Titel: | Neues im Schiffswesen. |
Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 492 |
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Neues im Schiffswesen.
Neues im Schiffswesen.
Ueber den Fortschritt des überseeischen Schiffsverkehres und der Schiffe selbst
bezüglich Geschwindigkeit und Ausrüstung bringt Engineering, 1890 S. 733, einen Aufsatz, welchem wir als Ergänzung unserer
bezüglichen Mittheilungen bei Besprechung der Marine-Ausstellung in Bremen (vgl.
1890 278 167) folgende Angaben entnehmen, soweit er sich
auf den Eingriff des erstarkenden Schiffs Verkehres und unsere Handelsverhältnisse
bezieht.
Der Berichterstatter weist mit Recht darauf hin, daſs noch vor kaum 50 Jahren eine
atlantische Reise als ein sehr ernstes und gefährliches, jedenfalls auch
langwieriges und kostspieliges Unternehmen galt, während dank der Vervollkommnungen
im Schiffsverkehre, gerade der letzten Jahre, eine Reise nach Amerika schon unter
den Begriff einer Ferienreise fällt. Jetzt ist zweifellos die Seereise nicht
gefährlicher als eine Landreise mit der Eisenbahn und fast weniger gefahrdrohend als
eine Reise auf Binnenwässern. Neben der gröſstmöglichen Sicherheit der Reise selbst
ist aber der Comfort auf den Schiffen selbst unvergleichlich gestiegen, so daſs der
Aufenthalt auf einem unserer neuen Dampfer – und der Referent nennt ausdrücklich
unsere deutschen Dampfer – die gleichen, ja fast gröſsere Annehmlichkeiten bietet
als in den besten Hotels.
Aber auch die Kosten der Reise für Fahrgäste wie Güter haben sich wesentlich
verringert. Während vor 30 Jahren die ersten Cunard-Dampfer, wie auch die Collins-Line (Jahr
1850) für die Tonne Güter an Fracht 7 bis 8 Pfd. Sterl. (140 bis 160 M.) forderten
und erhielten, wird jetzt höchstens 7 bis 10 Schill. (7 bis 10 M.) für das gleiche
Gewicht bezahlt!
Noch in der Mitte dieses Jahrhunderts bezifferte sich der Werth des Fernhandels
Englands und seiner Kolonien auf 12 Millionen Pfund Sterling jährlich; die jährliche
Einfuhr Englands an Korn betrug nicht mehr als 1 Million Quarters (rund 3 Millionen
Hektoliter). Der Weizenpreis betrug zu jener Zeit 70 bis 80 Schill, wovon für den
eingeführten Weizen mehr als die Hälfte durch die Höhe der Frachtkosten bedingt war.
Jetzt hat sich der Ausfuhrverkehr Englands auf den Werth von 700 Millionen Pfund
Sterling jährlich gehoben. Allein die Vereinigten Staaten von Nordamerika
verschiffen jährlich 40 Millionen Quarters Weizen und Mehl nach England. Ueberhaupt
beläuft sich der Handelsumschlag zwischen England und den Vereinigten Staaten auf
144 Millionen Pfund Sterling jährlich!
Auch auf die Urheberschaft der überseeischen Dampfschifffahrt geht der
Berichterstatter ein, indem er erwähnt, daſs die Amerikaner sich dieselbe
zuschreiben und als erste Pioniere nennen Robert Fulton
(New York), James Rumsey (Virginia), John Fitch (Pennsylvanien), Patrick Miller
(Dalswinton), während die Engländer starr daran festhalten, daſs ihren Landsleuten,
und zwar dem Marquis of Worcester und William Symington der Ruhm des Unternehmens gebühre.
Noch im vorigen Jahre wurde das Andenken des letzteren unter diesem Gesichtspunkte
ganz besonders gefeiert, während es wahrscheinlich ist, daſs hier von beiden Ländern
gleichzeitig derselbe Gedanke zur Ausführung gebracht wurde.
Besonders beachtenswerth bei der Betrachtung der Dampfschifffahrt von einst und jetzt
ist aber der Vergleich des Kohlenverbrauches für die Schiffsmaschinen. Bis zum Jahre
1837 ist kein Fall bekannt geworden, in welchem ein geringerer Kohlenverbrauch als 8
Pfund (3k,6) für die stündliche indicirte
Pferdekraft erzielt wurde. Bei den Maschineneinrichtungen der besten Schiffe der
englischen Flotte schwankte der durchschnittliche Kohlenverbrauch zwischen 8,3 Pfund
auf der Medea und 12 Pfund auf dem Delphin. Auf den privaten Dampfschiffen war der
Kohlenverbrauch beträchtlich gröſser.
Zur gleichen Zeit betrug die nur in seltenen Fällen etwas überschrittene
Geschwindigkeit der Fahrt 6 Knoten in der Stunde. Die behördlichen Listen der
englischen Marine aus dem Jahre 1837 ergaben, daſs die erreichte Geschwindigkeit
beim African 5,1 Knoten, bei der Medea 7,8 Knoten betrug, während ein Privatdampfer mit
einem stündlichen Kohlenaufwande von 12,5 Pfund für die indicirte Pferdekraft nur
7,7 Knoten zu erreichen vermochte.
