Titel: | Neues über die Druckluft. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 7 |
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Neues über die Druckluft.
Mit Abbildungen.
Neues über die Druckluft.
Die lebhaften Erörterungen über die Verwendbarkeit der Druckluft als Kraftfernleiter,
über den Erfolg der Pariser Anlage im Besonderen, wie auch über den Vergleichs werth
zur elektrischen Kraftvertheilung haben in letzter Zeit wieder eine grosse Anzahl
recht interessanter Untersuchungen und Abhandlungen hervorgebracht, welche sich
sogar bis auf eine genauere Bezifferung des Preises von Kleinkraftbetrieb
erstreckten.
Bei dieser Gelegenheit ist auch die geschichtliche Entwickelung des
Druckluftbetriebes näher behandelt worden und hat sich dabei herausgestellt, dass
die Verwendung von Vorwärmern bei Druckluftmaschinen keineswegs neu ist, vielmelr
lange vor Popp in Paris bekannt war.
Im Jahr 1876 erschien bei Dunod in Paris ein Werk vom
Ingenieur M. A. Pernolet über die Druckluft und ihre
Anwendungen. In diesem Buche wird bereits beschrieben, dass die Druckluft vor ihrer
Verwendung in den Arbeitscylindern vorgewärmt oder mit einem Dampfstrahl vermischt
wird. Die bezügliche Stelle im genannten Werke hat folgenden Wortlaut:
„Um die Endtemperatur in den Arbeitscylindern über Null Grad zu erhalten, hat man
verschiedene Mittel angewendet, von denen aber keines eine gute Wirkung gab,
weil man nicht hoffen kann, beim blossen Durchgange der Luft durch einen am Ende
der Rohrleitung und vor dem Eintritt in den Arbeitscylinder befindlichen
Vorwärmer ihr eine hinreichende Temperaturerhöhung zu geben. In der Maschine
selbst und während die Luft in ihr arbeitet, musste man auf sie einwirken, wie
z.B. durch einen Umlauf von warmem Wasser oder noch besser durch Einspritzung
von Dampf, wie dies schon durch Siemens in England
und durch Cornet in Belgien hervorgehoben worden
ist.“
Es wird in jenem Buche vorgeschlagen, die Luft durch einen Röhrenvorwärmer streichen
zu lassen, der ähnlich wie die Winderhitzer an Hochöfen eingerichtet ist.
Des Weiteren werden an besagter Stelle zwei Vorwärmer vorgeschlagen nach der
Construction von Hurd und Simpson und Mekarski.
Hurd und Simpson in England,
welche Luftcompressoren und Schrämmaschinen bauten, haben als Vorwärmer einen
gusseisernen Apparat vorgeschlagen, den sie am Ende der Kanalisation anbringen. Der
innere Cylinder wird mit glühender Holzkohle und Eisendrehspänen angefüllt, und
lassen sie dann die Luft durch diese hoch erwärmte Masse streichen. Es muss die so
unmittelbar erwärmte Luft offenbar eine sehr hohe Eigentemperatur annehmen; aber es
ist nicht einzusehen, wie ein Apparat dieser Art ununterbrochen arbeiten kann; denn
der Brennstoff, welchen er enthält, muss in wenigen Minuten durch den
Druckluftstrom, der durch ihn hindurchgeht, aufgezehrt sein, und dann wird der
Apparat vollständig wirkungslos.
Einen Luftvorwärmer mit überhitztem Wasser bringt Mekarski auf den von ihm erfundenen Trambahnwagen zur
Anwendung.
In diesem selbsthätigen Trambahnwagen ist die Betriebskraft
Druckluft, welche unter einem Drucke von 25 at in Behältern von 2 cbm Fassung, unter
dem Wagen gelegen, aufgespeichert ist. Diese Druckluft tritt in zwei doppelt
wirkende Cylinder, die je zu jeder Seite des Wagens liegen und auf eine Wagenachse
arbeiten. Damit nun aber Luft unter diesem Druck vortheilhaft expandiren könne, muss
man ihr Wärme zuführen. Zu diesem Zwecke schaltet Mekarski zwischen den Luftbehältern und Cylindern einen kleinen
Blechbehälter ein, der vor der Abfahrt mit heissem Wasser gefüllt wird, entnommen
aus einem Dampfkessel von 5 at Druck, das mithin auf ungefähr 180° überhitzt ist.
