Titel: | Beiträge zur Technik der Chrompigmente. |
Autor: | Carl Otto Weber |
Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 285 |
Download: | XML |
Beiträge zur Technik der
Chrompigmente.
Von Dr. Carl Otto
Weber.
(Schluss des Berichtes S. 232 d. Bd.)
Beiträge zur Technik der Chrompigmente.
B) Die Zinkchromate.
Die Zinkchromate, Zinkgelbe, sind von den Chromgelben nicht nur chemisch verschieden,
auch die Nuance derselben ist eine solche, wie wir sie bei keinem Chromgelb
antreffen, so dass man in der That berechtigt ist, von einer besonderen
Zinkgelbnüance zu sprechen. Während man im Stande ist, Chromgelbe zu erzeugen, deren
Nuance vom zartesten Citrongelb bis Granatroth alle Schattirungen durchlaufen, ist
die Farbenscala der Zinkgelbe ausserordentlich beschränkt, so sehr, dass man sagen
kann, dass dieselben über einen einzigen Ton, ein zartes, aber sehr feuriges Gelb
eigentlich gar nicht hinauskommen.
In der Deckkraft stehen die Zinkgelbe den Chromgelben sehr nach, haben aber
andererseits den Vortheil grösserer Lichtbeständigkeit und nicht so hoher Giftigkeit
vor den letzteren voraus. Im Preise sind dieselben von den Chromgelben nur sehr
wenig verschieden und da sie diesen, wie bemerkt, an Deckkraft nachstehen, so stellt
sich natürlich ihre Anwendung erheblich theurer, was sofort den im Verhältniss zu
dem Chromgelbconsum geringen Verbrauch an Zinkgelb erklärt. Mehr als achtzig Procent
des in deutschen Fabriken producirten Zinkgelb werden mit Pariserblau (Stahlblau)
auf Zinkgrün verarbeitet, für die Verwendung in Oel. Holland, die Schweiz und Ungarn
sind die grössten continentalen Zinkgrünconsumenten.
Bezüglich der chemischen Constitution der Zinkgelbe scheint eine ziemliche Unklarheit
zu herrschen, indem dieselben bald als neutrales, bald als basisches Zinkchromat,
bald als saures Zinkkaliumchromat bezeichnet werden. GenteleGentele, Handb. der Farbenfabrikation, II.
Aufl., S. 208. scheint denselben, auf welche Weise auch immer
dargestellt, die letztgenannte Zusammensetzung zuzuschreiben, doch äussert er sich
über den Gegenstand in ziemlich unklarer Weise, mit der ferneren etwas sonderbar
klingenden AngabeGentele, Handb. loc. cit., dass eine
neutrale oder basische Zinkoxydlösung, mit einer Lösung von neutralem chromsaurem
Kali kochend versetzt, einen Niederschlag von vermuthlich ZnCrO4 gebe, unter gleichzeitiger Bildung von gelöst
bleibendem Bichromat. Thatsache ist, dass die Zinkgelbe des Handels in der
Zusammensetzung sehr variiren, am häufigsten sind die sauren Zinkkaliumchromate, mit
sehr wechselndem Verhältniss von Zinkchromat und Kaliumbichromat, die basischen
Zinkchromate sind ziemlich selten und neutrale Zinkchromate sind Verfasser als
Handelsproducte überhaupt nie vorgekommen.