Diese Ergebnisse lieſsen Lardner u.a. zu dem Schlusse
kommen, daſs eine dauernde und lohnende Verbindung zwischen Groſsbritannien und
Amerika durch Dampfer, welche die Fahrt ohne Unterbrechung, also in einem Zuge
zurücklegen könnten, unwahrscheinlich sei! Lardner
nannte als einzig in Frage kommende Zielpunkte einer überseeischen Verbindung die
westlichste Küste der britischen Inseln und den östlichst gelegenen Punkt des
amerikanischen Festlandes; er meint ferner, daſs eine Fahrt nur aussichtsvoll sei,
wenn der Dampfer möglichst wenig Ladung zu tragen habe.
Viele Schriftsteller gingen noch weiter in ihrem Miſstrauen gegen eine
Dampferverbindung mit Amerika. So schreibt z.B. die Edinburgh Review, daſs nach ihrer Ueberzeugung ein Dampfer, welcher die
Fahrt nach Amerika ohne Unterbrechung ausführen könne, eine wesentlich gröſsere
Ausnutzungsfähigkeit der Kohle haben müsse, als die gemeinsamen Erfahrungen
nautischer und mechanisch-technischer Art der hervorragendsten Zeitgenossen, nämlich
Lang's, des Erbauers der Medea, und Maudsley's und Field's, aufbringen könnten.
Jedenfalls war die Meinung vorhanden, daſs höchstens eine Dampferverbindung zwischen
der Westküste von Irland und Halifax, also eine Entfernung von 2200 engl. Meilen,
angängig sei, daſs dann erst die 500 bis 600 Meilen betragende Entfernung von
Halifax nach New York zurückgelegt werden könne, wenn in Halifax neue Kohlen gefaſst
worden seien.
Unter dieser Voraussetzung wurde eine Dampfer Verbindung zwischen London und New York
in der Frist von 21 Tagen für denkbar gehalten. Dieser Ansatz erschien damals
immerhin als ein groſsartiger Gewinn, weil die Segelfahrt seitens der bestehenden
beiden Linien, welche von London bezieh. Liverpool abgingen, immerhin
durchschnittlich 36 Tage dauerte.
Der erste Dampfer, welcher den Atlantischen Ocean durchkreuzte, die Savannah, hatte 300t
Raum. Derselbe legte die Entfernung zwischen Liverpool und Savannah, Georgia, von
letzterem Orte ausgehend, zum Theil dampfend, zum Theil segelnd, in der Zeit von 31
Tagen zurück.
Der Curaçao, welcher 350t Raum und 100pferdige Maschinen besaſs, vermittelte seit 1829 mehrfach
den Verkehr zwischen Holland und Holländisch-Westindien. Der Royal William machte 1833 eine Reise zwischen Quebec und Gravesend in 34
Tagen.
Der eigentliche Beginn der überseeischen Dampfschiffahrt datirt vom 4. April 1838, an
welchem Tage der Dampfer Sirius mit 94 Fahrgästen
England verlieſs, um nach einer Fahrt von 17 Tagen New York zu erreichen. Der Sirius hatte 700 Registertonnen und Maschinen von 320
. Er war im Besitz der St. George Steam Navigation
Company und diente dem Verkehre zwischen London und Cork. Für die
überseeische Reise wurde der Sirius angekauft durch Mc Gregor Laird für die British
and American Steam Navigation Company. Fast gleichzeitig mit dem Sirius lief der Great
Western nach New York ab, welcher die Fahrt in 15 Tagen zurücklegte. Auf
der Rückreise brauchte das Schiff gar nur 12,5 Tage.
Hiermit war der Beweis der Möglichkeit einer Dampferverbindung nach Amerika gebracht,
und bald war ein reger Dampferverkehr angebahnt.
In der ersten Zeit des überseeischen Handels war das Geschäft durch die berühmten
Baltimorer Klipper völlig monopolisirt, welche anfangs mit einer Fassungskraft von
nur 350t, später aber bis zu 2000t gebaut wurden. Dieser Klipperverkehr gab der
Stadt New York das Uebergewicht als Handelshafen. Regelmäſsig verkehrende
Segelschiffe gingen von New York nach Liverpool, London und Havre. Der Verkehr war
damals entschieden bewunderungswürdig, da die Klipper sich ganz besonders durch
regelmäſsiges Eintreffen auszeichneten. Mit den Fahrten vom Sirius und Great Western war dieses Monopol
gebrochen. Aber dieser Sieg hatte noch eine wesentlich tiefere Bedeutung insofern,
als New York, überhaupt Amerika, seinen Ausgangspunkt für den Schiffsverkehr völlig
verlor und dieser sich nach England bezieh. Deutschland verlegte. Jetzt wird der
Handelsverkehr Amerikas zu 90 Proc. von fremden Schiffen, und zwar zumeist
englischen und deutschen, vermittelt.
Entscheidend für diesen Umschwung war es, daſs die englische Cunard-Linie die amerikanische Collins'sche
Linie aus dem Felde schlug. Mit welchen Mitteln beide Linien seitens ihrer
Staaten unterstützt wurden, beweisen folgende Zahlen. Die Collins-Linie hatte 5 Schiffe zur Ausführung von 20 jährlichen Fahrten,
für jedes Schiff erhielt die Gesellschaft 3850 Pfd. Sterl. Zubuſse, welche Summe
sogar schlieſslich auf 6600 Pfd. Sterl. erhöht wurde. Die Cunard-Linie erhielt insgesammt jährlich 81000 Pfd. Sterl.
