Titel: | Neuerungen in der Gasindustrie. |
Autor: | W. Thörner |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 332 |
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Neuerungen in der Gasindustrie.
(Fortsetzung des Berichtes S. 267 d.
Bd.)
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 15.
Neuerungen in der Gasindustrie.
Beiträge zur technischen
Gasanalyse; von W. Thörner.
Verfasser arbeitet mit der Ettling-Hempel'schen Bürette
mit Kühlmantel; letzterer ist durch Anschmelzen direkt mit der Bürette verbunden.
Als Kühlung dient Wasser aus einem 5 bis 10l
fassenden erhöht stehenden Ballon, welcher durch Schlauch mit dem Kühlrohr verbunden
ist. Zur Entnahme und Aufbewahrung von Gasproben benutzt Verfasser dickwandige,
durch Glashähne verschlieſsbare und mit einem ⊺-Rohr
versehene Glasrohre von 500 bis 2500cc Inhalt
(Fig. 7
Taf. 15). Zur Füllung derselben mit dem Probegase saugt man mit einem Aspirator eine
Zeitlang das Gas durch b und a, öffnet dann die Hahnen und läſst das im Rohr enthaltene Wasser
auslaufen; nun werden die Hahnen geschlossen. Vortheilhafter ist es, um das Rohr
trocken zu halten, einfach durch dasselbe das Gas längere Zeit hindurchzusaugen und
dann die Hahnen zu schlieſsen. Der eine Theil des ⊺-Stückes muſs dabei geschlossen sein. Als Rohr zum Probenehmen für niedere
Temperaturen dient Glas oder reines Zinn. – Ist Schwefligsäure, Schwefelsäure,
Schwefelwasserstoff u.s.w. im Gase, so werden diese, wie z.B. in den Auspuffgasen
der Locomotiven, durch Absorption aus bestimmtem Gasvolumen entfernt und
gewichtsanalytisch bestimmt; der Gasrest wird volumetrisch untersucht.
Bei der Untersuchung von Generatorgas, Wassergas, Leuchtgas, Feuergasen u.s.w. wird,
wie üblich, Kohlensäure mit Natronlauge, Sauerstoff' mit alkalischer
Pyrogallussäure, schwere Kohlenwasserstoffe der Aethylen- und Benzolreihe durch
rauchende Schwefelsäure in Hempel'schen Pipetten
absorbirt. Für letztgenanntes Reagens hat die Pipette Glaskapselverschlüsse, die
Absorptionskugel ist mit Glasstückchen gefüllt. Kohlenoxyd wird durch doppelte
Absorption mit frischer salzsaurer Kupferchlorürlösung weggenommen. Im Gasrest wird
Wasserstoff nach dem Verdünnen mit Luft durch Verbrennen über Palladiumasbest
bestimmt.
In dem von Wasserstoff befreiten Gasrest von Leuchtgas bestimmt Verfasser Methan
durch Zusatz von elektrolytischem Sauerstoff und Verbrennung in der
Verbrennungspipette (Fig. 8). Zur Darstellung des Sauerstoffs dient der Zersetzungsapparat
Fig. 9,
ähnlich einer Absorptionspipette. Das ∪-förmige weite
Glasrohr enthält drei Platinelektroden, von denen sich zwei in dem einen mit 0cc,5 Theilung versehenen Schenkel befinden. Man
kann so nach Wunsch Wasserstoff, Sauerstoff oder Knallgas entwickeln. Die
Verbrennungspipette hat die Form der Hempel'schen
Absorptionspipetten mit kleiner Verbrennungskammer, in deren Wandungen zwei sehr
starke Silberdrähte eingeschmolzen sind. Letztere sind im Inneren durch einen in 5 Windungen von je
5mm Höhe spiralförmig gewundenen Platindraht
verbunden. Die Silberdrähte endigen auſsen in zwei Klemmschrauben a und a1. Die Ausführung der Verbrennung geschieht, indem
zunächst nur so viel Gasgemisch in die Pipette gebracht wird, daſs die Platinspirale
frei liegt; dann werden die Klemmschrauben mit einer galvanischen Tauchbatterie
verbunden und die Spirale zum lebhaften Glühen erhitzt. Anfangs erfolgt ein
schwaches Aufflammen; man treibt das Gas vollständig über, läſst dasselbe 1 Minute
in der Pipette sich mischen, saugt zurück und treibt noch zweimal über. Nun ist
alles Methan verbrannt, der Rest wird zurückgesaugt, die Kohlensäure absorbirt. ⅓mal
der Contraction ist das vorhanden gewesene Methan. Ist zur Bestimmung eines
Gasbestandtheils Zusatz von Knallgas erforderlich, so geschieht die Verpuffung in
der Explosionspipette Fig. 10, in deren oberen
Theil Platinspitzen eingeschmolzen sind. Die Niveaukugel B wird durch einen Gummistopfen während der Explosion verschlossen.
