Titel: | Meisel's Tiegeldruckschnellpresse. |
Autor: | Kn. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 14 |
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Meisel's Tiegeldruckschnellpresse.
Mit Abbildungen.
Meisel's Tiegeldruckschnellpresse.
In der Druckindustrie kommen zur Herstellung von Massenarbeiten; wie Zeitungen,
Prospecten u.s.w., bekanntlich nur zwei Arten von Druckmaschinen in Frage, die
ältere Cylinderdruckschnellpresse und die jüngere Rotationsdruckmaschine, von denen
die erstere eine Leistungsfähigkeit von etwa 1200 einseitig bedruckten Bogen
stündlich (2500 Abzüge in der Ausführung als Doppelschnellpresse) besitzt, während
die Rotationsmaschine etwa 15000 zweiseitige Abdrücke in der gleichen Zeit zu
liefern vermag. Bei einer derartigen Differenz in der Leistungsfähigkeit ist es
daher natürlich, dass die Cylinderschnellpresse für mittelgrosse Auflagen zu langsam
liefern wird, während die Rotationspresse für derartige Auflagen unrationell
arbeiten und sich schlecht verzinsen würde. Diesem Bedürfniss nach einer
zweckmässigen Druckpresse für Auflagen zwischen 3000 und 10000 Exemplaren hat man
u.a. durch den Bau von Tiegeldruckpressen grösseren Formates zu begegnen gesucht,
doch haben sich derartige sogen. Tiegeldruckschnellpressen, in Deutschland
wenigstens, nicht in nennenswerther Weise Eingang zu verschaffen vermocht, da sie
langsam und schwer arbeiteten und viel Betriebskraft erforderten.
Das vorhandene Bedürfniss nach einer derartigen Zwischenform gibt indess
fortgesetzt Anlass zu neuen Constructionen und ist neuerdings wiederum ein
derartiger Versuch in Amerika von einer grossen und leistungsfähigen
Maschinenfabrik, der Meisel Printing Press Co. in
Albany (New York), gemacht, welche jetzt die in den untenstehenden Figuren
dargestellte Doppeltiegeldruckpresse auf den Markt bringt. Der Constructeur dieser
Maschine, die in Deutschland unter Nr. 55237 patentirt ist, ist Francis Meisel, der frühere technische Leiter der Kidder Press Manufacturing Co. in Boston (Papierzeitung, 1891). Da die Maschine von einer
endlosen Papierrolle druckt, unter Erzeugung von Schön- und Widerdruck, nennt der
Erfinder sie „Type Web Perfecting Press“.
Die beigegebenen Figuren zeigen die Maschine in einer Gesammtansicht und in einem
Querschnitt (nach dem amerikanischen Fachblatte „Paper
and Press“), welch letzterer in der Hauptsache mit der in der
deutschen Patentschrift Nr. 55 237 gegebenen Ausführung übereinstimmt. Die Maschine
besitzt in der Mitte ein mit den Gestellwänden fest verbundenes Gussstück a mit zwei wagerechten parallelen Flächen, über und
unter welchem die mit starken Rippen versehenen Gusstheile b und c in entsprechenden Führungen auf und
ab bewegt werden. Diese drei Theile bilden Form und Drucktiegel in der Weise, dass
die oberen Seiten von c und a die Schön- bezieh. Widerdruckform m1 bezieh. m aufnehmen,
während die unteren Seiten von a und b die zugehörigen Drucktiegel abgeben. Der Druck
erfolgt dementsprechend durch Anheben von c und Senken
von b, welche Bewegungen von der Antriebswelle w aus durch Streckung des Kniegelenkes f f1 und Abwärtsführung
der Kurbel s mit Zugstange e bewirkt werden. Es werden also gleichzeitig beide Theile b und c, unter
gleichzeitiger Erzeugung von Schön- und Widerdruck, gegen das feste Gussstück a bewegt, und wird durch diese Bewegung und die
gewählten Betriebsmittel eine Gewichtsausgleichung der bewegten Massen erzielt,
welche eine wesentlich geringere Betriebskraft als früher ermöglicht und einen
ökonomischen Betrieb sichert.
