Titel: | Ueber Erdöltrübung; von Direktor Dr. Alexander Veith. |
Autor: | Alexander Veith |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 568 |
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Ueber Erdöltrübung; von Direktor Dr. Alexander
Veith.
Veith, über Erdöltrübung.
Manches dem Anscheine nach vollkommen raffinirte Erdöl, das nach der Reinigung
wasserhell erscheint und mit dem üblichen Reactionsmittel behandelt, sich als
neutral u.s.w. erweist, zeigt nach einiger Zeit und unter besonderen Bedingungen
eigenthümliche Veränderungen. Das anfänglich wasserhelle Erdöl verliert allmählich
seinen Glanz, opalisirt, als ob es Wasser aufgenommen hätte, trübt sich stetig, bis
es nurmehr durchscheinend, ja in starken Schichten ganz undurchsichtig wird. Die
Färbung, die das Erdöl dann annimmt, ist ein theilweise durch seine eigene Farbe
beeinfluſstes Schmutzigweiſs bis Gelbbraun. Durch diese Trübungserscheinungen, die
an und für sich schon sowohl für den Producenten als auch den Consumenten unangenehm
wirken müssen, da hierdurch das Aussehen des Erdöles sehr leidet, treten auch Qualitätsmangel auf.
Diese opalisirenden Erdölsorten brennen schlechter, die Flamme zuckt und raucht,
erlischt in vielen Fällen, wenn der Erdölbehälter noch mehr als halbgefüllt ist.
Diese Erscheinungen, welche glücklicherweise nur vereinzelt auftreten, müssen die
Aufmerksamkeit des Chemikers erregen, um so mehr, als die Bedingungen, unter denen
sie vorkommen, nicht immer die gleichen sind. Ehe wir an die Erklärung dieser
Uebelstände gehen, und die Mittel angeben wollen, mit denen sie sich verhindern
lassen, sei noch in einigen Worten die Darstellung und Zusammensetzung des Erdöles
selbst skizzirt.
Das Roherdöl, amerikanischen, kaukasischen, galizischen u.s.w. Ursprunges, ist ein
Gemenge von Kohlenwasserstoffen; während die Rohöle amerikanischen Ursprunges ihre
Hauptbestandtheile in der Fettreihe haben, gehört das russische Erdöl seiner
Zusammensetzung nach mehr der aromatischen, speciell der Naphtenreihe an. Insgesammt
aber enthalten sie neben Grenzkohlenwasserstoffen noch eine Reihe von ungesättigten
organischen Verbindungen. Die Anwesenheit dieser und gewisser sauerstoffhaltiger
Kohlenwasserstoffe, die pyrogener Natur sind und als Spaltungsproducte u. dgl. bei
der Destillation des Roherdöles entstehen, macht in erster Linie den Prozeſs der
chemischen Reinigung nothwendig, denn diese geben dem destillirten Erdöle den
eigenthümlich unangenehmen Geruch, verursachen das Nachdunkeln der Oele und
beeinflussen auch in schädlicher Weise die Brennkraft des Erdöles. Durch Behandlung
mit Schwefelsäure – dem Hauptfactor der chemischen Reinigung – können diese
ungesättigten und pyrogenen Producte zum gröſsten Theile entfernt werden. Die
Wirkung der Schwefelsäure ist hier eine theilweise auflösende, indem sie mit einem
Theile der Kohlenwasserstoffe Sulphonsäuren bildet, die in Erdöl unlöslich sind und
sich ausscheiden; gleichzeitig wirkt sie oxydirend und ist diese Reaction durch das
Auftreten von schwefliger Säure erkennbar. Je höher die Temperatur ist und je
specifisch schwerer die Oele sind, um so stärker ist die Oxydation. Die
überschüssige Schwefelsäure, alle mitgerissenen Nebenbestandtheile des Erdöles
werden bei der Reinigung abgezogen und die zurückbleibenden geringen Mengen von
Schwefel- und Sulphonsäure mit Lauge ausgewaschen.
Dieser Prozeſs, der mit geringen Abweichungen überall gebräuchlich ist, ermöglicht
es, ein Erdöl darzustellen, welches den Handelsbedingungen vollkommen entspricht.