Folgende Analysen sind mit genannten Apparaten ausgeführt (Vol.-Proc.):
Generatorgas
Wassergas
Siemensgas
GichtgasvonCupolöfen
I
II
I
II
Kohlensäure
10,5
12,6
5,6
8,2
0,6
9,6
Kohlenoxyd
15,5
15,6
34,6
34,5
31,2
18,0
Wasserstoff
16,7
19,8
48,2
49,2
5,8
1,6
Methan
1,5
0,1
0,0
0,0
0,3
0,0
Sauerstoff
0,3
0,0
1,4
0,0
0,3
0,0
Stickstoff
55,05
51,2
9,2
8,1
61,6
70,8
Schwefelwasserstoff bez. Schwef- lige Säure
0,35
0,6
1,03
–
0,07*
–
Ammoniak
0,10
0,10
0,04
–
0,04
–
* SO2.
Fig. 1., Bd. 277, S. 333
Zur volumetrischen Bestimmung der Kohlensäure in Soda,
kohlensaurem Kalk und Verbindungen, welche sich in der Kälte durch
Säurezusatz zersetzen, benutzt Verfasser den Apparat (Fig. 1) in Verbindung mit
der Hempel'schen Gasbürette. In das 100cc fassende Kölbchen, welches von auſsen gekühlt
wird, bringt man 0,25 bis 0g,5 der Probe, in das
Gefäſs C etwas verdünnte Salzsäure oder Schwefelsäure.
Das Rohr A wird durch einen Gummischlauch mit der
Gasbürette verbunden und durch Einlassen von Luft durch den Quetschhahn B der Stand in der Bürette mittels des Niveaurohres auf
Null eingestellt. Nun läſst man langsam Säure in das Kölbchen eintropfen, bis die
Kohlensäureentwickelung beendigt ist, schüttelt vorsichtig um und liest in der Bürette nach
dem Einstellen das entwickelte Volumen Kohlensäure ab. Um die Absorption von
Kohlensäure durch die Säure zu vermeiden, wird in dieselbe erst eine Messerspitze
doppelt kohlensaures Natron geworfen.
Zur Bestimmung von in Flüssigkeiten wie Bier, Wein u. dgl.
gelöster oder in Verbindungen befindlicher Kohlensäure dient die
Zusammenstellung Fig. 12, auf welcher das Niveaurohr zur Bürette weggelassen ist. In
dem etwa 75cc fassenden Kühlerkolben A wird die Kohlensäure aus der gemessenen oder
gewogenen Substanz, eventuell unter Zusatz von Säure., durch Kochen ausgetrieben und
in die Bürette oder in die Sammelpipette SS1 übergeführt. Nach beendeter Zersetzung wird das
ganze Gasvolumen im Kühlerkolben durch Eingieſsen von Wasser durch B in die Bürette oder die Sammelpipette übergetrieben.
Das Kühlwasser durchflieſst den Mantel der Bürette und darauf den Kühlerkolben; nach
einigen Minuten ist in beiden Temperaturausgleichung eingetreten. Das Gesammtvolumen
wird abgemessen und darin durch Absorption die Kohlensäure bestimmt. Da man im
Voraus häufig nicht weiſs, wie viel Gas erlangt wird, so ist es gut, eine 150 bis
200cc fassende Sammelpipette einzuschalten und
aus derselben das Gasvolumen auf einmal oder wenn nöthig in zwei Messungen in die
Bürette überzuführen und darin die Kohlensäure zu bestimmen. Beide Methoden ergaben
gute Resultate, wie an kohlensaurem Kalk, kohlensaurer Magnesia, kohlensaurem Kali
und saurem kohlensaurem Natron gezeigt wird.
