Titel: | Lüftungsanlagen im Anschlusse an die gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser letzteren. |
Autor: | F. H. Haase |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 598 |
Download: | XML |
Lüftungsanlagen im Anschlusse an die
gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser
letzteren.
(Eine Artikelfolge von F.
H. Haase, gepr. Civilingenieur, Patentanwalt in Berlin.)
Mit Abbildungen.
Lüftungsanlagen im Anschlusse an die gebräuchlichen
Heizungssysteme.
Lüftungsanlagen, ein vielbesprochenes Thema, welches
heute Niemanden mehr fremd ist, zumal jetzt fast Jedermann Gelegenheit geboten ist,
sowohl vorzügliche Lüftungseinrichtungen (in „pompösen Restaurants“, in
„comfortabelen Hotels“ und in mancherlei öffentlichen Gebäuden anderer
Art) in kleinerer Anzahl werthschätzen, als auch weniger zweckmäſsige und
ungenügende Einrichtungen in sehr groſser Anzahl kennen und ungünstig beurtheilen zu
lernen.
Ungünstige Urtheile scheinen aber doch nur in mäſsiger Zahl gewonnen zu werden oder
doch einem gänzlich lüftungslosen Zustande gegenüber wenig zur Geltung zu gelangen,
indem das erwachende Bedürfniſs nach Verbesserung der Luft auch an ungenügenden und
mangelhaften Einrichtungen noch groſse Vorzüge zu erkennen gestattet und deshalb die
Ursache der Entstehung einer Menge anderer, ebenfalls unvollkommener Einrichtungen
wird.
Nun, es ist dieses erwachende Bestreben, Zustände zu verbessern, in denen man sich
vor noch gar nicht langer Zeit wohlzufühlen vermeinte, jedenfalls mit Freuden zu
begrüſsen, und die Industriellen der Lüftungsbranche haben alle Ursache demselben nicht zu
grollen, wiewohl sie durch die zumeist sehr mäſsigen Bedürfnisse ihrer Auftraggeber
nicht selten genöthigt werden, Lüftungsanlagen zu schaffen, auf die sie keineswegs
stolz sein können.
Immerhin ist aber dieses Bestreben noch kein allgemeines und noch viel weniger ist
das Bedürfniſs nach guten Lüftungseinrichtungen ein vielempfundenes, vielmehr hat es
den Anschein, als wenn man in vielen – selbst in maſsgebenden – Kreisen noch immer
eine gute Lüftungsanlage als einen Luxus betrachte, dessen Beschaffung – als nicht
unumgänglich nothwendig – zu kostspielig sei, ohne zu bedenken, daſs man ja auch die
Anforderungen an persönliche Leistungen in demselben Maſse steigern kann, in welchem
man für das Wohlbefinden des Körpers, d.h. für einen solchen Zustand desselben
sorgt, der die Möglichkeit des „Sichnichtdisponirtfühlens“ auf ein seltenes
Vorkommniſs beschränkt.
Man lebt ja doch heute nicht mehr in dem Wahne, daſs das Wohlbehagen des Einzelnen –
welches ein sehr verschiedenes ist und sich oft leicht den Verhältnissen anbequemt –
als ein Zeichen des körperlichen Wohlbefindens zu betrachten sei, weiſs vielmehr
sehr wohl, daſs das letztere an ganz bestimmte Bedingungen geknüpft ist, die man
vielleicht am richtigsten als die normalen Gesundheitsbedingungen bezeichnen kann,
ohne welche sich das besagte Wohlbehagen nur als Kaufgewinn für den Preis einer
Constitutionsveränderung erweist, die über kurz oder lang augenscheinlich als
Gesundheitsschwächung zu Tage tritt.
Mit einer solchen Constitutionsveränderung muſs sich naturgemäſs die
Leistungsfähigkeit verringern, oder aber sie kann nur erhalten werden durch stetige
Steigerung der Willenskraft, welche Steigerung keineswegs als leistungsökonomisch
bezeichnet werden kann, da sie den Gesundheitszustand nur stärker beeinträchtigt,
wohingegen sich die Beschaffung der normalen Gesundheitsbedingungen durch
zweckmäſsige Heizungs- und Lüftungseinrichtungen als eine kluge Leistungsökonomie
erweist.
Man sollte meinen, daſs das Publikum darüber heute gar nicht mehr im Zweifel sein
könnte und daſs doch wenigstens die staatlichen Behörden, in Erkenntniſs dieser
Thatsache, mit gutem Beispiele vorangehen und in ihren eigenen Anlagen überall für
gute Lüftungseinrichtungen sorgen würden; aber hier sieht es gerade durchschnittlich
heute noch am schlimmsten aus, während die städtischen Behörden vielerorten und
selbst verschiedene Groſsindustrielle keine Kosten scheuen, um allen Anforderungen
an gesunde Aufenthaltsräume für die ihrer Obsorge Unterstehenden zu schaffen.
Auf Schritt und Tritt trifft man heute noch Räume und ganze Gebäude in Verhältnissen,
in denen sich kein Mensch wohl zu fühlen vermag. Zahlreiche Kasernen, deren
schlechte Lüftung sich schon den Geruchsnerven der Vorübergehenden bemerkbar macht,
gehören hierunter noch
lange nicht zu den gesundheitswidrigsten Bauanlagen, da ihre Bewohner und Insassen
zumeist zu körperlichen Anstrengungen genöthigt sind, welche sie befähigen auch in
stark verdorbener Luft noch verhältniſsmäſsig gesund zu bleiben; weit schlimmer
dagegen ist es in Bureauräumen und sogen. Arbeitsstuben beschaffen, und zwar nicht
minder in solchen von öffentlichen Staatsanstalten als in solchen von räumlich
beschränkten Privatanlagen.
