Titel: | Neuerungen in der Glasindustrie. |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 129 |
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Neuerungen in der Glasindustrie.
Mit Abbildungen auf Tafel
7 und 9.
Neuerungen in der Gasindustrie.
Ueber Explosionen in
Kohlenschiffen von V. L. Lewes.
Der Inhalt einer Kohlenladung in den Kohlenschiffen beträgt 50 bis 400t gewöhnlich, selten mehr; bei solchen Ladungen
bis zu 500t betrug die Zahl der vorgekommenen
Explosionen ¼ Proc. Die Ursache der Explosionen ist eine ganz andere als sie bei der
gewöhnlichen Selbstentzündung von Kohlen herrscht; bei der Umwandlung der Holzfaser
in Kohle werden beträchtliche Mengen von gasförmigem Methan frei. Da der Prozeſs
sich über groſse Zeiträume erstreckt, so findet der gröſste Theil Gelegenheit, durch
die überliegenden Schichten zu entweichen; die Risse und Poren der Kohle jedoch
bleiben davon erfüllt und das darin eingeschlossene Gas wird nur langsam abgegeben;
nach der Förderung der Kohle dauert die Abgabe von Gas noch einige Zeit fort,
besonders stark wird dieselbe bei sinkendem Luftdruck und mit steigender Temperatur.
Eine frisch geförderte Kohle gibt also immer Methan an die Luft im ziemlich
geschlossenen Kohlenraum ab. Nun ist reines Methan nicht explosiv für sich, mit dem
10fachen Volumen Luft aber explodirt dasselbe mit einem Druck von 14k,7 auf 1qcm.
Eine andere Ursache, welche die Gefahr einer Explosion erhöht, ist die Beimischung
von Kohlenstaub zur Luft; schon 1 Proc. Methan in der Luft mit Kohlenstaub gibt ein
explosives Gemisch, welches das Feuer weithin verbreiten kann.
Aus den angegebenen Gründen ist die Feuersgefahr bei einer neu geförderten Kohle
während der ersten 10 Tage nach dem Verladen am gröſsten; in der That fanden die
meisten Explosionen statt, bevor oder kurz nachdem die Schiffe den Hafen verlieſsen.
Jedenfalls waren die Kohlen zu früh nach der Förderung verladen worden, sie gaben an
die Luft Grubengas ab und das explosive Gemisch kam durch sorgloses Eintreten mit
Licht in Brand, oder die Gase strömten in die übrigen Schiffsräume und kamen dort
mit Feuer in Berührung.
Jedenfalls sollten frische Kohlen erst nach 1 Monat Lagerzeit verladen und die erste
Zeit einer ausgiebigen Ventilation ausgesetzt werden. In Schiffen, welche eigens für
den Kohlentransport gebaut sind, ist es zweckmäſsig, den Kohlenbehälter wie auf
einem Erdölschiff gasdicht zu schlieſsen und die Wände gegen den Kessel- und
Maschinenraum doppelt und mit Wassercirculation herzustellen. Wenn die Thüren des
Kohlenraums geschlossen sind, so soll die einzige Verbindung mit der Luft ein
zweizölliges Rohr sein, welches an einem Mast hinaufgeführt, hoch über jeder
möglichen Flamme endet. Die Thüren dürfen nicht geöffnet werden, bis das Schiff an
seinem Bestimmungsorte angelangt und alles Feuer gelöscht ist.
Verfasser verlangt in allen Kohlenschiffen dichte Scheidewände und Kühlung des
Kohlenraumes an Stellen, welche gegen heiſse Räume grenzen, durch doppelte Wände und
Wasser, sowie dichte Behälter. Für Schiffe von 300 bis 400t Kohle verlangt er Luftwechsel durch Pumpen,
welche auf dem Deck aufgestellt sind und Luft so kühl als möglich vom Boden her
einblasen. Natürlich darf, wenn es dringend nöthig ist, der Kohlenraum nur mit
Sicherheitslampen betreten werden. (Vortrag, gehalten im Royal United Service Institution, Whitehall, London; Journal of Gaslighting, 1890 56 145.)
Drehbare Gasretorte von Yeadon und Adgie in Leeds.
Das Laden und Ausziehen der Gasretorten erfordert bekanntlich viel Handarbeit, und es
geht schon lange das Bestreben dahin, die Arbeit durch Maschinen zu leisten, was
durch die verschiedenen Lade- und Ausziehapparate mit mehr oder weniger Erfolg
erreicht wurde. Yeadon und Co. bringen nun eine
eigenartige Vorrichtung, ihre Retorte ist nicht feststehend im Ofen wie bisher,
sondern drehbar; es läſst sich selbst Kleinkohle leicht einbringen und vergasen.
