Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen. |
Autor: | Fr. Kick |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 97 |
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Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
Von Prof. Fr. Kick.
Patentklasse 50. Fortsetzung des Berichtes S. 10
d. Bd.
Mit Abbildungen.
Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
2) Staubfänger.
Die hierher gehörigen Neuerungen lassen sich in drei Gruppen theilen: Staubfänger mit
Filtertuch, Staubfänger mit Schleuder- oder Wirbelbewegung und solche mit
Wasserspülung.
Es ist bekannt, dass die ersten Staubfänger mit Filtertuch im Innern der mit
Ventilationsvorrichtung ausgestatteten Mahlgänge angebracht waren und dass diese
Staubfänger dann als selbständige Vorrichtungen gebaut wurden, welche auch in den
Koppereien der Mühlen, das ist in jenen Abtheilungen, deren Aufgabe die Reinigung
des Getreides ist, zur Anwendung kamen. Eine grössere Zahl von Staubfängern dieser
Gruppe wurde bereits Bd. 259 S. 888 und Bd. 269 S. 23 beschrieben. Im Nachstehenden
seien die hierhergehörigen Neuerungen in Kürze besprochen.
Textabbildung Bd. 279, S. 97
Fig. 1.Holtzhausen's Staubfänger.
G. G. Kiefer in Feuerbach-Stuttgart (D. R. P. Nr. 44495)
setzt mehrere schlauch artige Filter in einen gemeinsamen Kasten, in welchen die
Staubluftzuführungsröhren münden, und bringt im Innern der Schläuche Stricke oder Schnüre an,
welche bei der Filterreinigung, bei welcher zeitweises Nachlassen und Ausspannen der
Filter eintritt, von innen gegen die Filterwände schlagen und so die Reinigung (das
Abfallen der Staubschicht vom Filter) wesentlich befördern.
F. Holtzhausen in Nossen (D. R. P. Nr. 44826 vom 14.
Februar 1888) wendet zwei in einem Kasten A
festliegende, ebene Filterflächen f1, f2 (Fig. 1) an, von
welchen stets nur eine den Staub fängt, während die zweite ausser Wirksamkeit
gesetzt ist, indem sie durch die Klappe Kgedeckt
ist. Diese Klappe steht, wie aus der Figur ersichtlich ist, durch einen Zahn mit der
Stange s in Verbindung, und wenn diese durch den Hebel
h verschoben wird, so dreht sie die Klappe um ihre
Achse o. Kurbel x und
Zugstange z wirken auf den Arm a und zwingen diesen während einer Kurbeldrehung den Bogen 1, 2, 3, 4, 5 zu durchlaufen, dessen Sehne gleich ist
dem Durchmesser des Kurbelkreises. Der Arm a kann auf
einem Ringe sitzen, welcher sich um die Achse c frei
drehen lässt, und die Mitnehmer m, m' können auf diesem
Ringe so angebracht sein, dass sie zeitweise auf den Hebel h einwirken. Durch entsprechende Einstellung dieser Mitnehmer wird h von 2 über 3 bezieh. von 4 über 3 bewegt, während die Kurbel von 2' über 3' bezieh. von 4'' über 3'' sich
bewegt.
Die restliche Hebel- und Klappenbewegung erfolgt voreilend durch die Wirkung des
Gewichts G, so dass die Klappe rasch, mit schwachem
Schlage, gegen die zweite Filterfläche trifft, hierbei die Luft, welche zwischen
Klappe, deren Zarge r und Filtertuch gefangen ist,
durch das letztere treibt und so den Staub abschüttelt und abbläst, welcher durch
die Doppelklappen d in ein Fallrohr oder einen Sack
gelangt. Durch R1 tritt
die Staubluft in den Kasten A, durch R2 die gereinigte Luft
aus demselben aus.
W. F. L. Beth in Lübeck (D. R. P. Nr. 47898 vom 3.
Januar 1889, ferner Nr. 52812 und Nr. 54200) bringt im Innern von Filterschläuchen
mit Kugeln belastete Netze an, welche beim
Schlaffwerden des Filterschlauches sinken, beim Anspannen des Sackes die Kugeln in
die Höhe schnellen und dadurch Stösse vermitteln, welche die Staubabsonderung
befördern. Die beiden ferneren Patente beziehen sich auf ein besonderes
Abklopftriebzeug gedrängter Anordnung.
Textabbildung Bd. 279, S. 97
Fig. 2.Staubfänger der Knickerbocker Comp.
