Titel: | Neues über die Druckluft. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 25 |
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Neues über die Druckluft.
(Fortsetzung des Berichtes S. 7 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neues über die Druckluft.
Seither wurden die kleineren rotirenden Motoren von 1 und darunter mit
wesentlichen Verbesserungen und selbsthätiger Regulirung der Expansion, die an jedem
bestehenden Motor angebracht werden kann, ausgeführt. Der Einfluss dieser
Verbesserungen ergibt sich aus den in Tabelle VII aus grösseren Versuchsreihen
angegebenen Resultaten. Demnach arbeiten selbst die alten Rotationsmotoren, ohne
jede Expansion, mit wesentlich geringerem Luftverbrauch, als seiner Zeit die Radinger'schen Versuche für viel grössere Maschinen
ergaben.
Die Rotationsmotoren mit selbsthätiger Expansionsregulirung erreichen ohne Vorwärmung
bei Betrieb für Kaltluft 30 cbm Luftverbrauch für die gebremste Stunden-;
mit geringer Vorwärmung, um etwa 50°, einen Luftverbrauch von 24 cbm für 1
Brems-.
Der gesammte Wirkungsgrad, der gegenwärtig mit diesen einfachen Kleinmotoren, bei
Vorwärmung um 50°, erzielt werden kann, beträgt bis zu 43 Proc.
Tabelle VIII.
Kleinmotoren mit Kurbelbetrieb. (Nach Gutermuth.)
Um-drehungenin
derMinute
Brems-leistung
Lufttemperaturan der
Maschine
Luftverbrauchtfür 1 Brems-HP
undStunde
Eintritt
Austritt
ohne Vorw.cbm
mit Vorw.cbm
Maschinen mit Kurbelbetrieb
2pferdige Maschine „Tangye“
242
3,77
25°
– 37°
33,6
–
„ „ „
229
3,56
150°
–
–
27,2
„ „ „Journaux“
169
2,1
10°
–
34,1
–
„ „ „
148
2,27
150°
0°
–
19,7
1 pferdige „ „Journaux“
283
1,035
150°
34°
–
24,2
„ „ „Boulet“
149
4,1
165°
18°
–
23,13
Tabelle IX.
Luftverbrauch für eine alte 80pferdige Farcot-Maschine.
Um-drehungenminutlich
IndicirteLeistung
Lufttemperaturan der Maschine
Luftverbrauch in derStunde
Eintritt
Austritt
für1 Dampf-HPcbm
für1 Brems-HPcbm
Eincylindrige 80 pferdekräftigeFarcot-Maschine
54,3 54,3 54,040
72,372,372,365,0
129152160170
21293549
13,2912,3812,0212,41
14,4513,4513,1613,50
Zu Tabelle VIII ist zu bemerken, dass die untersuchten 1- bis 2pferdigen Maschinen,
alte, als Marktware hergestellte Dampfmaschinen, sehr mittelmässiger Ausführung
waren. Der Leergangs widerstand war ein sehr grosser. So z.B. ergab die untersuchte
2pferdige Journaux-Maschine je nach Betriebsart nur 65
bis 75 Proc. mechanischen Wirkungsgrad, also ungewöhnlichen Kraftverlust.
Trotzdem sind die Ergebnisse günstiger als mit der von Radinger untersuchten 10pferdigen Maschine.
Bei guter Ausführung wurde bei besseren Luftmaschinen ein mechanischer Wirkungsgrad
von 90 bis 92 Proc. nachgewiesen; selbst eine alte 80pferdige Farcot-Dampfmaschine hat als Luftmaschine einen
mechanischen Wirkungsgrad von 91 Proc. ergeben. (Tab. IX.)
Es arbeiten somit die kleinsten Motoren unter 1 bei sehr geringer
Vorwärmung, um etwa 50°, mit fast 50 Proc. Gesammtwirkungsgrad, während andererseits
grössere mangelhafte Motoren, wie die als Beispiel hervorgehobene alte Farcot-Dampfmaschine mit massiger Vorwärmung mit einem
Gesammtwirkungsgrad von mindestens 80 Proc. arbeiten.
Die Aufspeicherung von Druckluft war ursprünglich in
Paris in grossem Maassstabe geplant und zwar durch einen unterirdischen grossen
Behälter. Die Ausführung ist unterblieben, weil die Erfahrung lehrte, dass selbst
nach Ingangsetzung der Neuanlage der 2000pferdigen Cockerill-Maschinen, ohne eigene Luftbehälter, die Aufspeicherung der
Druckluft in der städtischen Leitung selbst für den Betrieb vollkommen ausreicht.