Fig. 1
Taf. 7 gibt die Vorderansicht der Retorte, Fig. 2 eine Seitenansicht,
Fig. 3 ist
eine Ansicht des
hinteren Retortenendes, an welchem das Entladen geschieht, Fig. 4 ein Längsschnitt
durch das Mittel der Retorte. Der Körper der Retorte H
ist aus feuerfestem Thon und von conischer Form, sie dreht sich innerhalb der
Feuerung B. An beiden Enden ist die Retorte in
Metallringe CC1 gefaſst
und mit diesen durch Schrauben verbunden. Die Ringe laufen glatt auf Rollen DD, welche sich in dem Gehäuse EE1 drehen. Die Retorte ist also ganz
frei, ohne Steinunterstützung, so daſs beim Drehen die Hitze im Ofen mit der ganzen
Länge in Berührung kommt. Das Innere der Retorte trägt der Länge nach eine Zahl von
Ansätzen F, deren Zweck ein dreifacher ist: nämlich die
Kohle durch die Retorte zu schaffen, dieselbe gleichmäſsig vom Boden der Retorte zum
höher gelegenen Ende zu bringen und schlieſslich hinausfallen zu lassen, ferner den
Retortenkörper zu verstärken, um ihn das Gewicht der Kohle leichter tragen zu
lassen. Die Ansätze sind zugespitzt, am niedrigsten an der Vorderseite, wo die
Kohlen eingebracht werden; sie laufen dreieckig aus bis zum anderen Ende, damit der
Koks nicht unnöthig zerbrochen wird.
Die Retorten sind also conisch, und zwar am weitesten an den Entladestellen. An jedem
Ende ist eine eiserne Platte mit einer Ausdrehung, in welcher die Enden der Retorte
sich drehen. Eine Dampfkammer an dieser Ausdrehung preſst die nöthigen
Dichtungsringe an und macht so den Verschluſs gasdicht. Die vordere Endplatte F trägt einen Trichter G,
in welchen die Kohle vom Zubringer V gebracht wird,
nachdem sie vom Hebewerk W gehoben ist. Am Boden des
Trichters G ist ein Cylinder H, von kleinerem Durchmesser als die Retorte; derselbe enthält eine Achse
I mit verstellbaren Ansätzen. Der Gang dieses
Ladeapparats wird durch die Räder KK1 mit Kette betrieben. Da der Cylinder stets mit
Kohle gefüllt ist, so kann ein Austreten von Gas oder Eintreten von Luft nicht
stattfinden; durch denselben gelangt die Kohle in das Innere der Retorte. Hier fällt
sie auf den Boden und wird von den Ansätzen weiter gebracht.
Die fortwährende Bewegung der Kohle begünstigt das Vergasen ungemein. Die hintere
Endplatte S ist ebenso wie die vordere mit Ausdrehung,
Dichtungsringen und Dampfkammer versehen. Ein Kratzer X
führt den Koks in das Auslaſsrohr U, welches mit zwei
Auslaſsventilen versehen ist. Mit Hilfe dieser Ventile und einer Fallthüre kann der
heiſse Koks direkt in die Feuerung B gebracht werden
oder in ein Wassergefäſs, oder auf einen Transportapparat. Die Retorten werden an
jedem Ende durch Zahnräder MM1 getrieben, welche in Metallsockeln ruhen. Diese Anordnung verhindert
jede ungleichmäſsige Drehung oder Zerrung des Retortenkörpers. Die Räder erhalten
ihre Bewegung von den Rädern NN1 auf der Achse O,
welche ihrerseits von den conischen Rädern PP1 auf der Achse R
getrieben werden. Die abdestillirten Gase entweichen durch das Steigrohr T, welches am weiten, am Entladungsende der Retorte
angebracht ist. (Industries vom 2. Mai 1890 S.
426.)
Die Herstellung von carburirtem
Wassergas zu Beleuchtungszwecken.