Die Collins-Linie hatte in den ersten beiden Jahren
ihres Bestehens mit ihren 5 Schiffen eine Einnahme aus Fracht- und Fahrgastverkehr
im Betrage von 396000 Pfd. Sterl., für die Post noch 150000 Pfd. Sterl. Im vierten
und fünften Jahre trafen viele ungünstige Ereignisse ein. Im J. 1854 verlor die
Gesellschaft ihren Dampfer Arctic mit 321 Leben und
1856 den Dampfer Pacific mit 186 Leben. Die hierfür
gebauten Ersatzdampfer, namentlich der Adriatic, waren
schneller und besser als die früheren, aber das Vertrauen zu der Gesellschaft war
geschwunden, und nach weiteren zwei Jahren (1858) ging die Gesellschaft in ihrem
Kampfe gegen die Cunard-Linie ein, nachdem der Staat
seine Unterstützung zurückgezogen hatte. Zu letzterem Schritte hatte sich der Staat
gezwungen gesehen, weil die Rheder aus Boston, Baltimore und Philadelphia
protestirten, daſs New York zu ihrem Nachtheile eine staatliche Unterstützung
erfahre.
Auch in England selbst war ein Wettbewerb gegen die Cunard-Linie angeregt. Im J. 1851 schon begann ein in Glasgow gebauter
Dampfer, City of Glasgow, von dieser Stadt
Concurrenzfahrten, welche von der Clyde nach Sandy Hook rund 18 Tage beanspruchten.
Man hatte erwartet, daſs dieses Schiff der Bahnbrecher für Ueberleitung eines
groſsen Theiles des amerikanischen Handels auf die Clyde sein würde, doch schon nach
vier Fahrten muſste der Dampfer nach Liverpool für 40000 Pfd. Sterl. verkauft
werden.
Einige Jahre später begann von Liverpool aus die Inman-Linie ihre Fahrten, und zwar bis heute vom Glücke begünstigt. Im J.
1858 endlich waren schon folgende Linien die Vermittler zwischen Europa und Amerika:
Cunard, Fahrzeit 10 Tage 20 Stunden; Collins, Fahrzeit 11 Tage 14 Stunden; Liverpool, Fahrzeit 13 Tage 3 Stunden; Croskey, Fahrzeit 12 Tage 19 Stunden; Vanderbilt, Fahrzeit 12 Tage 10 Stunden; Hamburger Packetfahrt, Fahrzeit 12 Tage 22 Stunden; Bremer Lloyd, Fahrzeit 13 Tage 14 Stunden; Glasgow, Fahrzeit 14 Tage 10 Stunden; Galway, Fahrzeit 16 Tage 10 Stunden.
Im J. 1858 besaſsen die genannten Linien zusammen 40 Dampfer, welche in diesem Jahre
281 Reisen zwischen Amerika und Europa zurücklegten. Die Gesammtzahl der damals
beförderten Fahrgäste bezifferte sich auf 50000, wovon durch den Untergang der New York und Austria etwa
500 ertranken. Die Ueberfahrtseinnahme betrug damals 800000 Pfd. Sterl. insgesammt,
oder 16 Pfd. Sterl. für jeden Fahrgast.
Inzwischen hat sich der Bremer Lloyd als wenigstens
ebenbürtiger Mitbewerber Englands herausgebildet, als ein so gefährlicher Gegner,
wie ihn England noch nie gehabt hat. Der Lloyd hat 11
Dampfer von 4500 bis 5000t, 9 zwischen 3000 und
4000t, 15 zwischen 2000 und 3000t, 7 zwischen 1000 und 1200t, 6 zwischen 700 und 1000t und 16 Schiffe unter 700t. Der Lloyd ist die
einzige Gesellschaft der Welt, welche eine zweimalige regelmäſsige Verbindung nach
New York in jeder Woche unterhält. Unser englischer Berichterstatter nennt die
Fahrzeuge „Wunder von Comfort“. Er erwähnt besonders, daſs die Schiffe
Southampton anlaufen und somit einen groſsen Theil des englischen Verkehrs
übernehmen. –
Der Schiffsbau selbst wird im hervorragendsten Maſsstabe noch immer von England
beherrscht, wenn auch neuerdings namentlich Deutschland ein scharfer Wettbewerber
wird. In letzter Zeit haben besonders Schaufelraddampfer eine erhöhte Bedeutung für
Küsten- und Fluſsverkehr erhalten. Namentlich sind hier die beiden, den Verkehr
zwischen Ostende und Dover vermittelnden belgischen Kanalboote, Princess Henriette und Princess
Josephine, als hervorragende Beispiele heutiger Schiffsbaukunst zu nennen.
Ferner sind hervorhebenswerth die Schiffe Duchess of
Hamilton, Verkehr zwischen Ardrossan und der Insel Arran, Princess Victoria, Kanal verkehr zwischen Stranraer und
Laine, sowie die Clacton Belle, Themseverkehr zwischen
London und Clacton-on-Sea.
