Titel: | Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. |
Autor: | Stammer |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 366 |
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Neuere Verfahren und Apparate für
Zuckerfabriken.
(Fortsetzung des Berichtes S. 323 d.
Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel
18.
Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken.
Eine Auslaugebatterie für Zucker und Zuckerfüllmasse
lieſs sich C. Steffen (Wien) als Zusatz zu seinem
Patente Nr. 43484 (1888 269 377) patentiren. (Fig. 9 Taf. 18
– bereits in Heft 7.)
Die Erfindung betrifft eine Neuerung an der im Hauptpatente behandelten
Auslaugebatterie für Zucker oder Zuckerfüllmasse mit dem Zweck, eine Vereinfachung
der Batterie und gröſsere Gleichartigkeit des Arbeitsverfahrens herbeizuführen.
Diese Vereinfachung besteht darin, daſs ein einziges Zellengefäſs als
Centralzellengefäſs zur Anwendung kommt, welches in Verbindung mit einer gröſseren
Anzahl von Waschgefäſsen gebracht wird, deren Construction in Folge der verhältniſsmäſsig geringen
Abmessungen sich leicht und einfach ausführen läſst.
Der Inhalt dieses Centralzellengefäſses soll mindestens die 2,5fache Menge der
Waschflüssigkeit enthalten können, welche von den mit Rohzucker oder Füllmasse zu
füllenden Waschgefäſsen aufzunehmen ist; die Waschflüssigkeit wird auf mehr als
zwölf Zellen des Centralzellengefäſses in gegebener Reihenfolge vertheilt. Der
Inhalt jeder einzelnen Zelle kommt gleichzeitig für alle Waschgefäſse der Batterie
in der Weise zur Verwendung, daſs man den ganzen Inhalt der betreffenden Einzelzelle
in ebenso viele gleiche Portionen abtheilt, als Waschgefäſse in der Batterie
vorhanden sind, und die Einrichtung ist eine derartige, daſs jedes einzelne
Waschgefäſs aus dem Centralzellengefäſs dieselbe Quantität Waschflüssigkeit in
derselben Weise erhalten kann, als ob für jedes einzelne Waschgefäſs ein eigener
Zellenapparat vorhanden wäre. Die Arbeit vollzieht sich chargenmäſsig in der Weise,
daſs der Gesammtinhalt einer Einzelzelle gleichmäſsig auf alle Waschgefäſse
vertheilt wird. Dies geschieht entweder durch Vermittelung eines Waschgefäſses,
welches den Inhalt für jedes einzelne Waschgefäſs aus jeder Einzelzelle abmiſst,
oder durch eine Marke, welche in dem Waschgefäſs das in dasselbe einzubringende
Flüssigkeitsquantum markirt, oder endlich durch eine Vertheilungsvorrichtung, welche
das Gesammtquantum einer Zelle aufnimmt und in ebenso viele gleiche
Unterabtheilungen theilt, als Waschgefäſse vorhanden sind; aus dieser
Vertheilungsvorrichtung werden alsdann die einzelnen Waschgefäſse mit dem bestimmten
Quantum Waschflüssigkeit beschickt.
Bei dem durch die Zeichnung veranschaulichten Apparat dient als
Vertheilungsvorrichtung eine Rinne R, welche durch
Scheidewände r das Abtheilen der Portionen
Waschflüssigkeit ermöglicht und deren Gesammtinhalt dem Inhalt einer Zelle des
Centralzellengefäſses entspricht. Die Arbeit des Auslaugens mit Hilfe des
dargestellten Apparates vollzieht sich in der Weise, daſs die Waschgefäſse A1, A2... An, welche über den Siebböden mit Rohzucker oder
Füllmasse angefüllt sind, mit dem Inhalte der ersten Zelle c1 des Centralzellengefäſses C, welche die concentrirteste Waschflüssigkeit enthält,
beschickt werden; dies geschieht in der Weise, daſs der Inhalt der Zelle c in gleich groſsen Portionen auf jedes der
Waschgefäſse A1, A2... An mit Siebböden a
vertheilt wird. So werden nach und nach in entsprechender Reihenfolge sämmtliche
Zellen c1, c2... cn des Centralzellengefäſses C auf die Waschgefäſse A1, A2... An entleert,
worauf die aus letzteren austretende, über den Rohzucker gegangene Waschflüssigkeit,
nachdem vorher das dem Rohzuckerquantum entsprechende Melassequantum entfernt ist,
wieder in das Zellengefäſs C in der alten Reihenfolge
zurückbefördert wird, um zu einer neuen Waschoperation verwendet zu werden. Es
enthalten danach die alten Zellen immer dieselbe Waschflüssigkeit, und es wird auch bei diesem
Apparat der letzte Rest der Waschflüssigkeit, der an den Zuckerkrystallen haftet,
durch nachdrängende frische Zuckerlösung verdrängt und in die letzte Zelle des
Zellengefäſses C befördert, indem wiederum für jedes
einzelne Waschgefäſs auch die frische Zuckerlösung in ebensolchen gleichen Portionen
zur Anwendung gelangt.
