Titel: | Ueber Hochofenschlacken und deren Verwerthung. |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 23 |
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Ueber Hochofenschlacken und deren
Verwerthung.
Ueber Hochofenschlacken und deren Verwerthung.
In einem Vortrage in der Society of Arts besprach Gilbert Redgrave die Verwendung, welche
Hochofenschlacken in England gegenwärtig finden. Während die Schlacken im
Allgemeinen die verschiedenartigsten Bestandteile in verschiedenen Verhältnissen
enthalten, zeichnen sich Schlacken von ein und demselben Betrieb durch grosse
Gleichmässigkeit ihrer Zusammensetzung aus. So zeigten die Analysen, welche D. Cowan 1887 bis 1889 von Schlacken der
Carron-Eisenwerke ausgeführt hat, Unterschiede von weniger als 0,5 Proc.
Kieselsäure, und die grösste Abweichung in der Summe von Kalk, Thonerde und den
übrigen Basen betrug weniger als 1,5 Proc.
Verf. hebt hervor, dass sich um die Verwerthung von Schlacken besonders Charles Wood verdient gemacht hat (vgl. Lürmann in diesem Referat weiter unten).
Wir wollen zunächst die Verwendung von in Blöcken gegossener Schlacke zur
Pflasterung, für Bekleidungen u.s.w. erwähnen. Einen bedeutenden Fortschritt hat
diese Industrie in den Händen der Tees Scoriae Brick
Company gemacht. Ein Uebelstand, der seiner Zeit der Verwendung dieser
Steine sehr im Wege gestanden ist, ihre glatte Oberfläche, kann nunmehr als
beseitigt betrachtet werden: Man giesst je zwei Blöcke, mit einer Kerbe versehen,
zusammen, und trennt sie nachher durch einen kräftigen Schlag. Die mit derartigen
Blöcken hergestellten Wege sind leicht rein zu halten und recht widerstandsfähig;
Pflaster, welche in Middlesborough vor 11 Jahren gelegt und durch lebhaften Verkehr
sehr der Abnutzung ausgesetzt waren, sind heute noch in ganz gutem Zustande.
Um die gegossenen Stücke vor Bruch zu bewahren, müssen sie gerade so wie Glas
möglichst langsam gekühlt werden. Dabei werden sie um etwa 5 Proc. dichter. Mit
Portlandcement bildet diese getemperte Schlacke ein Concret von bedeutender
Festigkeit. Jones' Annealed Concrete Company in
Middlesborough stellt solche Massen für Pflasterungszwecke her. Sie bieten den
Vortheil, bei starker Frequenz der Strasse nicht glatt und schlüpfrig zu werden wie
Granit und sollen derselben ein gefälliges Aussehen ertheilen.
Ausgedehntere Verwendung als bisher scheint auch die Schlackenwolle zu finden. Als
„silicate cotton wire net felting“ kommt sie, zwischen zwei Drahtnetze
gepresst, in Form von leicht biegsamen Platten von etwa 2 bis 3 cm Dicke in den
Handel, welche – vollkommen feuerbeständig – sich für mancherlei Zwecke eignen. Man
kann auf diese Weise 1 t Schlacke auf etwa 167 qm vertheilen bei einer Schicht von
2,5 cm Dicke. Derartige Platten sind nicht nur ganz feuerbeständig, sondern auch
schlechte Wärmeleiter und zeigen sich vollkommen widerstandsfähig gegen den
Angriff von Insecten; sie können daher als Wandbekleidung für provisorische Bauten
in sehr heissen und sehr kalten Gegenden vortheilhaft verwendet werden. Ebenso
empfiehlt der Verf. die Verwendung dieses unverbrennlichen Materials bei Decken und
Fussböden. Das geringe Wärmeleitungsvermögen ergibt sich daraus, dass eine Probe,
über die Flamme gehalten, auf der unteren Seite rothglühend wird, während man die
obere noch ohne Schaden mit der Hand berühren kann. Die Leitungsfähigkeit der
Schlackenwolle für Wärme = 1 gesetzt, ist die der
Baumwolle
1,22
Schafwolle
1,36
Infusorienerde
1,36
Kohle
1,40
Sägespäne
1,63.