Da hier insbesondere der Fall vielfach vorkommt, daſs kleine ungünstig gelegene, im
Winter übermäſsig stark geheizte und im Sommer von Natur schwüle (mitunter sogar
während des ganzen Tages beleuchtete), schlecht oder gar nicht gelüftete Räume
täglich 6 bis 8 Stunden lang und darüber anhaltend zum Aufenthaltsorte für eine
groſse Anzahl Personen dienen, die ihre Thätigkeit mit wenig Bewegung verrichten, so
ist gerade hier eine Besserung der Verhältnisse besonders dringend erforderlich, und
zwar sogar dringender als in Werkstätten und Versammlungsräumen, in welchen schon
durch andere zeitgemäſse Zweckmäſsigkeitsbestimmungen Raumabmessungen nöthig werden,
die einen nicht unerheblichen natürlichen Luftwechsel gewährleisten.
Geringe Verbesserungen können hier sowohl wie an anderen Orten nur wenig oder gar
nichts nützen, und sind deshalb geradezu als unwirthschaftlich dem gegenüber zu
bezeichnen, was wir heute zu thun vermögen, ohne der Zinsen des Anlagekapitals
verlustig zu gehen. In welcher Weise man hierbei in den einzelnen Fällen zu
verfahren hat, dafür werden die folgenden Ausführungen den nöthigen Anhalt
bieten.
I. Grundbedingungen zur Beschaffung
gesunder Luft.
Trotzdem die Grundbedingungen für die Beschaffung gesunder Luft in abgeschlossenen
Räumen schon auſserordentlich oft zum Gegenstande von Abhandlungen gemacht worden
sind und deshalb irrige Ansichten darüber in Fachkreisen kaum noch bestehen dürften,
so beweisen doch die Thatsachen, daſs man darüber gar nicht genug schreiben
kann.
Die ersten Untersuchungen, welche zur Bestimmung der für die Beschaffung guter Luft
nothwendigen Verhältnisse gemacht wurden, dürften geschichtlich 'kaum festzustellen
sein; gewiſs ist, daſs man in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts (nach
Aufzeichnungen Peclet's) schon recht gut wirkende
Lüftungsanlagen zu bauen verstand, wenn es sich um solche in einfach construirten
Gebäuden handelte und man mit dem Kapitalaufwande dafür nicht zu sparen brauchte.
Daſs man aber damals auch schon zweckmäſsige Lüftungseinrichtungen in alten planlos
aufgeführten und im Laufe der Zeit theilweise umgebauten und räumlich sehr
beschränkten Baulichkeiten mit geringen Kosten geschaffen habe, darüber ist nirgends
etwas zu lesen und ist auch nicht wohl anzunehmen, daſs dies irgendwo geschehen ist,
da man solchen Falles sicher in erster Linie daran gedacht haben würde, die vor 40
Jahren noch allgemein
gebräuchlichen weiten Hauskamine durch Einlegung besonderer Röhren der Lüftung
dienstbar zu machen, was vermuthlich nicht geschehen ist, weil sonst die dabei
unausbleiblich zu machende Entdeckung einer Verbesserung dieser Kamine durch
Verengung derselben (unter gleichzeitigem Abschlusse kalter Luft von ihren
Untertheilen) Veranlassung gegeben haben würde, den Bau solcher weiten Kamine schon
viel früher aufzugeben, als es thatsächlich geschah.
Auch würde man solchen Falles sehr bald auf den Gedanken gekommen sein, beim Neubau
von solchen Gebäuden, in denen ein oder mehrere Kamine stets warm sind (wie
beispielsweise in Gasthöfen und industriellen Anlagen mancher Art), in unmittelbarer
Nähe dieser Kamine besondere Lüftungskamine aufzuführen, und in öffentlichen
Gebäuden würde man sicher einige der vorhandenen weiten Kamine zum Zwecke der
Lüftung im Sommer an geeigneter Stelle etwas angeheizt und Ventilationsröhren in
dieselben hineingeleitet haben. Hierbei würde man dann auch sehr bald durch die
Geruchsnerven auf die unzweckmäſsige Lage von Aborten und die Nothwendigkeit ihrer
unmittelbaren Lüftung aufmerksam geworden sein und gefunden haben, daſs diese
letztere sich in vielen Fällen sehr einfach durch ein über Dach ausmündendes
Luftrohr bewirken läſst und daſs ihr Anbau an Küchenkamine besonders zu empfehlen
ist. Man würde wohl auch etwas früher darauf aufmerksam geworden sein, daſs es
besonders unzweckmäſsig ist, Aborte an der Wetterseite der Gebäude oder in solcher
Lage an diesen anzubauen, daſs die vorherrschende Luftströmung von den Aborten her
über das Hauptgebäude hinstreicht, wie es noch Ende der 60er Jahre durch Anbau von
Aborten an der Wetterseite eines Lagerschuppens geschah, der nachmals dauernd als
Kaserne verwendet wurde.
Ueber die Vorbedingungen zur Beschaffung gesunder Luft sind wir heute in keiner Weise
mehr im Unklaren; wir wissen nicht nur, in welchem Grade gesunde und kranke Personen
und Thiere, brennende Kerzen, Erdöllampen und Gasflammen zur Verschlechterung der
Luft beitragen und welchen Betrag von Luftwechsel sie dementsprechend erfordern,
sondern wir wissen auch, welchen Einfluſs die in einem Gebäude entstehende
Feuchtigkeit insbesondere dann auf die Beschaffenheit der Luft in denselben hat,
wenn die Vorbedingungen dafür günstig sind, daſs diese Feuchtigkeit in die Wände
eindringe.