Die absperrbaren Abflüsse b1, b2... bn der sämmtlichen Waschgefäſse A1, A2... An vereinigen sich
in eine gemeinsame Zufluſsleitung B für das
Centralzellengefäſs C, während die gleichfalls
absperrbaren Abfluſsleitungen d1, d2... dn der einzelnen
Zellen c1, c2... cn des Centralzellenapparates C in die Leitung D für die oben erwähnte
Vertheilungsvorrichtung oder in die Abmeſsgefäſse für die einzelnen Waschgefäſse
münden.
Patentansprüche.
1) Als Abänderung der im Anspruch 1 des Hauptpatentes angegebenen Auslagebatterie die
Verbindung eines Centralzellengefäſses mit mehreren Nutsch- oder Waschgefäſsen in
der Weise, daſs der Inhalt einer Zelle des Centralzellenapparates auf alle
Nutschgefäſse zum Entleeren gelangt und der Auslauf sämmtlicher Nutschgefäſse
gemeinschaftlich zur Speisung der Zellen in den Zellenapparat zurückgeführt
wird.
2) Bei dem unter 1 bezeichneten Apparat die Vorrichtung zur Vertheilung des Inhalts
jeder Einzelzelle des Zellengefäſses C gleichmäſsig auf
alle Waschgefäſse, bestehend aus der durch Scheidewände r getheilten Rinne R.
Einen Einsatz für die Nutschgefäſse der durch dasselbe Patent
Nr. 45484 geschützten Auslaugebatterie für Zucker und Zuckerfüllmassen
lieſsen sich Ad. Mehrle (Friedrichsaue) und H. Andree (Nauen) patentiren (D. R. P. Kl. 89 Nr. 49942
vom 24. April 1889).
In Fig. 11 und
12 Taf.
18 ist A ein Nutschgefäſs mit Siebboden für Zucker und
Zuckerfüllmasse, wie es in der Patentschrift Nr. 43484 (vgl. 1888 269 377) beschrieben ist.
In dieses Gefäſs wird ein Einsatz B so eingestellt, daſs
der Raum des Gefäſses in zwei oder mehrere Abtheilungen zerlegt wird.
Der Einsatz B hat nur die Höhe von etwa ⅔ der Höhe des
Gefäſses A über dem Siebboden und hat den Zweck, ein
gleichmäſsigeres Durchflieſsen der Waschflüssigkeit zu erzwingen, sowie eine lockere
Lagerung des im Gefäſs A befindlichen Zuckers
herbeizuführen.
Die Waschflüssigkeit wird immer das Bestreben haben, den Zucker im Gefäſs A an seinen am lockersten gelagerten Stellen zu
durchdringen und fester gelagerte Stellen mehr oder weniger zu umgehen; bei
Eintheilung des Gefäſses in zwei oder mehrere Abtheilungen ist diese Neigung bis auf
ein bestimmtes Maſs eingeschränkt.
Damit beim Zusammensinken des Zuckers während des Wasch-Prozesses die Wände des
Einsatzes nicht über den Zucker hinausragen, ist die Höhe des ersteren nur auf etwa ~3 der Höhe des Gefäſses bemessen.
Ist der Waschprozeſs beendet und soll das Nutschgefäſs entleert werden, so wird der
Einsatz herausgezogen. Zu dem Zwecke ist derselbe mit einem Bügel c versehen; an diesem ist ein Seil oder eine Kette d befestigt, welche über eine Holle e läuft und zum Herausziehen des Einsatzes angezogen
wird.
Patentanspruch.
An der durch Patent Nr. 43484 geschützten Auslaugebatterie für Zucker und
Zuckerfüllmasse ein Einsatz B für die Nutschgefäſse A, bestehend aus mehreren mit einander verbundenen
senkrechten Wänden, welche den Rauminhalt der Gefäſse in mehrere Abtheilungen
zerlegen.
Maschine zum Zerschneiden und Pressen des Zuckerrohres
von T. F. Krajewski (Brooklyn), Iron, 30. Mai 1890 S. 465.