Die zweite Gruppe der Staubfänger entfernt den Staub aus der staubgeschwängerten Luft
dadurch, dass sie dieselbe in kreisende Bewegung bringt, wodurch die Staubtheilchen
als specifisch schwerer den äusseren Theilen des Luftstromes zueilen und sich an den
Wandungen absondern. Diese Gruppe wurde bereits Bd. 259 S. 392 und Bd. 269 S. 27
besprochen, und zwar in den damals bekannten Anordnungen der Mc Intyre Manufacturing Company in Lockport, Ortman, Taylor und Urban in Buffalo und der Knickerbocker Company in Jackson. Bei der erstgenannten Anordnung wird die
Staubluft durch ein Schleuderrad in rotirende Bewegung gesetzt, bei der zweiten wird die Staubluft
in einen schneckenförmigen Baum getrieben, endlich bei der dritten findet das
Eintreiben der Staubluft tangential in ein nach unten conisch verjüngtes Gefäss
statt. Die letztere Anordnung, Cyclone genannt, ist die einfachste, hat sich gut
bewährt und soll hier noch nachträglich durch die Skizze (Fig. 2) dargestellt werden, obwohl die Anordnung so einfach ist, dass sie
kaum einer bildlichen Darstellung bedarf.
Die Staubluft wird durch das Rohr E eingetrieben, kreist
in dem cylindrischen Obertheil, desgleichen in einem Theile des conischen
Untertheiles, und während sich der Staub an den Wänden ablagert und abgleitend in
den, an den Sackstutzen s befestigten Sack gelangt,
tritt die gereinigte Luft oben centrisch aus. Diese Staubsammler werden in sieben
Grossen gebaut mit Cylinderdurchmessern von 914 mm bis 1828 mm und der Höhe von 1676
bis 3200 mm für Staubluftmengen von 50 bis 436 cbm in der Minute, wobei für sehr
staubhaltige Luft die nächst höhere (grössere) Ausführung zu nehmen ist.
Nach allen drei obbezeichneten Richtungen und Combinationen derselben liegen Patente
vor, welche wohl zumeist nichts anderes bezwecken, als eine neue Form für eine
bekannte Sache zu setzen.
Zu jenen Staubfängern, welche mit einem Schleuderrade
arbeiten, gehört die Maschine von Eugen Kreiss in
Hamburg (D. R. P. Nr. 54552 vom 17. Januar 1889). Wenn in der Patentbeschreibung
auch der confuse Satz: „Als zweckmässigsten bezeichnet die Wissenschaft einen
solchen Ausscheider oder Sonderer, welcher die Scheidung in einem Querschnitt
(??) vor sich gehen lässt, deren (!) Grösse einen verhältnissmässigen
Meistbetrag aufweist“, die natürliche Wirkung des Schleuderrades als
Beschleuniger der kreisenden Luftbewegung nicht erkennen lässt, so ist diese
Maschine trotzdem mit voller Bestimmtheit dieser Gruppe von Staubfängern
einzureihen. Hierher gehören auch die Maschinen Hermann
Krämer's in Schondorf, Württemberg (D. R. P. Nr. 49231 und 51136).
Textabbildung Bd. 279, S. 98
Fig. 3.Staubfänger von Huckauf und Bülle.
Zu den Staubfängern mit schneckenförmig gewundenem
Scheideraume gehören die Maschinen von Grundig,
Zahn und Löwe in Dresden (D. R. P. Nr. 45790
vom 22. Februar 1888) und von H. Huckauf in Ottensen
und Gust. Bülle in Hamburg (D. R. P. Nr. 53412 vom 11.
Februar 1890). An der erstgenannten Maschine soll die Staubabführung durch an den
Seitenwänden angebrachte, geschlitzte Rohre erfolgen, welche mit Ausfallöffnungen am
Boden in Verbindung stehen; bei der Maschine von Huckauf und Bülle ist die hübsche Idee
durchgeführt, die äusseren Schichten der kreisenden Staubluft, welche staubhaltiger
sind, der Bewegung wiederholt zu unterwerfen, wodurch die Staubabscheidung um so
sicherer erzielt wird.