Auch wissen wir, welchen Einfluſs eine Durchfeuchtung der Wände überhaupt, sowie die
Beschaffenheit und relative Höhenlage des Untergrundes, auf welchem ein Gebäude
steht und ein benachbarter ungereinigter Wasserlauf oder schlechtbespülter
Straſsenkanal, eine benachbarte Fabrik chemisch-technischer Erzeugnisse
verschiedener Art u. dgl., je nach der vorherrschenden Luftströmung auf die Luft in
den abgeschlossenen Gebäuderäumen hat.
Wir wissen ferner auch, daſs die im Allgemeinen als schädlichste Beimischung der Luft betrachtete
Kohlensäure keineswegs vorwiegend dem Einflüsse ihrer Schwere folgend in der Nähe
des Fuſsbodens eines Raumes besonders reichlich zu finden ist, sondern gerade so wie
alle anderen Gase nach Maſsgabe ihrer Temperatur auch höhere Lagen einnimmt und im
Allgemeinen in der Kopfhöhe und an der Decke bewohnter Räume reichlicher vorhanden
ist, wenn nicht der Fuſsboden durch Kohlensäurebildner verunreinigt ist oder dem
nahen Erdboden Kohlensäure enthaltende Gase entsteigen.
Wir sind auch heute über die Wirkungsart der Lüftung in einem Raume vollständig im
Klaren; wir wissen, daſs an jeder Bewegung in einem Raume die ganze Luftmasse
desselben theilnimmt, aber wir wissen auch, daſs die Intensität der Luftbewegung mit
der Entfernung von dem Orte ihrer Ursache immer schwächer und schwächer wird, und
daſs man daher sogar in Räumen, welche eine sehr kräftige Lüftung haben, bei
unzweckmäſsiger Anordnung dennoch von stagnirenden Luftschichten sprechen kann,
innerhalb deren man von einer Lüftung sehr wenig merkt.
Endlich wissen wir auch, daſs die Luft ein groſses Aufnahmevermögen für Wasserdunst
hat, welches sowohl mit der Lufttemperatur, als auch mit der Luftbewegung wächst,
und daſs deshalb eine Steigerung der beiden letzteren eine erhöhte Wasserentziehung
von allen anwesenden zur Wasserdunstabgabe fähigen Körpern zur Folge hat, welche bei
Menschen und Thieren das Gefühl der Trockenheit verursacht, das man durch
zweckmäſsige Befeuchtung der Luft auf andere Weise vermeiden kann.
Wenn man alle diese allgemein bekannten Thatsachen in Erwägung zieht, so erkennt man,
daſs es nicht genügt, vor Beschaffung von Lüftungseinrichtungen die in den zu
lüftenden Räumen selbst bewirkte (oder voraussichtlich zu bewirkende)
Luftverschlechterung zu bestimmen, sondern, daſs man sich zunächst auch über die an
der unzuträglichen Beschaffenheit der Luft etwa betheiligten äuſseren Ursachen volle
Klarheit verschaffen muſs, um denselben für die Zukunft entweder ganz und gar
vorzubeugen oder aber doch durch zweckmäſsige Vorkehrungen thunlichst entgegen zu
wirken.
Ein Gebäude, das auf feuchtem Untergrunde erbaut ist, wird man zweckmäſsiger Weise
durch Einziehen von Isolirschichten mit zahlreichen Hohlräumen für den Durchzug der
Luft und andere bauliche Maſsnahmen vor der weiteren Durchfeuchtung zu schützen
suchen; das Eindringen schlechter Luft aus den Kellerräumen kann durch dichte
Kellergewölbe und direkte Lüftung der Kellerräume selbst verhindert werden, und zum
Unschädlichmachen der im Hause selbst entstehenden Feuchtigkeit sind genügende
Dunstabzüge zu beschaffen, durch welche die feuchten Dünste auf kürzestem Wege in
warme Kamine oder direkt über Dach geführt werden.
In allen diesen Fällen aber muſs man auſserdem, um sicher zu gehen, immer auch durch
die Art der Lüftung den zu erwartenden Einwirkungen der Verhältnisse entgegenwirken,
und dies kann nur durch Einführung der Frischluft in reichlicher Menge unter Druck
und Ableitung der entweichenden Raumluft an den der äuſseren Beeinflussung am
meisten ausgesetzten Stellen geschehen, weil nur in solcher Weise verhindert werden
kann, daſs jemals von diesen Stellen aus Luft in den gelüfteten Raum einströme.
Liegt beispielsweise die Gefahr nahe, daſs schlechte Luft durch den Fuſsboden
aufsteige, so ist es zweckmäſsig, unter diesem Hohlräume vorzusehen, durch welche
man die aus dem Raume abströmende Luft entweichen läſst, und will man einen Raum
gegen Luftverunreinigung von Seiten eines Nachbarraumes schützen, so muſs man die
abziehende Luft thunlichst an der Trennungswand entlang und hier abströmen lassen
u.s.f.
Einer Luftverunreinigung in den zu lüftenden Räumen durch Einfluſs der etwa in der
Nachbarschaft des Gebäudes verunreinigten äuſseren Luft kann man in nicht
unbedeutendem Maſse dadurch entgegenwirken, daſs man einerseits die äuſsere Luft in
nächster Umgebung des Gebäudes thunlichst durch Anpflanzung von Bäumen und anderer
gröſserer Gewächse rein zu halten sucht und auſserdem die Frischluft in reichlich
bemessener Menge aus möglichst reinen Luftregionen herbeileitet, unter Druck in die
zu ventilirenden Räume einführt und Thüren und Fenster thunlichst verschlossen
hält.
Die einzige Schwierigkeit bei derartigen Einrichtungen besteht zumeist nur in der
Beschaffung guter Frischluft, indem es hierzu nicht selten längerer unterirdisch
geführter Luftleitungen bedarf, doch ist genügend reine Luft häufig auch schon in
nächster Nähe in höheren Luftschichten zu finden und kann dieselbe dann durch ein
einfaches (an der oberen Mündung vor den atmosphärischen Niederschlägen geschütztes)
Rohr nach dem Kellergeschoſs geleitet werden, in welchem die Luftpulsatoren
aufzustellen sind.