Als Rohmaterialien für die Fabrikation der Zinkgelbe stehen uns Chlorzink, das häufig
als Abfallproduct erhältlich ist, Zinksulfat und Zinkoxyd zu Gebote. Die
Zinksalze des Handels sind fast ausnahmslos eisenhaltig und müssen in jedem Falle
erst eisenfrei gemacht werden, was am einfachsten in der Weise geschieht, dass man
die vorher analytisch ermittelte Menge Permanganat zusetzt, um vorhandenes
Eisenoxydulsalz in Oxydsalz überzuführen. Man erhitzt dann die Zinksalzlösung unter
Zusatz von Zinkoxydhydrat, das nicht eisenfrei zu sein braucht. Nach kurzem Erhitzen
auf 80° C. und tüchtigem Durchrühren ist alles Eisenoxyd abgeschieden und nach
erfolgter Filtration ist die Lösung völlig eisenfrei. Die so erhaltenen Lösungen von
Chlorzink bezieh. Zinksulfat können aber nicht unmittelbar zur Zinkgelbfabrikation
verwendet werden. Sie liefern wohl mit Chromaten und Bichromaten gelbe
Niederschläge, aber die äusserst unvollständige Fällung erheischt sehr grossen
Materialaufwand und die gefällten Gelbe besitzen Eigenschaften, die, abgesehen von
dem hohen Preise, ihre Anwendung als Farben ausschliessen.
Die durch Fällung von neutralen Zinksalzlösungen mit Mono- oder Bichromaten
erhaltenen Niederschläge sind stets normales Zinkchromat, ZnCrO4:
1) ZnCl2 + K2CrO4 = ZnCrO4 + 2KCl,
2) ZnCl2 + K2Cr2O7 + H2O = ZnCrO4 + 2KCl + H2CrO4.
Arbeitet man nach der Gleichung (1), so verläuft wohl die Reaction in dem angegebenen
Sinne, aber die Löslichkeit des Zinkchromates ist so gross, dass die Ausbeute kaum
40 Proc. der Rechnung beträgt und beim Auswaschen mit Wasser zerfällt dieses Product
vollständig in Zinkoxyd und Chromsäure, fällt man daher in nicht sehr concentrirten
Lösungen, so bemerkt man die schon von Gentele
beobachtete Erscheinung, dass beim Vermischen der Lösungen der beiden neutralen
Salze eine stark saure Flüssigkeit erhalten wird. Beim Behandeln des ohne Waschung
von der überstehenden Lösung abfiltrirten Zinkchromates mit Kaliumbichromat tritt
eine Verdichtung des gelben, wolligen Niederschlages ein, der sich mit einem Theil
des angewandten Bichromates vereinigt. Das so erhaltene Product, das aber nur bei
Gegenwart eines grossen Ueberschusses an Bichromat entsteht, entspricht ungefähr der
Formel (ZnCrO4)3.
K2Cr2O7, lässt sich auswaschen ohne merkliche Zersetzung
zu erleiden, liefert aber beim Trocknen ein äusserst hartes, sandiges Pulver, das,
obgleich von schöner Nuance, als Farbe werthlos ist.
Genau dasselbe gilt von den nach Gleichung (2) dargestellten Zinkgelben, nur dass die
Ausbeute noch viel kleiner ist als im ersten Falle, so dass die durch obige
Gleichungen repräsentirten Darstellungsmethoden für Zinkgelb in jeder Hinsicht
praktisch unanwendbar sind; trotzdem enthalten aber jene Gleichungen bereits die
Principien für eine rationelle technische Darstellung der Zinkgelbe.
1) Die basischen
Zinkchromate.
Neutralisirt man die beim Vermischen der Lösungen von Zinksulfat und
Kaliummonochromat erhaltene saure Lösung mit irgend einem Alkali, so erhält man
eine weitere sehr bedeutende Gelbfällung, die überstehende Lösung ist aber durch
Monochromat sehr stark gelb gefärbt und obgleich die Ausbeute durch die Fällung
von basischem Zinkchromat erheblich gesteigert ist, so bedingt selbst dieses
Verfahren einen grossen Verlust an Chromsäure, obgleich bemerkt werden muss,
dass das erhaltene Gelb, ein mehr oder minder basisches Zinkchromat, ziemlich
beständig
gegen Wasser ist und sich als Farbstoff verwenden lässt. Nach dieser Methode
wurde früher vielfach fabricirt, indem versucht wurde, den Chromsäureverlust auf
ein Minimum zu reduciren, durch Zusatz von Chlorcalcium zu der neutralisirten
Mischung, wodurch Calciumchromat gefällt wurde, das sich dem bereits gebildeten
basischen Zinkchromate beimischte. Da Calciumchromat nicht unbeträchtlich
löslich ist in Wasser, so wurde hierdurch der factische Chrom säure Verlust wohl
vermindert, aber doch nicht in solchem Grade, um ein wirklich rationelles
Arbeiten zu ermöglichen. Das Verfahren und mit ihm die kalkchromathaltigen
Zinkgelbe sind heute so gut wie vollständig vom Markte verschwunden.
