Titel: | Lüftungsanlagen im Anschluss an die gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser letzteren. |
Autor: | F. H. Haase |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 127 |
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Lüftungsanlagen im Anschluss an die
gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser
letzteren.
(Eine Artikelfolge von F.
H. Haase, gepr. Civilingenieur, Patentanwalt in Berlin.)
(Fortsetzung des Berichtes S. 108 d.
Bd.)
Lüftungsanlagen im Anschluss an die gebräuchlichen
Heizungssysteme.
Textabbildung Bd. 279, S. 126
Fig. 2.Special-Riemenscheiben-Drehbank. (Vgl. S. 125.)
Nachdem durch die vorstehenden Betrachtungen dargelegt ist, dass man dem Einflüsse
der einen zu lüftenden Raum umgebenden Luft auf die Beschaffenheit der Raumluft, bei
zweckmässiger Einrichtung der Lüftungsanlage immer durch eine – in gewöhnlichen
Fällen zumeist nur unbedeutende – Erhöhung des durch die innere Luftverunreinigung
bedingten Luftwechsels Rechnung tragen kann, erübrigt es noch, diese
Luftverunreinigung selbst näher zu untersuchen.
Gewöhnlich betrachtet man, nach dem Vorgänge Prof. Dr. v. Pettenkofer's, die in einem Räume entwickelte Kohlensäuremenge als Mass
für die Luftverunreinigung, obwohl dieses Gas unter Umständen nur den geringsten
Theil der auf menschlichen und thierischen Organismus nachtheilig einwirkenden
Beimischungen verunreinigter Luft ausmacht. Insbesondere ist es nicht Kohlensäure,
welche stark verunreinigter Luft ihren widerlichen Geruch verleiht, sondern zumeist
Fettsäure. Nach Prof. Dr. v. Pettenkofer treten
indessen die der Gesundheit schädlichen Luftbeimischungen immer mit Kohlensäure
gemischt auf, und zwar – wenn man nur animalische Lungen- und Hautathmungsproducte
ins Auge fasst – in solchem Masse, dass man aus der Anwesenheit einer bestimmten
Menge Kohlensäure auf die ungünstigsten Falles anwesende Menge
gesundheitsschädlicher Luftbeimischungen überhaupt zu schliessen vermag und bei
Bestimmung des höchstens erforderlichen Luftwechsels die ge-sammte specifische
Luftverunreinigung als dem specifischen Kohlensäuregehalt der Luft proportional
annehmen kann.
Geht man von dieser Annahme aus, so ist es völlig gleichgültig, ob man in die beiden
Ausdrücke (I) und (II) für k, m2 und m1 die ganze im Räume erzeugte bezieh. befindliche
und eingeführte specifische Luftverunreinigung oder nur die bezüglichen specifischen
Kohlensäuregehalte der Luftarten einsetzt, weil im ersteren Falle im Zähler und im
Nenner der Ausdrücke (I) und (II) gleiche Factoren der Kohlensäuregehalte auftreten,
deren Weglassen die Rechnungsergebnisse nicht ändert.
Man darf jedoch nicht vergessen, dass man es nicht überall nur mit solchen
Luftverunreinigungen zu thun hat, welche aus Lungen- und Hautathmungsproducten
herrühren und dass man deshalb auch nicht überall ein gleiches Mengenverhältniss der
gesammten specifischen Luftverunreinigungen zum specifischen Kohlensäuregehalt der
Luft als vorliegend in Rechnung setzen darf; so z.B. kommt es nicht selten vor, dass
Luft im Freien einen verhältnissmässig hohen Kohlensäuregehalt haben und sich doch
als sehr gesundheitszuträglich erweisen kann (wie beispielsweise Luft in der Nähe
der Meeresküste), und umgekehrt, dass Luft, welche einen geringen Kohlensäuregehalt
hat, für die Gesundheit sehr nachtheilig sein kann – insbesondere dann, wenn sie
Beimischungen von Kohlenoxydgas enthält, dessen Anwesenheit in specifischer
Beimischung von wenigen Tausendtheilen manchen Personen schon sofort einen
stechenden Kopfschmerz verursacht – während ein specifischer Kohlensäuregehalt von
mehr als 1
Proc. unter Umständen noch einathembar ist, ohne sofort irgend welche nachtheiligen
Einwirkungen auf den animalischen Organismus auszuüben; ja Prof. Dr. v. Pettenkofer fand sogar in einem Kuhstalle schon
17procentige Kohlensäure vor, und in Schulen war vor 25 Jahren ein Vorkommniss von 8
bis 10procentiger Kohlensäure gar nicht besonders aussergewöhnlich.