Zur Winterzeit, in welcher die luftreinigende Wirkung von Anpflanzungen wegfällt,
liegt das Bedürfniſs für dieselben auch nicht vor, indem zu solcher Zeit die äuſsere
Luft niemals auf weitere Entfernung vom Infectionsherde durch gesundheitschädliche
schwere Kohlenwasserstoffe und Kohlensäure inficirt ist.
Durch Druckluft läſst sich in jedem Falle, bei reichlich (auch den äuſseren
Verhältnissen angepaſst) bemessener Frischluftmenge eine gute Lüftung erzielen, die
über manche in hygienischer Beziehung mangelhafte Baueinrichtung hinweghilft, wenn
dabei nur die Entnahmestelle der Frischluft und, in den Räumen selbst, die
Einführungsstellen der Druckluft, sowie die Abführungsstellen der durch die
Druckluft verdrängten Raumluft zweckmäſsig gewählt wird; aber vom ökonomischen
Standpunkte aus betrachtet, kann eine Druckluftanlage nur dann als zweckmäſsig bezeichnet
werden, wenn sich dieselbe nicht mit gleichem Erfolge durch eine ohne maschinelle
Apparate betriebene Sauglufteinrichtung ersetzen läſst; dagegen ist eine Anlage mit
maschinell betriebenen Luftabsaugeapparaten im Allgemeinen als unzweckmäſsiger zu
bezeichnen, indem sie, ohne alle die guten Eigenschaften einer Druckluftanlage in
gleichem Maſse zu besitzen, gröſsere Dimensionen der Apparate und Einrichtungen
erfordert als diese. Nichtsdestoweniger kann sie unter Umständen doch auch
zweckmäſsiger werden als eine Druckluftanlage, wenn es sich um die Lüftung älterer
Bauwerke handelt, die bis dahin keine derartige Einrichtung hatten und bei welchen
die Beschaffung einer Druckluftanlage gröſsere bauliche Umänderungen bedingen würde,
als sie die Anordnung von Saugluftapparaten erfordert.
II. Allgemeines über
Zuglüftung.
Aus den vorstehenden allgemeinen Betrachtungen geht hervor, daſs es nicht immer
genügt, sich vor Beschaffung einer Lüftungsanlage über die Menge der in den zu
lüftenden Räumen selbstbewirkten Luftverunreinigung zu unterrichten, sondern daſs
man auch auf die an derselben etwa mitbetheiligten äuſseren Ursachen Rücksicht zu
nehmen hat.
Indessen ist auch diese Berücksichtigung nicht immer genügend, um die Wirkung einer
beabsichtigten Lüftungseinrichtung zu sichern; volle Klarheit darüber erfordert
vielmehr auch noch die Erwägung der Lage der zu lüftenden Räume zu anderen Räumen,
deren Luft etwa gesundheitschädliche Beimischungen – wie giftige Kohlenwasserstoffe,
Kohlensäure oder miasmatische Organismen oder andere staubförmige
Krankheitstoffübertrager – in besonders reichlicher Menge enthält. Denn befinden
sich derartige ungesunde Räume in unmittelbarer Nähe, so muſs man hinreichend
Vorsorge treffen, um zu verhüten, daſs von deren verdorbener Luft gröſsere Mengen
mit der Frischluft zugleich in die zu lüftenden Räume hineingebracht und dadurch die
Luft in den letzteren etwa gar noch verschlechtert werde, anstatt sie zu
verbessern.
Nun könnte man leicht zu der Meinung verleitet werden, daſs man deshalb Saug- oder
Zuglüftung strenggenommen nur in völlig freistehenden Gebäuden anwenden dürfe, weil
man sonst damit der besagten Gefahr nie völlig entgehe; in Wirklichkeit kann jedoch
eine solche Gefahr nur dann eintreten, wenn man es der umgebenden Luft der
solcherart gelüfteten Räume völlig freistellt, den Ersatz der abgesaugten Raumluft
durch irgend welche zufällig vorhandenen Oeffnungen hindurch zu bewerkstelligen;
sorgt man dagegen immer für genügend weite besondere Luftzuführungskanäle und
Oeffnungen, die nur genügend reiner Luft zugängig sind – was immer möglich ist – so
ist die Gefahr gleichzeitiger Einführung inficirter Luft in gesundheitschädlicher
Menge bei einigermaſsen dichtschlieſsenden Fenstern und Thüren für alle diejenigen
Fälle als ausschlieſsbar zu betrachten, in welchen nicht gerade so ungünstige lokale Verhältnisse
vorliegen, wie sie bei den vorhergehenden Betrachtungen zum Gegenstande besonderer
Besprechung gemacht wurden.
Somit steht denn auch der Anordnung einer Saug- oder Zugluftventilirung im
Allgemeinen kein Hinderungsgrund entgegen, wenn es sich um die Lüftung an sich
gesunder Räume in gesunder Lage handelt, d.h. solcher Räume, die gut unterkellerten
trockenen Gebäuden angehören, welche weder in einer Thalmulde, noch in der Nähe von
Sümpfen oder stehendem unreinem Wasser, noch in sonstwie stark verunreinigter
Luftsphäre liegen.