Die in Fig. 12
Taf. 18 dargestellte Rohrmühle scheint einen bemerkenswerthen Fortschritt gegen die
bisherigen ähnlichen Maschinen darzustellen, da sie das Zerschneiden und Pressen des
Rohres zugleich ausführt. Die Schneidewalzen liegen, wie man sieht, dicht vor den
Preſswalzen und auf einer Bahn, welche das Rohr unmittelbar von den Zufuhrwagen
empfängt. Zum Schneiden dienen einfach gezahnte Walzen, welche auſserdem etwa die
Hälfte des Saftes auspressen, der durch ein Rohr in einen Behälter flieſst, während
das zerschnittene Rohr ("Megasse") durch eine Rinne weiter zu den Preſswalzen
rutscht, wo die Arbeit vollendet wird. Die Schneidewalzen zerschneiden das Rohr
nicht klein, so daſs es noch als Brennstoff benutzt werden kann. Sie haben 26 Zoll
Durchmesser und zwischen 4 und 7 Fuſs Länge und bestehen aus starken
schmiedeeisernen Wellen von 19½ Zoll Durchmesser, umgeben von guſsstählernen
gezahnten Ringen, welche die Schneidearbeit leisten. Die Einrichtung für den Betrieb
u.s.w. ist aus der Figur ersichtlich.
Die Zweckmäſsigkeit dieser Maschine ergibt sich daraus, daſs sie in verhältniſsmäſsig
kurzer Zeit in Cuba bereits in 20 Zuckerfabriken mit gutem Erfolge eingeführt ist.
Es wird mitgetheilt, daſs sie in der Stunde 50 bis 55l Zuckerrohr gegen 28 bei einfachen Preſswalzen und zwar vollständiger
auspreſst. Man hat 78 Proc. Saft, also mehr als sonst überhaupt, erhalten.
Gebaut wird diese Maschine von Krajewski und Pesant in
Brooklyn und in New York, 35 Broadway.
In der Maschinenfabrik Fort Scott Foundry and Machine Works
Company in Fort Scott (Kansas, Nordamerika) werden die Mehrkörper-Verdampfapparate in einer von den sonst
gebräuchlichen ganz abweichenden Einrichtung gebaut, welche in Louisiana schon
vielen Beifall gefunden
hat und in Fig.
13 Taf. 18 nach Engineering and Mining
Journal, 5. Juli 1890 S. 7, dargestellt ist.
Bei den gewöhnlichen Verdampfapparaten gleicht der Heizkörper einem lothrechten
Röhrenkessel, wobei sich die zu verdampfende Flüssigkeit in Inneren der Röhren
befindet. Dies bedingt eine Flüssigkeitshöhe von 4 bis 8 Fuſs, während zugleich das
Entweichen der Dampfblasen in den engen Röhren sehr behindert ist. Auch wird die
Verdampfung durch den sich aus den Zuckersäften abscheidenden Kalk nach und nach
verlangsamt. Bei dem in Fig. 13 dargestellten
Apparat ist dies umgekehrt. Die Röhren sind wagerecht und die verdampfende
Flüssigkeit befindet sich auſserhalb der Röhren, so daſs die Verdampffläche leicht
gereinigt werden kann. Von den ähnlich eingerichteten bekannten wagerechten
Verdampfapparaten unterscheidet sich der hier dargestellte dadurch, daſs die
Heizröhren in einzelnen Fächern über einander angeordnet sind, so daſs sie nicht
allein sehr leicht aus einander zu nehmen und herauszuziehen sind, sondern auch ihre
Zahl beliebig vermehrt und so die Arbeitsleistung des Verdampfkörpers erhöht werden
kann, ohne daſs irgend etwas an dem Aufbau geändert zu werden braucht. Es werden
einfach neue Fächer mit Heizröhren hinzugefügt.
Die verdampfende Flüssigkeit steht nur 4 Zoll hoch und wird automatisch so erhalten,
daſs die Röhren nur eben bedeckt sind. Dies und die Eintheilung in Fächer begünstigt
die Verdampfung so, daſs die auf den Quadratfuſs Oberfläche verdampfte Wassermenge
fast 4mal so groſs ist als bei lothrechten Rohrkörpern. Der Saft flieſst
ununterbrochen durch den Apparat, der nicht allein für Zuckersäfte, sondern auch für
alle Arten anderer Lösungen angewandt worden ist. Es wird z. Z. ein
Dreikörperapparat für die Central Sugar Refinery in
Franklin, La., gebaut, welcher der gröſste solcher Apparate in Nordamerika sein
dürfte. Derselbe wird eine Million Pfund Wasser täglich verdampfen und es wird die
Verdampfung von 3 Pfund Wasser auf jedes eingeführte Pfund Dampf gewährleistet.
Literarisches.