Die Stadtbeleuchtung mit carburirtem Wassergas ist in den letzten Jahren in den
Vereinigten Staaten von Nordamerika sehr gestiegen, so daſs über ⅓ aller Städte sich
dieses Gases bedienen. Die Fabrikation geschieht nach verschiedenen Systemen; bei
manchen wird in einem Generator Wassergas erzeugt, Oelgas in einem eigenen Apparat,
und die beiden Gase vor dem Aufspeichern im Behälter in einem dritten Ofen zu einem
permanenten Gase fixirt. Andere Systeme benutzen zwei Apparate, in dem das Gas in
einem Generator erzeugt und an dessen Spitze Oel verdampft wird, worauf beide im
Ueberhitzer fixirt werden. Eine Anlage nun, welche alles in einem Apparat vereinigt,
ist die nach dem System von Steenbergh, wie sie in
Knightsbridge, London, errichtet wurde (Fig. 5 Taf. 7). Der
Generator, Carburator und Ueberhitzer zugleich, besteht aus einem hohen
schmiedeeisernen Cylinder, mit feuerfesten Steinen ausgefüttert. Derselbe ist zur
Hälfte mit Koks oder Anthracit gefüllt, welche vom Boden aus durch ein kräftiges
Gebläse heiſs geblasen werden. Das erzeugte Generatorgas und die mit demselben
abgehende Wärme kann benutzt werden, indem es durch ein eigenes Rohr an der Spitze
des Generators (welches auf der Figur nicht dargestellt ist) zur Heizung des
Dampfkessels geleitet wird. Die Zeit, welche zum Heiſsblasen des Apparates nöthig
ist, ist nahezu gleich der Dauer des Gasmachens. In einem Run wurden 237cbm,8 Gas erzeugt; das Heiſsblasen dauerte 58, das
Gasmachen 48 Minuten. Bei letzterer Operation wird unter die Roststäbe am Boden des
Generators Dampf eingeblasen, welcher vorher in einem kleinen Ofen mit Schlangenrohr
überhitzt wurde. Das erzeugte Gemisch von Wasserstoff und Kohlenoxyd steigt im
Schacht in die Höhe zusammen mit den Oeldämpfen, welche aus der von allen Seiten
nahe der Oberfläche der Koksschicht eingeblasenen Naphta entstehen. Das Gemisch wird
an den über der Koksschicht durchgezogenen Balken aus feuerfesten Steinen fixirt und
gelangt nun durch Vorlage, Wascher, Scrubber in den Behälter, von da durch die
Reinigung in die Rohrleitung zum Verbrauch.
In Amerika dient zur Gaserzeugung Anthracit aus Pennsylvanien, in England leistet
dasselbe Mineral aus Wales den gleichen Dienst. Mit Hüttenkoks wurde sehr gute
Gasausbeute erzielt, eine weniger gute mit Gaskoks, doch ist der Preis der letzteren
ein bedeutend geringerer. Die Versuchsanlage zu Knightsbridge steht unter der
Aufsicht von Prof. Lewes in Greenwich, welcher Versuche
mit verschiedenem Heizmaterial und Oel anstellte. Die Leuchtkraft des Gases
schwankte zwischen 20,5 und 22,9 Kerzen, die Farbe der Flamme war hellweiſs. Der
Gehalt an Kohlenoxyd beträgt 13 bis 25 Proc. je nach der angewandten Kohlensorte; da das Gas einen
starken Geruch besitzt, so ist es weniger gefährlich als das nicht riechende
Wassergas.
Bei einem Versuch mit Anthracit wurden erhalten 237cbm,8 Gas, was 106 Minuten für einen Run in Anspruch nahm, davon 58 zum
Heiſsblasen, 48 zum Gasmachen. An Heizmaterial wurden verbraucht 93k Anthracit, 108l Naphta (70°); die Leuchtkraft des Gases betrug auf 150L stündlich 20,5 Kerzen.
Das Gas enthielt
ungereinigt
gereinigt
Wasserstoff
–
40,33
Vol.-Proc.
Methan
–
17,08
„
Schwere Kohlenwasserstoffe
–
7,59
„
Kohlenoxyd
–
25,00
„
Kohlensäure
2,15
0,50
„
Sauerstoff
–
0,17
„
Stickstoff
–
9,33
„
Schwefelwasserstoff
2,84
–
„
–––––––––––––––––
100,00
Vol.-Proc.
Der Schwefel im reinen Gas betrug nach Letheby's
Bestimmung 15g,2 in 100cbm.
Auf 100cbm Gasproduction trafen 39k,3 Anthracit, 45l,1 Naphta.
Gas aus verschiedenem Material mit 76° Naphta hatte folgende Zusammensetzung:
Hüttenkoks
Gaskoks
Anthracit
gereinigt
ungerein.
gereinigt
ungerein.
gereinigt
Vol.-Proc.
Vol.-Proc.
Vol.-Proc.
Vol.-Proc.
Vol.-Proc.