Die Luftbehälter in der Centralstation dienen überwiegend nur für die Entwässerung
der Luft, nicht für deren Aufspeicherung. Gegenwärtig ist die Frage der
Kraftaufspeicherung in Paris noch weniger wichtig, weil seither fast das ganze neue
Rohrnetz für die 10000pferdige neue Centralanlage fertiggestellt ist und dieses
Rohrnetz, bei 500 mm Lichtweite, einen so grossen Luftvorrath bietet, dass alle
Betriebsschwankungen ausgeglichen werden können.
Die neue Rohrleitung für die 10000pferdige Centralanlage
wird als Erdleitung hergestellt. Es ist unmöglich, in die Pariser Abzugskanäle
Röhren von so grossem Durchmesser überhaupt unterzubringen. Die Mehrzahl der
bestehenden Abzugskanäle ist durch Rohrpost, Telephon- und Telegraphenleitungen und
Abzweigungen der Wasserleitung vollständig in Anspruch genommen. Die Annahme ist
überhaupt irrig, dass durch die Rohrverlegung in den Abzugskanälen wesentliche
Vortheile für den Unternehmer erzielt werden. Der Vortheil besteht fast
ausschliesslich in
dem, für den städtischen Verkehr störungsfreien Legen der Rohre. Für den Unternehmer
bietet diese Art Rohrverlegung keine wesentlichen Vortheile. Es muss berücksichtigt
werden, dass die Abzugskanäle keineswegs regelmässig sind, dass die Rohrleitung bei
sehr beschränktem Raum gezwungen ist, allen Gefällsbrüchen, Krümmungen und den oft
sehr schwierigen örtlichen Verhältnissen zu folgen und mit zahlreichen Krümmungen
bestehenden Rohrleitungen auszuweichen.
Verluste in der Fernleitung treten bei jeder
Kraftübertragung in doppelter Hinsicht auf: Erstens durch Undichtheit, das ist
unmittelbaren Verlust an motorischem Kraftmittel, und zweitens durch Widerstand in
der Leitung und demselben entsprechenden Spannungsverlust. Dies gilt für jede Art
von Fernleitung, so z.B. bei Dampfleitungen ist der erstere unmittelbare Verlust der
Wärmeverlust, durch Strahlung und Undichtheit; der Widerstand in der Rohrleitung hat
den Spannungsverlust zur Folge.
Die Pariser Druckluftleitung hat sich bei wiederholten Beobachtungen als praktisch
dicht erwiesen; absolute Dichtheit gibt es nicht, aber die Verluste sind
unwesentlich. Wiederholte Untersuchungen von längeren Theilstrecken haben dies
nachgewiesen. Neue Leitungen waren unbedingt dicht und ältere Leitungen fast
dicht.
Um aber auch über die Dichtheit des gesammten Rohrnetzes mit allen ihren Abzweigungen
ein richtiges Urtheil zu gewinnen, haben Riedler und
Gutermuth eine Reihe von umfassenden Versuchen
durchgeführt. (Tab. X.)
Für diese Versuche wurden unter anderen benutzt die 300 mm Hauptleitungen:
Centralstation St. Fargeau, südliche Leitung, bis Place de la Concorde 9,142 km (3
Versuche);
gesammte städtische Leitung 16,5 km (3 Versuche);
Centralstation St. Fargeau, nördliche Leitung, bis Rue de Belleville 1,4 km;
Centralstation St. Fargeau, nördliche Leitung, bis Rue des Pyrénées 6,5 km.
Die Angaben sind: der Luftverlust mit allen Abzweigungen, einschliesslich undichter
schlechter Rohrstrecken in der Rue de Belleville (welche mit alten Rohrdichtungen
versehen ist), deren Undichtheit bekannt war, und einschliesslich der über 10 Jahre
alten Rohrleitung, welche von der früheren Centralstation, in der Rue St. Anne
abzweigt und einschliesslich des Luftverbrauches in denjenigen Anlagen, welche
während der Versuche nicht abgestellt werden konnten oder deren Betrieb und
Verbrauch nicht bekannt war.
Der wirkliche Verlust für die eigentliche currente Rohrleitung ist ein ganz
verschwindender.