Das nach der soeben beschriebenen Methode erhaltene Zinkgelb ist ein gelber
Farbstoff, der sich aber durch den erheblichen Chromsäureverlust ziemlich theuer
stellt. Auf ein Minimum lässt sich dieser Chromsäureverlust herabdrücken, wenn
man, nicht von einem neutralen, sondern von einem basischen Zinksalze ausgehend,
nur so viel Chromat verwendet, als dem als neutrales Zinksalz vorhandenen
Zinkoxyd entspricht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die günstigsten Resultate,
in Bezug auf Ausbeute und Schönheit des Farbstoffes, erhalten werden, wenn ¼ des
angewendeten Zinksalzes, von der Fällung mit dem Chromat, mit der entsprechenden
Menge Soda zersetzt wird, im Sinne folgender Gleichung:
3) 4ZnSO4 + Na2CO3 + 3 K2CrO4
= (ZnCrO4)3.ZnO + Na2SO4 + 3K2SO4.
Das gefällte Gelb ist von feuriger Nüance, äusserst leicht und flockig. Mehr als
einmaliges Waschen des Niederschlages ist nicht anzurathen. Der Verlust an Chromsäure nach
dieser Methode beträgt ungefähr 7 Proc.
Die Gewichtsverhältnisse, wie sie sich aus obiger Formel berechnen, sind:
287
kryst. Zinksulfat,
26,5
calc. Soda,
110
Kaliumbichromat,
40
calc. Soda.
Die in der Vorschrift enthaltenen 40 calc. Soda dienen zur Ueberführung des
Bichromates in das neutrale Chromat. Es sei gleich hier bemerkt, dass die Natur
der mit der Chromsäure verbundenen Base von grösstem Einflüsse ist auf die
Nuance und Schönheit des erzeugten Zinkgelbes, ja dass die Darstellung
„saurer“ Zinkgelbe überhaupt nur bei Anwendung von Kaliumchromat
bezieh. Bichromat gelingt, während Natriumbichromat überhaupt kein Zinkgelb
liefert. Auf die Erklärung dieser Thatsache werden wir weiter unten
zurückkommen. Hier sei nur bemerkt, dass der Einfluss der Base des Chromates auf
die basischen Zinkgelbe unverkennbar, aber ziemlich gering ist. Ein aus
Natriumchromat erzeugtes basisches Zinkgelb steht dem aus Kaliumchromat
erzeugten Producte bedeutend nach, es besitzt einen röthlichen Stich und ist
wesentlich trüber; der Unterschied ist aber kaum bemerkbar bei Anwendung von
Kaliumnatriumchromat, d.h. einer mit Soda neutralisirten
Kaliumbichromatlösung.
2) Die säuern Zinkgelbe.
Die gegenwärtig fast ausschliesslich in Benützung befindliche Methode für die
Darstellung von Zinkgelb liefert Producte, deren färbender Antheil aus (ZnCrO4)3. K2CrO7 besteht,
neben wechselnden Mengen von unverändertem Zinkoxyd. Diese Gelbe sind also
Doppelsalze von Zinkorthochromat und Kaliumbichromat. Natriumbichromat ist
nicht im Stande solche Doppelsalze zu bilden und ist daher für die Fabrikation
von Zinkgelben dieser Art überhaupt nicht verwendbar. Wie bereits bemerkt,
enthalten alle Zinkgelbe obiger Constitution freies Zinkoxyd oft bis zu 50 Proc.
des Gelbes, aber diesem Zinkoxyd kommt weder eine chemische Function in dem
Gelbe zu, noch ist dasselbe einfach als ein Verdünnungsmittel des Farbstoffes zu
betrachten, sondern seine Anwesenheit hat den Zweck, dem Farbstoff
„Körper“ zu geben.