Wir geben im Folgenden eine Tabelle über die Hauptabmessungen dieser Schiffe;
dieselbe läſst erkennen, daſs ein ungewöhnliches Maſs für das Verhältniſs der Länge
zur Breite gewählt wurde.
PrincessHenriette undPrincessJosephine
Princess
Victoria
Duchess
of Hamilton
Clacton Belle
Länge
300'
280'
250'
246'
Breite
38'
35'6''
30'
26'6''
Tiefe
13'6''
14'0''
10'6''
10'0''
Maschine
2-Kurbel-Verbund
2-Kurbel-Verbund
2-Kurbel-Verbund
2-Kurbel-Verbund
Cylinderdurchmesser
39'' und 104''
51'' und 90''
34½'' u. 60''
28'' und 50''
Hub
6'0''
5'6''
5'0''
5'0''
Kesselzahl
6
4
3
2
Druck
120 Pfund
115 Pfund
115 Pfund
115 Pfund
Versuchsfahrt
7. Juni 1888
19. April 1890
28. Mai 1890
2. Mai 1890
Durchschnittliche Ge- schwindigkeit
21,28 Knoten
19,77 Knoten
18,09 Knoten
17,07 Knoten
Abbildungen und nähere Beschreibung der Princess
Henriette finden sich in Industries, 1890 * S.
156 und 147.
Auch die deutsche Fluſsschifffahrt hat neuerdings manchen bemerkenswerthen Zuwachs
erfahren. Im Monat Oktober d. J. ist die Zahl der Schleppdampfer auf der Elbe um
einen vermehrt worden, welcher das gröſste Räderboot sein dürfte, das den genannten
Fluſs jetzt befährt.
Das Schiff entstammt der Werft der Firma Gebrüder
Sachsenberg zu Roſslau a. E. und wurde im Auftrage der Dampfschifffahrtsgesellschaft vereinigter Schiffer zu
Dresden erbaut. Dieser neue Dampfer, welcher den Namen Vereinigter Schiffer XII. erhielt und vor Kurzem zwischen Dresden und
Gohlis bei der ersten Probefahrt einen glänzenden Beweis seiner Leistungsfähigkeit
ablegte, ist bereits das neunte Dampfschiff, welches die Gesellschaft bei der
genannten Firma erbauen lieſs.
Um einen Begriff von den Gröſsen- und Constructionsverhältnissen des genannten
Schleppdampfers zu geben, erwähnen wir, daſs derselbe eine Länge von 66m bei 10m Breite
– über die Radkasten gemessen – und 2m,7 Höhe in
der Mitte hat. Wenn das voll ausgerüstete Schiff 800 Centner Kohlen in den Bunkern
führt, beträgt dessen Tiefgang 1m. Der Dampfer hat
eine Dreifach-Expansionsmaschine von 550 bis 600 indic. und nach dem
Dreiarm Systeme erbaute Räder mit je sechs Schaufeln. Der Dampf wird erzeugt in zwei
geschweiſsten Kesseln, welche für 11at Ueberdruck
concessionirt sind und mit künstlichem Zuge und Rauchverbrennung arbeiten. Zwei
kleine Ventilationsmaschinen führen den Dampfkesseln die erforderliche
Verbrennungsluft zu. Der Maschinenraum ist mit einem Deckhause in eleganter
Ausführung überbaut, wodurch ein vollständiger Ueberblick über die gesammte
Maschinerie, wie auch eine leichte Zugänglichkeit eines jeden einzelnen Theiles
ermöglicht wird.
Der Dampfer ist mit allen Errungenschaften der Neuzeit ausgestattet; er besitzt ein
Dampfsteuer, welches – von nur einem Manne mit Leichtigkeit geführt – ihm eine
früher ungekannte Manövrirfähigkeit gibt, und ferner eine Dampfankerwinde, welche
das Heben der beiden 300 bezieh. 375k schweren
Anker besorgt. – Was die Schleppkraft des Dampfers anbetrifft, so bemerken wir noch,
daſs derselbe im Stande ist, 6 bis 10 Kähne mit 45000 bis 60000 Centner Ladung in 68
bis 70 Stunden von Hamburg nach Magdeburg zu befördern, während stündlich kaum 8
Centner Kohlen verbraucht werden.
Die Probefahrt vereinigte auf dem Dampfer eine stattliche Anzahl eingeladener Gäste
mit den maſsgebenden Persönlichkeiten der Gesellschaft und Vertretern der Erbauer,
und hat wohl jeder der Anwesenden die Ueberzeugung gewonnen, daſs unsere deutschen
Schiffsbauanstalten, wie die der Gebr. Sachsenberg,
sich den renommirtesten Schiffswerften des Auslandes als durchaus ebenbürtig an die
Seite stellen können.
Von anderer Seite geht uns noch ein Bericht über einen kürzlich von Gebrüder Sachsenberg nach der Weser gelieferten
Schleppdampfer zu.
Es ist das der den Herren Bredehorst und Co. in Bremen
gehörige Dampfer Franzius, welcher, dem obengenannten
gegenübergestellt, zwar nur ein kleiner Raddampfer, dessen Leistungsfähigkeit aber
eine verhältniſsmäſsig ungewöhnlich hohe ist.