Fig. 2., Bd. 277, S. 334
Zur volumetrischen Bestimmung des Kohlenstoffs in Eisen und
Stahl nach Wiborgh's Methode dient Apparat
Fig. 13. 0g,5 Roheisen, Spiegeleisen oder bis 2g,5 Stahl werden in dem etwa 150cc fassenden Kolben A
mit 10cc einer gesättigten filtrirten
Kupfersulfatlösung übergössen und kurze Zeit umgeschwenkt, um eine vollständige
Verkupferung des Eisens zu bewirken. Nach 5 Minuten fügt man für jedes angewandte
Gramm Eisen 5cc einer 100procentigen
Chromsäurelösung hinzu. Hierauf wird der Kolben mit dem gut eingeschliffenen
Glasstopfen a, in welchem das Kühlrohr C und das Hahntrichterrohr R eingeschmolzen sind, geschlossen und durch das letztere etwa 120 bis
130cc SchwefelsäureZur Herstellung der Schwefelsäure werden
1000g concentrirte reine Schwefelsäure
mit 720g Wasser vermischt und 5g Chromsäure hinzugefügt. Das noch heiſse
Gemisch wird dann sofort zum Kochen erhitzt und 1 Stunde lang ein schwacher
Luftstrom hindurchgeleitet, um stets vorhandene Kohlensäure oder
Kohlenstoffverbindungen daraus zu entfernen. Versäumt man dies, so erhält
man leicht zu hohe Zahlen. von 1,594 spec. Gew. langsam hinzugefügt, bis der Kolben
bis fast an den Hals angefüllt ist. Jetzt wird sofort das Kühlrohr C durch ein rechtwinkelig gebogenes Glasrohr r und durch den Dreiwegehahn h mit der Bürette D verbunden und das
Kühlwasser aus dem Reservoir zunächst durch den Kühlmantel der Bürette, darauf durch
den Kühler C geleitet. Man erhitzt den Kolben langsam
zum Sieden und erhält darin etwa ½ Stunde; nach der ersten oft etwas stürmischen
Zersetzung kocht der Inhalt ruhig. Nun entfernt man die Flamme und treibt durch
Zugieſsen von Wasser durch das Trichterrohr B das ganze
Gasgemenge in die Bürette über; zuletzt wird noch so viel Luft nachgesaugt, daſs
etwa 100cc erreicht werden. Nach eingetretenem
Ausgleiche der Temperatur bestimmt man die Kohlensäure in einer Kalipipette und
berechnet daraus unter Berücksichtigung von Temperatur und Barometer das Gewicht des
entsprechenden Kohlenstoffs.Dem Aufsatz ist eine
Tabelle beigegeben, enthaltend: den Factor zur Umrechnung der Kohlensäure
auf 0° und 760mm, den Factor für das
Gewicht des Gases und für das entsprechende Gewicht Kohlenstoff, auf welche
wir verweisen. Wie folgende Tabelle zeigt, stimmen die erhaltenen
Zahlen gut mit den gewichtsanalytisch erhaltenen überein.
Fig. 3., Bd. 277, S. 335
Eisensorte
Proc. Kohlenstoff
gewichts-analytisch
volumetrisch
Roheisen I
4,04
4,00
„ II
3,99
4,03
„ III
3,61
3,60
Spiegeleisen I
4,47
4,22
„ II
4,08
4,10
Ferromangan
6,98
6,90
Stahl I
0,590
0,590
„ II
0,497
0,500
„ III
0,480
0,480
„ IV
0,322
0,314
„ V
0,245
0,240
Als Absperrflüssigkeit für Untersuchung von Gasen ist Quecksilber jeder anderen
vorzuziehen; doch gibt auch Wasser, mit stark kohlensäurehaltiger Luft geschüttelt,
bei raschem Arbeiten gute Resultate. Noch bessere erhielt Verfasser mit
concentrirten Lösungen von Kochsalz oder schwefelsaurem Natron, die mit stark
kohlensäurehaltiger Luft mehrfach geschüttelt wurden. Bei jeder Analyse ist die
Flüssigkeit in der Bürette zu erneuern, da leicht Spuren der Reagentien aus den
Pipetten mit übertreten. (Zeitschrift für angewandte
Chemie, 1889 Nr. 22 S. 641.)