Die Druckluft kann erst in die Cylinder treten, nachdem sie durch dieses Wasser
durchgegangen und sich an ihr erwärmt hat. Auf diese Weise bildet die Luft, welche
in die Cylinder eintritt, ein Gemenge von Luft und Dampf zu 180°, welches unter
bedeutender Abkühlung expandirt, jedoch lange nicht mit der Abkühlung, als wenn kein
Vorwärmer da wäre. Und gewöhnlich vermehrt diese Wärme, welche das überhitzte Wasser
der Luft während ihrer Arbeitszeit abgibt, um ebensoviel die Arbeit, welche letztere
auf die Treibkolben ausüben kann. Wäre nun die auf diese Weise abgegebene Wärmemenge
hinreichend, um eine gleichförmige Temperatur der Luft zu bewahren, so würde
letztere vollständig die Arbeit wieder abgeben, welche zu ihrer Compression unter
derselben, gleichfalls constant erhaltenen Temperatur nöthig gewesen war, und dies
ist das theoretische Resultat, dessen Erreichung man in der Anlage von Vorwärmern
anstreben soll.
Der Mekarski'sche Vorwärmer soll beim Betriebe einer
Lufttrambahn in Paris in Thätigkeit gewesen sein, ohne dass jedoch der erwünschte
günstige Erfolg erkennbar geworden sei. Dem gegenüber muss betont werden, dass beim
sogen. Popp'schen System gerade der Vorwärmer als der
günstige Factor angesehen werden muss.
Beachtenswerth bleibt noch eine Mittheilung in jenem Buche, zufolge welcher ein
Ingenieur Pochet in seiner neuen industriellen Mechanik
bereits 1874 die Ansicht ausgesprochen habe, wie vortheilhaft es für das
Kleingewerbe sein würde, wenn man an gewaltigen Centralstellen Luft verdichtete und
diese Druckluft durch ein Rohrnetz an die Kleinindustrie abgebe.
Pochet berechnet, dass 1 Druckluft an der
Verbrauchsstelle 4,67 k Kohlen kosten würde. Diese Ziffer erschien damals sehr
gering. –
Die ausführlichsten und eingehendsten Veröffentlichungen zu Gunsten des
Druckluftbetriebes rühren von A. Riedler her, vgl. Neue Erfahrungen über die Kraftversorgung von Paris durch
Druckluft (System Popp), mit 36 Abbildungen und 15 Tabellen, Berlin 1891,
bei R. Gärtner, ferner Zeitschrift des Vereins für
Gewerbefleiss in Preussen, Januar 1891, sowie Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1891 S. * 110 u. f.
Riedler hat in diesen Veröffentlichungen besonders
eingehende Untersuchungen über die Betriebsverhältnisse bekannt gegeben, wie er sie
mit Gutermuth vorgefunden und geprüft hat. Riedler kritisirt die in Paris benutzten Maschinen;
namentlich die Compressoren, als sehr schlecht.
Die erste 2000pferdige Pariser Anlage in der Rue St. Fargeau arbeitet mit sechs Paxman-Maschinen (Compressor nach Sturgeon)
und leistet mit denselben mittels einer Dampfpferdekraft eine stündliche
Verdichtungsarbeit von 7,5 cbm angesaugter Luft, bei 6 at Enddruck der Druckluft.
Die Luftverdichtung erfolgt wegen mangelhafter Bauart fast mit voller
Wärmeentwickelung und ist der Ueberdruck im Compressor beträchtlich grösser als in
der Luftleitung.
Die 1889 vorgenommene Vergrösserung der Anlage beziffert sich auf 2000 . Die
Anlage arbeitet mit fünf Cockerill-Maschinen
(Compressor nach Dubois-François) und mit diesen
Maschinen leistet eine Dampfpferdekraft stündlich die Verdichtungsarbeit von 8,5 cbm
angesaugter Luft bei 6 at Enddruck.
Bei Inbetriebsetzung der Compressoren war der Einfluss des schädlichen Raumes anfangs
so bedeutend, dass bei höherer Geschwindigkeit die Saugwirkung 50 Proc. und darunter
vermindert wurde. Durch Verminderung des schädlichen Baumes wurde dieser Verlust an
Saugwirkung auf 15 Proc. vermindert.
