leitungen für m × n Signalscheiben erforderlich. –
Auch anderwärts hat man in der Telegraphie von solchen Gruppirungen Vortheil zu ziehen verstanden. So
gruppirt z.B. Munier bei seinem demnächst zu
besprechenden neuen Vielfach-Typendrucker in eigenartiger Weise die
Contactstellen in dem Stromschlieſser für den druckenden Lokalstrom und Milo Gifford Kellogg in Chicago bei
Vielfach-Umschaltern für Telephonämter die Leitungen und die Schränke nach
seinen an das Amerikanische Patent Nr. 424310 vom 8. December 1887 und Nr.
393509 vom 27. November 1888 sich anschlieſsenden neueren
Patenten. ausreichen.
Fig. 1., Bd. 277, S. 265
Fig. 2., Bd. 277, S. 265
Man hat dazu die in Fig. 1 für n = 2 skizzirte Anordnung gewählt, a, b, c
und d sind vier Druckknöpfe, in denen der Strom einer
Batterie geschlossen und
in die beiden an jeden Druckknopf herangeführten, einen Stromkreis bildenden beiden
Leitungen 1 und I, 1 und
II, 2 und I, 2 und II entsendet werden kann. Wird z.B. der Knopf a gedrückt, so bilden die beiden Leitungen 1 und I den Stromkreis;
zwischen r und s findet
aber eine Stromverzweigung statt: ein Zweig geht durch den Elektromagnet A, der zweite über n, u, v
durch die drei Elektromagnete B, D und C. Da aber der Widerstand im letzteren Stromwege
dreimal so groſs ist als in dem ersteren, so gehen durch A drei Viertel des Stromes, durch B, D und
C nur ein ViertelSobald n > 2 ist,
wird die Stromverzweigung wesentlich verwickelter.; wenn man
daher eine passende Stromstärke wählt, so wird man es erreichen können, daſs der
Elektromagnet A allein anspricht.
Bei den von der Ostbahn angestellten Versuchen wurde dies ganz leicht erreicht; man
befürchtete jedoch, es möchten die Batterien nicht immer auf der rechten Stärke
erhalten bleiben, und hat daher der in Fig. 2
ebenfalls für n = 2 skizzirten Anordnung den Vorzug
gegeben. a, b, c und d
sind wieder vier Druckknöpfe, doch schlieſsen dieselben stets zwei Batterien und
senden dann einen Strom (von stets der nämlichen Richtung) in zwei verschiedene
Leitungen, welche am anderen Ende an Erde liegen bezieh. an Erde gelegt werden;
natürlich liegen auch die beiden Batterien mit dem einen Pole an Erde. Am
Empfangsorte treten noch n Elektromagnete hinzu; jeder
derselben bietet durch seine Rollen hindurch einen beständig geschlossenen Stromweg
aus einer der n Leitungen
der ersten Gruppe (1, 2 . . . .) zur Erde; wird der
Anker eines dieser Elektromagnete angezogen, so schlieſst er jede der n Leitungen der zweiten Gruppe (I, II ....) durch einen besonderen der n zu ihm gehörigen Elektromagnete. Hiernach sind in
Fig. 2 (n = 2) etwa
die beiden Drähte 1 und 2
durch zwei Elektromagnete X und Y an Erde gelegt; wird der Anker von X
angezogen, so legt er die Leitung I durch den
Elektromagnet A, die Leitung II aber durch den Elektromagnet B an Erde;
wenn dagegen Y seinen Anker anzieht, so wird aus der
Leitung I durch den Elektromagnet C und zugleich aus der Leitung II durch den Elektromagnet D ein Stromweg zur
Erde hergestellt.
Wenn nun wiederum der Knopf a gedrückt wird, so sendet
die eine Batterie einen Strom in 1 durch X; daher zieht X seinen
Anker an und ermöglicht dadurch, daſs die zweite Batterie einen Strom in I durch A senden kann;
zugleich ist zwar auch die Leitung II durch den
Elektromagnet B geschlossen worden, B kann aber nicht ansprechen, weil dazu nur entweder
der Knopf b oder d den
Strom würde liefern können, da dem Elektromagnete B
(und ebenso auch D) ein Strom ja nur in der Leitung II zugeführt werden kann.
Jede Signalscheibe ist nun an einem Magnetstabe angebracht, der zwischen den beiden Rollen
seines Elektromagnetes schwingen kann und, je nach der Stromrichtung, bald von der
einen Rolle angezogen ist, bald von der anderen. Deshalb muſsten am gebenden Orte
für jede Signalscheibe nicht bloſs ein Druckknopf (z.B. a), sondern deren zwei (z.B. a und a1) aufgestellt werden;
beide sind ganz so wie in Fig. 2 mit den Leitungen
verbunden, und beide schlieſsen auch die in die Leitungen 1 und 2 arbeitenden Batterien in gleicher
Weise; in die Leitungen I und II (lignes des voyants, Leitungen der Signalscheiben) dagegen entsendet
immer der eine Druckknopf (z.B. a) einen positiven
Strom und der andere zu derselben Signalscheibe gehörende Druckknopf (z.B. a1) einen negativen
Strom. Wenn also der erste Druckknopf o benutzt wird,
um die betreffende erste Signalscheibe sichtbar zu machen, so wird eben diese
Scheibe durch einen Druck auf den zweiten Knopf a1 wieder zum Verschwinden gebracht.
Ist n = 2, so ist 2n = n2, und deshalb tritt
bei n = 2 eine Ersparung von Leitungen nicht ein. Bei
der auf der Ausstellung vorhandenen Anlage dagegen war n = 6, und bei ihr konnten mit 2n = 12
Leitungen nicht weniger als n2 = 36 Scheiben bewegt werden; eine dreizehnte
Leitung ersetzte hier übrigens die Erdleitung, diente als Rückleitung.
Bei der Anlage auf dem Pariser Bahnhofe ist jeder Signalscheibenkästen mit einer
Klingel ausgerüstet, welche läutet, wenn eine Scheibe erscheint oder verschwindet.
Jeder Geber hat einen weiſsen und einen schwarzen Knopf; erstere machen die Scheiben
sichtbar, letztere lassen sie verschwinden. Wird ein weiſser Knopf gedrückt, so
erscheint hinter dem zu diesem Knopfpaare gehörigen Fenster ein rothes Signal; wird
ein schwarzer gedrückt, so verschwindet das rothe Signal und es zeigt sich ein
weiſses; dies vollzieht sich rein mechanisch und hält dem Beamten beständig die von
ihm gegebenen Signale und Befehle vor Augen. In jedem der sechs Elektromagnete trägt
der Anker sieben kupferne Stäbe, welche, wenn der Anker angezogen wird, sieben
Federn auf sieben Klemmen legen; sechs von diesen Klemmen führen noch den
Elektromagneten der Scheiben in einem Kasten und setzen dieselben in Verbindung mit
den sechs Leitungen I, II,... VI; die siebente dient zum Schlieſsen eines Lokalstromes durch die bereits
erwähnte Klingel.