Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen. |
Autor: | Fr. Kick |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 193 |
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Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
Von Prof. Fr. Kick.
(Patentklasse 50. Fortsetzung des Berichtes S. 97
d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
6) Griesputzmaschinen.
Die Zahl der hierher gehörigen Neuerungen ist gering und selbst von diesen wenigen
verdienen einige wegen ganz überflüssig complicirter und nicht begründeter Anordnung
mit Stillschweigen übergangen zu werden.
Textabbildung Bd. 279, S. 193
Fig. 1.Griesputzmaschine von Geislingen.
Erwähnung verdienen nachstehende Anordnungen:
Die Griesputzmaschine der Maschinenfabrik Geislingen in
Geislingen a. d. Steige (D. R. P. Nr. 47893 vom 13. November 1888) ist durch Fig. 1 dargestellt. Aus der Gosse G gelangt der Gries zunächst auf das Sieb S, welches anhängende Dunsttheilchen absiebt und bei
D aus der Maschine fördert. Der Gries gelangt
sodann auf das Sieb I, die feineren Griese fallen durch
I auf II, von II auf III bezieh. IV und V. Das ganze
Siebsystem ist an den Hängestangen h, h1 aufgehängt und erhält vom Excenter E rüttelnde Bewegung. Jeder Siebrahmen ist an der
Austragseite durch Leder mit den Wänden der senkrechten Kanäle K verbunden, ebenso die Zwischenleisten l mit den Achsen der Klappen m.
Entgegen der Bewegung der Griese zieht durch die Maschine ein Luftstrom, welcher in die engeren Grieskanäle bei ii eintritt und entsprechend den eingezeichneten
Pfeilen zum Ventilator V geht, welcher Luft und
Flugkleie in eine Kleiekammer treibt. Die Klappen m und
n gestatten durch entsprechende Einstellung, den
Wind wirksamer zu machen. Die geputzten Griese fallen durch ii nach I', II'' bis V' die schwereren Ueberschläge werden nach k
gelangen und treten durch entsprechende Leitungen seitlich aus der Maschine;
die leichten Ueberschläge gelangen nach u1, u2, u3, die Flugkleie nach V. Der durch Zahnrad und Zahnstange verstellbare Schieber x gestattet, die Luftbewegung zu schwächen.
Für kleinere Mühlen, in welchen mehrere Griesgrössen auf einer Maschine geputzt
werden müssen, erscheint diese Maschine sehr zweckmässig. Der Patentanspruch bezieht
sich auf die beschriebene Anordnung der Fallrohre (i,
k) und deren Verbindung mit den Klappen oder Zungen (m,
n) und der nachgiebigen Verbindung durch Leder o. dgl. der Rohre und
Siebe.
Textabbildung Bd. 279, S. 193
Fig. 2.Bittinger's Griesputzmaschine
Hans Bittinger in Braunschweig (D. R. P. Nr. 45591 vom
19. April 1888) hat eine Griesputzmaschine eingeführt, bei welcher der Rost, über
welchen die Griese fallen und zwischen dessen Stäben die Luftbewegung die sondernde
Wirkung hervorbringt, eine rüttelnde Bewegung empfängt.
Es ist dies neu und gewährt bei sonst entsprechender
Anordnung jedenfalls den Vortheil, dass ein Versetzen (Staubansammlung) des Rostes
nicht leicht eintreten kann. Fig. 2 stellt die
Anordnung nach der Patentschrift dar. G ist die Gosse,
an deren Auslauf eine Speisewalze zum Zwecke gleichförmiger Beschickung angebracht
sein sollte. R ist der Rost, welcher senkrecht zur
Bildebene durch Excenter und Zugstange von der Ventilatorachse aus bewegt wird.
Textabbildung Bd. 279, S. 193
Fig. 3.Haggenmacher's Griesputzmaschine.