Textabbildung Bd. 279, S. 127
Fig. 3.Riemenscheiben-Nabenbohr- und Gewindschneid-Maschine. (Vgl. S.
125.)
Es dürfte sich deshalb empfehlen, für k in den beiden
Ausdrücken (I) und (II) die Summe aller in dem zu lüftenden Raume erfolgenden
Kohlensäureentwickelungen und sonstigen aussergewöhnlichen, auf die schädliche
Wirkung der Kohlensäure bezogenen Luftbeimischungen (die letzteren nach
vorgenommenen Untersuchungen oder nach persönlichen Erfahrungen veranschlagt)
einzusetzen. Insbesondere würde man hierbei etwaigen Kohlenoxydgasgehalt mit 10
multiplicirt in Rechnung zu setzen haben, weil ein Tausendstel Kohlenoxyd für die
Gesundheit annähernd ebenso nachtheilig ist wie ein Hundertstel Kohlensäure, und in
gleicher Art würde man in Spitälern etwaigen an die Luft übertragenen
Ansteckungsstoffen möglichst Rechnung zu tragen haben.
Man hat übrigens beim Ermitteln des Werthes von k zu
beachten, dass die entwickelten Kohlensäuremengen im Augenblicke ihrer Uebertragung
an die Luft gewöhnlich eine höhere Temperatur haben als diese und dass man deshalb
ihr Volumen immer für die Raumtemperatur berechnet, in die durch k ausgedrückte wirkliche oder ideelle Kohlensäuresumme
einzusetzen hat. Um Irrthümer zu vermeiden, ist es deshalb zweckmässiger, in den
Gleichungen (I) und (II) für k das Product k0 (1 + 0,00367 t2) zu setzen und dabei
unter k0 die auf 0° C.
bezogene wirkliche oder ideelle entwickelte Kohlensäuresumme (nach obiger
Erklärung), in Cubikmetern ausgedrückt, zu verstehen.
Ebenso dürfte es mit Rücksicht auf die verschiedene Höhe des unter Umständen in einem
Räume zulässigen specifischen Kohlensäuregehaltes der Luft zweckmässig sein,
die Bezeichnung m2
zu ersetzen durch das Product α2 . o2, sowie die Bezeichnung m1 für den – nach Massgabe anderer
Beimischungen zu veranschlagenden – ideellen specifischen Kohlensäuregehalt der
Frischluft, zu ersetzen durch das Product α1 . o1, wobei o2 und o1 die unter mittleren Verhältnissen anzunehmenden
specifischen Kohlensäuregehalte und α2, α1 Coefficienten bezeichnen, welche je nach der
Verwendungsart eines Raumes (betreffs α2) und seiner Lage zu benachbarten Grundstücken
(betreffs α1) mehr oder
weniger von 1 nach aufwärts oder abwärts abweichen.
Da nun gewöhnlich als mittlere Werthe von o2 und o1 angenommen wird:
o_2=0,0015 und
o_1=0,00045
so kann man nach den vorstehenden Ausführungen den beiden
Gleichungen (I) und (II) zweckmässiger die Form geben:
für Drucklüftung
l_1=\frac{667\,k_0\,(1+0,00367\,t_2)}{\alpha_2-0,3\,\alpha_1}\,[1+\varepsilon\,(t_1-t_2)]
(Ia)
für Zuglüftung
l_1=\frac{667\,k_0\,(1+0,00367\,t_2)}{\varphi\,(\alpha_2-0,3\,\alpha_1)}\,[1+\varepsilon\,(t_0-t_2)]
(IIa)
Dabei sind α1 und α2 nach der folgenden
Tabelle zu wählen.