Dieses günstige Ergebniss ist in erster Linie zurückzuführen auf die sehr
zweckmässige, in Paris durchgeführte elastische Rohrverbindung. Die Verbindung ist
genügend sicher, dabei aber so weit nachgiebig, dass Verschiebungen der Rohrleitung
keine Störung bewirken können. Nur die Theilstrecke in der Rue de Belleville ist
nicht mit dieser Dichtung ausgeführt, und diese ist es, welche fortlaufend zu
Undichtheiten Anlass gab und gegenwärtig verlegt und mit der bewährten Dichtung
versehen wird.
Die angegebenen Verluste sind Maximalwerthe, welche nur zur Zeit der höchsten
Spannung eintreten.
Die wichtigste Frage der Fernleitung betrifft den Widerstand
der Leitung.
Für die Bestimmung des Widerstandes in den Luftleitungen wurden vielfach ältere
Angaben, selbst die von Weissbach herangezogen.
Letztere haben aber hierfür nicht die geringste Gültigkeit. Weissbach hat überhaupt keine Versuche über den Widerstand von
Luftleitungen durchgeführt. Seine Versuche beziehen sich nur auf die Ausströmung von
Luft und wurden nur mit Rohrstücken von einigen Centimetern Durchmesser und einigen
Metern Länge durchgeführt. Aus diesen Weissbach'schen
Versuchen irgend welche Schlussfolgerungen über den Widerstand langer Rohrleitungen
zu ziehen, ist eine Verkennung der Versuche selbst. Einigermassen brauchbare
Versuche in dieser Hinsicht wurden bisher, aber in unzureichender Art und
Ausdehnung, von Stokalper, an der Luftleitung am St.
Gotthard und von Devillez auf Levant du Flenu
durchgeführt. Bei Stokalper ist die Zahl der Versuche
zu gering, um zuverlässige Schlussfolgerungen aus denselben zu ziehen, und Devillez musste bei veränderlicher Spannung des
Luftstromes in der Leitung beobachten. Die genauen und ausführlichen Versuche Arson's kommen ebenfalls ausser Betracht, da sie mit
viel zu geringer Pressung ausgeführt wurden. Die Beobachtungen der Pariser
Druckluftleitung machten schon früher wahrscheinlich, dass die Druckverluste
wesentlich geringer sein müssen, als sie Stockalper und
Devillez angeben. Zur Richtigstellung blieb
nichts
Tabelle X.
Versuche über Dichtheit der gesammten städtischen Leitung.
Nr.
Untersuchte Strecke
Pressung in derLeitung
Spannungsabfall
Luftverlustin cbm
Bemerkungen
Längem
amAnfang
amEnde
währ.des Ver-suchs
in einerStunde
stünd-lich
in Proc.der Luft-erzeug.
des Versuchs
I
Südliche
LeitungUsine-Concorde
9142
6,5
6,0
0,5
1,5
970
3
Während der Versuche Iund II und IV
bestandenbedeutende Undichtheitenin St. Fargeau und in derRue
Belleville. Bei den Versuchen II,sowie IV ist der
grössereVerlust durch den Luft-verbrauch der pneuma-tischen
Uhren und son-stigen nicht abgestellten Betriebe bedingt.
II
Ganze städtischeLeitung
17160
6,9
5,9
1,0
1,5
1900
6,3
II und IV
einschliesslichAbzweigungen.
III
Usine-Pl. d. l. Conc.
9142
7,0
6,43
0,57
0,75
368
2,16
Als Lufterzeugung sindgleichmässig
30000 cbm in1 Stunde angenommen.
IV
Ganze städtischeLeitung
17160
6,7
5,82
0,88
1,32
1669
5,5
V
Nördl. Leitung Usine-Rue de Bellevile
1400
6,0
5,0
1,0
0,6
59,4
2,3
In allen Fällen ist Luft-verlust in
Procenten derLufterzeugung auf ganzeLeitungslänge bezogen.
VI
Usine I-Rue desPyrénées
550
6,1
3,7
2,4
0,56
22,15
2,2
Anderes übrig, als sehr ausgedehnte genaue Versuche mit der Pariser Leitung
vorzunehmen und diese sind durch Gutermuth und Riedler in einem Umfange, wie nie bisher, durchgeführt
worden. Die Pariser Verwaltung ermöglichte es, diese Versuche zu bestimmten
Nachtzeiten und Sonntags mit einem grossen Theil und schliesslich mit dem gesammten
Rohrnetz und wiederholt vorzunehmen, so dass die gewonnenen Resultate frei von
zufälligen Beobachtungsfehlern sein dürften.