Die in verschiedenen ungarischen Mühlen eingeführte neueste Griesputzmaschine von Carl Haggenmacher in Budapest (D. R. P. Nr. 45344 vom
3. März 1888) wurde bereits in einem früheren Berichte erwähnt, und unterscheidet
sich von Haggenmacher's früheren Constructionen
wesentlich dadurch,
dass die Roste frei zugänglich sind, daher im Falle des Verlegens leicht geputzt
werden können. Fig. 3 stellt einen senkrechten
Schnitt dieser Maschine dar. G ist die Gosse, w die Speisewalze, k eine
Klappe, welche nur den Gries, nicht aber Luft einlassen soll, R sind die Roste oder Fachwerke, welche in Verbindung
mit der bewegten Luft die Sonderung des Grieses in acht Sorten bewirken. Die
Luftbewegung ist durch die Pfeile angedeutet und führt die Luft die Flugkleie in den
nach oben und rechts noch
weiter entwickelten Windkasten, von welchem ein Saugrohr zum Ventilator führt. Die
Flugkleie fällt zur Schnecke F. Die einzelnen Roste R sind zu ausschiebbaren
Rahmen verbunden und können daher leicht gereinigt werden. Die Windleitungen
zwischen den Rahmen erweitern sich gegen oben, wodurch
die Luftgeschwindigkeit abnimmt und der Reihe nach minderwerthige Theilchen
niederfallen.
Zu den Griesputzmaschinen kann auch eine von G. Luther
in Braunschweig (D. R. P. Nr. 46035 vom 20. Januar 1888) patentirte Maschine
gerechnet werden. Dieselbe ist als „Sortirmaschine mit Plansieb und
Balggebläse“ bezeichnet und kennzeichnet diese Benennung auch recht wohl die
Anordnung. Die Rückwand des wenig geneigten Rüttelsiebes bildet die Vorderwand eines
Blasebalges. Bei der Rückbewegung des Siebes findet Verdichtung der Luft im Balge
und Oeffnen der in der Rückwand des Sichtkastens befindlichen Klappen statt, wodurch
ein Luftstrom über das Sieb bläst. Bei der Vorbewegung des Siebes schliessen sich
die Klappen des Sichtkastens und öffnet sich dafür eine Saugklappe des Blasebalges
und saugt derselbe Luft. Es können mehrere Siebe über einander angebracht sein, in
welchem Falle die Siebrückwand für jede Abtheilung Luftklappen besitzt, so dass über
jedes Sieb ein Theil der dem Blasebalge entströmenden Luft bläst.
7) Sichtmaschinen.
Von den charakteristischen Neuerungen dieses Abschnittes besprach Referent vor zwei
Jahren Haggenmacher's Plansichter (1888 270 * 503) und Winkler's
pulsirende Sichtmaschine (1888 268 * 289). Von
beiden Neuerungen versprach sich Referent ziemlich rasche Einführung in die Praxis,
doch entsprach der Erfolg lange den gehegten Erwartungen nicht. Erst im letzten
Jahre wurden bei Haggenmacher's Plansichter gewisse
Mängel mit Erfolg beseitigt und betreffs Winkler's
Maschine fehlen günstige Nachrichten; ja es scheint mit dieser Maschine trotz aller
aufgewandten Energie ähnlich zu gehen, wie es mit der Regenerativ-Dampfmaschine vor
etwa 40 Jahren ging, welche der berühmte Wilhelm
Siemens trotz wunderbarer Energie schliesslich aufgab, indem sich die
Schwierigkeiten nicht überwinden Hessen. – Leichter ist es, eine neue Idee zu
fassen, als sie über alle Hindernisse hinwegzuheben. –
Der Wichtigkeit nach sollte Haggenmacher's Plansichter
an erster Stelle in diesem Abschnitte erwähnt und in seinen Verbesserungen erläutert
werden; doch sei zuerst eines Versuches gedacht, welcher die Hebung der
Leistungsfähigkeit des altbewährten Mehlcylinders bezweckt, weil diese Aufgabe
meines Wissens bisher nur durch Vergrösserung des Cylinders versucht wurde und hier
ein neuer Weg betreten erscheint.
Als Versuch der Vermehrung der Leistungsfähigkeit eines gewöhnlichen Mehlcylinders
ist die sogen. Balance-Sichtmaschinevon Hugo Graepel, Maschinenfabrik in Budapest, aufzufassen
(D. R. P. Nr. 51019 vom 18. December 1888). Statt eines Cylinders oder sechs-
bezieh. achtseitigen Prismas, sind vier prismatische
Siebkörper (Siebkammern) mit den Endscheiben, durch welche der Einlauf bezieh.