Zu diesem Zwecke kreist die Luft, welche bei a (Fig. 3) in die Maschine eingetrieben wird, zuerst in
dem concentrischen Theile 1, 1, hierauf theilt
sich der Luftstrom bei b in einen äusseren und einen
inneren. Der äussere Theil des Luftstromes ist natürlich reicher an Staub und er
mengt sich mit der frisch eingetriebenen Staubluft, deren Weg er mitmacht, während
der innere Theil des Luftstromes nach 2, 2 tritt, um
bei c und später bei d
ebenso getheilt zu werden. Aus dem Raum 4 tritt die
gereinigte Luft nach oben aus. Zur besseren Absonderung des Staubes sind sowohl die
Aussenwand a1, als auch
die Wände b1 und c1 doppelt. Das innere
Blech hat Schlitze mit aufgebogenen Rändern (Fig. 3)
und der sich an den Innenwänden hinschiebende Staub gelangt in die
Wandungszwischenräume, in welchen er niederfällt.
Textabbildung Bd. 279, S. 98
Fig. 4.Staubausschneider von Kiefer.
Solange diese Hohlwände nicht durch Staub verlegt sind, fällt der abgesonderte Staub
aus den Wandungszwischenräumen in den Sammelrumpf und von diesem in den Sack; falls
jedoch die Verlegung der Hohlwände eintreten würde, so würde sich der Staub an den
Innenflächen der spiraligen Abtheilungen ablagern, an diesen abgleiten und auch in
den Sammelrumpf gelangen; die Hohlwände können daher nicht als absolut zur Erfüllung
des Zweckes nothwendig angesehen werden.
Heinrich Seck in Dresden (D. R. P. Nr. 44377 vom 1.
September 1887) lässt in einem cylindrischen Kasten an gemeinsamer senkrechter Achse
sitzende Schirme (Hohlkegel), welche mit Reifen (Ringen) besetzt sind, rotiren;
hierdurch wird die von unten eingeleitete Staubluft in kreisende Bewegung gebracht
und der Staub scheidet sich an der Innenfläche der Ringe ab. Nach einem zweiten
Patente (D. R. P. Nr. 47395 vom 17. Mai 1888) treibt Seck die Staubluft tangential in einen Staubkasten, welcher aus
cylindrischen Abtheilungen von gegen unten stufenweise abnehmenden Durchmessern
besteht. Concentrisch zur Achse des Kastens sind mehrere Blechrohre
(„Fangringe“) eingesetzt, welche gemeinsam mit einer senkrechten Achse
verbunden sind. Die Länge dieser Rohre ist verschieden, das innerste am längsten,
das äusserste am kürzesten, und dieses trägt aussen Flügel, gegen welche die
Staubluft stösst und so die Rohre in Rotation setzt. An der Innenfläche der Rohre
scheidet sich ebenfalls Staub ab, insbesondere der feinere, welcher nicht schon an
der Innenfläche des Kastens zur Abscheidung gelangte. Die gereinigte Luft entweicht
nach oben durch entsprechende Oeffnungen der Deckplatte, an welche sich die Rohre
anschliessen. Es kann die rotirende Bewegung der Fangringe oder Rohre nur durch eine
Geschwindigkeitsverminderung der kreisenden Luftbewegung im Kasten erzielt werden,
wenn nicht directer Antrieb gewählt wird; daher ist eine Vermehrung der kreisenden
Bewegung und der dadurch bedingten Staubausscheidung nicht zu erwarten, wenn auch
die Wirkung der kreisenden Rohre auf die der Achse des Kastens nahen Luftschichten
eine günstige sein kann. Mehrere verwandte Anordnungen können übergangen werden.
Von den vorerwähnten Systemen ziemlich abweichend, aber wohl nur für die Ausscheidung
groben Staubes hinreichend, ist der Staubfänger von G. G.
Kiefer in Feuerbach bei Stuttgart (D. R. P. Nr. 50076 vom 19. Januar 1889).
Bei demselben tritt die Staubluft in den oberen Theil O
eines nach unten verjüngten Kastens, welcher durch radial gestellte Zwischenwände
(Rippen) in Zellen getheilt ist. Diese Zwischenwände schliessen sich an einen
Hohlkegel K, welcher, wie Fig.
4 zeigt, unten offen, oben aber theils abgeschlossen, theils mit dem
Luftabzugsrohr verbunden ist. Die Luft wird zwischen Kegel und Kasten in Folge der
Querschnittsverengung sich rascher bewegen, demnach mit einer grösseren
Geschwindigkeit in den unteren Raum treten. Die mitgerissenen Staubtheilchen werden
mit dieser Geschwindigkeit weiter fliegen und sich im angehängten Sacke ansammeln,
insofern sie nicht leicht genug sind, durch die m den Kegel K und das Rohr R abströmende Luft mitgeführt
zu werden.