Als Ausgangsmaterial für diese Gelbe hat sich das Zinkweiss eingeführt, das in so
hoher Reinheit Handelsproduct ist, dass man es als reines Zinkoxyd betrachten
kann, aus dem sich durch Behandlung mit Schwefelsäure mit Leichtigkeit basisches
Zinksulfat von grosser Reinheit herstellen lässt, das je nach dem angewendeten
Mengenverhältniss von Schwefelsäure und Zinkweiss stets noch grössere oder
kleinere Mengen von Zinkoxyd in Suspension enthält. Auf Zusatz einer Lösung von
Kaliumbichromat zu einer solchermassen bereiteten Lösung von basischem
Zinksulfat tritt sofort ein Niederschlag von Zinkorthochromat auf, dieselbe
Verbindung scheint in der Flüssigkeit gelöst zu sein, deren Farbe in diesem
Stadium ein schmutziges Gelb ist. Nach ungefähr einer Stunde, bei fortwährendem
Rühren, beginnt sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit ein ausserordentlich
feuriger gelber Schaum bemerkbar zu machen. Dies ist ein Zeichen, dass das
Doppelsalz (ZnCrO4)3. K2Cr2O7 sich auszuscheiden beginnt. Der
Schaum auf der Oberfläche der Flüssigkeit vermehrt sich nun sehr rasch, während
gleichzeitig die rothgelbe Nuance derselben einer rein kanariengelben Färbung
Platz macht, verursacht durch die Farbe des entstandenen Niederschlages. Mit
dieser Veränderung Hand in Hand geht die Entfärbung der Lösung, die bei einer
gut geleiteten Operation zu einem Filtrate führen muss, das nur Spuren von
Chromsäure gelöst enthält.
Als Beispiel diene nachstehende Vorschrift, die ein ganz vorzügliches Resultat
liefert:
100
Zinkweiss,
60
Schwefelsäure 66° Bé.,
100
Kaliumbichromat.
Das Zinkweiss wird vortheilhaft 24 Stunden vor der Operation durch ein feines
Sieb in eine massige Quantität Wasser gesiebt, es ist kaum wahrscheinlich, dass
hierbei eine Hydratbildung stattfindet, aber erfahrungsgemäss liefert ein
solches gewässertes Zinkweiss weichere, flockigere Gelbe, als sie bei
Unterlassung dieser Operation erhalten werden. Am anderen Tage wird dann das
Zinkweiss in einem Bottich geschlämmt unter Zufügung einer entsprechenden
Wassermenge. In langsamem Strahle lässt man die vorher mit Wasser stark
verdünnte Schwefelsäure zufliessen und fügt nach zweistündigem Rühren die kalte
Lösung des Bichromates hinzu. Es ist von grösster Wichtigkeit, dass die Lösungen
kalt sind, und dass von Beginn der Operation bis zur vollständigen Ausscheidung
des Farbstoffes fortwährend kräftig gerührt werde, andernfalls ist die Bildung
harter, sandiger Gelbe eine häufige Erscheinung.
Das auf diese Weise erzeugte Zinkgelb übertrifft die vorbeschriebenen Producte an
Schönheit der Nuance, Zartheit des Pulvers, ganz besonders aber in Bezug auf den
Herstellungspreis, da die Ausbeute eine ganz vorzügliche ist und ein bemerkbarer
Verlust an Chromsäure thatsächlich
nicht stattfindet. Zweimaliges Waschen ist ausreichend, um das gefällte
Gelb in genügender Weise von dem gebildeten Kaliumsulfat zu befreien.