Was die Lage der Luftzuführungsöffnungen und der Abzugsöffnungen bei Zuglüftung
betrifft, so beruhen die diesbezüglichen Vorschläge und Maſsnahmen vieler
ausführenden Fachleute im Wesentlichen auf dem Prinzipe der Berücksichtigung der
durch Temperaturunterschiede veranlaſsten natürlichen Luftbewegung, die etwa durch
den folgenden Lehrsatz gekennzeichnet ist:
Ist die in einem Raume befindliche Luft kühler als die in
denselben einströmende, so wird die letztere, an der Raumdecke zuströmend, sich
hier ausbreiten und langsam nach Maſsgabe ihrer allmählichen Abkühlung
niedersinken und mit geringstem Zwange einer am Fuſsboden vorgesehenen
Abzugsöffnung zuströmen: ist dagegen die Innenluft wärmer als die zuströmende,
so wird diese letztere am Fuſsboden einströmend, sich an diesem ausbreiten
(wenn sie daran nicht durch die Art der Heizung im Raume
verhindert wird) und nach Maſsgabe ihrer
allmählichen Erwärmung allmählich zur Decke emporsteigen und mit geringstem
Zwange einer daselbst vorgesehenen Abzugsöffnung zuströmen.
Danach hätte man sowohl die Zuströmungs- als auch die Abzugsöffnungen in zwei
Höhenlagen (am Fuſsboden und an der Decke) vorzusehen und abwechselnd nach Maſsgabe
der jeweiligen Temperaturdifferenz zwischen Innenluft und Zuströmungsluft den Weg
der Zu- und Abströmung durch Verstellung der Verschluſsklappen zu reguliren.
Abgesehen von der Unbequemlichkeit dieser häufiger nothwendigen Klappenregulirung
nach jeweiliger Prüfung der Temperaturen, kann eine solche Einrichtung auch deshalb
nicht als besonders empfehlenswerth betrachtet werden, weil der Nutzen der dadurch
gebotenen Lüftung relativ mäſsig ist; denn es wird dabei nicht mit Sicherheit
verunreinigte Luft durch frische verdrängt, sondern nur letztere mit ersterer innig
vermischt und man nimmt nur an, daſs dadurch die Verunreinigung der Raumluft auf
einen gewissen zulässigen Maximalprocentsatz beschränkt gehalten werde, was aber –
wie die Erfahrung lehrt – sehr häufig nicht der Fall ist.
Will man eine sichere Wirkung erzielen, so muſs man, unbekümmert um die natürliche
ungezwungene Luftbewegung, den Herd der Infection anzugreifen und diese letztere
selbst, möglichst im Momente des Entstehens durch die Lüftung zu beseitigen suchen,
und aus diesem Grunde ist es weit zweckmäſsiger, die erwähnte Klappenregulirung vollständig zu
unterlassen, die beiden Zuströmungsöffnungen immer offen zu halten und die Luft aus
dem von Personen bewohnten Raume so wenig als möglich über deren Kopfhöhe, in
Ställen aber entweder etwas über Kopfhöhe und am Boden zugleich (wegen der
Verunreinigung desselben durch Kohlensäurebildner) oder etwa in der Mitte zwischen
beiden Lagen abzuführen.
Unter allen Umständen aber ist die Lage der Zuführungsöffnungen derart zu wählen,
daſs die Luftströmung niemals belästigend wirken kann.
Gegen diese Regel wird insbesondere bei direkter Einführung der Frischluft häufig
gefehlt.
Zuströmungsöffnungen an Fenstern oder an ins Freie führenden Thüren anzubringen, ist
im Allgemeinen schon deshalb unzweckmäſsig, weil dieselben höchst selten so gelegen
sind, daſs zwischen ihnen und den Abzugsöffnungen eine wirksame Lüftung des Raumes
möglich ist; auſserdem aber sind alle direkt ins Freie führende Oeffnungen von
gröſseren Dimensionen, bei feuchter Witterung sowohl auch in der kälteren Jahreszeit
– ganz besonders aber bei nebeligem Wetter – direkt gesundheitswidrig, und daſs
durch schräg nach oben gerichtete Klappen das Uebel vermindert oder ganz beseitigt
werden könne, wie es vielfach angenommen wird, ist einfach nicht zutreffend, indem
dadurch nur der Eintrittsquerschnitt wagerecht an die obere Kante der senkrechten
Fensteröffnung verlegt, die abwärtsgehende Bewegungsrichtung der eintretenden Luft,
aber aus hydrostatischen Gründen, nur sehr wenig verändert wird.
Direkt ins Freie führende Oeffnungen sind deshalb nur zulässig, wenn sie in ganz
kleinen Gröſsenverhältnissen und dafür in groſser Zahl möglichst in der Nähe der
Decke vorgesehen werden. Will man gröſsere direkt ins Freie führende Oeffnungen in
der Nähe des Fuſsbodens anordnen, so muſs man der eintretenden Luft zunächst die
Möglichkeit geben, innerhalb eines kastenförmigen Vorbaues ihren
Bewegungsquerschnitt bedeutend zu vergröſsern und sich selbst bei kälterer Witterung
wo möglich an einem in solchem Vorbaue untergebrachten Heizkörper vorzuwärmen, eine
Einrichtung, die bekanntlich bei Centralheizungsanlagen vielfach zur Anwendung
gelangt.
Bezüglich der Abzugsöffnungen ist noch zu erwähnen, daſs es in vielen Fällen nicht
genügt, solche in Wänden vorzusehen, sondern daſs es sehr zweckmäſsig und in groſsen
Sälen mitunter geradezu nothwendig ist, von verschiedenen Stellen aus
Luftabzugsröhren nach den etwa in den Wänden liegenden Kanälen hin zu verlegen; das
oben erläuterte Prinzip hinsichtlich der Höhenlage ist aber dabei immer thunlichst
einzuhalten.
Der Betrieb der Zuglüftung kann bei kalter Auſsentemperatur und hinreichender
Erwärmung der Räume durch Nutzbarmachung der vom Temperaturunterschiede der
Innen- und Auſsenluft veranlaſsten Luftbewegung immer in genügendem Maſse bewirkt
werden; es sind jedoch dazu, je nach der Art der Beheizung, jeweils andere
Vorkehrungen erforderlich, die nur bei eingehender Besprechung der Heizeinrichtungen
selbst näher erläutert werden können, weshalb die diesbezüglichen Betrachtungen erst
später erfolgen können.