Auslauf des Sichtgutes erfolgt, verbunden. Das Sichtgut vertheilt sich mithin in die
vier Siebkörper I bis IV
(Fig. 4), welche, der Punktirung entsprechend, an
den Flächen ab, cd, ef, gh mit Gaze bespannt sind,
demnach zusammen eine 2- bis 2½fach grössere Siebfläche als der gewöhnliche
Mehlcylinder gleicher Länge besitzen, so dass eine 1½fache Leistungsfähigkeit, wie
mitgetheilt, ganz glaubwürdig ist. Ein sofort einleuchtender Nachtheil der Graepel'schen Anordnung ist der, dass der Zustand der
Siebe, welche den Scheidewänden mn und mn' zugekehrt sind, sich der bequemen Controle entzieht
und dass auch die Erneuerung der Bespannung schwieriger ist als bei den
Mehlcylindern älterer Bauart.
Textabbildung Bd. 279, S. 194
Graepel's Sichtmaschine.
Bezüglich des Plansichters von Carl Haggenmacher in Budapest liegen seit dem letzten Berichte drei weitere Patente vor (D. R. P. Nr.
46509 und Nr. 46985, beide vom 28. Mai 1887, fast 2 Jahre später ausgegeben, und Nr.
51984 vom 9. August 1889). Wie erwähnt, bedurfte der Plansichter mehrfacher
Verbesserungen.
Bei der neuen Anordnung (D. R. P. Nr. 51984) sind die Vertheilungsleisten ganz
weggelassen und die Förderleisten (Förderschaufeln) nicht mehr unmittelbar auf die
Siebfläche gesetzt, sondern stehen von derselben ab, so dass die Siebfläche frei ist
und jene todten Winkel beseitigt sind, welche früher durch die Förderleisten und
Kanal wände gebildet waren.
Der Plansichter arbeitet mit Putzgut (grobe Kleie,
Linsen oder Erbsen), welches circulirt und auch bei weichem oder feuchtem Sichtgute
die Maschen der Siebe offen hält, so dass die Leistungsfähigkeit eine bedeutende bleibt. – Ein Sichter von 3,5 m Länge
und 1,6 m Breite – mithin von 5,6 qm Rahmenfläche – sichtet stündlich 2000 bis 2500 k Schrot, oder beiläufig 1500 k Gries oder 1100 k
Dunst oder 650 k Mehl.
Die neueren Plansichter sind um ein Dritttheil leichter
gebaut, wodurch die Vibrationen wesentlich gemindert sind. Bekanntlich
beschreibt jeder Punkt des Plansichters einen Kreis von demselben Halbmesser. Früher
betrug derselbe 60 mm, jetzt 50 mm, die minutliche Tourenzahl betrug früher 200,
jetzt 180, und auch hierdurch verringern sich die auftretenden Fliehkräfte und
dadurch bedingten Vibrationen wesentlich. Eine besonders beachtenswerthe
Verbesserung, welche hauptsächlich dort von ausschlaggebender Bedeutung ist, wo die
Deckenconstruction keine so kräftige ist, dass der Plansichter ohne Nachtheil für
die baulichen Verhältnisse an der Decke aufgehängt werden kann, ist die stehende
Anordnung des Plansichters, der „stehende
Plansichter“, Construction Walter
Konegen in Braunschweig.
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Fig. 5.Haggenmacher's Plansichter von G. Luther.
Die nebenstehende Fig. 5 zeigt ein Bild der
Aufstellung des stehenden Plansichters, wie ihn die Maschinenfabrik G. Luther in Braunschweig, Ganz
und Co. in Ratibor und Gutherz und Müller in
Budapest ausführen.
Der Sichtkasten ist von fünf Parallelkurbeln gleichen Halbmessers getragen. Die im
Mittelpunkte des Kastens angreifende Kurbel entspricht jener der alten Anordnung und
trägt die Kurbelwelle ebenfalls ein Schwungrad mit Gegengewicht zur Ausgleichung der
Fliehkräfte. Die vier Seiten- oder Stützkurbeln, welche den Kasten an den vier Ecken
tragen, sollen keinen Theil der auftretenden Fliehkräfte aufnehmen und zudem so
eingerichtet sein, dass mögliche kleine Anarbeitungsfehler unschädlich sind. Diese
Aufgabe hat Konegen in recht sinniger Weise dadurch
gelöst, dass sich diese Kurbeln durch radiale Verschiebbarkeit des Kurbelzapfens
etwas verlängern oder verkürzen können.