Textabbildung Bd. 279, S. 99
Fig. 5.Staubreiniger von Rössler und Reinhard.
Die dritte Gruppe der Staubfänger, bei welcher der Staub in Wasser zurückgehalten, also durch dessen Beihilfe abgeschieden wird, ist
durch die Anordnung von Lud. Rössler in Albling und Hch. Reinhard in München vertreten (D. R. P. Nr. 54201
vom 19. Februar 1890). Bei dieser Anordnung wird die Staubluft durch ein in Wasser
tauchendes Rohr R (Fig.
5) getrieben, in dessen Ende eine Blechschraube eingesetzt ist, welcher
schraubenförmige Einsatz der Luft eine kreisende Bewegung ertheilt und die
Staubtheilchen hierbei in Berührung mit dem Wasser bringt, von welchem sie
aufgenommen werden. Der richtige Wasserstand im Wasserkasten, bezieh. die Tauchtiefe
des Rohrs, wird durch eine Schwimmeranordnung regulirt.
3) Weizenschneid- und Schrotmaschinen, Mahlgänge.
Unter den hierhergehörigen wenigen Neuerungen ist in erster Reihe die
„Läuferanordnung“ von Ambroise Millot in
Zürich (D. R. P. Nr. 46993 vom 8. Juli 1888) zu nennen, welche bei genauer
Ausführung als eine gute, d.h. wenig Mehl gebende Schrotmaschine zu betrachten ist,
welche daher bezeichnender „Millot's unterläufiger
Schrotgang“ genannt werden könnte.
Textabbildung Bd. 279, S. 99
Fig. 6.Millot's unterläufiger Schrotgang.
Die den Bodenstein vertretende, rotirende Scheibe ist durch Rippen in eine grössere
Anzahl von einander getrennter Abtheilungen getheilt. Eine solche Abtheilung mit
Theilen der anstossenden Abtheilungen stellt Fig. 6
dar. Das Getreide gelangt von einem Streuteller auf die Scheibe S bei I, ist durch die
Drehbewegung der Scheibe gezwungen, an den Rippenwänden durch den Spalt II unter dem Ringe R in
den Raum III zu treten, steigt über die schiefe Ebene
E (Fig. 6 und 7) und kommt an deren oberer schmaler Leiste L in Berührung mit der festliegenden oberen Scheibe O (Fig. 7), wo die
Verkleinerung stattfindet. Die Formgebung der oberen Scheibe ist derart, dass
der Ring R in einer Nuth derselben Raum findet. Die
zerkleinerten Theile fallen nach IV, von wo das
Ausschleudern ungehindert erfolgen kann.
Die Zerkleinerung findet nur an der schmalen Leiste L statt, in welche die schiefe Ebene E endet, und ist daher die Einwirkung auf einen sehr
kleinen Weg beschränkt, was z.B. für die Herstellung eines mehlarmen und
gleichmässigen Schrotes unbedingt vortheilhaft ist. In der oberen Scheibe können
nach Bedarf Segmente aus geriffeltem Hartguss, Stein,
Porzellan u.s.w. eingesetzt sein.
Textabbildung Bd. 279, S. 99
Fig. 7.Millot's unterläufiger Schrotgang.