Die Vorversuche ergaben zunächst Aufklärung, dass einzelne Theile der Rohrleitung
ungewöhnlichen Widerstand verursachen und zwar Theile, welche nicht zur eigentlichen
laufenden Rohrleitung gehören. Die Pariser Hauptleitung ist auf dem 16,5 km langen
Hauptstrang mit eingeschalteten grossen Entwässerungsbehältern und mit einer sehr
grossen Zahl Entwässerungsvorrichtungen (Siphons) und zahlreichen Absperrschiebern
versehen. Die Vorversuche ergaben übereinstimmend, dass die erwähnten grossen
Entwässerungsbehälter wegen plötzlicher Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen
einen ungewöhnlichen, hohen Widerstand verursachen.
Dies gab Veranlassung, diese Behälter einzeln und dann die einzelnen Rohrstrecken
zwischen den Behältern getrennt zu untersuchen. Auszug aus den diesbezüglichen Gutermuth'schen Versuchen ist in folgender Tabelle XI
enthalten.
Tabelle XI.
Spannungsverluste durch einen Entwässerungsbehälter.
Luftspannung
Spannungs-abfall
Secundlichemittlere
Luft-geschwindigkeit
vor
hinter
dem Behälter
6,316
6,250
0,066
5,97
6,283
6,216
0,067
5,80
4,880
4,710
0,170
8,70
6,480
6,330
0,150
7,40
6,13
6,06
0,07
5,58
Die Versuche zeigen, dass der Spannungsverlust durch einen einzigen Behälter, bei
Ueberschreitung von 7 m Luftgeschwindigkeit, schon 0,15 at Druckverlust, bei 9 m
Geschwindigkeit fast 0,2 at Druckverlust verursacht. Fünf solcher Behälter würden
demnach schon 1 at Druckverlust veranlassen. Es ist deshalb zu beachten, dass der
Widerstand dieser Behälter in den folgenden Versuchen theils inbegriffen, theils
ausgeschlossen ist, so wie näher angegeben. Als eigentlicher Leitungswiderstand darf
dieser Verlust nicht angesehen werden, da die Entwässerung durch andere
Einrichtungen ohne grossen Widerstand möglich ist. So z.B. haben die in der
Hauptleitung eingeschalteten 23 Entwässerungssiphons einzeln keinen erheblichen
Widerstand nachweisen lassen. Der Widerstand aller 23 Siphons ist in den folgenden
Angaben über die Gesammtleitung einbegriffen.
Zahl und Ort der bisher von Gutermuth durchgeführten
Leitungsversuche zeigt Tabelle XII.
Die Versuche mit der gesammten städtischen Leitung wurden derart durchgeführt, dass
bei eingestelltem städtischen Betrieb (Sonntags oder Montags früh Morgens) alle Luft
von der Centralstation in der Rue St. Fargeau, durch die südliche Rohrleitung
hindurch, bis zur Madeleine und durch die nördliche Rohrleitung wieder zurück in die
genannte Centralstation gedrückt und dort ausgeblasen wurde. Die Länge der so
untersuchten Leitung betrug 16,5 km.
Hierzu ist zu bemerken, dass in die untersuchte 16,5 km lange Rohrleitung
eingeschaltet sind: 4 Entwässerungsbehälter mit grossem Widerstand, 23
Entwässerungsapparate (Siphons), 42 Absperrschieber. Die Widerstände dieser Apparate
sind in den Leitungswiderständen einbegriffen.
Tabelle XII.
Zahl der Versuche mit einzelnen Leitungsstrecken zur Ermittelung
des Leitungswiderstandes.
Untersuchte Leitungsstrecke
Zähl derVersuche
Längem
Ganze Länge von Centrale St. Fargeau nach der Stadt
und wieder zurück zur Centrale
16502
7
Centrale-Rue Font. au Roi
13162
3
„ -Rue d. l. Charonne
12098
4
Place d. l. Conc. – Centr. St. Farg.
9142
5
Rue d. l. Charonne – Rue Font, au Roi
8759
3
„ „ „ „ – Centr. St. Farg.
