Titel: | Maschinen zum Bohren viereckiger Löcher. |
Autor: | Pr. |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 17 |
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Maschinen zum Bohren viereckiger
Löcher.
Mit Abbildungen.
Maschinen zum Bohren viereckiger Löcher.
Wird der geometrischen Achse einer Bohrspindel, bezieh. eines Bohrers, bei jeder
einzelnen Umdrehung, noch eine Reihe von Ausschwingungen ertheilt, so können mittels
eines einschneidigen Bohrwerkzeuges eckige, unrunde oder Kantlöcher hergestellt
werden. Dieses Ausschwingen der Bohrerschneide kann entweder durch
Parallelverschiebung der Bohrspindel, oder durch eine Pendelbewegung derselben neben
der kreisenden Bewegung durchgeführt werden. Dabei muss eine beständige Führung des
ausschwingenden Theiles zwischen drei Punkten gesichert und gleichzeitig die
Möglichkeit gegeben sein, mit zunehmender Lochtiefe die Schaltung der Bohrspindel zu
bewirken.
In einer Maschine mit Parallelverschiebung der Spindelhülse kann die Schaltung
einfach wie bei einer gewöhnlichen Bohrmaschine durchzuführen sein, während bei
einer solchen mit Kegelpendelbewegung der ganze Bohrzeugträger gegen das
festliegende Werkstück, bezieh. der Aufspanntisch gegen den kreisenden und
schwingenden Bohrer stetig gehoben wird.
Das Mass dieser Ausschwingung bezieh. die Grösse dieser Querverschiebung bedingt die
Lochweite des zu bohrenden Werkstückes. Während bei einer pendelnden Spindel, wo die
Lochweite durch den Abstand der Bohrerscheide vom Schwingungsmittelpunkt der
Bohrspindel gegeben ist, eine Lochvergrösserung ohne weiteres bei einer Erweiterung
dieses Abstandes bezieh. einer Ausschiebung der inneren Bohrspindel erhältlich wird,
ohne mehr als eine Führungslehre verwenden zu müssen, bedarf man bei einer Maschine
mit parallel zu verschiebender Spindel ebenso viele Kammscheiben, als Lochweiten zu
erzeugen sind. In dieser Hinsicht kann demnach eine Kantlochbohrmaschine mit
schwingender Spindel als eine Verbesserung angesehen werden. Immerhin bleiben diese
Maschinen in Folge der mangelhaften Angriffs weise ihres Werkzeuges, welches nicht
wie ein doppelseitiger Bohrer oder mehrschneidiger Fräser, sondern wie ein
Schnitzer, nur mit einer einzigen Schneide wirkt, in ihren Leistungen hinter anderen
Maschinen zurück.
Dennoch sind in neuerer Zeit die schon seit vielen Jahren bekannten Versuche,
vierkantige Löcher zu bohren, vielleicht mit besserem Erfolg wieder aufgenommen
worden, worüber Industries, 1890 Bd. 9 * S. 52, Iron, 1890 Bd. 36 * S. 46, bezieh. American Machinist, 1890 Bd. 13 Nr. 37 * S. 10
berichten.
Vierkantige Löcher finden im Maschinenwesen namentlich an Lokomotivbestandtheilen
ausgedehnteste Anwendung, weil durch diese Form die Stiftschrauben gleichzeitig Sicherung gegen das
Lösen finden.
Bisher wurden Rundlöcher vorgebohrt und die Ecken unter Stossmaschinen ausgearbeitet,
oder es wurde, zwar mit geringerem Erfolg, eine vierkantige Stangenfräse in
geriffelter Form durch das rundgebohrte Loch gedrückt (vgl. Nicholson 1889 272 177).
In beiden Fällen ist die Herstellung eines Kantloches umständlich und kostspielig;
bei Anwendung einer Dornfräse ist sogar oftmals das Werkstück gefährdet.
Es ist demnach die unmittelbare Herstellung eines Kantloches immerhin als eine
dankbare Aufgabe für den Maschinenbauer anzusehen, welche aber vollen Erfolg nur
dann verspricht, sobald die Verwendung eines vollkommeneren Werkzeuges, als der
einschneidige Zahn es ist, gelingt. Dennoch dürfte die Beschreibung zweier
Bohrmaschinen für Kantlöcher nicht unerwünscht sein.