Textabbildung Bd. 279, S. 195
Fig. 6.Konegen's Stützkurbeln zum Plansichter.
Nebenstehende Fig. 6 zeigt eine Skizze einer der vier
Stützkurbeln. aa1 ist
die Kurbelachse, der Zapfen z ist am Kasten K befestigt und kann sich im Lager l drehen; dieses Lager ist aber mit seiner Hülse h am Kurbelarme radial verschiebbar, und diese
Verschiebbarkeit (kinematisch als Prismenpaar zu bezeichnen) gestattet, dass sich
die Kurbel kleinen Unregelmässigkeiten der kreisenden Bewegung des Kastens
anschmiegt, ohne zu bedenklichen Vibrationen Anlass zu geben. Die Verschiebung der
Hülse h könnte selbst zu Stössen Anlass geben, welche
aber durch elastische Einlagen e oder Federn nahezu
behoben werden können.
Während früher zum Ausziehen der Rahmen 2 m freier Raum erforderlich waren, werden
bei den stehenden Plansichtern die Siebe einfach abgehoben und ist dazu über
dem Sichter genügend freier Raum. Auch bedarf diese Maschine keiner besonders
sorgfältigen Montirung, sondern wird nach wagerechter Aufstellung, Herstellung der
Transmission und dem Anpassen der Ein- und Ausläufe sofort betriebsfähig.
Es ist durch entsprechende, jetzt wesentlich leicht gemachte Auswechslung der Siebe
möglich, denselben Plansichter abwechselnd für den Schrot-, Auflös- oder
Ausmahlprocess zu verwenden, ja einen Plansichter gleichzeitig zum Sichten der Schrot-, Auflös- und
Ausmahlproducte zu benutzen, wenn derselbe hierzu besonders eingerichtet ist und die
Sichtgutmengen entsprechende sind. Dieser Umstand lässt den Plansichter auch für kleine Mühlen geeignet erscheinen. Das dieser
Maschine zu Grunde liegende Princip, wonach die specifisch schwereren Theilchen
unmittelbar auf dem Siebe, die specifisch leichteren erst auf diesen, also oben, zu
liegen kommen, daher nicht so leicht und jedenfalls später durch das Sieb gehen, ist
zweifellos richtig, und es scheint, dass beim Plansichter auch die
Einführungsschwierigkeiten behoben sind. Die constructive Durchführung der Details –
Kurbelscheibe, Stützkurbeln, Verspannung der Stückkurbelzapfenplatten – ist
maschinenbaulich so nett gelöst, dass Referent beabsichtigt, gelegentlich besonders
auf diese Einzelheiten ausführlich zurückzukommen. –
Es ist gewöhnlich, dass hervorragendere Neuerungen Veranlassung zu zahlreichen
verwandten Patenten geben, besonders dann, wenn der Patentanspruch nicht ausreichend
den Kern der Sache schützt.In Bezug auf die Formulirung von Patentansprüchen sei auf das treffliche Werk
Dr. Ernst Hartig's: Studien in der Praxis des
kaiserlichen Patentamtes, Leipzig, Art. Felix, 1890, hingewiesen.
(Vgl. D. p. J. 1890 275 463. 276 288.)
Eine mit Haggenmacher's Plansichter überraschend
ähnliche Anordnung wurde Heinrich Seck in Dresden (D.