4403
8
Centrale-Rue Fontaine au Roi
3340
3
Centrale St. Fargeau-Avenue de la République
1715
2
Einzelversuche mit Strecken ver- schiedener
Länge
716–7360
11
Als praktisches Ergebniss ist aus den Versuchen hervorzuheben, dass z.B. die
Leitungsstrecke St. Fargeau-Fontaine au Roi, in welcher Strecke keine Wasserbehälter
vorkommen, wohl aber 3 Siphons und 8 Absperrschieber, bei einer mittleren
Luftgeschwindigkeit von 6½ m ergeben hat: einen Druckverlust von 0,05 at für jedes
Kilometer Leitungslänge.
Es würde somit für die Luftgeschwindigkeit von 6½ m der Spannungsverlust von 1 at
einer Leitungslänge von 20 km entsprechen bezieh. ein Versorgungsgebiet von 20 km
Radius zulassen.
Weiter ist als praktisches Ergebniss aus den Versuchsreihen der Untersuchung der
gesammten Pariser Luftleitung zu erwähnen, dass bei 16,5 km untersuchter
Leitungslänge, bei 6 m mittlerer Luftgeschwindigkeit, der Druckverlust 0,07 at für
jedes Kilometer Leitungslänge betrug. Es folgt daraus, dass selbst einschliesslich
der Widerstände der in der ganzen Pariser Leitung liegenden: 42 Schieber, 23 Siphons
und 4 Entwässerungsbehälter u.s.w., welche zur currenten Fernleitung nicht gehören,
der Leitungsverlust ein so geringer ist, dass 1 at gesammter Druckverlust ein
Versorgungsgebiet von 14 km Radius zulässt, um an der äussersten Grenze dieses
Versorgungsgebietes den früher angegebenen Luftverbrauch und Wirkungsgrad der
Luftmaschinen zu erhalten.
Weiter ist zu erwägen, dass es keineswegs erwiesen ist, dass mit zunehmender Dichte
der Luft die Widerstünde proportional wachsen; die bisherigen Versuche in Paris
lassen vermuthen, dass der Widerstand mit der Dichte innerhalb der untersuchten 4 at
Spannungsunterschied nicht zunimmt; auch die Stokalper'schen Versuchszahlen zeigen dasselbe.
Soll der Fernbetrieb mit geringen Anlagekosten für die Rohrleitung durchgeführt
werden, dann ist für die Fernleitung hochgespannte Druckluft zu verwenden.
Langjährige Erfahrungen in der Erzeugung der Druckluft von 30 bis 50, selbst über
100 at Spannung liegen vor, die Erhöhung des Luftdruckes auf höhere Spannung
erfordert nur einen verhältnissmässig geringen Arbeitsaufwand. Beispielsweise wenn
Druckluft von 10 at auf 30 at verdichtet werden soll, so ist hierfür nur 30 Proc. der
gesammten Arbeit erforderlich.
Dieser geringe Arbeitsaufwand gestattet, Druckluft von höherer Spannung, d.h. von
geringem Volumen für Fernleitungen zu erzeugen, auf grosse Entfernungen
fortzuleiten, mit einem Druckverlust, der geringer ist, als bei irgend einer anderen
Kraftübertragung.
Im Anschluss an diese allgemeinen Erwägungen seien einige neue constructive
Vorschläge für den Bau von Luftmaschinen mitgetheilt.
Die in D. p. J. 1890 278 *
341 besprochene Gasdruckluftmaschine von Pröll und
Kummer ist nunmehr auch patentirt (* D. R. P. Nr. 54979 vom 19. Juni
1890).
Textabbildung Bd. 281, S. 28Fig. 1.Gasdruckluftmaschine von Pröll, Kummer und Co. Eine andere Anordnung einer Gasdruckluftmaschine nach der Construction von
Dr. Pröll, O. L. Kummer und Co. und E. Fischinger in Dresden (* D. R. P. Nr. 55690 vom 4.
Mai 1890) ist in Fig. 1 dargestellt.
Es ist A der Cylinder einer Gasmaschine, B der Cylinder einer Luftmaschine, welche in irgend
einer Weise gesteuert wird. Die Druckluft gelangt aus der Rohrleitung zuvörderst in
den Mantel C der Gasmaschine, nimmt unter
gleichzeitiger Kühlung des Cylinders die Wärme des letzteren auf und gelangt, durch
die Steuerung s vertheilt, in den Cylinder B, in demselben durch Expansion wirkend.