Begreiflicherweise decken sich die Interessen des Fabrikanten mit denen des
Consumenten nicht vollkommen. Während man bestrebt ist, im Betriebe durch
Herabsetzung des Gebrauches von Chemikalien u. dgl. die Raffinirungskosten bis an
die erlaubte Grenze zu vermindern, wünscht andererseits der Consument – begünstigt
durch die mächtige Concurrenz – qualitativ tadellose Waare zu erhalten. Begreiflich
ist es daher, daſs die Erdölsorten, besonders aber die billigen, mit Bezug auf den Grad der
Entzündlichkeit, der Reinigung u.s.w. sehr viel zu wünschen übrig lassen. Bei
Erzeugung minderwerthiger Sorten treten in vielen Fällen die Anfangs erwähnten
Trübungserscheinungen auf. Es muſste sofort das Augenmerk darauf gerichtet werden,
die Ursache derselben festzustellen und die Bedingungen, unter denen sie sich
vermeiden lassen. Die Trübung zeigt sich in ganz eigenthümlicher Weise: wenn eine
und dieselbe Partie des Oeles raffinirt wird und ein Theil des Erdöles in offenen
Reservoiren sich befindet, durch Tage, ja Wochen lagert und unter dem Einflüsse des
Sonnenlichtes entweder nachdunkelt oder auch lichter wird, sonst aber keine
wahrnehmbare Veränderung aufweist, zeigt ein anderer Theil desselben, in
geschlossenen Gefäſsen, besonders Fässern u. dgl. schon nach wenigen Tagen die
Erscheinung der Trübung, welche stetig zunimmt. Werden Fässer mit solchem Inhalte
geöffnet, so genügt schon der Einfluſs der Luft, vielleicht auch des Sonnenlichtes
(?), um dieses Oel vollends zu klären. Ein Muster solchen Erdöles zeigt bei
Behandlung mit Schwefelsäure von 1,5 spec. Gew. ganz gute Resultate, indem es
farblos bleibt und die Säure schwach rosa gefärbt wird; mit Natronlauge von 1,2
spec. Gew. behandelt wird letztere schmutziggelb oder wenigstens strohgelb
gefärbt.
Die Ursachen der Trübung festzustellen ist nicht ganz leicht. Es wurde anfänglich der
Grund in dem Leime, der zum Dichtmachen der Fässer dient, gesucht, da sich derselbe
im eventuell mechanisch mitgerissenen Wasser löst und das Erdöl „leimtrübe“
macht. Auf diesen Uebelstand konnte jedoch die Trübung nicht zurückgeführt werden,
nachdem vollkommen getrocknete, reine, jedoch ungeleimte Fässer die gleiche
Erscheinung zeigten. – Das Anfangs klare, später aber trübe Erdöl erwies sich als
vollkommen neutral; Proben mit Wasser geschüttelt lieſsen keinen Bestandtheil in
letzterem erkennen, der eine Erklärung der Trübungsursache ergeben hätte. Erst
energische Schüttelung mit Natronlauge und die Untersuchung letzterer konnte eine
befriedigende Erklärung und die Mittel an die Hand geben, um diesen Uebelstand zu
vermeiden. Mangel an Zeit und auch die Einrichtung im Laboratorium selbst machten es
unmöglich, eine streng wissenschaftliche Lösung der Frage zu geben.
Ehe die Versuche mit Natronlauge zu Ende geführt wurden, lag auch die Vermuthung
nahe, daſs die Trübung einzig und allein auf die Anwesenheit von sulphonsauren
Salzen zurückzuführen sei. Das trübe Erdöl wurde mit Magnesiumoxyd, das
schwefelsäurefrei war, geschüttelt und erwärmt, hierauf filtrirt, der Niederschlag
getrocknet und ausgeglüht und im Glührückstande mit Hilfe von Salzsäure und
Chlorbaryum die Anwesenheit von Schwefelsäure constatirt. Hierdurch war die
anscheinend richtigste Lösung der Frage gegeben, nebenbei wurde noch Eisen
constatirt, herrührend von dem stark eisenhaltigen Waschwasser.