R. P. Nr. 48574 vom 14. Juni 1888) patentirt. Die Anordnung mehrerer Siebe in einem
gemeinsamen Kasten, die Aufhängung des Kastens an Stangen mit Kugelgelenken, die
kreisende Bewegung durch den Antrieb mittels einer Kurbel (allerdings von unten
statt oben), die Abtheilung der Siebe durch entsprechend aufgesetzte Zwischenwände
(Kanalwände) in vom Sichtgute zu durchziehende Kanäle, all diese Dinge finden sich
bei der Seck'schen Anordnung wieder. Die einzige
Abweichung besteht in der Anbringung von oben drehbaren Klappen, statt der Haggenmacher'schen Förderleisten. Der Patentanspruch
lautet auf: „Eine Sichtmaschine mit Plansieben, bei welcher eine genaue Sichtung
des Sichtgutes dadurch erreicht wird, dass der wagerecht aufgehängte Siebrahmen
eine Verschiebungsbewegung in geschlossener Bahn empfängt und zugleich dem
Sichtgut mittels eines auf den Siebflächen befestigten Gitterwerkes durch
Kanäle, in denen viele nur nach einer Seite bewegliche Klappen aufgehängt sind,
ein möglichst langer Weg angewiesen wird.“ Nachdem als neu nur die Anwendung
der Klappen statt der Förderleisten bezeichnet werden kann, ist der beanspruchte
Umfang des Patentes wohl viel zu weit gezogen; der Patentanspruch ist übrigens
nahezu gleichlautend dem Haggenmacher'schen Patente Nr.
46509, denn in diesem lautet der Anspruch auf: „Eine Sichtmaschine mit
Plansieben, bei welcher eine genauere Sichtung als bisher dadurch erreicht wird,
dass der wagerecht aufgehängte Siebrahmen eine Verschiebungsbewegung in
geschlossener (z.B. kreisförmiger) Bahn empfängt und zugleich dem Sichtgut
mittels eines auf den Siebflächen und den Bespannungen der Bodenrahmen
befestigten Gitterwerkes durch Kanäle, die mittels theilweise ausgeführter
Leisten vielfach quergetheilt sind, ein möglichst langer Weg angewiesen
wird.“ Der Leser wird hieraus erkennen, dass eine nähere Beschreibung der
Seck'schen Construction, von den Klappen abgesehen,
im Wesentlichen eine Wiederholung der seiner Zeit gegebenen Beschreibung der Haggenmacher'schen Maschine wäre und demnach vermieden
werden kann. –
Textabbildung Bd. 279, S. 196
Hahn's Plansichtmaschine.
Als Plansichtmaschinen benennen sich ferner folgende Constructionen:
W. Hahn in Neumühle bei Eutin (D. R. P. Nr. 48997 vom
22. Februar 1889) bespannt seine „Plansichtmaschine“
stufenförmig, wie die punktirte Linie Fig. 7 dies andeutet,
Fig. 8 und 9 zeigen den Auf- und
Grundriss der Maschine nach der Patentzeichnung. Der Siebrahmen R ist durch eine Mittelwand in zwei Abtheilungen
getheilt und soll die Bewegung des Sichtgutes in Folge der „stufenförmigen“
Form der Bespannung und die durch die Kurbel k bedingte
rasche, geradlinige Rückkehrbewegung, im Sinne der Pfeile, vom Einlaufe aus
erfolgen. Dem Sichtgute beigemengte grobe Stücke (wahrscheinlich Erbsen o. dgl.)
sollen die Siebe offen halten. Die beiden Siebabtheilungen sind durch schiefe
Flächen, welche den Uebergang des Sichtgutes von einer Abtheilung zur zweiten
vermitteln sollen, verbunden. Der grobe Theil des Sichtgutes soll durch entsprechend
gröbere Bespannung der zweiten Abtheilung aus der Maschine gelangen. Nach der
Patentbeschreibung soll die stufenförmige Bespannung nur durch entsprechend gezahnte
seitlich angebrachte Leisten, an welche die Gaze befestigt wird, erzielt werden. Die
scharfen Richtungswechsel (Ecken) der Bespannung können aber nur durch feste
Stützung erhalten bleiben; es müssten Querstege oder Drähte angewendet werden, um
ein wellenförmiges Verziehen der Gaze zu hindern.
Textabbildung Bd. 279, S. 196
Martin's Plansichtmaschine.
Moritz Martin in Bitterfeld nennt seine unter D. R. P.
Nr. 54639 vom 18. Juni 1889 ab patentirte Sichtmaschine „Plansichtmaschine mit
nach aussen enger werdenden Sichtegängen“, doch ist der Name nicht richtig
gewählt, da die Siebfläche keine Ebene, sondern eine Kegelfläche bildet, allerdings
mit grossem Spitzenwinkel (etwa 167°). Im Grundrisse erscheint die Sichtfläche als
schneckenförmiger, nach aussen sich verengender Gang abcde (Fig.
