Titel: | W. Schilling's Schienenprofilmesser. |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 350 |
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W. Schilling's Schienenprofilmesser.
Mit Abbildung.
Schilling's Schienenprofilmesser.
Seit dem Bestehen der Eisenbahnen hat man naturgemäſs eine besondere Aufmerksamkeit
der Ausbildung der Schienenwege selbst widmen müssen; lag es doch im Interesse der
Eisenbahnverwaltungen, die Schienenwege so zu gestalten, daſs solche vor allen
Dingen zwar für die möglichst gröſste Betriebssicherheit Gewähr leisteten, daſs sie
dabei aber zugleich den möglichst geringsten Kostenaufwand verursachten.
Sehen wir hier von den Fragen, ob für die Unterstützung der Eisenbahnschienen besser
Langschwellen oder Querschwellen, ob Holz, Stein oder eiserne Schwellen
wirthschaftlich mit mehr Vortheil zu verwenden sind, ab und wenden wir uns lediglich
den Schienen selbst etwas näher zu.
Während alle sonstigen Oberbautheile nur durch die natürlichen Einflüsse von Luft,
Erdreich u.s.w. und durch die Erschütterungen des Eisenbahnbetriebes mittelbar
beansprucht und in ihrer Widerstandsund Tragfähigkeit beeinträchtigt werden, wirkt
dagegen auf die Schienen unmittelbar das rollende Material; an den Schienen,
insbesondere an ihren Köpfen, treten alle die Wirkungen der Stoſs-, Reibungs- und
Gleitkräfte besonders in die Erscheinung und bewirken je nach der Güte des
Schienenmaterials eine gröſsere oder geringere Abnutzung des Schienenkopfes.
Bei der Bestimmung und Auswahl eines wirthschaftlich rationellen Schienenprofils ist
gerade die Frage, wie groſs die Abnutzung im Betriebe ist, neben sonstigen Faktoren
eine nicht zu unterschätzende Hauptfrage, weil rasch sich abnutzende Schienen einmal
wegen Verminderung ihres Querschnittes an Tragfähigkeit einbüſsen, zweitens aber
auch die Radflansche der darüber rollenden Eisenbahnwagen sich den
Befestigungstheilen, wie z.B. den Laschenbolzenköpfen u.s.w. bei abgenutzten
Schienen so weit nähern können, daſs sie auf diese Befestigungstheile aufstoſsen. In
beiden Fällen wird aber eine sofortige Auswechselung der Schiene nicht zu vermeiden
sein, sobald die Abnutzung eine gewisse Grenze erreicht hat; der Betriebsingenieur
wird mithin der Abnutzung des Schienenkopfes seine fortlaufende Aufmerksamkeit
widmen und durch direktes Einmessen den Grad der Abnutzung häufig feststellen
müssen.
Eine Vorrichtung zur Messung dieser Abnutzung ist im Organ
für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, Neue Folge, XXVII. Bd., 2. und 3.
Heft 1890, beschrieben, dieselbe ist dem Kgl. Regierungsbaumeister W. Schilling in Stettin im Deutschen Reiche patentirt,
und hat sich nach Mittheilung in obiger Quelle im Gebrauche bereits bewährt und
eignet sich zur Einmessung solcher Abnutzungen gut.
Wir geben nebenstehend seine Abbildung und lassen seine Beschreibung folgen.
Mittels des Bügels und dessen Schrauben o wird ein
Rahmen l auf dem Gegenstande senkrecht befestigt,
dessen Querschnitt aufgezeichnet werden soll. Innerhalb der Grenzen dieses Rahmens
ist ein äuſserer und in diesem ein innerer Schieber angebracht. Der innere Schieber
ist auf den beiden Rundstangen w wagerecht
verschiebbar, die ihrerseits an ihren beiden Enden senkrecht auf- und abwärts auf
den senkrechten Rundstangen vv gleiten und den äuſseren
Schieber bilden.