Die Verwendung von schwachen Säuren, Herabsetzung der Temperatur als naturgemäſse
Folgerung, um die Bildung von Sulphonsäuren u.s.w. zu verhindern, ergaben aber nicht
die gewünschten Resultate. Es wurde eine Probe mit Natronlauge geschüttelt und die
Lauge mit Salzsäure behandelt, wobei sich bedeutende Mengen eines flockigen, weiſsen
Niederschlages ausschieden. Hierdurch wurde die Anwesenheit von organischen Säuren
aufs klarste festgestellt. Ein anderer Theil der Natronlauge wurde vorsichtig bis
zur neutralen Reaction mit Säure, hierauf mit Baryumchlorid behandelt, es bildete
sich wiederum ein flockiger Niederschlag. Dieser wurde wiederholt decantirt, bis zur
neutralen Reaction ausgewaschen und der Niederschlag geglüht. Derselbe entwickelte brennbare Gase und verbrannte – ein
Zeichen, daſs hier organische Verbindungen vorhanden waren; der vollständig
ausgeglühte Rückstand wurde mit Salzsäure behandelt, wobei sich ein Theil unter
Brausen löste, kohlensaurer Baryt (der sich aus den
organischen Salzen bildete), und zurück blieb ein in Salzsäure unlöslicher Rückstand
von schwefelsaurem Baryum. Hierdurch erscheint es zur Evidenz nachgewiesen, daſs die
Trübungsursache nur in der Bildung und in dem Ausscheiden von organischen und
sulphonsauren Salzen zu suchen ist.
EnglerErdöl von Baku. gibt an.,
daſs das Erdöl in manchen russischen Raffinerien nach dem Säuern direkt mit
concentrirter Lauge und mit nichts Weiterem behandelt wird, da sonst unangenehme
Trübungserscheinungen aufzutreten pflegen. Vom gleichen Gesichtspunkte ausgehend,
wurde nun dazu geschritten, durch die richtige Anwendung von Lauge die
Trübungserscheinungen künftig zu vermeiden. Die Anwesenheit von reinen
petrol-(kerosin-)sauren Salzen oder zu mindest von sauerstoffhaltigen Verbindungen
lieſs sich schon dadurch nachweisen, daſs ein Theil der noch nicht mit Chemikalien
behandelten Destillate mit Natronlauge von 1,2 spec. Gew. versetzt, letztere
schmutziggelb färbte und sich in dieser, durch Zusatz von Säuren, organische Säure
nachweisen lieſsen. Dasselbe Destillat nach der Zugabe von Chemikalien abermals in
ähnlicher Weise behandelt, zeigte eine Vermehrung der Säure unter dem Einflüsse der
zur Verwendung gelangten Schwefelsäure.
In der Anwendung der Natronlauge liegt die einzige praktische Möglichkeit, die
Trübungserscheinungen gänzlich aufzuheben oder auf ein Minimum zu reduciren. Der zu
beschreibende und gleich anfänglich durchgeführte Prozeſs bestätigt die Richtigkeit
dieser Annahme. Das Destillat wird, ehe man es mit Säure behandelt, mit einer
kleinen Menge concentrirter Natronlauge (etwa 1 Proc.) von 1,3 spec. Gew. kräftig
und andauernd gemischt; nach mehrstündigem Absetzen der Natronlauge, welche nach dem
Gebrauche dunkelbraun und theerig ist, schreitet man zur Behandlung mit Säure.
Hierauf werden die Säurespuren mit groſsen Wassermengen ausgewaschen und schlieſslich
wieder mit einer kleinen Menge concentrirter Lauge längere Zeit gemischt. Nach
dieser Procedur zeigt eine Portion solchen Erdöles im Laboratorium mit Natronlauge
von 1,2 spec. Gew. geschüttelt keine Veränderung der letzteren und schlieſst das so
behandelte Erdöl keine Gefahr der Trübung in sich. Ist die Lauge genügend abgesetzt,
so können die letzten Laugenspuren gefahrlos ausgewaschen werden, ohne daſs eine
Zersetzung dieser Salze zu befürchten wäre.