10), im Vertikalschnitt Fig. 11 als nach aussen
ansteigend. Es sind mehrere Siebe I, II, III u.s.w.
(Fig. 11) auf die
senkrechte Achse A aufgesetzt und sie erhalten durch
diese eine kreisförmig schwingende Bewegung, zu deren
Erzielung der in Fig.
12 angedeutete Mechanismus, bestehend aus der Kurbel K, dem Riemen r, den
Leitrollen l, den Spannrollen s und der Scheibe S, Verwendung finden kann.
Die nach aussen ansteigende Form der Siebfläche, sowie die nach aussen abnehmende
Breite derselben bezwecken möglichst gleichmässige Bedeckung mit dem Sichtgute.
Unter jedem Siebe befindet sich ein „Blindsieb“ oder voller Boden, doch lässt
die Patentzeichnung die Art der Zu- und Abführung des Sichtgutes zu den Sieben I, II, III u.s.w. und von denselben durchaus nicht
erkennen, denn die Andeutung der beiden Schläuche a und
z (Fig. 11) genügt hierzu
nicht und dies um so weniger, als der Text diesbezüglich völlig schweigt.
In der Förderrichtung ist der spiralige Weg durch geneigte, geschlitzte Bleche B unterbrochen, wie Fig. 10 an einer Stelle
dies andeutet und Fig.
13 in grösserem Massstabe zeigt. Diese Bleche wirken jedenfalls ähnlich
den Haggenmacher'schen Förderleisten und sagt die
Patentbeschreibung, dass „nach der Richtung hin, nach welcher das Sichtgut
fortbewegt werden soll, letzteres leicht durch die Schlitze fallen kann, aber
bei der Rückbewegung des Siebes nicht wieder oder nur in geringer Menge
zurücktreten kann.“
„Zwischen Siebfläche und diesen Blechen verbleibt ein Zwischenraum von solcher
Grösse, dass diejenigen Theile, welche jeweilig durch das Sieb fallen sollen,
sich unter der Blechunterkante frei hin und her bewegen können.“
Martin's Sichtmaschine scheint besonders für Rollgerste-Erzeugung bestimmt zu sein, denn es heisst:
„Um die Reinigung des Siebes für den Fall, dass Putzgut nicht ausreicht, was
z.B. beim Sieben von schlecht gerundeten Graupen
der Fall sein könnte, besser bewirken zu können, ist unter der Welle (A) ein ausrückbarer Hubdaumen D angeordnet, welcher bei seiner Drehung in kurzen
Zwischenräumen diese Welle hebt und fallen lässt“, wodurch die Siebe
erschüttert werden. Auch heisst es weiter: Um die Maschine zum Putzen und Glätten
von Perlgraupe, Reis u.s.w., verwenden zu können, ist
nur nöthig, statt der Siebe eine dichte, reibende Fläche, z.B. grobe Hanfleinwand,
anzuwenden.
Hieraus darf wohl geschlossen werden, dass Martin's
Sichtmaschine nicht den gewöhnlichen, sondern besonderen Zwecken zu dienen berufen
ist. –
Eine grössere Anzahl in diesen Abschnitt gehöriger Neuerungen bedarf nur kurzer
Skizzirung, um das an ihnen Wesentliche zu kennzeichnen.
Charles Hessey Stubley in King Roller Mills, Knottingly,
York, England (D. R. P. Nr. 52492 vom 9. November 1889) nennt „Plansichtmaschine,
deren Siebe neben der Längsbewegung eine Querbewegung erhalten“, ein
geneigtes Rüttelsieb oder eine Uebereinanderstellung
mehrerer solcher Siebe, deren sie umschliessender Kasten aufgehängt, mittels
Excenter oder gekröpfter Wellen nach der Längs- und
Querrichtung gerüttelt wird.