α
1
α
2
Für vollständig frei-
Für Stallungen be-
liegende Gebäude
sonders starker
in sehr guter Luft-
Kohlensäureentwick-
lage
0,4–0,5
ler (Schafe und
Für freiliegende Ge-
Schweine)
3–4
bäude in der Nähe
Für Pferde- und Rind-
von Friedhöfen
0,8–1,0
viehstallungen
2–3
Für Gebäude inmit-
Für Werkstätten,
ten schwach bevöl-
Packräume und Kir-
kerter Orte, von
chen
1,5–2
Fabriken entfernt
0,5–1,0
Für Verkaufsläden,
Für Gebäude inmit-
Markthallen, Börsen-
ten sehr stark be-
räume und Gast-
völkerter Städte mit
stuben
1,0–1,5
zahlreichen Fabri-
Für Schulräume, Ar-
ken, jedoch frei und
beitsstuben und Fa-
an breiten Strassen
brikräume für Thä-
liegend
0,6–1,2
tigkeit bei wenig
Für ungünstiger ge-
körperlicher Bewe-
legene Gebäude
1,0–1,5
gung
a) bei reichlich be-
messenem Raum
0,8–1,3
b) bei engem Raum
0,6–1,1
Für Bureauräume
a) bei reichlich be-
messenem Raum
0,7–1,2
b) bei häufiger
Ueberfüllung auf
längere Zeit
0,5–1,0
Für Krankenhäuser
0,4–1,0
Was die auf 0° C. bezogenen stündlichen Kohlensäureentwickelungen in den zu lüftenden
Räumen betrifft, so hat man die zeitweiligen Entwickelungen von den dauernden
gesondert zu summiren und zu untersuchen, ob die ersteren unter den Verhältnissen,
unter denen sie auftreten, befähigt sind die specifische Luftverschlechterung auf
ein unzulässiges Mass zu erhöhen, sofern die Lüftung während der Zeitdauer ihres
Auftretens in dem gleichen Masse beibehalten wird, welches die vorkommenden
dauernden Kohlensäureentwickelungen höchstens bedingen, und wenn dann diese
Untersuchung ein Ueberschreiten der höchstens zulässigen specifischen
Luftverunreinigung ergibt, so muss der vorher in Rechnung gezogene Luftwechsel
soweit erhöht werden, dass ein solches Ueberschreiten in Wirklichkeit nicht
eintreten kann.
Zu den zeitweiligen Kohlensäureentwickelungen gehören insbesondere die als
Verbrennungsproducte der Beleuchtungsmaterialien auftretenden.
Nach Prof. Dr. v. Pettenkofer sind die auf ihre
Dichtigkeit bei 0° C. bezogenen Kohlensäureentwickelungen von:
1 cbm Steinkohlenleuchtgas
0,597
cbm
CO2
1 k gut gereinigtem Erdöl
1,596
„
„
1 k Stearinkerzen
1,426
„
„
Textabbildung Bd. 279, S. 128
Fig. 4.Riemenscheiben- und Zahnräder-Bohr- und Drehbank. (Vgl. S.
126.)
Dabei ist jedoch vorausgesetzt, dass die Verbrennung des betreffenden Leuchtmaterials
eine vollständige sei, während sonst neben Kohlensäure auch noch Kohlenoxydgas und
giftige Kohlenwasserstoffe auftreten. Da diese Entwickelungsproducte aber unter
ungünstigen Verhältnissen jede Lüftung entwerthen können, so können dieselben bei
Bestimmung des für eine Lüftungsanlage erforderlichen Luftwechsels überhaupt nur bis
zu einem gewissen Betrage berücksichtigt werden, und es muss der
Beleuchtungsindustrie anheimgestellt werden, für solche Ausführungen der
Beleuchtungskörper Sorge zu tragen, welche das Vorkommen unvollkommener Verbrennung
des Leuchtmaterials thunlichst ausschliessen. Immerhin aber wird es empfehlenswerth
sein, etwaigen, auf kurze Dauer vorkommenden Unvollkommenheiten der Verbrennung
Rechnung zu tragen, und dies kann – wenn die Ausführungen der Leuchtkörper und die
Beschaffenheit des Leuchtmaterials dem heutigen Standpunkte der
Beleuchtungsindustrie entsprechend gute sind – mit Sicherheit dadurch geschehen,
dass man die der vollständigen Verbrennung entsprechende
Kohlensäureentwickelung mit 2 multiplicirt in Rechnung einführt.
Zu den dauernden wirklichen oder ideellen Kohlensäureentwickelungen gehören in erster
Linie die von Menschen und Thieren durch Lungen- und Hautthätigkeit ausgeschiedenen
Athmungsproducte, von welchen – solange keine aussergewöhnlichen krankhaften
Ausscheidungen dabei in Frage kommen – nach den oben angegebenen Erklärungen nur die
Kohlensäuremengen selbst in die Summe k0 (der Gleichung Ia und IIa) einzuführen sind.