Ein von Riedler verbesserter Cockerill-Compressor leistet trotz mancher Unvollkommenheiten die
stündliche Verdichtungsarbeit von 10,4 cbm angesaugter Luft bei 6 at Enddruck, also
etwa 30 Proc. Mehrleistung als die Paxman-Maschinen.
Tabelle I.
Paxman- (Sturgeon)-Compressor.
(Centralstation Rue St. Fargeau, Paris.)
Compressor
Minutl.Um-drehung
IndicirteCom-pressor-arbeit
Compressor-druckat
Volum-Wirkungs-grad
Luftlieferung
Wirkl.Saug-volum.cbm
Stünd-lich
1 Dampf-HPund Stundecbm
Paxman.Cyl.-Durchm.:600 mm u. 560 mmHub: 1219 mm
3737
302258
6,06,0
0,870,87
1,181,18
26202378
7,407,82
Tabelle II.
Cockerill-Compressoren.
(Centralstation Rue St. Fargeau, Paris.)
Compressor
Minutl.Um-drehung
IndicirteCom-pressor-arbeit
Compressor-druckat
Volum-Wirkungs-grad
Luftlieferung
Wirkl.Saugvol.p. Umdr.cbm
Stünd-lich
1 Dampf-HPund Stundecbm
Cockerill.Cyl.-Durchm.:600 mmHub: 1200 mm
40454040 38,6 38,5
38,6
337353342377324337329
6,06,06,06,06,06,06,0
0,830,830,880,850,890,890,91
1,321,32 1,4081,36 1,423 1,422 1,4448
316835643379,23753,63303,63287,63346
7,08
8,57
8,40
8,46
8,67
8,33
8,64
Tabelle III.
Riedler-Compressor.
(Centralstation Rue St. Fargeau, Paris.)
Compressor
Umdrehungin derMinute
IndicirteCom-pressor-arbeit
Compressor-druckat
Volum-Wirkungs-grad
Luftlieferung
Wirkl.Saugvol.p. Umdr.cbm
Stünd-lich
1 Dampf-HPund Stundecbm
Ridler.Cyl.-Durchm.:1090 mmbezw. 670 mmHub: 1200
mm
52603839
615709422424
6,06,06,06,0
0,9850,98 0,985 0,985
2,1952,18 2,195 2,195
6848790250005136
10,020
10,026*
10,656
10,890
Die Luftverdichtung erfolgt hier in zwei Stufen, indem der Niederdruckcylinder
die atmosphärische Luft ansaugt, bis auf 2 at verdichtet und in einen
Zwischenbehälter drückt, aus welchem der Hochdruckcylinder saugt, um die Luft auf 6
at zu verdichten. Die Luft wird im Zwischenbehälter durch Wassereinspritzung auf die
Anfangs- bezieh. Wassertemperatur abgekühlt.
Die Tabellen I bis III geben einige Auszugszahlen aus Versuchsreihen von Riedler und Gutermuth über
die Leistung dieser drei Compressorarten in St. Fargeau:
Die neue Centralanlage am Quai de la Gare soll
insgesammt auf 24000 gebracht werden können, von denen noch im Laufe dieses
Jahres 10000 verfügbar sein sollen. Im Laufe dieses Sommers sollen bereits
vier Maschinen von zusammen 8000 in Betrieb kommen.
Die neue Centralstation liegt unmittelbar an der Seine, am Rande der Stadtumwallung.
Am Flusse wird ein Landungsquai mit Verladevorrichtung ausgeführt, so dass
wahrscheinlich schon durch den Transport auf dem Flusse allein die Heizkohlen um
mehr als 2 Frcs. die Tonne billiger bezogen werden können als z. Z. in der alten
Centralstation auf der Höhe von Belleville. Dies schafft schon grossen Unterschied
in den Betriebskosten. Der Bezug beliebiger Mengen reinen Wassers bereitet keine
Schwierigkeit und fast keine Kosten; die Folge hiervon wird sein, dass die Kühlung
der Compressoren, vor allem aber die Dampfcondensation der grossen Betriebsmaschinen
in der vollkommensten Weise möglich sein wird.