Ainley-Oakes' Kantlochbohrmaschine (Fig. 1 bis 5).
An einem aufrechten Bohrmaschinenständer A kreist, durch
Winkelräder B betrieben, eine Rohrhülse C, in welcher achsialverschiebbar eine längere
Rohrhülse D mittels Federkeile an der Drehung
theilnimmt und wieder die eigentliche Bohrspindel E zum
Mitdrehen zwingt.
Diese kann mittels der Druckspindel F in der
Achsrichtung nach Belieben verstellt und ebenso wie eine gewöhnliche Bohrspindel
gesteuert werden, nur ist hierbei die Kuppelung zwischen E und F, mit seitlichem Spiel ausgeführt,
wodurch ein kleines Abweichen der Achsenlage beider Theile ermöglicht wird.
Textabbildung Bd. 279, S. 17
Ainley-Oakes' Kantlochbohrmaschine (Fig. 1 bis 4).
An das obere Ende der Rohrhülse D ist ein Zapfenring G frei drehbar aufgesetzt, durch dessen Vermittelung
mittels der Lenkerhebel H und des im Stellbogen J spielenden Handhebels K
der Rohrhülse D bestimmte Hochstellungen gegeben werden
können.
Es sind nämlich an den beiden äusseren Lagerflächen Lehrschienen L1 und L2 vorgesehen, durch
welche die Rohrhülse D ihre Führung und Seitenbewegung
erhält, welch letztere natürlich für die verschiedenen Lochgrössen zu bemessen ist.
An diese beiden Lehrschienen passen nun je fünf an die Hülse D angedrehte Kammscheiben von 14,3 mm Bordhöhe und 1,6 mm Zwischenraum,
welche der Reihenfolge nach angeordnet, für Lochgrössen von ½, 5/3, ¾, ⅞ und 1
Zoll engl. bestimmt sind.
Diese Kammscheiben N (Fig.
2 und 3) haben
zur Grundform ein Bogendreieck mit abgerundeten Ecken, während die Lehrschienen L dem zu bohrenden Loche ähnlich gemacht sind.
Textabbildung Bd. 279, S. 17
Fig. 2.Ainley-Oakes' Kantlochbohrmaschine.
Um sich den verschiedenen Lochgrössen gleicher Grundform anzupassen, sind diese
Lehrschienen L zweitheilig und im Lagerkörper
verschiebbar gemacht. Bei einem quadratischen Loch ist die Schnittfuge durch die
Eckrichtung gelegt, so dass bei der Ausschiebung längs der anderen Eckrichtung die
Genauigkeit der Grundform gewahrt bleibt. Zur Ausschiebung dienen die
Zapfenschrauben P, welche durch das Räderwerk Q und die Radwelle R
gleichmässig betrieben werden und mit Rechts- und Linksgewinde in die Zapfenmuttern
S eingreifen, die in den einzelnen Hälften der
Lehrschienen einsetzen.
Textabbildung Bd. 279, S. 17
Fig. 5.Ainley-Oakes' Kantlochbohrmaschine.
Wird nun die Rohrhülse D mit dem Hebelwerk K und H in die einer
Lochweite entsprechenden Hochstellung eingeführt, und die derselben zukommenden
Kammscheibenpaare N in die Ebene der Lehrschienen
gebracht, diese aber mit den Zapfenschrauben P an die
Kammscheiben N berührend angestellt, so kann der
Bohrbetrieb ohne weiteres eingeleitet werden.
Beachtenswerth ist die Aufzeichnung der für eine bestimmte Lochgrösse erforderlichen
Kammscheibenform. In das Achsenkreuz der Lehrschiene L
(Fig. 3) und mit
parallel liegenden Seiten wird das Lochquadrat in natürlicher Grösse aufgezeichnet.
Mit der Quadratseite als Halbmesser werden ferner in das Lochquadrat ein
Bogendreieck und aus dessen
Ecken die Haupt- und Ergänzungsbogen für die Kammscheibe N aufgerissen, an dieser aber das Quadrat der
Lehrschienenhälften L berührend angelegt. In eine Ecke
des kleinen Bogendreiecks muss nun die Seitenschneide des Bohrers gelegt werden,
während die Grundschneide bis zum Mittelpunkt des Bogendreiecks reichen kann.