Die Kohlensäuremengen, welche Menschen und Thiere durch Lungen- und Hautthätigkeit
(Respiration und Perspiration) stündlich ausscheiden, sind aber nicht unter allen
Verhältnissen die gleichen, sondern – abgesehen von den durch krankhafte Zustände
verursachten Abweichungen – nach längerer anstrengender körperlicher Thätigkeit
grösser, und zwar bedeutend grösser und im Schlaf geringer als in ruhendem Zustande
bei Tag. Auch ist die Kohlensäureausscheidung periodischen Schwankungen unterworfen:
in der Kälte etwas grösser als in warmer Luft, bei Pflanzennahrung grösser als bei
Fleischnahrung, und während der körperlichen Entwickelungszeit grösser als
nachher.
Nach Prof. Dr. v. Pettenkofer beträgt die normale
Kohlensäureausscheidung des Menschen bei körperlicher Ruhe bei Tag durchschnittlich
für je 1 k seines Körpergewichtes stündlich – auf 0° C. bezogen – 0,000184 cbm,
steigt aber nach längerer lebhafter Bewegung und körperlicher Anstrengung bis zu einem
Mehrbetrage von 60 Proc. und sinkt während des Schlafens bis zu einem Minderbetrage
von 25 Proc.
Textabbildung Bd. 279, S. 129
Fig. 5.Special-Riemenscheiben-Drehbank. (Vgl. S. 125.)
Bei grossen Zugthieren ist die Kohlensäureausscheidung noch bedeutend grösseren
Schwankungen unterworfen als beim Menschen. So macht Dr. Im.
Munk in seinem Werke über Physiologie die Mittheilung, eine bei einem
Pferde angestellte Untersuchung habe ergeben, dass dessen stündliche
Kohlensäureausscheidung nach längerer Ruhe 342 g, nach längerer Zeit andauernder
angestrengter Thätigkeit aber 745 g (also fast 120 Proc. mehr als vorher)
betrug.
Unter solchen Umständen kann man natürlich die von Personen oder Thieren in einem
Räume entwickelte Kohlensäuremenge nie mit voller Sicherheit bestimmen, und muss man
sich damit begnügen, Mittelwerthe dafür in die Rechnung einzuführen, die nur durch
zahlreiche Untersuchungen ermittelt werden können. Man erkennt aber aus den
vorstehenden Angaben, dass solche Mittelwerthe nicht für alle Verhältnisse die
gleichen sein können, sondern für körperlich sehr angestrengte Personen und Thiere
höher zu veranschlagen sind, als für körperlich nur wenig oder gar nicht thätige
Rauminhaber.
Demgemäss bedürfen die in der folgenden Tabelle notirten – für mittlere Verhältnisse
von Grouven, Henneberg, v. Pettenkofer, Pflueger, Regnault,
Reiset u.a. erforschten – Mittelwerthe, je nachdem es sich um die
Bestimmung der Kohlensäureausscheidung körperlich sehr stark in Anspruch genommener
oder um die von körperlich gar nicht thätigen Personen oder Thiere handelt, einer
Correctur um 10 bis 15 Proc. aufwärts oder abwärts.
Um die Wahl der den jeweiligen Verhältnissen entsprechenden Mittelwerthe zu
erleichtern, enthält die folgende Tabelle ausser den mittleren Verhältnissen
entsprechenden Mittelwerthen auch die Angabe der in Ruhelage bei Tag erfolgenden
niedrigsten Kohlensäureausscheidungen auf 1 k des Körpergewichtes bezogen, sowie die
Differenz dieser niedrigsten und der unter mittleren Verhältnissen erfolgenden
mittleren Kohlensäureausscheidungen in Procenten ausgedrückt.
Die stündlichen Kohlensäureentwickelungen, bezogen auf ihre
Dichtigkeit bei 0° C.