Wasserstoff
33,44
–
39,05
–
38,44
Methan
23,38
–
26,71
–
19,30
Schwere Kohlenwasserstoffe
11,14
–
9,27
–
7,49
Kohlenoxyd
19,00
–
13,50
–
23,81
Kohlensäure
2,24
6,01
1,02
2,16
0,42
Stickstoff
9,50
–
9,72
–
9,69
Sauerstoff
1,30
–
0,73
–
0,85
Schwefelwasserstoff
–
0,35
–
Spur
–
Kerzen
Kerzen
Kerzen
Leuchtkraft
22,4
–
22,9
–
21,8
Der niedere Kohlenoxydgehalt bei der Probe mit Gaskoks rührt von der bedeutend
niedereren Temperatur her, welche bei den Koks nie so hoch wird als bei Anthracit;
in Folge dessen ist im unreinen Gas der Kohlensäuregehalt um so höher.
Von Wichtigkeit ist der geringe Gehalt des reinen Gases an Schwefel. Nach Prof. Lewes' Behauptung verliert das Gas selbst bei
bedeutender Kälte in den Rohrleitungen nicht mehr an Leuchtkraft als gewöhnliches
Kohlengas. Erfahrungen darüber liegen allerdings noch nicht vor. Ein Vortheil des
ganzen Verfahrens ist die rasche Darstellung eines bedeutenden Quantums Gas in
kurzer Zeit. (Industries vom 28. März 1890 S. 306.)
Sauerstoffzusatz bei der
Gasreinigung.
Der Zusatz einer geringen Quantität, 0,6 Vol.-Proc., Sauerstoff zum Rohgase hat
bekanntlich eine ständige Wiederbelebung der Reinigungsmasse zur Folge, so daſs die
Kästen immer geschlossen bleiben können, bis die Eisenoxydmasse ausgebraucht ist.
Ebenso gelingt es Schwefelwasserstoff, Kohlensäure und einen Theil des nicht als
Schwefelwasserstoff im Gase vorhandenen Schwefels mit Kalk auszuscheiden, wobei sich
kohlensaurer Kalk und freier Schwefel in der ausgenutzten Masse findet. Nach den
Angaben von W. A. Valon wurde diese Einrichtung nebst
Herstellung des Sauerstoffs in Ramsgate getroffen. Fig. 6 Taf. 7 gibt den neu
erbauten Ofen zur Darstellung des Sauerstoffgases; die guſseisernen Retorten sind
mit Baryt gefüllt. Jede Retorte ist 2m,89 lang,
hat 0m,18 Durchmesser mit 1cm,9 Wanddicke; dieselben sind statt wie früher
wagerecht, nunmehr senkrecht gestellt, so daſs ein Biegen vermieden ist und die Luft
besser mit dem Baryt in Berührung kommt. Die Heizung geschieht mittels eines nach
Valon's Angabe in der Mitte stehenden Generators;
die Retorten bleiben hierdurch stets auf gleicher Temperatur und gegen die frühere
Heizung ist eine Ersparniſs an Brennmaterial sowie eine längere Dauer der Retorten
eingetreten. Nach neuerdings angestellten Versuchen braucht zur Abgabe des
Sauerstoffes die Ofentemperatur nicht erhöht zu werden, sie bleibt immer die
gleiche.
Es wird Luft durch eine Pumpe eingesaugt und durch zwei Reiniger mit Kalk und Natron
gedrückt zur Reinigung von Kohlensäure und Wasser, von da durch einen Regulirhahn in
die Retorten. Hier wird der Sauerstoff der Luft vom Baryt aufgenommen, der
Stickstoff entweicht durch das Auslaſsventil N. Nachdem
diese Oxydation 5 bis 8 Minuten gedauert hat, werden die Hahnen umgestellt und der
Sauerstoff aus den Retorten ausgesaugt, in einen Gasbehälter gedrückt. Das Absaugen
dauert eben so lange wie die Aufnahme des Sauerstoffes durch den Baryt. Das
Umstellen der Hahnen nach stets der gleichen Zeit geschieht automatisch, indem an
Zahnräder durch eine excentrische Stange der Pumpe eine kleine Bewegung ertheilt
wird, so daſs stets nach bestimmter Frist die Hahnen offen bezieh. geschlossen
stehen.
Der Zusatz des Sauerstoffs zum Rohgase geschieht stets proportional der Production.