Auch zur Sommerzeit kann man die aus dem besagten Temperaturunterschiede sich
ergebende natürliche Luftbewegung zur Lüftung nutzbar verwenden, muſs jedoch darauf
bedacht sein, diese natürliche Luftbewegung zeitweise durch besondere Hilfsmittel zu
verstärken, da dieselbe sonst nur durch complicirtere Einrichtungen und häufige
Klappenregulirung an warmen Tagen einigermaſsen constant erhalten werden kann, an
allen kühleren Tagen aber ungenügend ausfallen würde.
Ein sehr einfaches Hilfsmittel bietet eine kleine Wärmequelle, welche die
Luftbewegung an irgend einer Stelle der Abzugskanäle in senkrecht aufsteigendem
Sinne zu beschleunigen und in Folge dessen auf die rückwärts der
Beschleunigungsstelle befindliche Luftmasse saugend zu wirken vermag. Da dieses –
später eingehender zu besprechende – Mittel jedoch nicht in jeder Ausführung zur
Erzeugung einer beabsichtigten Luftbewegung, sondern nur zur Beschleunigung einer
solchen geeignet ist, und auſserdem auch nicht immer in bequemer Weise zu beschaffen
ist, so kann dasselbe nicht in jedem Falle als empfehlenswerth bezeichnet
werden.
Hat man Dampf zur Verfügung, so bewirkt ein dünner Dampfstrahl, den man in bestimmter
Lage über der obersten Einmündung der Lüftungskanäle in diese einbläst, nicht nur
eine sehr lebhafte, sondern auch eine ziemlich billige und sehr bequeme Lüftung.
Da man indessen Dampf nur in seltenen Fällen zur Verfügung hat, so sucht man der in
den Abzugskanälen befindlichen Luftsäule häufig eine lebhaftere Bewegung durch
Nutzbarmachung der äuſseren atmosphärischen Luftbewegung mittels der sogen. Luftsauger (Windsauger) zu ertheilen, für welche bei
der Berliner Stadtbehörde bezeichnender Weise der Namen „Deflectoren“ (Windablenker) gebräuchlich ist, weil in der That
die Wirkung der zumeist in Gebrauch befindlichen Apparate dieser Art sich fast nur
oder überhaupt nur auf die Ablenkung des Windes von den Kanälen oder Kaminen
beschränkt, die oft sehr geringe saugende Wirkung des Windes hierbei aber nicht
durch die Form der Apparate, sondern nur durch das Vorbeistreichen des Windes
bewirkt wird.
Ob dabei die Deflectorform rund oder eckig ist, ist – wie theoretisch beweisbar und
durch Erfahrung bestätigt – völlig gleichgültig, sobald die Construction nur so
gewählt wird, daſs die sich etwa an der getroffenen Fläche bildenden Windwirbel
nicht in den Kanal oder Kamin hineinschlagen können. Die einfachste dieser Bedingung
entsprechende Deflectorconstruction ist deshalb auch die beste.
Die Stadtbaudeputation Berlins schreibt seit Jahren für die Ueberdeckung von
Luftabführungskanälen über ihren Gebäuden die in Fig.
1 dargestellte Deflector-Construction vor.
Dieselbe besteht aus einfachen, nach der im Grundrisse Fig.
1a punktirt angedeuteten Art zusammengepaſsten Blechplatten, die eine
Neigung von 15° haben und in solchen Abständen über einander angeordnet sind, daſs
der Wind bei einer Abwärtsbewegung von 15° schon auf ein Hinderniſs stöſst, das ihn
nach aufwärts ablenkt, und dabei wird die Ausladung der dachförmig geneigten
Deflectorbleche nach den in Fig. 1 eingeschriebenen
Maſsen so groſs gewählt, daſs der Wind möglichst in keiner Richtung mehr eine Innenkante des Kanals treffen kann.
Fig. 1., Bd. 277, S. 607
Fig. 1a., Bd. 277, S. 607
Die Höhe h, welche für die Abströmung der Kanalluft
maſsgebend ist, ergibt sich, bei Annahme einer Abströmung nach zwei Richtungen,
einfach aus der Beziehung:
h\,(a+b)=a\,.\,b\ \mbox{oder}\
h=\frac{a\,.\,b}{a+b},
wenn a und b die lichten Weiten des Kanals bezeichnen.
Die Anzahl der Deflectorbleche ergibt sich aus den einzuhaltenden Abständen. Der
Maximalabstand ist in Fig. 1 durch punktirte Linien
graphisch bestimmt.
Alle übrigen Constructionsstücke ergeben sich aus den Figuren.
Wird ein Luftkanal um eine innere warme Kaminröhre herum angelegt, so kann man ihn
natürlich enger halten, weil in diesem Falle die Kaminwärme schon den Zug bedeutend
belebt (die Luftgeschwindigkeit erhöht). Die Kaminröhre wird in solchem Falle in
Blechplatten über den Deflector des Luftkanals hinausgeführt und womöglich durch
eine einfache Dachkappe in der in Fig. 2 angedeuteten
Weise überdeckt, nach Bedarf auch mit einem ähnlichen Deflector versehen wie ein
Luftkanal.
Die Höhe des um ein Kamin herumgebauten Kanaldeflectors ergibt sich aus der
Beziehung:
h\,.\,2\,d=a\,.\,b\ \mbox{oder}\
h=\frac{a\,.\,b}{2\,d},
wenn 2d den kleinsten
Gesammtabstand von zwei diagonal einander gegenüberliegenden Kanalkanten von den zunächstliegenden
Kanten der blechernen Kaminverlängerung, h, a und b aber die gleiche Bedeutung haben wie in den Fig. 1 und 1a. Alle
übrigen Stücke sind aus den Fig. 2 und 2a erkennbar.