Als Bekleidung für Eiskeller kann dieses Material ebenfalls Verwendung finden. B. Lightfoot hat zwei Eisblöcke von je 30 Pfund in zwei
verschiedene Kästen gebracht. Der eine wurde 2 Zoll dick mit Schlackenwolle umgeben,
der andere mit einer 6 Zoll dicken Schicht von Kohle. Nach drei Tagen wog der Block
im ersten Schrank 13 Pfund, der im zweiten nur 5,5 Pfund, ein Beweis, dass eine
Schicht von 2 Zoll Schlackenwolle einen besseren Isolator abgibt, als eine solche
von 6 Zoll Kohlenklein.
Einige interessante Versuche wurden angestellt, um die Feuerbeständigkeit der
Schlackenwolle zu prüfen. A. Braid in Chelsea hat ein
Holzthor mit einer Fütterung von Schlackenwolle versehen. Eine 3,7 cm dicke Schicht
von Schlackenwolle wurde zwischen zwei Bretterwände eingelegt und die daraus
gefertigte Thür in eine Wand eingesetzt, in welcher, nahe daran, auch eine starke
Eisenthür (fireproof double iron door) angebracht war. An beiden Thüren wurden nun
grosse Mengen von Brennmaterial aufgeschichtet und dasselbe angezündet. Nach einiger
Zeit wurde die Eisenthür so heiss, dass die Zuschauer in der Entfernung von zehn
Schritten nicht mehr stehen konnten; das Eisen gab nach, verbog sich, und die
Flammen schlugen oben heraus. Anders verhielt sich die zweite Thür. Obgleich
dieselbe der gleichen Hitze ausgesetzt war, blieb sie an der Aussenseite so kalt,
dass man ohne Gefahr die Hand daran legen konnte. Nach dem Verlöschen des Feuers
fand man die innere Wandung dieser Thür gänzlich verbrannt und die Schlackenwolle
blossgelegt; ein weiteres Vordringen des Feuers hatte die letztere verhindert.
Ein anderer Umstand, der Beachtung verdient und die Schlackenwolle als Schutzmittel
gegen das Umsichgreifen von Feuer besonders geeignet erscheinen lässt, ist ihre
Fähigkeit, Wasser in grossen Mengen aufzunehmen. Wird eine mit Schlackenwolle
bekleidete Wand bespritzt, so fliesst das Wasser daran nicht herunter, sondern wird
aufgesogen. Die Flammen, die an ihr lecken, erzeugen Wasserdampf, der seinerseits
dazu beiträgt, das Feuer zu ersticken. Eine Wand, solange sie Wasser enthält, kann
nicht heisser als 100° C. werden. Redner hebt hervor, dass die zwischen Drahtnetzen
eingelegte Schlackenwolle ein vorzügliches Material für Theater-Courtinen abgeben
würde. Sollten sich diese Vorzüge der Schlackenwolle durch weitere Versuche
bestätigen, so würde sich vielleicht auch die Bekleidung der Wände von Räumen, in
denen leichtentzündliche Stoffe, wie Erdöl, Benzin u.s.w., aufbewahrt werden, empfehlen. Verf.
rühmt der Schlackenwolle auch antiseptische Eigenschaften nach; in welcher Weise
diese zur Geltung kommen sollen, wurde im Vortrage nicht erwähnt.
Redner bespricht sodann die Gewinnung von Schlackencement und die Verwerthung von
Thomasschlacke.
Bei der auf den Vortrag folgenden lebhaften Discussion erwähnte zunächst Prof. Roberts-Austen, dass er in Eisleben Wege, die mit
getemperter Schlacke gepflastert waren, gesehen hatte.
J. Lowthian Bell schätzt die Production von Eisen in
England auf 10000000 t. Er selbst erzeugt jährlich etwa ½ Million Tonnen Schlacke.
Mit gemahlener Thomasschlacke habe er als Landwirth keine günstigen Resultate
erzielt. Er vertheidigt die englischen Farmer, welche sich mit diesem Material nicht
so schnell befreunden konnten als die deutschen Landwirthe.