Der Schiffskörper dieses Dampfers hat 36m,60 Länge,
4m,65 Breite und 1m,75 Höhe, während sein Tiefgang voll ausgerüstet
und mit 300 Centner Kohle an Bord nur 60cm
beträgt. Die Maschinerie besteht aus einem für 7at,5 Betriebsüberdruck concessionirten Dampfkessel, einer Verbundmaschine von
100 bis 120 indic. und einem Paar Rädern mit je sechs beweglichen,
gebogenen Stahlschaufeln.
Die Probefahrt fand Ende September zwischen Bremen und Hameln statt mit zwei groſsen
Kähnen im Schlepptau, deren jeder 2000 Centner Weizen geladen hatte. Der Wasserstand
war für diese Fahrt der denkbar ungünstigste, denn er war so niedrig, daſs an vielen
Stellen der Stromquerschnitt ganz ungenügend für freies Fahren war. Trotzdem
beförderte der Dampfer die beiden Kähne auf der 234km langen Strecke in 65 Stunden reiner Fahrzeit mit einem Kohlenverbrauche
von nur 117k stündlich, während vertragsmäſsig für
normalen Wasserstand 72 Stunden Fahrzeit und 120k
Kohlen vereinbart worden war.
Besonders interessant gestaltete sich diese Fahrt oberhalb Minden wegen der hier
vorkommenden vielen und starken Stromschnellen. Schon an der Mindener Brücke liegt
eine der stärksten Stromschnellen, und alle Schiffer bezweifelten, daſs ein Schiff'
mit so kleiner Maschine die beiden Kähne würde zusammen hindurchziehen können; es
ging aber anstandslos hindurch und selbst in den gefürchteten Stromschnellen bei
Eisbergen und bei Hameln vermochte es die Kähne hindurchzubringen, ohne den Zug zu
theilen, wie es sonst so häufig geschieht, indem die Dampfer an solchen Stellen die
Kähne einzeln hindurchziehen.
Diese groſse Ueberlegenheit der in Roſslau erbauten Radschleppdampfer wird in
allererster Linie erreicht durch die eigenthümliche Construction der Räder, welche
einen sehr hohen Nutzeffect sichert und daraus folgend bei hohem Schleppvermögen
eine geringe Pferdestärke und geringen Kohlenverbrauch der Maschinen erfordert.
–
Ein Wendepunkt im überseeischen Schiffsverkehre scheint die Verwendung der sogen.
Zwillingsschraubenschiffe zu sein, welche man in der Kriegsmarine längst eingeführt
hatte. Das Schiff erhält zwei Schrauben, welche durch je eine besondere Maschine
getrieben werden.
Das erste deutsche Doppelschraubenschiff, die Augusto,
Victoria, welches vom Stettiner Vulcan gebaut
war, hat die erste Fahrt zwischen Queenstown und New York in 6 Tagen und 8 Stunden
zurückgelegt und damit das bisher erzielte beste Ergebniſs, welches die City of Paris mit 6 Tagen 18 Stunden davontrug,
übertroffen.
Wenn man sich vergegenwärtigt, daſs das erste Dampfschiff, der Sirius, welcher im J. 1838 die regelmäſsige
Personenüberfahrt nach New York eröffnete, eine Länge von nur 54m hatte und 17 Tage zu einer Reise brauchte,
während jetzt Ungethüme von 150m und mehr Länge
dieselbe Fahrt in 6 Tagen zurücklegen, so gibt das in schwachen Umrissen ein Bild
davon, was die Technik innerhalb der letzten 50 Jahre auf diesem Gebiete geleistet
hat.
Da die Seefahrt immer mehr als jede andere Art der Beförderung eine Reihe von
Gefahren in sich birgt, so sollte man mit Recht erwarten, daſs die Vervollkommnungen
im Baue unserer Oceandampfer namentlich auch auf die Erreichung einer gröſseren
Sicherheit gerichtet gewesen wären. Das Einzige, was in Bezug hierauf hervorgehoben
zu werden verdient, ist die Einführung der wasserdichten Querschotte, welche dazu
bestimmt sind, ein Schiff im Falle des Leckwerdens vor dem Sinken zu bewahren. In
welcher unvollkommenen Weise dieses System jedoch selbst bei den gröſsten Dampfern
der Gegenwart zur Anwendung gelangt ist, zeigt der Fall des Dampfers Oregon, welcher am 14. März 1886 in Folge eines
Zusammenstoſses innerhalb weniger Stunden in Sicht des Landes sank, ohne daſs es
möglich war, ihn in den nahen Hafen in Sicherheit zu bringen.
Eine der gröſsten Gefahren, welchen ein Dampfer ausgesetzt ist, besteht in dem
Unbrauchbarwerden seiner Maschinen, indem er dadurch hilflos dem Spiele der Wellen
preisgegeben wird. Erst der allerneuesten Zeit ist es vorbehalten gewesen, dieser
Gefahr in der atlantischen Personenbeförderung [durch Anwendung von zwei Schrauben,
deren jede für sich durch eine besondere, von der anderen ganz unabhängige Maschine
bewegt wird, zu begegnen. Die Inman-Linie hat am 1.