In der alten Anlage begegnet die Wasserbeschaffung den grössten Schwierigkeiten. Es
kann nur Wasserleitungswasser bei hohen Kosten verwendet werden, und für die
Condensation muss dasselbe Wasser bei künstlicher
Abkühlung wiederholt verwendet werden. Letztere lässt vieles zu wünschen übrig und
es kommt oft vor, dass die Kühlung mangelhaft bleibt und für die Condensation
Einspritzwasser von sehr hoher Temperatur verwendet werden muss, so dass die
Luftleere und damit die Brennstoffausnutzung eine sehr ungünstige ist.
Bei der erwähnten günstigen Lage der neuen Centralstation werden sich die allgemeinen
Betriebsauslagen für die Krafterzeugung, im Vergleich zum gegenwärtigen Betriebe,
viel günstiger gestalten und wesentlich billigere Erzeugung ermöglichen.
Das Grundstück ist vom Fluss durch die Uferstrasse getrennt, welche für Kohlenzufuhr
überbrückt wird. Die Ecke des Grundstückes wird von der Pariser Gürtelbahn und
Orleansbahn durchschnitten; der leicht herstellbare Gleisanschluss wurde bei der
überwiegenden Bedeutung des Flussweges unterlassen.
Die Dampfkessel für vier 2000pferdige Maschinen sind in vier Gruppen aufgestellt. Die
Kohlenzufuhr wird zwischen den beiden Kesselhäusern auf einem Mittelgeleise, später
durch selbsthätigen Transport im oberen Stockwerk der Mittelgalerie erfolgen,
welches durch Gleise und Hochbahn mit der mechanischen Entladevorrichtung am Flusse
verbunden wird. Die Lagerung der Kohle wird in Blechkasten der Mittelgalerie
erfolgen, welche Kasten zugleich Träger des Eisenbaues bilden.
Jede Dampfkesselgruppe ist mit ausschaltbaren Vorwärmern versehen. Die Dampf- und
Speiseleitung ist durchaus doppelt derart ausgeführt, dass jeder Kessel mit jeder
Maschine arbeiten und jede Speisevorrichtung jeden Vorwärmer oder Kessel speisen
kann.
Hierzu kommen die Vortheile der neuen Betriebsmaschinen. Kessel und Maschinen der
neuen Centralstation werden mit Dampf von 12 at Ueberdruck betrieben. Die
Antriebsdampfmaschinen werden als dreistufige Expansionsmaschinen mit der
erreichbaren Vollkommenheit, nach dem heutigen Stand der Erfahrung ausgeführt. Die
ausführende Maschinenfabrik, Schneider und Co. in
Creusot, gewährleistet einen Kohlenverbrauch von 700 g für die Stunde und
Dampfpferdekraft mit 20000 Frcs. für je 100 g Mehrverbrauch.
Gerade in Hinsicht des Betriebsaufwandes wird die neue Anlage grosse Vortheile
bieten, da die Dampfmaschinen der alten Centralstation, bei zweistufiger Expansion,
gewöhnlicher Schiebersteuerung, niedriger Dampfspannung, schlechter Condensation und
auch wegen ihrer Bauart nur sehr massigen Anforderungen genügen können. Die Paxmam-Maschinen arbeiten mit einem stündlichen
Dampfverbrauch von über 9 k, die Cockerill-Maschinen
über 8 k; ein Verbrauch, der zu Zeiten mangelhafter Condensation weit überschritten
wird, während mit den neuen Maschinen voraussichtlich ein Dampfverbrauch von 5,3 k
erreicht werden wird.
Weiter ist hervorzuheben, dass in Paris schon seit mehr als zwei Jahren der
Druckluftbetrieb zu einem fast continuirlichen Betrieb herangewachsen ist. Die
Abgabe motorischer Kraft ist ohne Beleuchtungsbetrieb so bedeutend, dass zu allen
Tageszeiten ein grosser Theil der Maschinenanlage in vollem Betriebe steht. Bei der
neuen Anlage wird dies in noch erhöhtem Maasse der Fall sein, da auch der ganze
elektrische Betrieb mit Accumulatoren eingerichtet wird. Die Belastung der Maschinen
ist im Gegensatz zu anderen Arten von Kraftübertragung unter allen Umständen
gleichbleibend und die günstigste, die Anpassung an die Veränderlichkeit des
Betriebes erfolgt nur durch Aenderung der Geschwindigkeit; ohne ungünstige
Beeinflussung des Dampf Verbrauches und sonstiger Betriebskosten.