W. G. Hicks in Ascot construirt hierzu den Apparat
Fig. 7. An
der Hauptachse des Stationsgasmessers R sitzt ein
Zahnrad P, welches durch ein Getriebe die Achse und
Trommel des kleinen Gasmessers W treibt; dieser setzt
auf diese Weise stets proportional den Umdrehungen des Stationsgasmessers, also auch
proportional der Production, Sauerstoff zum Rohgase am Exhaustor. Durch Einsetzen
verschieden groſser Zahnräder bei T läſst sich das
zugesetzte Quantum Sauerstoff verändern.
Seit dem Zusatz von Sauerstoff im Gaswerk Ramsgate unter Anwendung von Kalk ist die
Leuchtkraft des Gases von 16,5 auf 17,3 Kerzen gestiegen, so daſs keine Cannelkohle mehr angewendet zu
werden braucht; der Sauerstoffzusatz beträgt hier 0,6 Vol.-Proc. Was die Kosten des
Verfahrens betrifft, so soll sich dasselbe auf die Million Cubikfuſs um etwa 5 M.
billiger stellen als ohne Sauerstoffzusatz. (Industries
vom 13. December 1889 S. 374.)
Gasconsum-Regulator (Fig. 8 bis 11) von F. S. Streeter in London (Englisches Patent Nr. 18522
vom 18. December 1888). Fig. 8 zeigt einen
senkrechten Schnitt des Regulators, welcher am Mittelrohr eines Kronleuchters
angebracht ist, wobei K die Seitenarme sind. Der
Regulator selbst besteht aus einer Schwimmerglocke A,
welche in dem senkrechten Rohr B auf und ab geht;
letzteres ist der Länge nach durch zugespitzte Schlitze C durchbrochen, deren breitere Seite unten steht. Die Glocke A schwimmt auf dem Gase, steigt und sinkt mit dem
Gasdruck, so daſs durch die zugespitzte Form der Schlitze die Gas durchlassende
Fläche sich ändert umgekehrt wie die Aenderungen des Druckes. Fig. 9 ist die untere
Seite der durchbrochenen Röhre, Fig. 10 ein senkrechter
Schnitt des Regulators, rechtwinkelig zum Schnitt Fig. 8, Fig. 11 ein Durchschnitt
durch den Schwimmer. Der letztere wird durch die zwischen den Ausschnitten stehenden
Stücke des Rohres B geführt.
Apparat zur Darstellung von Heiz- und Leuchtgas von B. Loomis, Hartford, Conn., Nordamerika (Fig. 12).
Mittels Durchleitens von Dampf aus dem Rohr s durch die
glühende Koksschicht im Generator A wird Wassergas
erzeugt; derselbe entweicht durch Rohr E1 in die Vorlage C, von
da durch Rohr E2 zu der
Verbrauchsstelle, oder das Wassergas gelangt in einen Mischapparat mit rotirenden
Flügeln und wird dort durch erhitzte Naphta carburirt. Das carburirte Gas geht durch
eine Reihe von eisernen Retorten, welche in einem Ofen A1 liegen; dort werden die Oeldämpfe in
ein permanentes Gas verwandelt; das fertige Gas geht durch Rohr L3 aus der untersten
Retorte zu den Verbrauchsstellen. Der Retortenofen A
wird mit Hilfe der durchströmenden Generatorgase geheizt, welche beim Heiſsblasen
des Schachtes entstehen. Dieselben gelangen, indem von oben nach unten geblasen
wird, durch den Rost P in den Kanal F und umspülen im Ofen die Retorten B. Aus dem Ofen werden die Gase durch einen Kühler
mittels Exhaustor T abgesaugt und zu irgend welchen
Heizzwecken weitergedrückt, oder sie werden durch Rohr J dem Wassergas beigemischt. Falls die Generatorgase mit Luft im Ofen
verbrannt werden sollen, dient Rohr Y als Kamin.
Der Heizwerth des Leuchtgases mit Bezug auf die
Verwendung in Gasmaschinen. Von Prof. Slaby.
Die Heizkraft des Leuchtgases wurde bisher eingehend nur von Aimé WitzA. Witz, Pouvoir calorifique du gaz d'éclairage.
Annales de Chimie et de Physique, Oktober 1885.
behandelt; er benutzte zur Bestimmung eine von Berthelot angegebene calorimetrische Methode, welche darin besteht, daſs
man in einer
metallischen Bombe abgemessene Mengen Gas mit hinreichend Luft durch den
elektrischen Funken verpufft und die eintretende Erwärmung im Wassercalorimeter
miſst. Bei 17 Versuchen mit Steinkohlengas der Stadt Lille fand Witz Werthe zwischen 4719 und 5424°, im Mittel 5164°
auf 1cbm, bei vollständiger Condensation des
gebildeten Wasserdampfes. Analysen des Gases hat Witz
nicht angegeben. Als technische Methode zur raschen Bestimmung der Heizkraft des
Gases ist dieselbe nicht zu verwerthen.
