Titel: | Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung 1889; von Fr. Freytag, |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 8 |
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Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung 1889;
von Fr. Freytag,
Lehrer der Technischen
Staatslehranstalten in Chemnitz.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 277 S.
337.)
Mit Abbildungen auf Tafel
2 und 3.
Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung 1889.
Die zum Betreiben von Dynamos bestimmte Maschine der Société
des ateliers de construction de Bitschwiller in Bitschweiler-Thann (Elsaſs)
von 250mm Cylinderdurchmesser und 350mm Hub arbeitete ohne Condensation mit Rider-Steuerung, und letztere wird, damit bei der nicht
allzu hohen Kolbengeschwindigkeit, welche bei 150 bis 160 minutlichen Umdrehungen im
Mittel 1m,8 beträgt, dennoch eine genügende
Gleichförmigkeit in der Bewegung erreicht wird, von einem Regulator beeinfluſst, der
noch mit einem besonderen Ausgleichmechanismus versehen ist (Fig. 1 bis 3 Taf. 2).
Das äuſserst kräftig gehaltene Bett der Maschine ist auf der Cylinderseite ringförmig
gehalten und genau nach der Maschinenachse gebohrt; ebenso ist der sich gegenlegende
Cylinderflansch genau nach dem ausgebohrten Theile des Gestelles abgedreht, so daſs seine Achse mit
der Gestellachse zusammenfallt.
Die Schwungradwelle ist aus Stahl in einem Stücke geschmiedet und die Kurbelscheiben
sind mit guſseisernen Gegengewichten versehen, die im warmen Zustande fest gemacht
sind.
Alle zusammen arbeitenden Theile haben groſse Oberflächen, und sämmtliche
Lagerschalen sind aus Phorphorbronze hergestellt.
Der Regulator wird von der Schwungradwelle aus mittels eines dünnen Seiles betrieben
und überträgt durch ein zweites Seil die Bewegungen auf eine Rollenachse des neben
ihm montirten Ausgleichapparates. Auf derselben Achse ist ein conisches Getriebe
befestigt, welches mit einem über und unter ihm liegenden conischen Rade in Eingriff
steht, die beide leer laufen, solange sich der Regulator in der mittleren Stellung
befindet, d.h. die Maschine mit einer festgesetzten Geschwindigkeit läuft. Die bei
Geschwindigkeitsänderungen eintretenden auf und nieder gehenden Regulatorbewegungen
übertragen sich mittels Hebel auf die senkrechte Spindel des Ausgleichers, welche
auf einem Theile ihrer Länge mit Gewinde versehen ist und an ihrem unteren Ende ein
Kreuzstück trägt, welches je nach dem Steigen oder Fallen des Regulators in
Zungenstücke eingreift, die sich im Inneren der beiden genannten über einander
liegenden conischen Räder befinden. Die senkrechte Spindel wird dann entweder von
dem einen oder anderen conischen Rade mitgenommen, so daſs die auf ihrem Gewinde
sitzende Mutter bei der Drehung nach oben oder unten geht und diese Bewegung dem auf
der Expansionsschieberstange befestigten Hebel mittheilt, wodurch dann der Rider-Schieber entsprechend eingestellt wird.
Während ein gewöhnlicher Regulator sämmtliche Geschwindigkeitsänderungen innerhalb
seiner äuſsersten Stellungen zuläſst, wirkt der mit dem Ausgleichmechanismus in
Verbindung stehende Regulator sofort, wenn sich seine mittlere Stellung auch nur im
Geringsten ändert.
Auſser der bereits genannten Compoundmaschine mit Hahnsteuerung (System Frikart) hatten Escher, Wyſs
und Co. in Zürich noch eine liegende eincylindrige Maschine, einen
Kleinmotor, sowie eine Dampfpumpe ausgestellt, über deren Constructionen
nachträglich berichtet werden soll.
Die ganz vorzüglich dimensionirte, liegend angeordnete Eincylindermaschine von 275mm Cylinderdurchmesser und 400mm Kolbenhub soll mit 150 Umdrehungen in der
Minute eine Leistung von 40 bis 50 entwickeln.
Die in ihrer ganzen Länge auf dem Fundamente liegende Grundplatte ist mit den unter
45° geneigt stehenden Schwungrad lagern, sowie den cylindrischen Kreuzkopfführungen
zusammengegossen und an ihrem vorderen geschlossenen Ende der mit Dampfmantel
umgebene Cylinder freischwebend befestigt.