Gegen die vorgeführte Deflectorconstruction läſst sich der Einwand erheben, daſs der
in das Innere des Deflectorraumes eindringende Wind die Saugwirkung vermindere,
indem er theilweise selbst das durch diese geschaffene Vacuum ausfülle, anstatt
diese Ausfüllung vollständig der Kanalluft zu überlassen; dafür aber tritt an die
Stelle des Verlustes an nutzbarem Vacuum der active Winddruck von rückwärts, der den
Verlust theilweise wieder ausgleicht, und auſserdem sind auch alle anderen bis jetzt
bekannten unbeweglichen Luftsauger mit derselben Unvollkommenheit behaftet ohne daſs
ihre Construction von gleicher Einfachheit wie die vorgeführte ist.
Fig. 2., Bd. 277, S. 608
Fig. 2a., Bd. 277, S. 608
Fig. 3., Bd. 277, S. 608
Will man die besagte Unvollkommenheit vermeiden, so muſs man zu dem bekannten
drehbaren Luftsauger greifen, dessen Construction in einer bestimmten Ausführung in
Fig. 3 illustrirt und ohne weitere Erklärung
verständlich ist. Dabei erhält man im Allgemeinen zweckmäſsige Verhältnisse, wenn
man
d_1=0,66\,d,\ d_2=1,15\,d,\
D\,\geq\,\sqrt{d^2+{d_1}^2}\,\geq\,1,2\,d
und den Krümmungsradius der Düsenform gleich 4d wählt.
Als besonders praktisch kann indessen im Allgemeinen ein drehbarer Luftsauger an
schwer zugängigen Stellen aus naheliegenden Gründen nicht bezeichnet werden;
insbesondere aber nicht in groſsen Dimensionen.
Die Anlagekosten für Deflectoren oder Luftsauger sind bei gröſseren Anlagen ziemlich
bedeutend, weil sie einer sehr soliden Ausführung bedürfen und deshalb oft ein bedeutendes
Gewicht haben. Man kann indessen diese Anlagekosten dadurch verringern, daſs man
mehrere Abzugskanäle vor ihrer Ueberführung über Dach (im Dachgeschoſs oder
darunter) in der in Fig. 4 angedeuteten Weise durch
Sammelkanäle (c) aus Blech (wenn thunlich natürlich
auch in Mauerung ausgeführt) vereinigt, um für sie zusammen nur einen Deflector (V) zu benöthigen, den man zum eventuellen Abschlusse
mit einer Drosselklappe auszustatten hat.
Fig. 4., Bd. 277, S. 609
Wie bereits angedeutet, besteht der Hauptwerth der Deflectoren in der Ablenkung des
Windes zum Zwecke, diesen zu verhindern, die Luftbewegung in den Abzugskanälen zu
hemmen; die dabei gleichzeitig auftretende Saugwirkung ist zwar bei starker
Windbewegung nicht unbedeutend, bei leichtem Winde dagegen ist von einer Saugwirkung
kaum etwas zu bemerken und eine Unterstützung der natürlichen Lüftung ist durch
dieselbe nicht mehr zu erwarten.
Will man sich die billige Mitwirkung des Windes dauernd sichern, so muſs man
maschinelle Windmotoren zum Betriebe von Lüftungsapparaten (Schraubenventilatoren o.
dgl.) anwenden und deren Dimensionen so groſs wählen, daſs sie schon bei leichtem
Windhauche im Stande sind, die zur normalen Lüftung erforderliche Saugwirkung (in
dem vorhandenen Luftkanale oder auch in einem besonderen Rohre) ganz und gar zu
bewirken, weil man nur dann sicher ist, bei allen Temperaturverhältnissen (innen und
auſsen) genügende Lüftung ermöglichen zu können. Aus dieser Erwägung geht klar
hervor, daſs sich eine Lüftungsanlage mit motorischem Windbetriebe zur Unterstützung
der sogen. natürlichen Lüftung überhaupt nicht eignet und nur etwa als alleinige
Anlage zu wählen ist – wie es denn auch vielfach geschieht.
Die besagten Dimensionen der erforderlichen Windmotoren machen natürlich die
Anordnung besonderer Regulirungsvorrichtungen (wie Drosselklappen im Saugrohre oder
Bremsen oder sonst dergleichen) erforderlich, welche bei Eintritt lebhafterer
Windbewegung entweder selbsthätig oder von Hand zu verstellen sind, um zu
verhindern, daſs in diesem Falle in den gelüfteten Räumen eine unerträglich starke
Luftströmung entstehe. Derartige Einrichtungen verursachen in der Regel hohe Kosten,
die mit dem dadurch erzielten Nutzen in ungünstigem Verhältnisse stehen; deshalb
wird es im Allgemeinen vorgezogen, die Dimensionen im Ganzen kleiner zu wählen, als
sie nach obiger Angabe nothwendig wären, und damit eine Anlage geschaffen, die
günstigsten Falles bei lebhafter Windbewegung die erwünschte Lüftung bewirkt, bei
schwachem Winde dagegen als zwecklose Spielerei functionirt.
In Anbetracht dieses Umstandes erscheint es im Allgemeinen zweckmäſsiger, eine
weniger billige motorische Betriebskraft zur Benutzung zu empfehlen, welche bei
verhältniſsmäſsig geringeren Anlagekosten eine gleichmäſsige Leistung
ermöglicht.