Textabbildung Bd. 277, S. 351
Der innere Schieber trägt an seinem unteren Ende, drehbar um eine wagerechte Achse
einen zweiarmigen Hebel mit den Spitzen r und r1, welche so
angeordnet sind, daſs bei einem senkrechten Durchschlagen des Tasters um 90° r1 genau in die Lage
von r kommt. Auſserdem gestattet die Führungsstange bei
s noch eine Drehung derselben um ihre eigene
Mittellinie um 0 bis 180°.
Der innere Schieber trägt ferner an seinem oberen Ende bei p einen Bleistift, der mittels einer beim Nichtgebrauche hemmbaren Feder
gegen ein auf einer senkrechten Tafel befestigtes Blatt Papier drückt und die
Umriſslinie des aufzunehmenden Querschnittes zeichnet.
Um endlich die Schieber in einer jeden Lage feststellen zu können, ist die
Klemmschraube x vorgesehen.
Mit der Spitze r wird der Querschnitt umfahren, indem
man dem Hebel die in der Zeichnung dargestellte Lage gibt; trifft die Spitzer den
Umfang nicht mehr scharf, so wird sie unter geringem Anheben der Schieber durch die
Spitze r1 abgelöst;
ebenso wird unter Drehung der Führungsstange bei s um
180° demnächst Spitze r1 wieder durch r ersetzt.
Um die Dauer einer Aufnahme einschlieſslich Aufstellen und Abnehmen des Instrumentes
abzukürzen, hat die Mutter der Flügelschraube o am
Bügel eine senkrechte Drehachse erhalten, wodurch bereits nach wenigen Umdrehungen
der Flügelschraube unter wagerechtem Durchschlagen derselben ein Abheben des ganzen
Instrumentes von der Schiene möglich ist.
Die Aufnahme eines Schienenkopfprofiles erfordert einschlieſslich Aufstellen und
Abnehmen des Instrumentes höchstens 1½ Minuten.
Der Rahmen q der Schreibtafel, die klappenartig
zurückgelegt werden
kann, ist fest mit dem Rahmen l verbunden. Die
Klemmfeder d hält die Tafel gegen den Rahmen q gepreſst.
Die aufgezeichnete Umfangslinie gibt ein Bild des Schienenkopfes in natürlicher
Gröſse. Bei der Aufnahme werden auch die unteren von den Rädern nicht berührten
Kopfflächen mit verzeichnet. Man kann dadurch leicht das aufgenommene
Schienenkopfbild in Vergleich mit dem der ursprünglichen, der Abnutzung noch nicht
unterworfenen Schiene bringen, wenn man letzteres auf Pausepapier zeichnet und die
beiden Bilder so auf einander legt, daſs sich die der Abnutzung nicht unterworfenen
Theile der Umfangslinien decken.
In seiner neuen Gestalt wird die beschriebene Vorrichtung, welche bereits bei
mehreren Eisenbahn-Verwaltungen im Gebrauche ist, zum Preise von 180 M. von der
Firma Sommer und Runge, Berth. Pensky Nachfolger,
Berlin, geliefert.
Als Gebrauchsanweisung können die folgenden Angaben dienen:
1) Der äuſsere Schieber ist in die höchste Lage zu schieben, der innere nach links
herüber zu ziehen; die Schrauben x und y sind anzuziehen.
2) Die Führungsstange ist möglichst hoch in der Mitte des inneren Schiebers mittels
der Schrauben t, t zu befestigen.
3) Dem Hebel ist die in der Hauptzeichnung dargestellte Lage zu geben.
4) Die Schrauben x und y
sind zu lösen und die Spitze r links unten an den
Umfang anzulegen.
5) Der Bleistift bei p ist auszulösen.
6) Die Umfangslinie wird unter Beachtung der in vorstehender Beschreibung gegebenen
Regeln umfahren:
7) Die Gleitstangen sind leicht geölt zu halten.