Die Kurbelwelle ist ähnlich wie bei der stehenden Maschine von Lecouteux und Garnier aus fünf einzelnen Stücken
zusammengesetzt: den beiden guſseisernen mit Gegengewicht versehenen Kurbelscheiben,
dem gehärteten Kurbelzapfen und den aus etwas weicherem Stahle als letzterer
angefertigten Wellenstücken.
Der vom Kessel kommende hochgespannte Dampf tritt durch das Rohr A (Fig. 5) in den an seinem
tiefsten Punkte mit eingeschraubtem Ablaſshahne versehenen Mantel, durch das auf dem
oberen Theile des Cylinders sitzende Doppelsitzventil, welches sich je nach der
Drehung einer auf dem verlängerten Ventildeckel geschraubten Kappe B hebt oder senkt in den Schieberkasten und nach
vollbrachter Arbeit im Cylinder durch das Rohr E in die
Atmosphäre.
Die Maschine ist mit der Rider-Steuerung versehen, und
die zu den beiden Schiebern gehörigen Stangen sind, wie aus Fig. 6 ersichtlich,
derartig mit guſseisernen Führungskloben verbunden, daſs eine leichte Regulirung der
Steuerung möglich ist.
Die von der Schwungradwelle mittels Riemen betriebene, wagerecht liegende
Regulatorspindel bewegt sich in zwei Lagern eines mit dem Maschinenbette
verschraubten gabelförmig gestalteten Bockes. Wenn sich die Regulatorkugeln zufolge
gröſserer Centrifugalkraft von der Spindel entfernen, so bewegt sich die
Regulatormuffe (Fig.
8) nach links und der darüber greifende gegabelte Hebel ab (Fig. 7) beeinfluſst die
mit ihm verbundene schräg liegende Stange f derartig,
daſs dieselbe unter Vermittelung des Hebels g eine
Verdrehung der Expansionsschieberstange und des mit ihr verbundenen Rundschiebers
bewirkt. Der Centrifugalkraft wird durch die Spannung einer in der Röhre dd liegenden und in der Richtung der Regulatorachse
frei beweglichen Spiralfeder, welche auch die Drehbewegung der Spindel mitzumachen
gezwungen ist, Gleichgewicht gehalten. Die Spannung dieser Feder läſst sich je nach
der Geschwindigkeit, mit welcher die Maschine laufen soll, feststellen. Zu dem
Zwecke ist eine in die Federbüchse gesteckte Scheibe e
durch einen Stift mit einer sich in den ausgebohrten Theilen der Regulatorspindel
führenden Schraube verbunden, durch deren mittels Handrad c bewirkten Verschiebung die Scheibe e
mitgenommen und die Feder mehr oder weniger zusammengedrückt wird; eine Verdrehung
dieser Schraube wird durch eine im Lager angeordnete Feder verhütet.
Auf eine sorgfältige automatische Schmierung des Kurbel- und Kreuzkopfzapfens, der
Führungsgeleise, sowie des Cylinders ist besondere Sorgfalt verwendet, auch ist, um
das bei der schnellen Bewegung des Kurbelstangenkopfes abspritzende Oel aufzufangen,
hinter den Kurbelscheiben eine mit dem Maschinenbette verschraubte Schutzwand
angebracht.
Der zum Betreiben von Dynamo dienende Kleinmotor (Fig. 9 bis 13) ist als Wandmaschine
construirt, läſst sich jedoch auch zweckmäſsig auf einem wagerechten Fundamente festlegen. Er zeichnete
sich ebenso wie die vorstehende Maschine durch geschmackvolle Formgebung aller
einzelnen Theile, sowie durch einen vollständig geräuschlosen Gang aus und soll mit
250 minutlichen Umdrehungen eine Leistung von 5 entwickeln.