Handelt es sich nur darum, ein Hilfsmittel zu beschaffen, durch welches die durch
Temperaturunterschied zwischen Innen- und Auſsenluft ermöglichte natürliche Lüftung
einer sonst zweckmäſsig eingerichteten Anlage zeitweise verstärkt wird, oder um die
Beschaffung einer vollständigen Lüftung einzelner, nicht allzugroſser Räume, die nur
selten auf kurze Zeit in Benutzung genommen werden, so kommen in der That die
Betriebskosten weniger in Betracht als die Anlagekosten und man kann dann irgend
eine zufällig sich darbietende Betriebskraft zweckmäſsig verwenden.
Eine solche bietet beispielsweise eine unter Druck stehende Wasserleitung, von deren Wasser man einen kleinen Wassermotor betreiben
lassen kann, dessen Achse mit derjenigen eines Rotationsventilators fest verbunden
ist.
Eine derartige Einrichtung zeigt beispielsweise der in Fig.
5 illustrirte Apparat, welcher aus einer auf der Ventilatorachse
festsitzenden kleinen Partialturbine a, einem
festliegenden Leitapparat b und zwei Flügelrädern c und d besteht, deren
Flügel – zum Zwecke der allmählichen Steigerung des Druckes gegen die zwischen ihnen
durchstreichende Luft – unter verschiedenen Winkeln gegen ihre mit einander
zwangläufig verbundenen, aber gegenseitig verschiebbaren Achsen (f und e) gerichtet sind.
Beide Achsen ruhen dabei mit ihren in einander greifenden Enden in der ihnen als
Lager dienenden Bohrung des Leitapparates b. – g und
h sind die mit der Zu- bezieh. Ableitung zu
verbindenden Rohrstutzen.
Ein einfacherer, durch Wasserkraft betriebener Lüftungsapparat, der im vorigen Jahre
in der Ausstellung für Unfallverhütung als Neuheit ausgestellt war, ist in den Fig. 6 und 6a
illustrirt.
Fig. 5., Bd. 277, S. 610
Derselbe besteht aus einem einfachen Ventilatorflügelrade, dessen Flügel v an dem Radumfange durch eine Rinne mit einander
verbunden sind, die mit radialen Schaufeln (bezieh. Rippen) versehen ist,
wasserdicht an den beiden Theilen des Apparatgehäuses anliegt und in dieser
Anordnung ohne Weiteres als Wasserrad figurirt.
Wie aus Fig. 6 – welche in der linken Hälfte die
besagte Wasserradrinne in der Ansicht und in der rechten Hälfte im Schnitte zeigt –
zu ersehen ist, kann
die Zuführung des Wasserleitungswassers, je nach Einstellung eines Dreiwegehahnes,
nach rechts oder nach links erfolgen, so daſs man in der Lage ist, den Ventilator
nach beiden Richtungen rotiren lassen zu können, um denselben je nach Wunsch saugend
oder drückend auf die Luft des zu ventilirenden Raumes einwirken zu lassen.
Bei den beiden hier vorgeführten Ventilatorapparaten kann durch Regulirung eines
einfachen Absperrhahnes der Wasserzufluſs zu dem Motor derart geändert werden, daſs
die Lüftung innerhalb gewisser Grenzen nach Belieben verstärkt oder geschwächt
werden kann.
Da das von den Motoren ablaufende Wasser noch anderweitig verwendet werden kann, wenn
man es zu diesem Zwecke in ein Reservoir einleitet, so ist – bei genügender
Verwendung für dieses Abwasser – der Betrieb der Ventilatoren als ein sehr billiger
zu bezeichnen und deshalb unter Umständen auch für dauernde Benutzung zu
empfehlen.
Fig. 6–6a., Bd. 277, S. 611
Fig. 7–7a., Bd. 277, S. 611
Wo elektrische Stromkraft zur Verfügung steht, bietet diese nicht nur ein sehr
bequemes, sondern in der Regel auch ein billiges Mittel zum Betriebe eines
Ventilators durch einen kleinen Elektromotor.
In Amerika, woselbst die Benutzung elektrischen Stromes weit mehr in Gebrauch ist als
in Deutschland, gehören elektrisch betriebene Ventilatoren schon längst nicht mehr
zu den Neuheiten, und ist bereits eine ganze Anzahl diesbezüglicher Constructionen
bekannt, die von Männern hervorragenden Namens herrühren. Unter diesen befindet sich
der neuerdings in Deutschland als Straſsenbahnelektriker vielgenannte Frank Julian Sprague, dessen Constructionsausführungen
für Europa die Allgemeine Elektricitätsgesellschaft in
Berlin übernommen hat.
Diesem Elektriker ist vor zwei Jahren der in den Fig.
7 und 7a illustrirte Ventilationsapparat
für Amerika patentirt worden.
Derselbe besteht aus einem kleinen Elektromotor, auf dessen Armaturwelle direkt die
Nabe eines Ventilatorflügelrades v aufgekeilt ist.
Diese Welle ruht, wie aus Fig. 7 ersichtlich,
einerseits in einem kugelförmig abgedrehten Lagerfutter, welches von einem
zweiarmigen Lagerbocke m getragen wird, und
andererseits in zwei durch Stellschrauben centrirten Lagerkörpern a und b, von denen der
eine den anderen bügelförmig umfaſst.
Die beiden Elektromagnete M und M1 des Elektromotors werden durch die Pole
ihrer Kerne getragen, welche einerseits isolirt an den Armen des Lagerbockes m und andererseits an Armen des einen Gehäuseringes
befestigt sind. Die Armatur D ist an zwei Stellen von
Isolatoren umschlossen, an welchen eine guſseiserne Nabe befestigt ist, die
ihrerseits auf der Apparatwelle festgekeilt ist. Zwischen dieser Nabe und dem
Kugellager der Welle ist der Commutator A auf letzterer
montirt. Die Commutatorbürsten sind aus der Zeichnung weggelassen.
(Fortsetzung folgt.)