Titel: | Waller-Manville-Anordnung der Leiter für elektrische Bahnen. |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 415 |
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Waller-Manville-Anordnung der Leiter für
elektrische Bahnen.
Waller-Manville-Anordnung der Leiter für elektrische
Bahnen.
Das Wesentliche in der Waller-Manville-Anordnung der
Stromzuleiter bei elektrischen Eisenbahnen liegt nach dem Telegraphic Journal, 1890 Bd. 26 * S. 513, in der Anwendung eines Leiters,
welcher dünn genug ist, daſs er durch einen Schlitz in eine kanalartige
unterirdische Leitung oder Führung hineingelassen bezieh. aus ihr herausgezogen
werden kann. Da der Leiter biegsam ist, so können die Träger desselben weit von
einander entfernt sein und zugleich in seitlichen Erweiterungen der Leitung
angebracht werden. Dabei hat man Raum genug, um groſse und wirksame Isolatoren mit
Oelfüllung in der Glocke anwenden zu können. Diese seitlichen Erweiterungen oder
Luken werden mit Decken geschlossen, welche sich leicht wegnehmen lassen und einen
bequemen Zugang zu den Isolatoren gestatten. Die Isolatoren selbst aber werden so
angebracht, daſs sie nach dem Wegnehmen der Decken als Ganzes herausgenommen werden
können.
Der den Strom dem Wagen zuführende Arm ist so gestaltet, daſs sein Schaft aus dem
Schlitze herausgezogen werden kann, der eigentliche, den Strom vom Leiter abführende
Bügel (die Bürste) dagegen durch irgend eine der Luken. Die Leichtigkeit, womit sich
die Bürste abnehmen
läſst, gestattet ganz gut, daſs Bahnen mit dieser Anordnung die Fortsetzung von
Bahnen mit oberirdischer Leitung bilden.
Für gewöhnlich liegt nun der Leiter einfach aufgebogenen Trägern, welche von den
Isolatoren bis unter den Schlitz herüberreichen; der Leiter ist aber keineswegs an
den Trägern befestigt. Wenn man, wie z.B. in scharfen Krümmungen der Bahn, den
Leiter an seinem Träger befestigen muſs, so wird ihm doch eine unbedingte
Biegsamkeit erhalten, da die Träger dann so gestaltet werden, daſs sie zwar der
Länge nach und nach der Seite steif und widerstandsfähig sind, nach oben dagegen
sich ebenso frei bewegen können, wie wenn der Leiter nicht befestigt ist. In
gewissen Zwischenräumen werden selbsthätige Vorrichtungen angeordnet, welche den
Leiter in unveränderter Spannung erhalten.
Die Abführung des Stromes vom Leiter vermittelt ein U-förmiger Bügel, in welchem der
Leiter in einer Furche oder Rinne läuft; dieser Bügel hebt den Leiter von den
Trägern, worauf er für gewöhnlich ruht, während der Fahrt ab und, wenn der Leiter an
den Trägern befestigt ist, so hebt der Bügel auch den Träger mit.
Sollen zwei Leiter angewendet werden, so werden sie nebst ihren Isolatoren zu beiden
Seiten des Abführbügels angeordnet.
In den Bahnkrümmungen wird an den Oelisolatoren ein drehbarer Arm angebracht, der den
Leiter trägt und mit ihm gehoben wird; so wird dem Leiter die Beweglichkeit nach
oben bewahrt, während nach der Länge und seitwärts die nöthige Steifheit und
Widerstandsfähigkeit beschafft ist.
Die Spannvorrichtungen bestehen aus einer Platte oder einem Joch aus Bronze, das auf
zwei drehbaren Armen angebracht und von Oelisolatoren getragen wird; auf denselben
sind kleine Rollen so angeordnet, daſs das Ende des Leiters selbst, oder eine seine
Fortsetzung bildende Saitenschnur über die eine Rolle nach der Seite abgeführt und
ein Ausgleichgewicht an ihr befestigt werden kann. Dieses Gewicht hat den Durchgang
des Leiters zwischen seinen Trägern bei allen Temperaturen unverändert zu erhalten.
Das Ganze läſst sich ganz so wie ein einzelner drehbarer Arm heben. Da der Leiter
bezieh. seine Fortsetzung durch ein Loch in der die Drehachse des Ganzen bildenden
Stabes hindurchgezogen ist, verändert die Auf- und Abbewegung des Spannungsrahmens
in keiner Weise die Länge des Leiters, und deshalb setzt das Ausgleichungsgewicht
auch jener Bewegung keinen Widerstand entgegen. Solche Spannungsvorrichtungen
brauchen nur etwa alle 0km,4 angeordnet zu
werden.
Diese ganze Leiteranordnung enthält nur mechanische Theile und ändert die
elektrischen Bedingungen durchaus nicht. Der Kanal wird bei neuen Linien am besten
und billigsten unter die eine Bahnschiene gelegt, In manchen Fällen, z.B. bei
Verwandlung einer Seilbahn in eine elektrische, ist es wünschenswerth, ihn zwischen
die Schienen zu legen;
da hier keine elektrischen Theile eingebaut werden müssen, so kann die Umwandelung
ohne Störung des Betriebes durchgeführt werden. Bei Uebertragung dieser Anordnung
auf schon bestehende Bahnen legt man den Kanal am besten auſserhalb des Geleises,
weil dabei der Betrieb am wenigsten gestört wird.