Benennung
MittleresKörpergewichtin Kilo
Mittlere Kohlen-säureausschei-dung
untermittleren Ver-hältnissen inCubikmeter
NiedrigsteTageskohlen-säureausschei-dung auf 1
kKörpergewichtbezogen
Differenz
derallgemeinenmittlerenKohlensäure-ausscheidungund
der niedrig-sten Tagesaus-scheidung
Ochse
600
0,2300
0,0002524
52
Pferd
450
0,2017
0,0002774
52½
Mensch
75
0,0190
0,0001843
37½
Schaf
70
0,02405
0,0002438
41
Hund
15
0,00928
0,0004507
37
Katze
2,5
0,00133
0,000399
33⅓
Kaninchen
2,0
0,00118
0,000429
37½
Huhn
1,0
0,000823
0,000614
34½
Kleiner Singvogel
–
–
0,004500
–
In Ställen, welche nicht hinreichend rein gehalten werden, ist der verunreinigende
Einfluss der Athmungsausscheidungen der Thiere auf die Raumluft oft geringer als
derjenige der Harn- und Kothausscheidungen. Zwar enthalten diese selbst keine
Kohlensäure, aber dafür andere Bestandteile, aus denen sich durch Fäulnissprocess
nicht weniger
schädlich wirkende flüchtige Ammoniumverbindungen und mit der Zeit auch Kohlensäure
entwickeln.
Um dem nachtheiligen Einflüsse derartiger Ausscheidungen entgegenzuwirken, gibt es
kein anderes Mittel, als möglichste Reinhaltung des Stallbodens, Bestreuen der
benässten Stellen desselben mit trockenem Sand, zeitweilige Desinficirung und
Anordnung der Abzugsöffnungen der Lüftungsanlage in möglichster Nähe des Bodens.
Eine Vermehrung des im Uebrigen erforderlichen Luftwechsels ist im Falle solchen
Verfahrens entbehrlich und ist ohne solches Verfahren nur von geringem Werth.
Das besagte Verfahren ist aber um so wichtiger, als die in mangelhaft rein gehaltenen
Ställen aus Harn- und Kothausscheidungen entstehenden Gase auch in die
Kleidungsstücke der in den Ställen beschäftigten Personen eindringen und mit
denselben in die Wohn- und Aufenthaltsräume der letzteren gebracht werden, in
welchen sie ihren Fäulnissprocess – unter Einwirkung der Feuchtigkeit der Raumluft
oder der Kleidungsstücke selbst – fortsetzen und dabei natürlich um so
nachtheiligeren Einfluss ausüben, je mehr in Ställen beschäftigte Personen sich in
einem verhältnissmässig kleinen Raume aufhalten, wie es beispielsweise bei
berittenem Militär in Kasernenräumen zutrifft.
Dem Einflusse der inficirten Kleidung kann man nur dadurch mit genügender Sicherheit
entgegenwirken, dass man diese im durchnässten Zustande überhaupt nicht in Wohn- und
Schlafräumen lässt, sondern in anderen Räumen zum Trocknen aufhängt und im Uebrigen
möglichst trockene Luft in die ersteren Räume einführt und die Abzugsöffnungen hier
in einer die Inficirung der Raumluft im Athmungsbereiche thunlichst erschwerenden
Lage anordnet. Werden Militärmäntel an je einer besonderen Stelle der Schlafsäle
aufgehängt und die übrigen Kleidungsstücke auf Stühle gelegt, so ergibt, sich als
zweckmässigste Lage der Abzugsöffnungen die Höhenlage unterhalb der Bettgestelle,
bei Anordnung von wenigstens einer Abzugsöffnung unmittelbar unterhalb der Mäntel
und mehrerer Abzugsöffnungen an verschiedenen Stellen des Raumes. –
Zu den luftverunreinigenden menschlichen und thierischen Ausscheidungen gehören auch
diejenigen des Schweisses. Indessen ist der Einfluss dieser Ausscheidungen bei
genügender Reinlichkeit des Körpers und bezieh. der Bekleidung ungünstigsten Falles
nur demjenigen einer Steigerung der Lungen- und Hautathmung bis zur maximalen
Kohlensäureausscheidung gleich zu setzen und kann somit nach den oben dafür
gemachten Angaben veranschlagt werden. Wenn dagegen Unreinlichkeit des Körpers und
bezieh. der Kleidung dabei mitwirken, so können Schweissausscheidungen unter
Umständen eine den Harn- und Kothausscheidungen ähnliche Wirkung äussern, der man
nur durch genügend rasche Abführung des hierbei ausgeschiedenen Wassers – welches
nach J. Munk 97,5 bis 99,5 Proc. der ganzen
Schweissausscheidung ausmacht – entgegenwirken kann, wobei ausser der Menge des
Luftwechsels auch die Aufnahmefähigkeit der Lüftungsluft für Wasserdunst in Betracht
kommt und eine von den Gleichungen (Ia) und (IIa) unabhängige, später zu erörternde
Bestimmung der etwa nöthigen Luftwechselvermehrung zu erfolgen hat. Das Gleiche gilt
auch für diejenige Luftwechsel Vermehrung, welche zur Abführung von Dünsten anderer
Art, insbesondere der in Wein-, Bier- und Branntweinschänken von Getränken
herrührenden, erforderlich ist.