August 1888 den ersten groſsen Zweischraubendampfer für die Fahrt nach New York in
Betrieb gesetzt und damit einen hervorragenden Schritt in der Vervollkommnung der
Oceandampfschifffahrt gethan.
Die Zweischraubenschiffe sind schon seit einer längeren Reihe von Jahren in der
Kriegsmarine eingeführt und ihre groſse Ueberlegenheit im Vergleiche zu den Dampfern
mit einer Schraube ist längst erwiesen. Es sind auch wohl einige wenige
Handelsdampfer mit zwei Schrauben ausgestattet worden; für die groſse
Personenbeförderung hat sich jedoch diese Construction, die hier ganz besonders am
Platze ist, bis jetzt noch nicht einbürgern können. Der Grund hierfür ist eigentlich
schwer zu ersehen und es läſst sich diese auffällige Thatsache nur dadurch erklären,
daſs man bis jetzt immer an der etwas schwierigen und kostspieligen Bauart, sowie an
dem immerhin theuren Betriebe Anstoſs nahm und daſs jede Neuerung sich nur langsam
und mit Widerstreben Bahn bricht.
Die Vorzüge der Zweischraubenschiffe sind sehr vielseitig. Da zur vortheilhaften
Ausnutzung einer gegebenen Maschinenkraft immer eine Schraube von einem gewissen
Geringstdurchmesser und damit ein bestimmter Tiefgang des Schiffes erforderlich ist,
so wird man folglich durch die Anwendung von zwei Schrauben bei einem Schiffe von
gewissem Tiefgange auch eine verhältniſsmäſsig gröſsere Maschinenkraft verwerthen
können. Mit der Zunahme der Schiffsabmessungen und der immer weiter gehenden
Steigerung der Geschwindigkeit – beides Umstände, welche immer stärkere Maschinen
erfordern – muſste man daher nothwendig auf die Zweischraubenconstruction kommen. Schiffe von der Gröſse,
wie sie uns die Zukunft zu bringen scheint, lassen sich eben nicht mehr durch eine
Schraube allein mit der hohen, den jetzigen Anforderungen entsprechenden
Geschwindigkeit treiben, wenn man nicht den Tiefgang des Schiffes in der
unvortheilhaftesten Weise erhöhen will.
Da die Schrauben bei einem Zweischraubenschiffe ganz unabhängig von einander vorwärts
und rückwärts arbeiten können, so ist hierdurch ein Mittel gegeben, nicht nur die
Steuerfähigkeit des Schiffes wesentlich zu unterstützen, sondern dasselbe sogar ohne
Ruder zu steuern, indem man eine Schraube schneller als die andere laufen bezieh.
die eine vorwärts und die andere rückwärts arbeiten läſst. Im Falle eines Bruches
des Ruders ist das Schiff also durchaus nicht hilflos, sondern den groſsen Gefahren
weniger ausgesetzt als ein gewöhnlicher Einschraubendampfer. Die groſse
Steuerfähigkeit wird den Schiffsführer auch viel besser in den Stand setzen, einem
Zusammenstoſse auszuweichen.
Der Hauptvorzug der Zweischraubendampfer besteht jedoch immer darin, daſs sie zwei
von einander ganz unabhängige Maschinen und Treib Vorrichtungen besitzen. Beim
Bruche einer der beiden Maschinen oder Schrauben ist daher immer eine
Treibvorrichtung vollkommen betriebsfähig und das Schiff kann ungestört mit einer
nur um etwa 25 Proc. verminderten Geschwindigkeit seine Reise fortsetzen.Der Unfall der City of
Paris
278 * 213 lehrt allerdings, daſs alle
menschlichen Vorausberechnungen unsicher sind. Dies ist ein
Vortheil, der gar nicht hoch genug angeschlagen werden kann, denn da sich die Segel
bei den jetzigen groſsen Dampfern als vollständig nutzlos erwiesen haben, so sind
nur bei doppelten Maschinen die groſsen Gefahren ausgeschlossen, welche bei
gewöhnlichen Dampfern ein Wellen- oder Schraubenbruch in sich schlieſst. Wie oft
haben sich Fälle ereignet, daſs ein Dampfer mit gebrochener Maschine, mit mehr als
tausend Personen an Bord, wochenlang hilflos auf dem Ocean umhertrieb, bis er
endlich durch Zufall von einem anderen Dampfer aufgefunden wurde!
Die Anwendung von zwei Schrauben gewährt aus diesen Gründen eine Sicherheit gegen die
Gefahren zur See, wie sie bei gewöhnlichen Dampfern gar nicht erzielbar ist.