In Folge dessen schien es zweckmässig, überhaupt nur Maschinen von grosser
Einzelleistung aufzustellen, weil diese viel vortheilhafter betrieben werden können,
als kleinere Maschinen. Die hohen Kosten des Baugrundes, sowie auch andere
Rücksichten verlangten die Aufstellung stehender Maschinen, die um so erwünschter
waren, als nur mit solchen die Instandhaltung der grossen Dampfkolben zu sichern
ist. Die Grösse jeder einzelnen Maschine wurde mit 2000 bemessen. Die
Maschinen sind in Gruppen von je vier aufgestellt, unter einander starr verbunden,
aber vollständig unabhängig von den Gebäuden. Die Compressoren werden unmittelbar
über den Dampfcylindern angetrieben. Die Verdichtung erfolgt in zwei Stufen; zwei
Niederdruckcylinder saugen Luft aus dem Freien durch die hohlen Dach träger hindurch
an, drücken in einen Zwischenbehälter, in diesem erfolgt die vollständige Abkühlung
und der Hochdruckcylinder vollendet die Verdichtung.
Die Ausnutzung der Druckluft in den Luftmaschinen
behandelt Riedler mit besonderer Ausführlichkeit. Er
geht bei diesen Untersuchungen von der Annahme aus, dass der Druckverlust in den
Leitungen bei einem Versorgungsgebiet von etwa 20 km Durchmesser insgesammt 1 at
nicht übersteige.
Riedler betrachtet als das Fundament einer zweckmässigen
Verwendung von Druckluft mit Recht die Vorwärmung als eine kräftige Energiezuführung
in die Druckluft. Durch eine solche Vorwärmung werden die Unbequemlichkeiten der
Eisbildung beseitigt, die Luft bei gleichbleibender Spannung ausgedehnt und ihr ein
grosses Arbeitsvermögen unmittelbar zugeführt. Die Einführung einer praktisch
brauchbaren Luftvorwärmung ist erst durch die Popp'sche
Pariser Anlage gelungen. Was an Vorwärmeeinrichtungen vor der Pariser Anlage
bestanden hat, ist sehr unvollkommen und praktisch nicht lebensfähig.
Für Bergbauzwecke wurde von lange her Druckluft für zahlreiche unterirdische oder
Stollenanlagen verwendet; richtige Vorwärmung ist aber dort örtlicher Verhältnisse
wegen nie durchgeführt worden, auch schwer durchführbar. Man hat wesentlich nur die
Eisbildung im Auspuff bekämpft, meist in verkehrter Weise, z.B. durch Erwärmung des
Auspuffrohrs. Bei einer Bergbauanlage hatte der Maschinist, um die Eisbildung zu
bekämpfen, das Auspuffrohr mit schlechten Wärmeleitern umhüllt; eine sinnlose
Verwechselung von Ursache und Wirkung, die selbstverständlich das vollständige
Einfrieren bewirken musste. Dass der Mensch in seinem dunklen Drange sich des
rechten Weges oft bewusst ist, mag weiter dadurch belegt werden, dass auf einer
belgischen Grube die Wärmezuführung dadurch versucht und auch eine Zeit lang
durchgeführt wurde, dass der Luftcylinder mit einem Blechmantel umgeben und in
diesem Kalk gelöscht wurde!
Eine einzige Anlage verdient in dieser Hinsicht ernste Beachtung, das ist die Anlage
von Cornet auf der Grube Levant-Flenu. Bei dieser sind
überhaupt vollkommenere Maschinen verwendet worden, als sie sonst für Bergbauzwecke
üblich waren. Die Wärmezuführung in die Luftcylinder erfolgte durch Einspritzung
warmen Wassers, welches, von einem Grubenbrande herrührend, zur Verfügung stand. Die
dort erzielten Ergebnisse waren auch wesentlich günstiger, als sie bei gleichartigen
Anlagen erreicht wurden. Die von Popp benutzten
gusseisernen Oefen mit Zellenwänden gewähren den Vortheil grosser Einfachheit und
bequemer Aufstellbarkeit und haben im Betrieb überall entsprochen. Niemand wird
solche gusseiserne Oefen als vollkommene Heizapparate betrachten. Immerhin sind die
Betriebsresultate mit denselben sehr befriedigend.