Die Berechnung der Heizkraft aus der Analyse stöſst nur bei den lichtgebenden
Bestandtheilen, den schweren Kohlenwasserstoffen, auf Schwierigkeiten; für
Wasserstoff, Methan, Kohlenoxyd haben Favre und Silbermann, Thomsen wie auch Berthelot Zahlen angegeben, welche genügend übereinstimmen und auch mit
Sicherheit zu verwenden sind. Für diese Untersuchungen sind Thomsen's Zahlen benutzt, weil sie aus den umfassendsten Untersuchungen
stammen. Die Bestimmung der einzelnen schweren Kohlenwasserstoffe im Gase ist aber
eine der schwierigsten chemischen Arbeiten; in der Literatur findet sich nur eine
solche Trennung, von Berthelot angegeben: 1 Million
Gewichtstheile Pariser Leuchtgas enthielten an schweren Kohlenwasserstoffen:
Benzol C6H6
30000
bis
35000
Gew.-Th.
Acetylen C2H2
1000
„
Aethylen C2H4
1000
bis
2000
„
Propylen C3H6
2,5
„
Allylen C3H4
8,0
„
Butylen C4H3
Spur
„
Crotonylen C4H6
31
„
Teren C5H6
42
„
höhere Kohlenwasserstoffe
97
„
Man verzichtet deshalb darauf, dieselben einzeln zu bestimmen, und gibt die schweren
Kohlenwasserstoffe nur gesammt bei der Analyse an. Bei der Berechnung der Heizkraft
wurde nun bisher ziemlich willkürlich verfahren, indem diese schweren
Kohlenwasserstoffe als C2H4, als C4H8 oder halb C2H4 und halb C4H8 gerechnet wurden.Oder halb Benzol,
halb Aethylen. (D. Ref.)
Brooks und StewardBrooks und Steward,
Some experiments upon the Otta Gas Engine. Van Nostrand's Engineering Magazine 1883. sowie A. WitzA. Witz, Traité théorétique et pratique des Moteurs
à Gaz. Paris 1886. nehmen anscheinend ganz willkürliche
Mittelwerthe ohne besondere Angabe. Dies Verfahren gibt natürlich ganz verschiedene
Zahlen, so z.B. ergeben 4,7 Vol.-Proc. schwere Kohlenwasserstoffe
gerechnet
als
C2H4 : 0,047 . 14088 = 662c
„
„
½C2H2,
½C4H8 :
0,0235 . 14088 + 0,0235 . 27133 = 969c
„
„
C4H8 : 0,047 . 27133 = 1075c.
In ein Beispiel für Leuchtgas eingefügt ergibt dies 4719c, 5026c, 5132c, also Differenzen bis zu 8 Proc.
Verf. fand nun einen Weg, aus der Gasanalyse mit Hilfe des specifischen Gewichtes der
Gase die Heizkraft mit ziemlicher Sicherheit zu berechnen. In Tabelle 1 sind die
Heizwerthe verschiedener schwerer Kohlenwasserstoffe auf 1cbm angegeben. Trägt man diese als Function ihrer
Dichtigkeit ε auf, so erkennt man, daſs sie fast
vollkommen eine gerade Linie erfüllen, welche durch die Gleichung H = 1000 + 10500
ε wiedergegeben werden kann. Die auftretenden
Abweichungen sind wie angegeben relativ unbedeutend, zum Theil wohl auch auf Fehler
des calorimetrischen Verfahrens zu schieben.
Tabelle 1.
Gasart
Gewichtvon 1cbmBerlin0° 760mm
SpecifischesGewichtLuft = 1
Heizeffect von1k mit
Con-densation desWassers
Wasser gebildetbei
Verbrennungvon 1k
Wärmewerthdes Dampfesfür 1k
Gas
Heizeffect von1k ohne
Con-densation desWassers
Heizeffect von1cbm
ohneCondensationdes Wassers
Heizeffect von1cbm berechnetnach
der FormelH = 1000+ 10500ε
Differenz inProc.