Textabbildung Bd. 281, S. 14Fig. 1.Meisel's Tiegeldruckschnellpresse. Der zu bedruckende von der Rolle k kommende
endlose Papierstrang n wird von den Abzugsrollen l unter Bildung einer Schleife über die Leitwalze l1 nach der
Schöndruckform m1 an
der Unterseite von a entlang geführt und läuft dann
über Walzen x y nach der Widerdruckform m und von hier über Walzen t
t1
t2 nach den
Abzugswalzen und der Schneidvorrichtung o, worauf die
erzeugten Bogen n auf den Tisch z ausgelegt werden. Der Papiervorschub erfolgt natürlich intermittirend
und erhalten die Abzugs walzen l und w einen durchaus gleichartigen Antrieb derart, dass die
jedesmal vorgezogene Papierlänge der zu erzeugenden Bogengrösse entspricht. Zur
Festlegung des Papiers während des Druckvorganges dienen drei Greifervorrichtungen
n1, y und t1, welche entsprechend geschlossen und geöffnet
werden und von denen die erste am festen Gussstück a
gelagert ist, während die beiden letzteren am Tiegel b
sitzen und mit diesem auf und ab bewegt werden.
Textabbildung Bd. 281, S. 15Fig. 2.Meisel's Tiegeldruckschnellpresse. Das Farbwerk wird von vier entsprechend an den Fundamenten a und c gelagerten
Farbcylindern d1 bis
d4 mit den
Farbkästen g gebildet, deren Auftragwalzen h in Gliederketten i
gelagert sind und nach jedem Druck über die Formen geführt werden, dabei einmal von
d1
d3, das andere Mal von
d2
d4 Farbe entnehmend.
Eine andere, zweckmässiger erscheinende Färb Vorrichtung ist in der Patentschrift
Nr. 55237 gegeben, bei welcher die Auftragwalzen in Schlitten gelagert sind und nach
jedem Druck über die Formen hin und wieder zurückgeführt werden, so dass hier eine
zweimalige bessere Einfärbung der Form erfolgt. Bezüglich der Einzelheiten dieser
Einrichtung sowie derjenigen der oben erwähnten Greifervorrichtungen n1
y t1 sei auf die
genannte Patentschrift hingewiesen.
Zur Verhütung des Abschmutzens des Schöndrucks am Tiegel b kommt eine endlose, sich von einer Rolle ab- und auf eine zweite
aufwickelnde Leerlaufpapierleitung u (vgl. 1890 277 * 442) in Anwendung, welche, über Rollen t geführt, derart bewegt wird, dass nach jedem Druck
eine frische Stelle der Abschmutzleitung zwischen Tiegel b und Papierbahn n zu liegen kommt.
Diese Meisel'sche Maschine, welche in amerikanischen
Druckereien schon seit einem Jahre in Betrieb ist, arbeitet mit einer
Geschwindigkeit von 6000 bis 7000 Druck, so dass sie im vorliegenden Falle 3000 bis
3500 zweiseitig bedruckte Bogen liefert. Als Vortheil würde ferner zu
bezeichnen sein, dass sie direct vom Satz druckt, so dass die Stereotypiearbeit der
Rotationsmaschine wegfällt. Auch kann der Druck jeder einzelnen Form unabhängig von
der anderen geregelt werden; die Druckarbeit selbst scheint nach den bis jetzt
vorliegenden Berichten eine befriedigende zu sein. Die Meisel'sche Maschine dürfte somit, da sie sich billiger als die
Rotationsmaschine stellt und leistungsfähiger als die Cylinderschnellpresse ist,
geeignet sein, dem vorhandenen Bedürfniss nach einer derartigen Zwischengrösse zu
entsprechen.
Kn.