Während der Expansion der Druckluft in der Luftmaschine kann die bei der Vorwärmung
aufgenommene Wärmemenge fast vollständig in Arbeit umgesetzt werden; sogar die
einfachen gusseisernen Oefen arbeiten mit mehr als 80 Proc. Wärmeausnutzung.
Umstehende Tabelle IV enthält einen Auszug der Ergebnisse genauer, von Gutermuth durchgeführter Versuche. Es ergibt sich, dass
vom Heizwerth des Brennstoffes (Koksabfälle) 5600 W.-E. thatsächlich in die Luft
übertragen werden können. In dieser durch keine andere Einrichtung erreichbaren
vortheilhaften Ausnutzung der nachträglich zugeführten Wärme liegt die grosse
Bedeutung der Luftvorwärmung.
Tabelle IV.
Leistung von Vorwärmöfen.
Art des Ofens
Heiz-flächeqm
StündlicherwärmteLuftmengein cbm
Lufttemperaturam
Ofen
Stündlich übertragene Wärmemenge
im Ganzen
auf 1 qmHeizfläche
mit 1 k Koks
beim Ein-tritt
beim Aus-tritt
Wärme-Einheiten
Gusseiserner Ofen
1,31,3
576 313
7° 7°
107°184°
1790017200
1376013230
44704530
Schmiedeeiserner Röh- renofen
4,3
1088
50°
175°
39200
9100
5600
Tabelle V.
Motor
Spannungat
Brems-leistungHP
Lufttemperaturan der
Maschine
Luftverbrauchfür Brems-HP undStunde
Eintritt
Austritt
cbm
Gekuppelte 4- und 6pferdige
Luft-maschinen mit doppelterVorwärmung
5,55,5
6,116,0
110°150°
65°100°
20,418,3
Tabelle VI.
1pferdige alte Rotationsluftmaschinen.
Um-drehungenminutlich
Spannungat
Brems-leistung
Lufttemperaturan der
Maschine
Luftverbrauchfür 1 Brems-HPund
Stundeohne Vor-wärmungcbm
Eintritt
Austritt
Alte 1pferdige
Rotations-Luftmaschine
91117187
4,04,04,0
0,7550,931,08
16°16°16°
–10°–10°–15°
84,283,455,1
Tabelle VII.
Luftverbrauch kleiner rotirender Luftmaschinen.
Um-drehungenin
derMinute
Brems-leistung
Lufttemperaturan der
Maschine
Luftverbrauchfür 1 Brems-HP
undStunde
Eintritt
Austritt
ohne Vorw.cbm
mit Vorw.cbm
Alte Rotationsmaschinen,
ohneExpansion, bei 4 at Druck½pferdige
Maschine„ „1pferdige Maschine„ „
234241187230
0,510,611,081,42
15°50°15°60°
– 18°–– 15° 23°
66– 55,1–
–47,3–46,0
Rotationsmaschinen mit
Expansion1pferdige
Maschine„ „„ „2pferdige
Maschine„ „„ „
221207210200235241
1,24 1,18 1,20 2,3 2,72
3,22
16°15°70°20°70°60°
– 36°– 42° 3°– 48°–– 2°
41,636,4–30,0––
––27,2–24,024,0
Der stündliche Brennstoffaufwand beträgt 0,09 k für jede Nutz- der
Luftmaschinen. Dieser Aufwand an Brennmaterial ist so gering, dass derselbe für
alle, auch grössere Maschinenbetriebe keine nennenswerthe Rolle spielt.
Der grosse Werth der Vorwärmung liegt darin, dass in den Heizöfen, bei unmittelbarer
Uebertragung der Wärme in die Druckluft, die Brennstoffausnutzung eine etwa sechs
Mal so vortheilhafte ist, als bei Dampfkesseln. 1/10 k Brennstoff vermindert den
Luftverbrauch der Luftmaschinen auf die Hälfte bezieh. verdoppelt die Leistung,
während dieses 1/10 k in Dampfmaschinen kaum den zehnten Theil dieser Arbeit leisten
kann.