ε
δ
C4H8
2,5035
1,9349
11618
1,286
780
10838
27133
27300
+ 0,6
C3H8
1,9673
1,5204
12125
1,636
992
11113
21902
21700
– 0,7
C3H6
1,8777
1,4512
11791
1,286
780
11011
20675
20700
+ 0,1
C3H4
1,7881
1,3819
11662
0,900
546
11116
19877
19800
– 0,4
C2H6
1,3414
1,0367
12444
1,800
1092
11352
15227
15100
– 0,8
C2H4
1,2518
0,9674
11905
1,286
780
11125
14088
14100
+ 0,1
C2H2
1,1622
0,8982
11905
0,692
420
11485
13348
13200
– 1,1
CH4
0,7155
0,5530
13246
2,250
1365
11881
8501
8500
± 0,0
H
0,0896
0,0692
34178
9,000
5458
28720
2573
–
–
CO
1,5513
0,9671
2427
–
–
–
3037
–
–
CO2
1,9663
1,5197
–
–
–
–
–
–
–
O
1,4300
1,1052
–
–
–
–
–
–
–
N
1,2552
0,9701
–
–
–
–
–
–
–
C6H6
*
3,4937
–
10331
0,693
419
10288
35943
37689
+ 4,9
* Die Werthe für Benzol, C6H6, sind hier der Tabelle des Verfassers noch
angefügt; hier weicht die nach der Formel berechnete Zahl doch ziemlich von dem
bestimmten Heizwerth ab. Nach St. Claire-Deville (Journal für Gasbeleuchtung, 1889 Bd. 32 S. 652) enthält
das Pariser Kohlengas etwa 1 Proc. Benzol.
Das hiermit für die Heizwerthe der einzelnen schweren Kohlenwasserstoffe gefundene
Gesetz gilt zweifellos auch für ein beliebiges Gemisch derselben. Der Heizwerth
derselben ist also bestimmt, sobald es gelingt, die Dichtigkeit des Gemisches zu
ermitteln. Für Anwendung dieser Methode sind folgende Bedingungen von Wichtigkeit:
das verwendete Leuchtgas hat etwa 4 Proc. schwere Kohlenwasserstoffe und einen
mittleren Heizwerth von 4900° auf 1cbm. Die
schweren Kohlenwasserstoffe nehmen daran mit etwa 15 Proc. theil. Soll also der
Heizwerth des Gases auf 1 Proc. genau bestimmt werden, so erfordert dies für den
Heizwerth der schweren Kohlenwasserstoffe eine Genauigkeit von 6,5 Proc. und für.
ihre Dichtigkeit eine solche von 5,8 Proc. Bei einem mittleren specifischen Gewicht
des Leuchtgases von 0,420 muſs dies auf ¾ Proc. genau bestimmt sein. Ferner darf die
Dichtigkeit des Restbetrages der Analyse nicht wesentlich von der des Stickstoffes
abweichen; die
Untersuchungen ergaben, daſs diese Zahlen gut übereinstimmten. Zur Bestimmung des
specifischen Gewichts des Gases diente Schilling's
ApparatSchilling, Handbuch für
Steinkohlengasbeleuchtung, München 1879., der bei
Einhaltung einiger Vorsichtsmaſsregeln, besonders Beobachtung gleicher Temperatur
des Wassers, gute Resultate ergab. Nun ergibt aber diese Messung das specifische
Gewicht wassergesättigter Gase, während zur Berechnung der Heizkraft das Gewicht
trockener Gase nöthig ist. Das Leuchtgas, wie es aus den Leitungsröhren kommt, ist
vollständig mit Wasserdampf gesättigt, wie einige Versuche ergaben.
Nun wiegt 1cbm Luft bei 18° C. und 760mm trocken 1k,214, feucht dagegen 1k,205, d.h. die
gesättigte Luft ist 0,75 Proc. leichter als trockene Luft. Leuchtgas vom spec. Gew.
0,420, feucht gemessen, wiegt 1cbm bei 760mm und 18° C. – 0k,5099, feucht dagegen 0cbm,5147, d.h.
gesättigtes Leuchtgas ist 0,94 Proc. schwerer als trockenes. Hieraus folgt δ = 1,017. δ0, wobei δ das
specifische Gewicht in feuchtem, δ0 in trockenem Zustand ist. Von den Angaben
des Schilling'schen Apparates sind hiernach 1,7 Proc.
in Abzug zu bringen, um das gewünschte wirkliche specifische Gewicht zu
erhalten.
