Titel: | Die Klingelwerke mit Fallscheiben im Bahnhofe zu Frankfurt a. M. |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 16 |
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Die Klingelwerke mit Fallscheiben im Bahnhofe zu
Frankfurt a. M.
Mit Abbildungen.
Klingelwerke mit Fallscheiben im Bahnhofe zu Frankfurt a.
M.
Die auſsergewöhnlich groſsen Abmessungen des Frankfurter neuen
Haupt-Personenbahnhofes machten andere Verständigungsmittel nöthig, als sonst auf
Bahnhöfen benutzt werden. Die ganze Anlage und ihre Benutzung ist im Centralblatt der Bauverwaltung, 1890 * S. 233 und
238, eingehend beschrieben worden; hier können aus der betreffenden
Beschreibung nur einige kurze Bemerkungen gegeben werden.
Die betreffenden Betriebseinrichtungen sind von dem Betriebsdirektor, Regierungs- und
Baurath Knocke, getroffen worden, nach dessen Angaben
der Telegrapheninspektor Löbbecke die Block- und
Fallscheibenwerke ausarbeitete. Die Genannten hatten bei der praktischen Ausführung
eine vortreffliche Hilfe an dem Mechaniker und Uhrmacher C.
Theodor Wagner in Wiesbaden. Die ganze Einrichtung bewährt sich vorzüglich,
die elektrischen Werke arbeiten tadellos und erfreuen sich vor allem deshalb der
übereinstimmenden Anerkennung der Beamten, weil sie auch bei der schnellsten Folge
der Züge die damit Arbeitenden nicht anstrengen und unruhig machen.
Die den Bahnhofsverkehr leitenden Beamten und Signalleute sind an einer ziemlich
groſsen Anzahl von über den Bahnhof vertheilten Stellen aufgestellt und auſserdem
wird den Fahrkarten-Ausgaben die bevorstehende Abfahrt der Züge, 3 Minuten vor der
Abfahrtszeit derselben, gemeldet, damit der Schalter geschlossen werde.
Da die einzelnen Läutezeichen bei Verwendung der gewöhnlichen Glockenhäuschen und
Klingel werke wegen der groſsen Anzahl nicht genügend unterschieden werden könnten,
sind überall, wo eine gröſsere Zahl verschiedener Züge zu signalisiren ist, wie in
dem Bureau A der Staatsbahnen, worin die
vorschriftsmäſsige Abmeldung und Annahme der Züge stattfindet, der Assistentenbude
C, worin ein groſses Blockwerk aufgestellt ist,
mittels dessen der Stationsbeamte die Hebel der Wege- und Ausfahrtssignale der drei
Stellwerke verschlossen hält und im gegebenen Falle durch Drehen der entsprechenden
Kurbel freigibt, zugleich auch an mitgehenden Zeigern erkennt, ob der Weichensteller
die Signale zieht und demnächst zurücknimmt, den 3 Stellwerksbuden D, in Mainstation, Hellerhof u.s.w. statt der üblichen
Läutewerke Fallscheibenwerke (Fig. 1 und 2) verwendet worden, bei welchen der durch Drehen der
Inductorkurbel erregte elektrische Strom eine in der Ruhelage versteckt liegende
Scheibe s mit der Angabe der Zugrichtung herabfallen
und ein damit verbundenes Klingelwerk k so lange
anschlagen läſst, bis durch Heben der Scheibe mittels des Griffes g der elektrische Contact wieder aufgehoben wird. An
Stelle der mit Inschrift versehenen Fallscheibe tritt alsdann ein rothes Feld.
Aehnliche, aber durch eine elektrische Batterie betriebene Fallscheiben- und
Klingelwerke dienen zur Verbindung der Station A mit
den 3 Stationsbeamten bei B, welche die abgehenden Züge
abfertigen, und dieser letzteren mit den Fahrkarten-Ausgaben E, und zwar ist an diesen drei Stellen für jede Fahrtrichtung ein
besonderer Fallscheibenkasten angebracht. Die in A und
B befindlichen Kästen enthalten am oberen Rande
unter jedem Druckknopf eine feststehende Inschrift, durch welche die Bestimmung der
abzugebenden Meldung kurz angedeutet wird. Ein Hauptvorzug dieser Fallscheibenwerke
besteht neben der genauen Unterscheidung der einzelnen zu signalisirenden Richtungen
darin, daſs ein so gegebenes Zeichen nicht bei einer augenblicklichen Abwesenheit
des Beamten überhört werden kann, da das Klingelwerk so lange ertönt, bis der Beamte
die Scheibe wieder in die Ruhelage zurückhebt.
Fig. 1., Bd. 278, S. 17Fig. 2., Bd. 278, S. 17 Alle mittels der Fallscheibenwerke zwischen dem Bureau A und den Beamten bei B
gewechselten Signale, welche im zweiten Beispiele beschrieben sind, werden auf
elektrischem Wege auf einem Papierstreifen aufgezeichnet, welcher über eine durch
ein sehr genaues Uhrwerk bewegte Walze läuft und so getheilt ist, daſs er in jeder
Minute um einen Strich gleich einem Millimeter fortrückt. Jedesmal wenn an den
Fallscheibenkästen ein Täfelchen fällt oder ein Knopf herabgedrückt wird, drückt in
Folge des Stromschlusses ein Stift an der entsprechenden Stelle ein Loch in den
Papierstreifen, so daſs man den Gang der Benachrichtigungen genau verfolgen und
jeden Zweifel, ob eine oder die andere Handlung etwa versäumt ist, beseitigen
kann.
Die Verbindung zwischen diesen Stellen A, B, C und E muſste in vollkommen sicherer, jedes Miſsverständniſs
ausschlieſsender Weise hergestellt werden, zugleich aber eine sehr rasche
Verständigung gestatten denn neben den umfangreichen Zugverschiebungen und
Leerfahrten von Locomotiven ist auf den in Frage kommenden Bahnen (also mit
Ausschluſs der Hessischen Ludwigsbahn) täglich zwischen 5 Uhr früh und 11 Uhr Abends
ein Verkehr von 248 Zügen zu bewältigen, welche nicht gleichmäſsig über diese Zeit
vertheilt sind, sondern sich der Anschlüsse wegen gruppenweise dicht
zusammendrängen.
Bei etwaigem Versagen der Fallscheibenwerke ist den Stationsbeamten bei B durch Fernsprecher die Möglichkeit gewährt, an das
Bureau A und die Fahrkarten-Ausgaben die nöthigen
Mittheilungen gelangen zu lassen.
Beiläufig sei noch bemerkt, daſs die sonst üblichen Zeichen zum Einsteigen und Abfahren mit der
Stationsglocke als zu störend und bei der raschen Folge der Züge lediglich
verwirrend bald nach der Eröffnung des neuen Bahnhofs aufgehoben wurden.