Mit vollkommeneren Heizvorrichtungen ist es ohne nennenswerthe Erhöhung des
Brennstoffverbrauches möglich, der Druckluft so viel Wärme zuzuführen, dass nicht
nur alle Verluste bei Erzeugung der Druckluft ersetzt werden, sondern dass auch mehr
Arbeit abgegeben werden kann, als ursprünglich zur Luftverdichtung aufgewendet
wurde. 15 bis 20 Proc. Mehrarbeit ist mit einfachen, praktisch lebensfähigen Mitteln
erreichbar und es steht in dieser Hinsicht den Luftmaschinen ein weites Feld offen.
30 Proc. Mehrarbeit ist beispielsweise schon bei Vorwärmung auf 250° möglich.
Weitere Entwickelung der Luftmaschinen kann geschaffen werden durch Heizvorrichtungen
mit weitergehender Ausnutzung des Brennstoffes mit Gegenstrom, durch vollkommene
Regulirung, weiter durch Heizeinrichtungen mit stufenweiser Vorwärmung der Luft,
nach dem Vorgang der Verbunddampfmaschinen. Den Einfluss zweimaliger geringer
Vorwärmung zeigt nebenstehende Tabelle V, Uebersicht eines älteren Versuches, mit
zwei als Verbundmaschinen hinter einander gekuppelten Luftmaschinen, welcher die
Einleitung weiterer Fortschritte auf diesem Gebiete bildete.
Der Luftverbrauch für die Brems- verminderte sich bei diesem Verbundbetrieb,
von 23 cbm der einzelnen Maschine, auf 20,4 bezieh. 18,3 cbm stündlich, bei den
angegebenen niedrigen Vorwärmetemperaturen. Die untersuchten Maschinen waren
mangelhafte alte Dampfmaschinen.
Bedeutungsvoll für die Zukunft der Druckluft ist ihr Zusammenhang mit anderen
Wärmekraftmaschinen, mit calorischen und Gasmaschinen. Es gibt jetzt schon
calorische Maschinen, welche mit höherem Druck arbeiten, aber bisher nicht
lebensfähig werden konnten, weil diese Maschinen die Druckluft selbst durch kleine
Compressoren erzeugen mussten. Erst durch die Zuführung von Druckluft, im Grossen
erzeugt und in Städten überall zur Verfügung stehend, kann aus diesen Maschinen
Lebensfähiges geschaffen werden.
In Verbindung mit Gasmaschinen kann die Explosionswärme unmittelbar der Druckluft
zugeführt oder die durch die Mantelkühlung verlorene Wärme durch die Druckluft
aufgenommen und ausgenutzt werden. Wenn hierfür die rechte Ausführungsform gefunden
ist, kann nach wissenschaftlicher Erfahrung 1 mit einem Brennstoffaufwand
von 300 bis 400 g erzeugt werden, d. i. der Hälfte dessen, was die besten
Dampfmaschinen brauchen.
Riedler bespricht die Betriebsergebnisse mit
unvollkommenen rotirenden Luftmaschinen, weil diese kleinen schlechten Maschinen
einen Grenzwerth kennzeichnen.
Kleine Luftmaschinen mit rotirendem Kolben ergaben früher einen Luftverbrauch bis 70
cbm. Dies entspricht einem Gesammtwirkungsgrad von 15 Proc. Dieselben Motoren wurden
von Gutermuth und Riedler
genau untersucht. Tabelle Nr. VI und VII enthalten einen Auszug aus den
Versuchen.
Diese Motoren verbrauchten bei höherer Umdrehungszahl 30 bis 40 Proc. weniger Luft,
und die Untersuchung bestätigte die Vermuthung, dass die Kolben vollständig undicht
waren und bei höherer Umdrehungszahl weniger empfindliche Verluste auftraten.
Aehnliches gilt für kleine Motoren mit Kurbelbetrieb; die zahlreichen Gutermuth'schen Versuche haben selbst für nur 2pferdige
Maschinen günstigeren Luftverbrauch nachgewiesen, als früher diese sehr mangelhaft
ausgeführten Maschinen ergaben.
(Fortsetzung folgt.)