Geschichte des Zuckers, seiner Darstellung und
Verwendung, seit den ältesten Zeiten bis zum Beginne der Rübenzuckerfabrikation. Von
Dr. E. O. v. Lippmann. Mit einem Titelbilde und einer
Karte. Leipzig, Hesse. Preis 6 M.
In dem oben bezeichneten, 29 Bogen starken, hübsch ausgestatteten Buche liegt ein
Werk vor, wie ein solches wohl kein anderer Zweig der Technik aufzuweisen hat. Die
Urgeschichte eines Rohstoffes, dessen Benutzung und Verarbeitung wird in einer
solchen Vollständigkeit und mit solcher Gründlichkeit unter Benutzung der in den
verschiedensten Sprachen verfaſsten Quellenschriften auch wohl in Zukunft nicht so
leicht Jemand zu schreiben unternehmen, werden sich doch selten bei einem Fachmanne
die dazu erforderlichen Sprachenkenntnisse, der unermüdliche Sammel- und Forschungsgeist vereinigt
finden.
Was der Verfasser über die Zeitgrenze dieser Geschichte in der Vorrede sagt, kann man
nur billigen, und diese Vorrede möge überhaupt Jedem zu lesen empfohlen sein, der
sich über Zweck, Ziel und Bearbeitungsweise des Buches ein Bild machen will. Bei
Lesung dieser Vorrede werden dann auch die Schwierigkeiten verstanden werden, welche
sich der Erforschung der frühesten Geschichte gerade des Zuckers entgegenstellen,
und dem entsprechend auch der unglaubliche Fleiſs und die auſserordentliche Geduld,
mit welcher sich der Verfasser dieser zwar selbstgestellten, aber darum nicht minder
schwierigen Aufgabe unterzogen hat.
Wenn man sich einen Begriff von der Summe der in diesem Werke enthaltenen Arbeit
machen will, so braucht man nur irgend eine beliebige Stelle aufzuschlagen und die
angeführten Quellen und Belegstellen nicht nur anzusehen, sondern auf ihre
Eigenthümlichkeiten, in Bezug auf Sprache, Inhalt und Zugänglichkeit, wenn auch nur
oberflächlich, zu prüfen. Man wird allerwärts nur die ernste Veranlassung zum
Erstaunen und zur Hochschätzung eines solchen Sammelfleiſses finden.
Doch kann ich bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung nicht unterdrücken, die sich eben
auf die Anführung dieser zahllosen und z. Th. höchst merkwürdigen Quellen bezieht,
und ich will damit den einzigen Punkt erwähnen, in welchem ich dem Verfasser nicht
ganz recht geben kann. Wohl ohne daſs es dieser recht wahrgenommen, haben sich diese
Anführungen in solcher Menge ergeben, daſs bei diesen vollständigen Angaben, die ja
wohl erforderlich sein mochten, der Druck ein Aussehen erhält, welches beim Lesen
stört und zwar in einem Grade, daſs man erst durch einige Gewöhnung dazu gelangt,
den Wortlaut der fortlaufenden Darstellung unter Ueberspringen der Quellenbelege
ununterbrochen lesen zu können. Es hätte sich gewiſs empfohlen und würde das Lesen
leichter und angenehmer gemacht haben, wenn diese unglaublich zahlreichen Citate
anders angeordnet worden wären, und zwar in der Weise, wie es auch in anderen Werken
üblich ist, so daſs sie als Anmerkung unter oder hinter dem Texte erscheinen. Man
kann ja hierüber verschiedener Ansicht sein, allein es wird nicht bestritten werden
können, daſs leichtes, glattes Lesen wesentlich zu ruhigem Genüsse des Werkes
beigetragen und auch dessen äuſserlichen Werth erhöht haben würde.
Der Stoff des Werkes ist in 17 Abschnitte getheilt.
In allen diesen Theilen, ohne Ausnahme, werden dem Leser freigebig die Früchte des
gröſsten Fleiſses, vielseitigen und gründlichen Studiums dargeboten.
Es folgen endlich als wesentliche und höchst wichtige Ergänzungen drei Nachträge und
drei vortreffliche Register. Unter ersteren sind Berichtigungen und Ergänzungen
begriffen, die nicht zum wenigsten die Gründlichkeit und den weitgehenden
Forschungseifer des Verfassers bezeugen, die letzteren enthalten die angeführten
Schriftsteller und Werke, die geographischen und Eigennamen, sowie endlich ein
eigentliches Sachregister.
Gewiſs wird Jeder, der diese Geschichte des Zuckers gelesen, mir beipflichten, wenn
ich sie als eine Zierde der unser Gewerbe betreffenden Literatur bezeichne.
Stammer.