Titel: | Elektrische Fackeln in der Pariser Oper. |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 301 |
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Elektrische Fackeln in der Pariser
Oper.
Mit Abbildungen.
Elektrische Fackeln in der Pariser Oper.
Am 21. März d. J. hat in der Pariser Oper die erste Aufführung des „Ascanio“
stattgefunden, welcher von Camille Saint-Saëns
componirt ist. Die Scenerie ist sehr schön, besonders aber der von Lavastre und Carpezat
gelieferte Garten von Fontainebleau, mit dem Walde darüber; hier wird das
eigenthümliche Ballet getanzt, welchem der Verfasser des Textes, Louis Gallet, die Form einer mythologischen Phantasie
im Renaissancestil gegeben hat. Bei diesem Ballet trägt die Tänzerin, welche Apollo
inmitten der Musen darstellt, eine Götterfackel, die mit elektrischem Licht versehen
ist.
Entsprechend den Wünschen der Direktoren der Oper hat G.
Trouve (nach dem Génie civil, 1890 * S. 495)
die in den Abbildungen dargestellte, leichte und kleine Fackel hergestellt, welche
die Elektricitätsquelle, sechs Speicherzellen nach Gaston
Planté, in ihrem Inneren enthält, sowie eine elektrische Glühlampe, welche
ihr Licht durch verschiedenfarbiges geschliffenes Glas strahlt. Drei Zellen sind im oberen
Theile der Fackel, drei im unteren untergebracht; die sechs Zellen sind hinter
einander geschaltet und vermögen auf 15 bis 20 Minuten 3 Ampère bei 10 Volt (= 30
Watt) zu liefern. Jede Zelle wiegt mit ihrer Hülle 70g, alle sechs somit 420g. Die Polplatten
sind 5cm hoch und 7cm lang; jede hat also 35qc seitliche
Oberfläche. Sie sind um einander gerollt, damit beide Flächen wirksam werden; die
wirksame Fläche in jeder Zelle beträgt daher etwa 1qdc. Jedes Element bildet ein Gefäſs von 7cm Höhe und 2cm Durchmesser; der Abstand
der Polplatten ist zu 1mm,5 gewählt worden; bei
einem gröſseren Abstande wären die Platten zu klein geworden im Verhältniſs zu der
von ihnen zu liefernden Leistung, bei einem kleineren dagegen wäre der Widerstand zu
klein geworden, so daſs die Zellen ihre Ladung sich nicht zu erhalten vermocht
hätten. Bei dem gewählten Abstande reicht die Ladung für eine Vorstellung aus, ja
selbst für zwei Vorstellungen, zwischen denen 2 Tage liegen. Die Ladung der Zellen
muſs wegen deren Kleinheit sehr vorsichtig erfolgen.
Fig. 1., Bd. 278, S. 302Fig. 2., Bd. 278, S. 302 Bei der Ladung wird der – Poldraht der ladenden Quelle oben, der +
Poldraht unten an die Fackel angelegt. Der + Ladungsstrom geht durch die untere
Batterie, durch die Metallmasse der Fackel zur oberen Batterie; die Glühlampe ist
bei der Ladung ausgeschaltet, denn diese ist einerseits mit dem – Pol an der oberen
Batterie verbunden, andererseits aber mit einem langen Leiter, welcher bis zum +
Pole der unteren Batterie reicht, gegen diesen aber isolirt ist und mit ihm er durch
den Druck auf einen am unteren Theile der Fackel angebrachten Knopf in leitende
Verbindung gebracht wird; dieser Knopf ist gegen die Metalltheile der Fackel
ebenfalls isolirt. Die Fackel leuchtet also nur so lange, als man auf den Knopf
drückt.
Bei einer anderen Fackel hat Trouvé seine galvanischen
Sturzbatterien angewendet; solange die Fackel nach unten gerichtet ist, sind die
Zellen auſser Thätigkeit; erst wenn man die Fackel aufrecht fragt, tritt die
Erregungsflüssigkeit durch das Umstürzen der Zellen zu den Elektroden, die Lampe
brennt aber auch dann nur, während man auf den Knopf drückt.