Der Cylinder von 150mm Durchmesser und 150mm Hub ist wieder freischwebend an einem
Maschinenbette von derselben Construction wie dasjenige der vorigen Maschine
befestigt und die Dampfvertheilung erfolgt durch einen einfachen, mittels festen
Excenters bewegten Muschelschieber, unter Mitwirkung des auf einen Drosselschieber
arbeitenden, mit dem Schwungrade verbundenen Regulators. Der letztere besteht aus
zwei an Armen des Schwungrades drehbar befestigten Gewichtshebeln aa (Fig. 11), welche durch
die Stange c mit einander in Verbindung gebracht, und
auſserdem mit Kloben versehen sind, an deren conischen Enden Spiralfedern angreifen,
welche mit ähnlichen in Lagern bb geführten Kloben
verbunden sind und durch Verstellung der letzteren mehr oder weniger
zusammengedrückt werden können. Die äuſsersten runden Enden der Hebel a führen sich in Schlitzen elliptisch gekrümmter und
schräg liegender Hebel dd, die an einem Ringe sitzen,
dessen zwei innere Vorsprünge mit etwas Spiel in entsprechende Vertiefungen einer
mittels Schrauben vv centrirten, auf der Schwungradnabe
frei beweglichen Scheibe e greifen, so daſs, wenn sich
die Gewichtshebel von der Achse entfernen, die Scheibe e zufolge der schräg liegenden Hebel d eine
entsprechende geradlinige Bewegung ausführen muſs; diese wird durch die in der
Schwungradnabe geführten und mit der Scheibe e
verschraubten Stangen ff (Fig. 10) auf eine
innerhalb des Schwungrades gelegene Scheibe g
übertragen, deren kreisförmige Nuten mit Zähnen eines am äuſsersten Ende der schräg
liegenden Stange k befestigten kleinen Hebels h in Eingriff stehen. Durch Drehung der Stange k wird dann der an ihrem unteren Ende befestigten
cylindrische und mit zwei gegenüber liegenden Ausschnitten versehene Drosselschieber
(Fig. 12)
je nach dem Ausschlagen der Gewichtshebel des Regulators den
Dampfeinströmquerschnitt mehr oder weniger verengen.
Die Relativstellung des gezahnten Hebels h in Bezug auf
die Stange k des Drosselschiebers läſst sich übrigens
noch, je nach der Geschwindigkeit, mit welcher der Motor arbeiten soll, ändern, da
man den auf der Stange k befestigten Hebel i mittels Schraubenbolzens in einem Schlitze des
kleineren Armes vom Hebel h beliebig feststellen kann.
Um eine gleichförmige Bewegung zu erzielen, sind noch auf den gekröpften Armen der
Schwungradwelle zwei hohle guſseiserne, mit Gegengewichten armirte Scheiben
aufgeschraubt, die von einem am Bette scharnierartig befestigten Schutzbleche
umgeben sind, welches wieder das Umherspritzen von Oel verhütet. Die guſseisernen
Schalen der Schwungradlager und diejenigen des Kurbelstangenkopfes sind mit
Weiſsmetall ausgegossen.
Die ebenfalls vorzüglich dimensionirte kleine Dampfpumpe der Firma Escher, Wiſs und Co. besaſs ein auf der einen Seite
offenes Bett, welches zur Lagerung der Kurbelwelle eine lange, mit Weiſsmetall
ausgefütterte Büchse trug und in dessen cylindrisch ausgebildeten Enden auf der
einen Seite der Dampfcylinder, auf der anderen der Pumpencylinder eingelassen und
mit dem Bett verschraubt waren. Die Schwungradwelle ist mit der Kurbel aus einem
Stücke geschmiedet und trägt hinter ihrer Lagerstelle das mit dem Steuerungsexcenter
zusammengegossene Schwungrad. Die Pumpe wird mittels hohlen Plungerkolbens
betrieben, der mit der ebenfalls guſseisernen und deshalb ziemlich kräftig
gehaltenen Kolbenstange des Dampfcylinders ein einziges Guſsstück bildet, welches
von der angreifenden Kurbelstange hin und her bewegt wird.
Die zur Pumpe gehörigen zwei über einander sitzenden Ventile mit kleinem, den hohen
Umdrehungszahlen des Motors angepaſstem Hube sind nach Beseitigung des über ihnen
stehenden Druckwindkessels leicht zugänglich; letzterer läſst sich durch einfaches
Abschrauben einer Mutter entfernen. Ein in die Druckleitung geschaltetes
Sicherheitsventil mit auſsen liegender Federbelastung gestattet noch beim
Verschlusse des am Kessel angeordneten Speisehahnes ein Zurückflieſsen des
Druckwassers in das Saugrohr, so daſs die Pumpe nie ausgerückt zu werden braucht,
sondern stetig fortarbeiten kann.