Es kann daher nur mit Freude und Genugthuung begrüſst werden, daſs die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actiengesellschaft in
neuester Zeit damit vorgegangen ist, zunächst zwei groſse Dampfer nach dem
Zweischraubensysteme für die Fahrt zwischen Hamburg und New York in Bau zu geben,
von denen einer der Stettiner Maschinenbau-Actiengesellschaft Vulcan in Bredow und der andere Laird Bros in Birkenhead (England) übertragen wurde. Ersterer, dessen
Stapellauf bereits am 1. December 1888 erfolgt ist, führt den Namen Augusta Victoria. Seine Länge beträgt 150m, seine Breite 18m und die Tiefe vom Kiel bis zum Oberdeck 13m. Um einen
Vergleich mit einigen anderen bekannten Dampfern der nordatlantischen Fahrt zu
ermöglichen, soll die folgende kleine Zusammenstellung dienen:
Länge
Breite
City of Rome
170m,0
16m
City of New York
158m,0
19m
Umbria und Etruria
150m,0
17m
Servia
155m,0
16m
Alaska
150m,0
15m
Lahn
133m,0
15m
Aller
131m,0
14m
Ems
130m,0
14m
Die Hauptgesichtspunkte, welche bei dem Entwürfe der beiden Dampfer ins Auge gefaſst
wurden, waren in erster Linie die Sicherheit und dann die Erzielung einer möglichst
groſsen Geschwindigkeit, soweit sich letztere Bedingung mit der Sicherheit in
Einklang bringen lieſs. Man entschied sich deshalb zunächst für das
Zweischraubensystem, um gegen die Folgen eines Maschinenbruches geschützt zu sein.
Um aber auch den Gefahren eines Zusammenstoſses möglichst vorzubeugen, entschloſs
man sich, abweichend von der bisher üblichen Bauweise, das oben genannte Schiff
durch wasserdichte Querschotte in so viele Einzelräume zu theilen, daſs dasselbe
auch in dem Falle noch nicht sinkt, daſs sich zwei benachbarte Abtheilungen mit
Wasser füllen, eine Möglichkeit, die dann eintreten könnte, wenn das Schiff gerade
an der Stelle eines seiner Schotte angerannt wird; ja man stellte sich sogar die
Aufgabe, selbst unter diesen Umständen die Reise noch fortsetzen zu können. Die
Erfüllung dieser Bedingung ist besonders schwierig und erfordert zunächst, daſs die
Kessel in drei durch Schotte vollständig von einander getrennten Räumen aufgestellt
sind. Sollte in Folge eines Zusammenstoſses das zwischen zwei Kesselräumen liegende
Schott verletzt werden, so würde bei einer derartigen Anordnung also immer noch ein
Kesselraum unversehrt bleiben und das Schilf noch mit einem Drittel seiner
Kesselkraft weiterdampfen können. Aber auch die beiden neben einander liegenden
Maschinen sind durch ein wasserdichtes Längsschott von einander getrennt, so daſs im
Falle eines den Maschinenraum beschädigenden Zusammenstoſses immer noch eine
Maschine betriebsfähig bleibt.
Um diesen hohen Anforderungen genügen zu können, sah man sich genöthigt, dem Schiffe
im Ganzen elf wasserdichte Querschotte und ein Längsschott zu geben, bei welchen die
sonst üblichen wasserdichten Thüren unterhalb des Hauptdecks gänzlich vermieden
sind. Von jedem einzelnen durch die Schotte gebildeten Raume führen bequeme Treppen
nach dem Oberdeck.
Ein sich über den gröſsten Theil der Schiffslänge erstreckender Doppelboden
vervollständigt noch die constructiven Sicherheitsmaſsregeln und verhindert das Leckwerden
des Schiffes selbst, wenn bei etwaigem Grundstoſse der äuſsere Schiffsboden
beschädigt werden sollte.
Es sind demnach alle Mittel, welche die neuere Technik an die Hand gibt, um einen
Dampfer „unsinkbar“ zu machen, in so vollständiger Weise zur Anwendung
gelangt, wie das bis jetzt nur noch bei dem jüngst in Fahrt gesetzten Dampfer City of New York geschehen ist. Auſserdem hat man auch
noch mächtige Dampfpumpen vorgesehen, welche in der Minute die ganz bedeutende Menge
von 36t bezieh. 360hl Wasser fördern können. Die Pumpen würden daher im Stande sein, das
Schiff, wenn es sich überhaupt jemals ganz mit Wasser füllen könnte, innerhalb 4,5
Stunden wieder leer zu pumpen.
Die unter Deck befindlichen Personenaufenthaltsräume sind durchgehends hell, luftig
und geräumig und es ist auſserdem eine gröſsere Anzahl von Drawing-rooms mit anstoſsendem Schlafgemach vorhanden, die einen
angenehmen Aufenthalt gewähren, falls die betreffenden Mitfahrenden sich von der
übrigen Gesellschaft zurückzuziehen wünschen. Der groſse Salon befindet sich im
Vordertheile des groſsen Deckshauses, welches sich über den gröſsten Theil der
Schiffslänge auf dem Oberdeck erstreckt und über welchem sich das Promenadendeck
ununterbrochen in einer Länge von 96m ausdehnt.
Der Salon für die Passagiere II. Klasse ist im hinteren Theile dieses Deckshauses,
welches auſser einer Reihe von Personenunterkunftsräumen noch die erforderlichen
Räume für die Officiere enthält. Auf dem Promenadendeck sind in besonderen Häusern
noch der Damensalon I. Klasse, das Musikzimmer, der Rauchsalon I. und II. Klasse,
der Damensalon II. Klasse und einige Personenunterkunftsräume untergebracht. Ein
kleinerer und besonders elegant ausgestatteter Damensalon I. Klasse ist im
Vordertheile des Hauptdeckes angeordnet.