Die richtige Arbeit dieser Maschine setzt eine sehr exacte Einstellung und
Instandhaltung voraus, welche wohl schwerer fallen dürfte als die gute
Instandhaltung der gebräuchlichen Schrotwalzenstühle; hingegen dürfte die erzielbare
Lieferung eine bedeutendere sein. Die Patentschrift ist bezüglich der Darstellung
des Wesentlichen etwas unklar und zeichnerisch fehlerhaft; der Patentanspruch
lautet: „Die Herstellung des Läufers an Getreidespalt-, Entkeimungs- und
Schrotmaschinen in der Weise, dass die Mahlfläche durch Rippen in eine grössere
Anzahl von einander getrennte Abtheilungen getheilt wird, welche durch nach
innen abgeschrägte Rippen E wiederum in einen
inneren und äusseren Raum untertheilt werden, zu dem Zwecke, das durch die
Zugangsöffnungen II, welche von dem über die Rippen
gelegten Ring R gebildet werden, eintretende
Mahlgut von dem inneren Raum über die Rippen L nach
dem äusseren Raum jeder Abtheilung zu leiten.“
Die zu den Weizenschneidmaschinen zählenden Anordnungen der Patente Nr. 43686, 51295
und 52765 können übergangen werden, da sie, mit früheren Constructiones verglichen,
nicht geeignet erscheinen, das Schneiden des Weizens besser zu besorgen, ein
Gleiches gilt wohl auch vom Patente Nr. 49425 von Gross und
Co. in Eutritzsch bei Leipzig, welches aber erwähnt sein mag, weil unter
Umständen doch eine dauernde gute Wirkung möglich ist. Gross bewirkt die abscherende Theilung der Körner dadurch, dass eine
siebartig gelochte Platte zwischen zwei gleichfalls gelochten, wagerecht gestellten
Platten, von welchen die obere die Zuführung, die untere das Austragen des
Schrotgutes vermitteln soll, eine wiederkehrende Schiebungsbewegung empfängt. Bei
dieser Vorrichtung ist die Gefahr für das Versetzen (Verstopfen) der gelochten
Bleche gross, namentlich bei etwas feuchter Frucht; hingegen ist hier ein
Stumpfwerden der wirkenden Theile nicht so sehr zu besorgen, wie bei den meisten
Schneidemaschinen anderer Construction, da keine spitzwinkligen Schneiden
vorkommen.
Textabbildung Bd. 279, S. 99
Fig. 8.Lindheimer's Schrotmaschine.
Zu den Schrotmaschinen kann auch eine Reihe von
Ausführungsformen desselben Grundgedankens, nämlich der Zerkleinerung des Getreides
zwischen geriffelten, hin und her bewegten Prismen, gerechnet werden, welche den
Gegenstand der Patente von Friedr. Otto Lindheimer in
Frankfurt a. M. (D.
R. P. Nr. 44798, 45681, 46296 und 47717) bilden. Die geriffelten Flächen der
parallelopipädischen „Arbeitskörper“ sind senkrecht oder von der Senkrechten
wenig abweichend angeordnet; je zwei zusammenarbeitende Flächen bewegen sich
wagerecht und in entgegengesetzter Richtung, oder die eine ist festgestellt und nur
die zweite erhält Rückkehrbewegung in wagerechter Richtung, oder endlich, die eine
ist festgestellt, die zweite erhält in allen Punkten eine Kreisbewegung von
demselben Radius in senkrechter Ebene. Stets sind mehrere „Arbeitskörper“ in
gleichzeitiger Arbeit, und können die Anordnungen auch hier sehr verschiedene sein,
z.B. das wagerecht bewegte Prisma P (Fig. 8) kann mit den beiden fixen Nachbarprismen O, O zusammenarbeiten, wobei O und O gegen P
verstellbar sind.
Die Anordnung ist so getroffen, dass alle Prismen P in
gemeinsamen Rahmen gefasst, gleichzeitig bewegt werden können und dass auch die
Einstellung aller O und O
gleichzeitig erfolgt. Da hier die Arbeitskörper eine Rückkehrbewegung machen, mithin
eine discontinuirliche Bewegung, so sind die Lindheimer'schen Anordnungen schon nach dieser Richtung den geriffelten Walzen
nachzusetzen; noch mehr aber erregen die grossen Arbeitsflächen Bedenken, weil eine
Mehl und Dunst arme Schrot- und Griesbildung sich nur dann erwarten lässt, wenn das
Mahlgut an den wirkenden Flächen nur ganz kurze Wege zurücklegt, wie dies wohl bei
den Walzen, nicht aber bei der besprochenen Erfindung der Fall ist.
Textabbildung Bd. 279, S. 100
Hlavac und Seliger's Walzen mit fäustelartiger Riffelung.
Endlich gehören zu den Schrotmaschinen auch jene Walzenstühle, welche Walzen mit Kraushammer ähnlichen Schärfungen,
„Fäustelartige Riffelung“ anwenden. Das diesbezügliche österreichische Patent
vom 13. September 1889 wurde den Herren Hlavac und
Seliger in Podiebrad ertheilt.