Erscheinungen, wie das Umschlagen der Chromgelbe, treten beim Zinkgelb nicht
auf, auch ist dasselbe bei weitem nicht so empfindlich in Bezug auf die
Trockentemperatur als ersteres.
II. Chromoxyd haltende Chrompigmente.
Unter den Chromoxyd haltenden Chrompigmenten nimmt noch immer das Guignetsgrün die
erste, ja einzige Stelle ein. Alle anderen Chromoxydpigmente (Arnaudonsgrün,
Plessysgrün, Schnitzersgrün), obgleich dieselben erheblich billiger erzeugt werden
können, stehen doch dem Guignetsgrün zu sehr an Schönheit nach, um dasselbe
irgendwie ersetzen zu können. Um irgend eines dieser Grüne neben Guignetsgrün
darzustellen, müsste deren Preis in besserem Verhältniss stehen zu der Nuance und
den sonstigen Eigenschaften derselben. Die Schwierigkeit, den Preis dieser Producte
auf das erforderliche Niveau herabzubringen, liegt in dem Umstände, dass die
technischen Bichromate das einzige in Betracht kommende Rohmaterial für deren
Darstellung bilden. Während aber in die Chromsäurepigmente beinahe 70 Proc. der
Handelschromate als Ausbeute übergehen, erhalten wir aus demselben Rohmaterial für
die Chromoxydpigmente nur ungefähr 50 Proc. Ausbeute, wobei noch zu berücksichtigen
ist, dass die Reduction der Chromsäure zu Chromoxyd das letztere noch weiter
vertheuert.
Chromoxyd als solches findet als Pigmentfarbe keine Anwendung, da ein Product von
schöner Nuance nur aus chromsaurem Quecksilberoxydul oder einem Gemisch von
Ammoniumbichromat und Pikrinsäure erhalten werden kann; bei dem Preise dieser
Ausgangsmaterialien ist deren technische Verwendung natürlich absolut
ausgeschlossen. Von den Chromoxydhydraten ist das Guignetsgrün, C2O(OH)4, das
einzige, das sich als Pigmentfarbe empfiehlt, und wird dasselbe in ganz bedeutenden
Quantitäten fabricirt. Seine hervorragendsten Eigenschaften, neben seiner prächtigen
Nuance, bestehen in seiner absoluten Unveränderlichkeit im Licht und in seiner
Indifferenz gegen chemische Einflüsse aller Art. Zufolge dieser hervorragenden
Eigenschaften wird das Guignetsgrün überall da verwendet, wo die Aechtheit und
Beständigkeit in erster Linie berücksichtigt werden, also für Banknotendruck,
Chromolithographie, Tapeten- und Cattundruck.
Die Darstellung des Guignetsgrüns wird noch heute ausschliesslich nach dem von seinem
Erfinder zuerst veröffentlichten Verfahren hergestellt, nämlich durch
Zusammenschmelzen von Kaliumbichromat und Borsäure in schwacher Rothglut. Der
Schmelzprozess verläuft nach der Gleichung: K2Cr2O7 + 16B(OH)3 = Cr2(B4O7)3 + K2B4O7 + 24H2O + 3O und beim Behandeln derselben mit Wasser
zerfällt dieselbe im Sinne folgender Gleichung in Chromoxydtetrahydrat
(Guignetsgrün) und Borsäure:
Cr2(B4O7)3 +
20H2O = Cr2O(OH)4 + 12B(OH)3.
An der chemischen Seite des Guignetsgrünprocesses, wie in obigen Gleichungen
dargestellt, ist im Laufe der letzten dreissig Jahre, seit welcher Zeit die
Fabrikation dieses Pigmentes in ausgedehntem Massstabe betrieben wird, absolut
nichts geändert worden, obgleich zahlreiche Versuche gemacht wurden, die theure
Borsäure wenigstens theilweise durch billigere Salze zu ersetzen. Die gemachten
Verbesserungen beziehen sich ausschliesslich auf Verbesserungen in der Anlage der
Schmelzöfen einerseits, andererseits auf die rationellere Regeneration der
Borsäure.