Zur Prüfung des Schilling'schen Apparates wurden 9
Vergleichsbestimmungen durch Wägung des Gases gegen Luft in zwei gleich groſsen
Ballons angestellt und als Mittel gefunden: Schilling's
Apparat 0,4231 (feucht), durch Wägung 0,4157 (trocken). Letztere Zahl auf feuchten
Zustand des Gases berechnet gibt 0,4228, so daſs die Differenz 0,07 Proc. beträgt.
Schilling's Apparat besitzt demnach eine
ausreichende Genauigkeit.
Verf. verglich auch die Lux'sche GaswageVgl. D. p. J. 1887
263 479. mit Schilling's Apparat; er arbeitete zunächst mit dem
Modell A und fand als Mittel von 12 Bestimmungen mit Lux' Wage 0,431, mit Schilling's Apparat
0,415, also bei ersterer 3,8 Proc. mehr. Die Differenz ist zum Theil auf fehlerhafte
Aichung zu schieben, da die Gaswage eines der ersten ausgeführten Instrumente war,
ferner auf den Umstand, daſs die Lux'sche Gaswage das
specifische Gewicht des Gases bezogen auf Zimmerluft von durchschnittlich nur 50
Proc. Feuchtigkeit angibt; letzteres gibt bei 18° C. einen Fehler von + 0,4 Proc.
gegen vollständig feuchte Luft, so daſs der wahrscheinliche Aichungsfehler 3,4 Proc.
betrug. Die Empfindlichkeit der Wage reichte für eine Genauigkeit von ± ½ Proc. aus;
durch die Einstellung können Fehler bis zu 1 Proc. hervorgerufen werden, so daſs bei
richtiger Aichung die Fehlergrenze 1½ Proc. betragen dürfte. – Gröſsere Genauigkeit
ergaben Messungen mit Lux Gaswage Modell E; dieselbe
ist nicht auf Spitzen, sondern auf einer Schneide gelagert und mit Arretirung
versehen, so daſs die Schneiden geschont werden. Die Wage ist mit einem Reitergewicht
versehen, um groſse Winkelausschläge zu vermeiden; die auf dem Balken befindliche
Theilung gibt die ersten beiden Decimalen an, ein senkrechter Zeiger an einem unten
angebrachten Gradbogen die dritte. Die Wage erwies sich als auſserordentlich
empfindlich, der Aichungsfehler betrug + 1,35 Proc. Um aus den Angaben der Wage bei
50 Proc. relativer Luftfeuchtigkeit das wirkliche specifische Gewicht des Gases
bezogen auf trockene Luft zu erhalten, sind 2,66 Proc. in Abzug zu bringen.
Annähernd wird nun der Heizwerth des Gases erhalten, wenn man die Analyse des Gases
und das specifische Gewicht desselben kennt; unter der Annahme, daſs der Rest der
Analyse Stickstoff ist, läſst sich das specifische Gewicht der schweren
Kohlenwasserstoffe berechnen. Im Mittel von 5 Versuchen ergab sich deren Dichtigkeit
zu ε = 1,745. Direkt wurde dieselbe auch bestimmt durch
Messung des specifischen Gewichtes des Gases mittels Wägung, dann ganze oder
theilweise Absorption der Kohlensäure und der schweren Kohlenwasserstoffe mittels
rauchender Schwefelsäure und Kalilauge und Messung der Dichtigkeit des Gasrestes in
der Loschen Gaswage. Die Analyse vor und nach dieser Behandlung ergibt den Gehalt an
den genannten Substanzen in Vol.-Proc. Aus diesen Zahlen läſst sich das specifische
Gewicht der absorbirten schweren Kohlenwasserstoffe berechnen. Bei 3 Versuchen ergab
sich dasselbe zu 1,71, 1,75, 1,70, im Mittel 1,72. Diese Zahl deckt sich fast genau
mit der berechneten. Demnach muſs angenommen werden, daſs die verunreinigenden
Bestandtheile sich bezüglich ihrer Dichtigkeitsdifferenzen vom Stickstoff ziemlich
ausgleichen oder daſs das Charlottenburger Leuchtgas nur äuſserst wenig solche
enthält. – Bei 36 ausgeführten Analysen des Charlottenburger Gases ergab die
Berechnung des Heizwerthes von 1cbm Gas Zahlen,
welche zwischen 4656 und 5081 schwanken, im Mittel 4887c. Die gröſsten auftretenden Differenzen betragen 8 Proc. Im Laufe eines
Versuchstages betrugen die Schwankungen nur 1 Proc., nur in einem Fall kam eine
Abweichung von mehr als 2 Proc. vor. (Journal für
Gasbeleuchtung, 1890 Nr. 33 S. 139.)
(Fortsetzung folgt.)