Durch Kreuzung tiefer dreieckiger Furchen, welche in Stahlwalzen eingehobelt, bezieh.
eingedreht werden, bilden sich auf den Walzenoberflächen zahlreiche pyramidale
Spitzen (Fig. 9a, b), welche brechend auf das Mahlgut einzuwirken vermögen und
besonders zur Herstellung von 1. Schrot sich gut eignen. Mit diesen Walzen
hergestelltes Schrot zeigte sich sehr mehlarm und überraschend gleichförmig. Ueber
die Dauer bezieh. Haltbarkeit dieser Walzen liegen dem Referenten keine Erfahrungen
vor. Fig. 9a deutet
rechtwinklige Kreuzung der Furchen an, Fig. 9b spitzwinklige
Kreuzung.
In Bezug auf Mahlgangeinzelheiten seien erwähnt: Voigt und
Behrens in Bitterfeld (D. R. P. Nr. 51206) stellbare Aufhängung des
Obersteines unterläufiger Mahlgänge. Bei dieser Aufhängung (Fig. 10 und 11) sind die
Stellspindeln a mittels Kugelzapfen in der Deckelhaube
c gelagert und durch Deckel d vor der Drehung geschützt, indem das Ende der Stellspindel in das Loch
des Deckels passt, welcher mit einem seiner Ausschnitte (Fig. 11) durch eine Nase
n der Haube c
gehalten, d.h. an der Drehung verhindert ist. Durch diese Aufhängung ist der Stein
jedoch nicht beweglich, weil wagerechte Schrauben ihn feststellen.
Der Centrifugalaufschütter von E. H. Fischlin in Lötzen (D. R. P. Nr. 46625), bei
welchem die am Rande des Streutellers mittels Schraubenstellung zu bewirkende
Regelung der Zuflussmenge von der Steinstellung dadurch unabhängig gemacht ist, dass
die besonders und unverschieblich gelagerte Streutellerachse mit der Mühlspindel nur
auf Drehung (nicht auch auf Schiebung) verbunden ist. Der Streu teil er ist hier in
einen ober der Zarge angebrachten Rumpf gelegt. Es ist hiernach um ein Lager (das
Lager der Streutellerachse) mehr, die Zerlegung des Mahlgangs umständlicher und der
erzielbare Vortheil gering, weil bei bedeutenden Aenderungen an der Steinstellung
doch auch hier der Zulauf geändert werden muss.
Textabbildung Bd. 279, S. 100
Voigt und Behrens' Mahlgang.
Hermann Voigt in Löbau patentirte sich eine Einrichtung
an Mahlgängen (D. R. P. Nr. 46248), durch welche ein
Zweigstrom der Kühlungsluft zum Putzen des zugeführten Mahlgutes vor dessen
Eintritt zwischen die Steine verwendet wird. Durch diese Zuthat wird die Anordnung
complicirter, ohne dass der Zweck mit Sicherheit erreicht werden könnte, denn der
zum Putzen dienende Theilluftstrom wird hierzu in der Regel zu schwach sein. Es
sollte das Putzen des Getreides (Schrotes) sehr sorgfältig vor der Vermahlung erfolgen und nur reines Getreide zum Mahlgang
kommen.
4) Walzenstühle.
Die Neuerungen in dieser Gruppe von Müllereimaschinen, welche schon vor mehr als zehn
Jahren auf eine den Anforderungen des modernen Betriebes entsprechende Höhe gebracht
waren, beziehen sich nur auf Einzelheiten und sind von geringem Belange.
C. G. W. Kapler in Berlin (D. R. P. Nr. 45567 vom 28.
März 1888) hat statt des von Daverio, Ganz u.a.
angewendeten Kreuzdurchlasses, welcher bekanntlich bei Dreiwalzenstühlen zwei
getrennte Mahlgutwege ermöglicht, zur Lösung derselben Aufgabe hinter die
Mittelwalze ein endloses Förderband b (Fig. 12) gelegt, welches in Verbindung mit der
Verschlusswand w und Klappen k eine seitliche Ablenkung des Mahlgutstromes 2,
2 gestattet; so zwar, dass der Mahlgutstrom 1,
1 ohne Schwierigkeit zwischen die unteren beiden Walzen gelangen kann.
Diese Neuerung kann unzweifelhaft gut functioniren, ist jedoch weniger einfach als
der Kreuzdurchlass, vor welchem sie höchstens etwas gleichmässigere Vertheilung des
Mahlgutes bei dessen Zuführung zu den Walzen voraus hat.
Textabbildung Bd. 279, S. 100
Fig. 12.Kapler's Walzenstuhl mit Förderband.
Hermann Voigt in Löbau i. S. (D. R. P. Nr. 46247 vom 5.