Aus dem Vorbeschriebenen ist zu ersehen, dass bei einer Umdrehung der Kammscheibe N in der Lehrschiene L die
Seitenschneide des Bohrers längs eines Quadratumfanges geführt wird, dass also
dementsprechend die Achse der Bohrspindel E während
einer Umdrehung viermal um den halben Unterschied – Diagonale weniger Seitenlänge –
ausschwingen muss. Da aber mit der Bohrspindel auch die beiden Rohrhülsen C und D zugleich
ausschwingen, die Rohrhülse C aber das Winkelrad B trägt, mithin eine nicht unerhebliche Störung des
richtigen Zahneingriffes hervorgerufen wird, so muss bei Herstellung der Räder
besondere Sorgfalt gebraucht werden.
Textabbildung Bd. 279, S. 18
Tyller-Ellis' Kantlochbohrmaschine (Fig. 6 bis 8).
Um diese Maschine auch zum Rundlochbohren gebrauchsfähig zu machen, brauchen bloss
die Lehrschienen N zurückgestellt, dafür aber die an
den inneren Lagerflächen vorgesehenen Lagerschienen O
(Fig. 4)
zusammengeschoben zu werden, wodurch die cylindrischen und centrischen Theile der
Rohrhülse D erfasst werden und diese ihre Führung
erhält. An dieser Maschine ist ausserdem ein Aufspanntisch mit Kreuzschlitten und
Drehtischbewegung angebracht.
Nach dem englischen Patent Nr. 8688 vom 13. Juni 1888 ist bei der
Kantlochbohrmaschine von H. F. Ainley und A. C. Oakes in London (Fig.
5) anstatt der beiden Lehrschienen je ein aus vier Leitrollen T bestehender Führungssatz angewendet, während der
Betrieb der schwingenden Kammhülse durch Vermittelung eines Stirnradpaares U von einem Kurbelrad V
abgeleitet wird.
Tyler-Ellis' Kantlochbohrmaschine (Fig. 6 bis 8).
An dem Bohrständer A ist ein Lagerschlitten B hochstellbar, an welchem im Kugellager C eine Rohrhülse D sich
sowohl um ihre Achse drehen, als auch um den Mittelpunkt des Kugellagers schwingen
kann. In dieser Rohrhülse D schiebt sich die
eigentliche Bohrspindel E, welche mittels einer sehr
beweglichen Kuppelung G an die Druck- und Stellspindel
F angehängt ist. Am oberen Theil der pendelnden
Rohrhülse D ist eine Kammscheibe N (Bogendreieck) aufgesetzt, welche in der am Lagerkopf
H aufgeschraubten Lochlehre L spielt (wie bei Fig. 3).
Im oberen Lagerkopf H kreist das Zahnrad J, getrieben durch K von
R aus.
An der Stirnseite dieses Zahnrades J sind Ansätze M (Fig. 8) vorgesehen, über
welche ein Rahmen N geschoben ist, in welchem mit
viereckigem Ansatz die Rohrhülse D sich einschiebt. Da
zwischen den Rahmenflügel und den Radansätzen zwei Druckfedern P eingeschaltet sind, so wird durch diese die Rohrhülse
beständig nach jener Seite ausweichen, nach welcher eine strenge Berührung der
Kammscheibe N mit der Lehrplatte L erwünscht ist. Für eine bestimmte Grundform des
Kantloches braucht man hiernach für die verschiedensten Lochgrössen nur eine einzige
Kammscheibe und Lochlehre, weil die Lochgrösse durch den Abstand der Schneidkante
vom Kugellager gegeben ist, während die Lochtiefe einfach durch Verschiebung des
Lagerschlittens erhältlich ist.
Nicht uninteressant ist die Ausbildung dieser in Fig. 6 bis 8 dargestellten Maschine
als Stossmaschine mit selbstthätiger Einstellung des Stosszahnes für irgend ein
Kantloch von bestimmter Grösse.
Während der Bohrschlitten B durch ein von R mittels Stirnräder S
bethätigtes Kurbelwerk T in Hubbewegung versetzt wird,
ist die Einstellung des Stosszahns durch das Schalttriebwerk, welches aus
Stufenscheiben U, Winkelradpaar V und Schneckentriebwerk W besteht und durch
K auf das Zahnrad J
wirkt, durchgeführt. Besser wäre freilich eine nach jedem Stösselhube sich
vollziehende ruckweise Verdrehung der Spindelhülse.
Pr.