Dagegen gehört in industriellen Fabrikationsanlagen zu den wirklichen oder
ideellen Kohlensäureentwickelungen eine grosse Anzahl von Gährungs-, Verbrennungs-,
Destillations- und Sublimationsproducten, welche, als Nebenproducte der
Industrieerzeugnisse entstehend, sich am Orte ihrer Entwickelung in Gasform mehr
oder weniger dicht mit der Raumluft vermischen.
Eine nähere Besprechung dieser Producte ist hier nicht erforderlich, da das
Verhältniss ihrer Schädlichkeit auf den animalischen Organismus zu derjenigen der
Kohlensäure und die Mengen, in welchen sie sich entwickeln, den zuständigen
Technologen hinreichend bekannt sind.
Man ist häufig in der Lage, Lüftungsanlagen für Räume, welche zeitweise für kurze
Dauer sehr stark, für gewöhnlich aber nur wenig oder auch gar nicht benutzt oder
besucht werden, beschaffen zu müssen. In solchen Fällen ist es oft zu kostspielig
und auch nicht immer nothwendig, die Abmessungen der Lüftungseinrichtungen so gross
zu wählen, dass dieselben auch bei stärkster Raumbenutzung noch eine ebenso gute
Lüftung ermöglichen, wie sie in gewöhnlichen Fällen bei lange andauernder
Raumbenutzung erforderlich ist; immerhin aber darf dabei doch die Luftverunreinigung
eine gewisse Grenze nicht überschreiten und ist es deshalb erforderlich, sich
jeweils durch Rechnung davon zu überzeugen, dass die bezügliche projectirte
Lüftungsanlage auch unter ungünstigsten Verhältnissen noch billigen Anforderungen
genügt.
Ueber die ungünstigsten Falles von einer vollständig ausgenutzten Lüftungsanlage zu
erwartende Wirkung kann man sich leicht Klarheit verschaffen, wenn man den hierbei
während des Zeitdifferentials erfolgenden Zuwachs der Raumluftverunreinigung
ermittelt und für den innerhalb bestimmter Zeit erfolgenden Luftwechsel
integrirt.
Ist L wieder der Luftinhalt des Raumes, m1 die specifische
Verunreinigung der frisch einströmenden Luft, l der
während einer bestimmten Zeit und d(l) der für das
Zeitdifferential erfolgende Luftwechsel, k die während
des Luftwechsels l und d(k) die während des Luftwechsels d(l) in dem
Räume entwickelte gesammte Luftverunreinigung und bezeichnet m die in einem bestimmten Augenblicke im Räume vorhandene und endlich d(m) die im nächstfolgenden Zeitdifferential
hinzutretende specifische Verunreinigung der Raumluft L, so ist:
L\ .\ [m+d(m)]=L\ .\ m+m_1\ .\
d(l)+d(k)-d(l)\,[m+d(m)].