G. J. Snelus rühmt die guten Eigenschaften von
Bausteinen, welche er aus Schlackensand hergestellt hat. Dieselben wurden vor 18
Jahren in einem Wasserlauf gebettet und sind heute noch intact, während gewöhnliche
Ziegelware in derselben Zeit stark gelitten hat. Er zweifelt nicht daran, dass die
Zeit kommen wird, in welcher die Schlacke ein werthvolles Material werden wird. Ein
englisches Werk, mit dem er in Verbindung steht, verkauft gegenwärtig wöchentlich
1000 t Schlacke zum Preise von 1 Sh. 6 d. für Strassenbauten.
Percy Gilchrist spricht seine Ueberraschung darüber aus,
dass eine so grosse Menge Schlacke, etwa 1 Million Tonnen jährlich, für Wegbauten
Verwendung finde. Basische Schlacke wurde im vergangenen Jahre in einer Menge von
etwa 600000 t hergestellt mit annähernd 17 Proc. Phosphorsäure und 60 Proc. Kalk.
Sie ist zwar für manche, jedoch nicht für alle Böden als Dünger geeignet, so nicht
für kalkreiche.
Hutchinson erwähnt Hafenbauten, bei denen fast nur
Schlackencement verwendet wird. Das Concret hat bisher gut gehalten und wurde so
hart, dass bei der Lostrennung eines Theiles der Masse besonders harte stählerne
Werkzeuge verwendet werden mussten, und dass die Schlacke sich nicht von der
Mörtelmasse trennen liess, sondern mit dieser gemeinsam absprang.
Reid hält einen Gehalt von 3 Proc. Calciumsulfat im
Schlackencement für gefährlich. Er erwähnt ein Experiment, das leicht anzustellen
ist. Erhitzt man ein Stück Gyps zur Entwässerung, taucht es hierauf in Wasser und
lässt dasselbe einige Monate unter Wasser stehen, so bedeckt sich das ganze Stück
mit prächtigen Krystallen. Er hat auf diese Weise 2 cm lange Krystalle erzielt. Es
ist keine Frage, dass derselbe Process sich auch abspielt, wenn man Mörtel unter
Wasser erhärten lässt. Der Hauptübelthäter ist der Schwefel. Reid erinnert auch an den von anderer Seite gerügten Uebelstand im
Gebrauche der Schlackenwolle, dass dieselbe an feuchter Luft Schwefelwasserstoff
entwickelt. Nach Steward ist von einer derartigen
Belästigung nichts zu bemerken; er habe 20 Jahre in einem Hause gewohnt, in welcher
Schlackenwolle Verwendung fand, habe aber weder je einen Geruch von
Schwefelwasserstoff bemerkt, noch sei er sonst in irgend welcher Weise belästigt
worden.
George C. Bryan in Birmingham stellt zellig-poröse Schlacke, die als Baumaterial Verwendung
finden soll, in der Weise dar, dass er geschmolzene Schlacke, wie sie aus dem
Ofen kommt, in einen Behälter bringt, in welchem sich Kohle befindet, welche mit
einem Korbe oder Gitter niedergedrückt wird. In diese Kohle treibt man einen
Dampfstrahl; der Dampf wird unter Einwirkung der glühenden Kohle in Kohlensäure und
Wasserstoff zerlegt, dieser soll den in der Schlacke enthaltenen Schwefel als
Schwefelwasserstoff entfernen (offenbar könnte höchstens der unveränderte
Wasserdampf diese Wirkung ausüben. D. Ref.) und gemeinsam mit der Kohlensäure die
Schlacke zellig-porös auftreiben. Die so gewonnenen Bausteine lassen sich leicht mit
Hilfe von Cement vereinigen und können entweder für sich oder mit dichter Schlacke
verschmolzen verwendet werden. Blöcke von theilweise compacter, theilweise poröser
Schlacke sollen ein ausgezeichnetes Pflastermaterial bilden (D. R. P. Nr. 51342 vom
26. März 1889).
(Fortsetzung folgt.)