Alle Salons, Treppenhäuser und Vorplätze sind nach den Plänen des Architekten Poppe in Bremen mit der ausgesuchtesten Eleganz und dem
gröſsten Luxus ausgestattet, von dem man sich ein schwaches Bild machen kann, wenn
man sich vergegenwärtigt, daſs für die Ausschmückung der Räume allein eine Summe von
220000 M. ausgegeben ist. Zur Ausführung der behufs Ausschmückung der Räume
reichlich verwendeten Gemälde wurden nur hervorragende Künstler herangezogen und
nichts ist gespart worden, um die Ausstattung zu einer wahrhaft glänzenden zu
machen, deren Wirkung noch gesteigert werden wird, wenn das nach den bewährtesten
Systemen eingerichtete elektrische Licht seinen Glanz über das Ganze ausströmt.
Auch die Zwischendeckseinrichtung ist insofern wesentlich vervollkommnet, als die
Mitfahrenden nicht wie gewöhnlich in einem groſsen Raume, sondern in einzelnen
Kammern in Gruppen von 12 bis 18 Personen untergebracht werden.
Der Lüftung der verschiedenen Schiffsräume, dieser für einen groſsen Dampfer so überaus wichtigen
Einrichtung, ist die gröſste Aufmerksamkeit zugewendet worden. Die Decks, auf
welchen sich die Personenunterkunftsräume befinden, werden nicht nur durch sehr
reichlich bemessene Luft- und Lichtschachte, welche man selbst bei schlechtem Wetter
offen halten kann, gelüftet, sondern es sind auſserdem noch 38 mechanische Lüfter
vorhanden, welche jeder einzeln durch eine besondere kleine elektrische Maschine von
einem durch Dampf betriebenen groſsen Elektricitätserzeuger in Gang gesetzt
werden.
Neben den für Unterbringung und Bequemlichkeit der Mitfahrenden bestimmten
Einrichtungen nehmen in besonderem Grade die maschinellen Anlagen die Aufmerksamkeit
in Anspruch, welche in Bezug auf ihre Gröſse nur unbedeutend, in ihrer
Vollkommenheit indeſs noch bei keinem der vorhandenen Dampfer übertroffen worden
sind.
Wie bereits erwähnt, erhält das Schiff zu seiner Fortbewegung zwei von einander
unabhängig arbeitende dreicylindrige Expansionsmaschinen, welche eine Gesammtkraft
von 13000 entwickeln. Jede dieser Maschinen hat einen Hochdruckcylinder von
1050mm, einen Mitteldruckcylinder von 1700mm und einen Niederdruckcylinder von 2700mm Durchmesser, bei einem Hube von 1600mm. Die Oberflächencondensatoren werden durch vier
mächtige Centrifugalpumpen, deren jede ein Auswurfrohr von 400mm Durchmesser besitzt, mit dem erforderlichen
Kühlwasser gespeist, erhalten sechs durch besondere Maschinen bewegte Luftpumpen und
besitzen im Ganzen 7800 Rohre von je 3m,8 Länge.
Sämmtliche Condensatorrohre zusammengenommen besitzen also eine Länge von 29640m, gleich fast 4 deutschen Meilen.
Damit man sich eine Vorstellung von den riesigen Abmessungen der Maschinen zu machen
im Stande ist, sei erwähnt, daſs der Durchmesser der Kurbelwellen 500mm und das Gewicht jeder einzelnen dieser Wellen
45t oder 900 Centner beträgt. Diese Wellen
sowohl, als auch die beiden Schraubenwellen, deren jede ein Gewicht von 820 Centner
besitzt, geben zugleich ein beredtes Zeugniſs von der Leistungsfähigkeit der
deutschen Stahlindustrie. Das Gewicht eines der groſsen Dampfcylinder beträgt 32t und das Gesammtgewicht beider Maschinen rund
1000t oder 20000 Centner, wovon allein 1200
Centner auf die kupfernen Dampf- und Pumpenrohre kommen.
Der zum Betriebe erforderliche Dampf wird in acht groſsen Kesseln erzeugt, die im
Ganzen mit 48 Feuerungen versehen sind und in drei Schornsteinen von je 3m,4 oder 11 Fuſs Durchmesser münden. Das
Gesammtgewicht der Kessel beträgt 508t oder 10160
Centner. Von der Kohlenmenge, welche diese acht Kessel verschlucken, kann man sich
am besten eine Vorstellung machen, wenn man den Kohlenvorrath, den das Schiff für
eine Reise von Hamburg nach New York einzunehmen hat, in Eisenbahnwagenladungen
ausdrückt. Es sind danach 240 Ladungen erforderlich, um diese Menge zu befördern:
das entspricht einem Eisenbahnzuge von 1,5 bis 2km Länge,
zu dessen Fortbewegung 5 bis 6 Locomotiven erforderlich sind.
Insgesammt sind 42 Dampfmaschinen mit zusammen 82 Dampfcylindern auf dem Fahrzeuge
thätig. 22 Maschinisten und 80 Heizer bilden die Betriebsmannschaft. –
Genaue Abbildungen des Zwillingsschraubenbootes Normannia der Hamburger
Packetfahrt-Gesellschaft finden sich im Engineering, 1890 * S. 248.
(Fortsetzung folgt.)