Beachtet man nun, dass das Product d(l)\times d(m) eine unter
allen Umständen vernachlässigbare Grösse ist und ersetzt man d(k)
durch \frac{d(k)}{d(l)}\,d(l) und beachtet, dass das Verhältniss
\frac{d(k)}{d(l)} für einen in Betracht stehenden
Beharrungszustand constant ist und deshalb dem Verhältnisse
\frac{k}{l} gleich ist, so erhält man durch Umformung des
vorstehenden Ausdruckes:
L\ .\ \frac{d(m)}{m_1+\frac{k}{l}-m}=d(l)
Ist nun die anfängliche specifische Verunreinigung der Raumluft
m=m_2, so erhält man für die bestimmte Zeit, während welcher
bei stärkster Raumbenutzung der Luftwechsel l erfolgt,
durch Integration
l=L\,.\,log\,.\,nat\,\frac{m_1+\frac{k}{l}-m_2}{m_1+\frac{k}{l}-m}=L\,.\,log\,.\,nat\,\frac{m_2-m_1-\frac{k}{l}}{m-m_1-\frac{k}{l}}
. . . (10)
wofür man auch schreiben kann:
\frac{m_2-m_1-\frac{k}{l}}{m-m_1-\frac{k}{l}}=c^{\frac{l}{L}}
und daraus folgt dann, wenn man beachtet, dass
\frac{1}{e}=0,368:
m=m_1+\frac{k}{l}\,\left(1-0,368^{\frac{l}{L}}\right)+(m_2-m_1)\,.\,0,368^{\frac{l}{L}}
. . . (III)
Wenn die anfängliche specifische Verunreinigung der Raumluft derjenigen der
Frischluft gleich ist, also m_2=m_1, so fällt das dritte Glied
des Ausdruckes (III) weg und man behält:
m=m_1+\frac{k}{l}\,\left(1-0,368^{\frac{l}{L}}\right) . . .
. . . . (IIIa)
Dieser Ausdruck lässt erkennen, dass der Einfluss starker Vermehrung des Besuchs
eines Raumes unter Umständen sehr gering sein kann, wenn die Höhe des Raumes eine so
bedeutende ist, dass während der Dauer dieses starken Besuches der für gewöhnliche
Fälle vorgesehene Luftwechsel den Betrag der im Räume befindlichen Luftmenge nicht
erreicht.
Ist beispielsweise \frac{l}{L}=\frac{1}{2}, so ist
m=m_1+0,4\,\frac{k}{l}, und ist
\frac{l}{L}=\frac{1}{5}, so ist gar nur
m=m_1+0,177\,\frac{k}{l}.
Wird ein im Allgemeinen stark benutzter Raum jeweils nach bestimmten kürzeren
Zeitabschnitten für kurze Zwischenzeit nicht benutzt, wie es in manchen
Unterrichtsanstalten vorkommt, und dabei die Lüftung ohne Unterbrechung fortgesetzt,
so vermindert sich in den Zwischenzeiten die specifische Luftverunreinigung und man
kann demzufolge mit einem etwas geringeren Luftwechsel eine gleich gute Lüftung
erzielen, als unter sonst gleichen Verhältnissen in anderen Fällen, in welchen
solche Zwischenzeiten nicht oder nur in langen Zeitabschnitten auf einander folgend
vorkommen.
Bezeichnet l0 den
während einer solchen Zwischenzeit in einem Räume erfolgenden Luftwechsel, m0 die am Ende
derselben und m3 die am
Anfange derselben vorhandene specifische Raumluftverunreinigung, so erhält man, wenn
man in dem Ausdrucke (III) k durch 0, l durch l0, m2 durch m3 und m durch m0 ersetzt:
m_0=m_1+(m_3-m_1)\,.\,0,368^{\frac{l_0}{L}} . .
. . (IIIb)
Wird in diesen Ausdruck für m3 die höchstens zulässige specifische Luftverunreinigung des Raumes und
für l0 der nach der
Dauer der Zwischenzeit berechnete Luftwechsel eingesetzt, so lässt sich die unter
solchen Verhältnissen am Ende der Zwischenzeit, oder, was dasselbe ist, die bei
Beginn der Wiederbenutzung des Raumes in demselben bestehende specifische
Luftverunreinigung (m0)
ohne weiteres ermitteln.
Setzt man dann den gefundenen Werth von m0 an die Stelle von m2 und die höchstens zulässige specifische
Luftverunreinigung m3
an die Stelle von m in den Ausdruck (10), so kann man
aus
L\,.\,log\,.\,nat\,\frac{m_0-m_1-\frac{k}{l}}{m_3-m_1-\frac{k}{l}}=l^1
. . . . . (11)
den während der Benutzungszeiten wirklich erforderlichen
Luftwechsel l1
ermitteln; wenn man für l den vorher nach Gleichung (I)
oder (II) oder nach einer der specialisirten Gleichungen (Ia), (IIa) berechneten,
unter weniger günstigen Verhältnissen erforderlichen stündlichen Luftwechsel und für
k die stündlich im Räume entwickelte absolute
Luftverunreinigung in Rechnung setzt.