Juni 1888) setzt in das Gehäuse eines Walzenstuhles eine Ventilationsvorrichtung mit
Filtertuch und zwingt den Luftstrom, das einfallende Mahlgut zu durchqueren, wodurch
Staub und Schalen beseitigt werden, bezieh. nicht zwischen die Walzen gelangen.
Diese Anordnung kann für kleine Mühlen, weiche Schrotputzmaschinen nicht anwenden, vortheilhaft sein.
C. G. W. Kapler in Berlin (Nr. 45349) und Ernst Garbe in Berlin (Nr. 49427) verbinden mit ihren
Walzenstühlen Regulatoren, welche mit zunehmender Geschwindigkeit auf die Arbeit des
Stuhles Einfluss üben. Kapler verändert sowohl die
Walzenentfernung als auch die Zuführung (Speisung), Garbe erstere allein. Es kann nun wohl vorkommen, dass durch übertriebene
Pressung bei Ausmahlstühlen dieselben gleichsam wie Bremswerke wirken und selbst
vorübergehend den Stillstand des Motors bewirken können; diesem Uebelstande lässt
sich aber am einfachsten dadurch begegnen, dass der Andruck durch Gewichte
vermittelt wird, welche übertriebene, willkürliche Pressung ausschliessen.
Kapler wendet einen gewöhnlichen Pendelregulator an,
welcher auf dem Walzenstuhle angesetzt ist, während Garbe die Regulatorhebel in die Antriebsriemenscheibe eingebaut hat und
dadurch zu einer hübschen constructiven Lösung gelangte.
Krebiehl und Schwahn in Heppenheim a. d. Wiese (D. R. P.
42941) wenden behufs Regulirung der Zuführung des Mahlgutes eine Zellenwalze an, bei welcher die Zellentiefe dadurch
abgeändert werden kann, dass gleichzeitig sämmtliche Zellenböden von einem Handrade
aus verstellt werden können. Diese Verstellung erfolgt dadurch, dass an der Achse
des Handrades, welche in die Hohlachse der Zellenwalze gelegt ist, ein linkes und
ein rechtes Schraubengewinde aufgeschnitten ist, durch welche zwei kegelförmige
Scheiben längs dieser Achse verschoben werden können; die Zellenböden sind als zu
den Kegelflächen passende schiefe Ebenen ausgeführt. Ohne Zweifel kann hierdurch die
Zuführungsmenge verändert werden, doch kann kaum behauptet werden, dass dies exacter
möglich ist, als mittels des gewöhnlichen, viel einfacheren Schiebers, weil das
Ausgiessen des Mahlgutes aus den Zellen durch die Zwischenwände unterbrochen, also
intermittirend erfolgt.
Aug. Wagner in Böblingen, Württemberg (D. R. P. Nr.
43854) hat Walzenlager patentirt, welche um senkrechte Zapfen sich zu drehen, daher
den Walzenzapfen sich leichter anzuschmiegen vermögen. Es soll hier der Zweck
erreicht werden, einseitiges Ausweichen der Walze ohne Festklemmen derselben zu
ermöglichen. Da nach der Patentzeichnung elastischer Andruck mittels Feder
vorgesehen ist, so kann obiger Zweck auch erreicht werden.
Friedr. Twele in Homberg a. Rh. (D. R. P. Nr. 51883)
wendet eine Einlaufvorrichtung an, in welche eine Schnecke mit rechts- und
linksgängigem Gewinde gelegt ist, welche sich in einer nach beiden Seiten
abgeschrägten segmentförmigen Mulde dreht und eine gleichförmige Vertheilung des
Mahlgutes auf die ganze Walzenlänge bezweckt. Es kann dieses Patent dem erwähnten
Zwecke entsprechen, doch genügt zu diesem Zwecke die gewöhnlich gebrauchte
Vorrichtung mit Speisewalze und Regulirschieber auch vollkommen.
5) Desintegratoren.
Die vorliegenden Patente (D. R. P. Nr. 49002 und Nr. 50588) betreffen Anordnungen,
welche sich nicht auf die Zerkleinerung von Mahlproducten beziehen, sondern
einerseits auf die Zerschleuderung mineralischer Stoffe an einander, andererseits
auf einen selbsthätigen Reiniger und Entleerer bei Schleudermühlen für feuchte
Stoffe, welche sich leicht an der Mantelinnenfläche festhängen.
(Fortsetzung folgt.)