Zur Steuerung des Dampfcylinders gehört ein kleiner Muschelschieber.
Auſser einer Woolf'schen nach dem Tandemsysteme
arbeitenden Maschine hatte J. A. Damey in Dole, Jura,
eine fahrbare Locomobile ausgestellt, deren Dampfmaschine mit Condensation arbeitete
(Fig. 14
bis 16 Taf.
2).
Der leicht zugängliche, vor dem Schornsteine sitzende Condensationsapparat wurde von
zwei eisernen Consolen getragen und die zugehörige doppeltwirkende Luftpumpe durch
eine kleine mit zwei Kurbeln versehene Welle betrieben, welche ihre Bewegung mittels
Riemen von der Schwungradwelle aus erhielt.
Die Dampfvertheilung wurde durch eine Steuerung mit Doppelschiebern geregelt, welche
letztere sich behufs möglichster Verringerung der schädlichen Räume in einem am
äuſsersten Cylinderende angebrachten Gehäuse bewegten und von einem einzigen
Excenter bethätigt wurden. Der Bügel dieses letzteren ist, wie die Fig. 16 Taf. 2
veranschaulicht, mit einer Coulisse verschraubt und wird von der in seiner Mitte
angreifenden Stange S getragen, deren unterstes Ende
mit dem Maschinenbette gelenkig verbunden ist. Die am oberen Theile des Excenters
befestigte Stange F führt den Hauptschieber, während
die den Expansionsschieber mitnehmende Stange E einen
in der genannten Coulisse gleitenden Stein trägt, dessen Stellungsänderung den
Schieberhub und damit die Dauer der Dampfeinströmung in den Cylinder
beeinfluſst.
Wenn man die Stange F am unteren Theile des Excenters
befestigt, so erhält man
eine der vorigen entgegengesetzte Bewegung, wobei indeſs noch dieselbe Coulisse zur
Veränderung des Hubes vom Expansionsschieber dient, da jetzt der Stein in der oberen
Hälfte derselben gleitet.
Bei der Woolf'schen Tandem maschine bewirkte dieselbe
Bügelcoulisse auſser der Dampfvertheilung im kleinen Cylinder auch die Führung des
zum groſsen Cylinder gehörigen Schiebers; es genügte hierbei die zur Führung dieses
Schiebers dienende Stange etwas oberhalb der Stange F
angreifen zu lassen.
Auch bei Schiffsmaschinen läſst sich die erforderliche Bewegungsänderung mit einem
einzigen Excenter bewerkstelligen, dessen Bügel dann mit zwei Coulissen – die eine
für den Haupt-, die andere für den Expansionsschieber – verbunden sein muſs.
Der Locomobilkessel zeigte, wie die Fig. 14 und 15 Taf. 2
erkennen lassen, eine beachtenswerthe Einrichtung behufs möglichst vollkommener
Ausnutzung der Verbrennungsgase.
Die in der inneren Feuerbüchse B entwickelten Gase
gelangen durch die zwischen den Wandungen G und D liegenden Rohre in die Rauchkammer, und zwar
unterhalb einer in derselben angebrachten Zwischenwand YY, welche das Abziehen der Gase durch den Schornstein zunächst verhütet;
sie gehen vielmehr erst durch die Oeffnungen K rechts
und links, in der auf der Abbildung ersichtlichen Pfeilrichtung, um den äuſseren
Kessel herum und entweichen dann durch zwei oberhalb der Zwischenwand YY angebrachte Oeffnungen N in den Schornstein. Die vier Oeffnungen K
und N sind auſsen auf beiden Seiten von
schlangenförmigen Rohrbündeln V umgeben, durch welche
das mittels Speisepumpe im oberen Theile eingeführte Wasser flieſst und angewärmt
durch die etwas unterhalb der Kesselachse sitzenden Speisehähne MM in den Kessel gelangt.
Damey behauptet, daſs die mit dieser Einrichtung
versehenen Locomobilkessel, gegenüber anderen gut ausgeführten Constructionen, bei
denen jedoch die Verbrennungsgase nach dem Durchstreichen der Feuerrohre direkt
durch die Rauchkammer in den Schornstein ziehen, unter gleichen Verhältnissen das
Doppelte an Wasser zu verdampfen im Stande sind.
(Fortsetzung folgt.)