Ursprünglich wurde die Schmelzung der Mischungen von Bichromat und Borsäure in
gewöhnlichen Flammöfen bewirkt, gegenwärtig sind nur noch Retorten- oder Muffelöfen
im Gebrauche, in welchen sich die zur Reaction erforderliche Temperatur, welche
zwischen 500 bis 700° C. liegt, weit besser reguliren und vor allem mit Leichtigkeit
unter 800° C. halten lässt, bei welcher Temperatur die so gefährlichen
„Rostflecke“ sich zu zeigen beginnen, deren Auftreten in grösserer Menge
stets gleichbedeutend ist mit einem Verlust der Schmelze als Farbstoff.
Unter den zahlreichen Chromoxydverbindurigen hat sich bislang, mit Ausnahme des
Chromoxydtetrahydrates, keine gefunden, die im Stande gewesen wäre, sich einen Markt
zu erobern. Die Möglichkeit der Herstellung solcher Chromoxydderivate ist aber
vorhanden und zwar scheinen die Chromphosphate die Richtung für erfolgreiches Suchen
auf diesem Gebiet anzugeben. Darauf deutet vor allem der Umstand hin, dass der
wesentliche Bestandtheil der bereits genannten Arnaudonsgrün, Plessysgrün und
Schnitzersgrün Chromphosphat ist. Das erste und letzte dieser Grüne ist zu theuer,
als dass an dessen technische Herstellung gedacht werden könnte, Plessysgrün dagegen
scheint näherer Betrachtung würdig zu sein.
Das Plessy'sche Verfahren besteht im Behandeln einer Lösung von Bichromat und doppelt
phosphorsaurem Kalk mit Rohzucker als Reductionsmittel, als welches aber ebenso gut
der viel billigere Stärkezucker sich verwenden lässt. Da Plessy's Angaben mit Bezug
auf den verwendeten phosphorsauren Kalk sehr ungenau sind, so wurde zufolge einer
1873 vom Karlsruher Polytechnicum gestellten Preisaufgabe die Bildung dieses Grüns
von KötheD. p. J., 1874 214
59. näher untersucht, ohne dass aber ein Resultat von technischem
Werth gewonnen worden wäre. Köthe fand das grüne
Pigment von sehr wechselnder Zusammensetzung, indessen scheint erwähnenswerth, dass
der Genannte in demselben Kaliumphosphate in durch Wasser nicht ausziehbarer Bindung
beobachtete, was darauf hinzudeuten scheint, dass das Chromphosphat Doppelsalze zu
bilden vermag, die möglicher Weise von solcher Beschaffenheit sind, dass sie als
Pigmente marktfähig wären. Der Preis dürfte in dieser Hinsicht nicht im Wege
stehen.
Von erheblichem technischen Interesse scheinen indessen die Chromkieselphosphate und
deren Doppelsalze mit den Phosphaten der alkalischen Erden. Unter Bedingungen, deren
genaue Feststellung mir zur Zeit noch nicht möglich war, gelingt es Pigmente
darzustellen, die von ganz ausserordentlicher Schönheit und Aechtheit sind. Da die
technische Darstellung der Kieselphosphorsäure weit leichter ist, als die
Darstellung dieses Körpers im Laboratorium, so wären die technischen Schwierigkeiten
in der Herstellung wohl zu überwinden. Soweit meine Versuche über diesen Gegenstand
reichen, ist aber die Bildung dieser Pigmente ein Vorgang von ziemlich complicirter
chemischer Natur, da dieselben nur entstehen, wenn Bichromat in Gegenwart von
Kieselphosphorsäure und Kalk- oder Bariumphosphaten durch Zucker reducirt wird. Fällung von
Chromoxydsalzen mit Lösungen von Silicophosphaten führen zu keinen brauchbaren
Resultaten.