J. E. Zinnall in Stolp i. P. (D. R. P. Nr. 54560 vom
21. Januar 1890) benennt seine Maschine: „Sichtmaschine mit feststehender, nur
seitlich bespannter Trommel“. In der Sichttrommel rotirt „eine
geschlossene Schlägertrommel, in deren Innenraum Luftvertheilungsflügel
angebracht sind, um die von einem Gebläse eingesaugte Luft durch Düsen, welche
zwischen den Schlägern angebracht sind, zu pressen“. Die Richtung der aus
den Düsen tretenden Luft soll sich mit der Wurfrichtung des Sichtgutes kreuzen
„behufs Trennung der Schalentheilchen vom Sichtgute“. Dass dadurch aber
die Schalentheilchen erst recht gegen das Sieb gedrückt und durch die Luftströmung,
welche andauernd durch das Sieb nach aussen gerichtet ist, auch festgehalten werden,
erscheint fraglos.
Eugen Kreiss in Hamburg (D. R. P. Nr. 51341 vom 19.
Februar 1889) stellt den Patentanspruch auf eine Sichtmaschine, bestehend aus
Zellen, welche durch aufrechtstehende, unter einander gleichlaufende Siebflächen
gebildet sind.
Diese senkrechten Siebflächen stehen paarweise näher an einander, ihr Zwischenraum
bildet die „Innenzellen“, während der Raum bis zum nächsten Siebpaare als
„Aussenzellen“ bezeichnet ist. Sämmtliche Siebe (bezieh. Zellen) sind in
einem Kasten eingeschlossen, welcher senkrecht zu den Siebebenen durch ein Excenter
eine Rückkehrbewegung empfängt. In den Innenzellen fällt das Sichtgut nieder und
soll durch die rasche Rückkehrbewegung der ganzen Anordnung das feinere Sichtgut in
die Aussenzellen abgeben. Es blieb bei einer Versuchsreihe. –
F. Herbst und Co. in Halle a. d. S. (D. R. P. Nr. 49894
vom 17. Mai 1889) und Albin Franz in Groitzsch (D. R.
P. Nr. 52759 vom 29. November 1889) verwenden kreisrunde Siebe, welchen sie eine hin
und her drehende bezieh. schiebende und zugleich rüttelnde Bewegung ertheilen.
Herbst hängt das Kreissieb centrisch auf und ertheilt
ihm durch Kurbel und Zugstange eine im Kreisbogen schwingende Bewegung.
Die Zugstange (Pleuelstange) ist mit einem oben am Siebe in der Richtung eines
Durchmessers angebrachten Stege nicht durch ein Auge, sondern durch einen Schlitz
und Zapfen verbunden, wodurch jede Schwingung des Siebes durch einen Stoss
eingeleitet wird.
Franz stellt sein Kreissieb auf drei in Grübchen einer
Grundplatte eingelegte Kugeln, welche entsprechend den Eckpunkten eines
gleichseitigen Dreieckes angebracht sind. Der Lage der Kugeln entsprechend trägt das
Sieb drei plattenförmige Ansätze, welche auf ihrer, den Kugeln zugekehrten
Unterseite mit Stiften oder Bolzen besetzt sind. In Folge dieser Bolzen empfängt das
Sieb auch senkrechte Stösse, wenn es auf den Kugeln verschoben wird.
Die Bewegung des Siebes ist durch Excenter und Excenterstange, welch letztere radial
am Siebe befestigt ist, vermittelt. An der lothrechten Achse des Excenters sitzt
eine Kurbel, welche von Hand aus bewegt wird.
Auf der der Excenterstange entgegengesetzten Seite des Siebes ist gleichfalls radial
eine geschlitzte Schiene befestigt und greift in den Schlitz ein Zapfen ein, welcher
am Gestelle befestigt ist. Hierdurch wirkt das Excenter nicht nur hin und her
schiebend in der Richtung der Excenterstange ein, sondern das Sieb empfängt vom
Excenter auch seitliche Bewegungen, senkrecht auf erstere Richtung. Bei dieser
zusammengesetzten Bewegung stösst das Sieb an elastische Puffer, welche zwischen den Kugelgrübchen
auf dem Gestelle angebracht sind.
Die Maschinen von Franz und Herbst eignen sich wohl nicht für continuirliches Sichten, wohl aber recht
gut für Probesichtungen oder Sichten kleiner
Mengen.
Nachdem Sichtmaschinen, welche mit Bürsten das Sichten befördern wollen, einerseits minderwerthige Mehle
liefern, andererseits die Gaze vorzeitig abnützen, seien diesbezügliche Patente (D.
R. P. Nr. 48907, 52142 und 54985) übergangen.
(Schluss folgt.)