Wenn der Kolben sich in der Richtung des eingezeichneten Pfeiles bewegt und die
Druckluft sich bei der Expansion stark abkühlt, so erfolgt ein Wärmeübergang von dem
heissen Kolben des Gascylinders auf die expandirende Luft, wodurch eine zusätzliche
Verwandlung von Wärme in Arbeit entsteht und gleichzeitig der Kolben entsprechend
gekühlt wird.
Inzwischen erfolgt durch das geöffnete Ventil v ein
Uebertritt der Explosionsrückstände nach dem Luftcylinder, wobei auch auf der
anderen Seite des Kolbens die Luft während der Expansion Wärme zugeführt erhält.
Wegen des Ausgleiches des Druckes wirkt die Luft hier nur mit der Differenz der
Kolbenflächen.
Wegen der beträchtlichen Metallmassen, in denen sich die Wärme aufspeichern kann, ist
es gleichgültig, ob die Gasmaschine im Vier- oder Zweitact arbeitet.
Der Process wird principiell keine Störung erleiden, auch wenn nur bei jeder zweiten
Kurbelumdrehung eine Explosion bezieh. ein Uebertritt der Verbrennungsproducte nach
dem Luftcylinder erfolgt.
Die Construction kann noch in folgender Weise verändert werden. Eine von der Maschine
getriebene Gaspumpe comprimirt das Gas auf den Druck der Druckluft. Das comprimirte
Gas mischt sich mit Druckluft in einem bestimmten Verhältniss und gelangt dann das
Gemisch beim Beginn des neuen Kolbenhubes durch einen elektrischen Funken zur
Entzündung. In Folge des ursprünglichen hohen Druckes, in welchem sich das Gemisch
befand, wird ein höherer Explosionsdruck entstehen, der im Zusammenhange mit der
darauf folgenden Expansion ein Diagramm gibt, welches über demjenigen der Druckluft
liegt, in ähnlicher Weise wie das Diagramm des Hochdruckcylinders einer
Verbundmaschine über dem Diagramm des Niederdruckcylinders. Der Abstoss der
Verbrennungsproducte des Gascylinders nach dem Luftcylinder geschieht dann noch
unter Ueberdruck, welcher dem Arbeitsprocess der Luftmaschine zu gute kommt.
Der Wärmeaustausch würde in derselben Weise wie früher erfolgen.
Die zum Betriebe eines Druckluftmotors erforderliche Vorwärmung der Druckluft kann
durch einen Vorwärmeofen erfolgen. Bei grösseren Leistungen nehmen aber die
Vorwärmer den Umfang und die Kosten von Dampfkesseln an, die dann auch einer
besonderen Wartung bedürfen, abgesehen von dem erforderlichen Schornstein und den
baulichen Anlagen.
Die Combination der Gasmaschine mit der Luftmaschine verlegt die erforderliche
Vorwärmung der Druckluft in die Maschine, in der die Wärmebildung entsprechend dem
Aufwände an Druckluft und der zu leistenden Arbeit selbsthätig vor sich geht.
Man kann die wechselweise Einwirkung der Fluida auch in der Weise eintreten lassen,
dass man die Druckluft durch die Explosionsproducte der Gasmaschine vorwärmt und die
Kälte der expandirten Druckluft zur Kühlung des Gascylinders benutzt.
Textabbildung Bd. 281, S. 28Fig. 2.Gasmaschine von Schmid und Beckfeld. Bei der in Fig. 2 dargestellten Maschine
von A. Schmid und J. C.
Beckfeld in Alleghany, Nordamerika (* D. R. P. Nr. 54720 vom 18. Februar
1890), soll die Maschine während ihrer Arbeit selbst wieder eine gewisse Luftmenge
nutzbar verdichten und die hierbei frei werdende Wärme entweder auf diejenigen
Theile der Maschine einwirken lassen, welche bei der Expansion der Luft der
Abkühlung am meisten unterworfen sind, oder diese Wärme zum Anwärmen der Luft auf
ihrem Wege nach den Arbeitscylindern nutzbar machen.
Als Beispiel der Ausführung ist eine Verbundmaschine dargestellt, bei welcher zur
Vereinfachung der Ausführung, wie zur Vermeidung eines Kraftverlustes und um die
Wärme theilweise unmittelbar in dem Arbeitscylinder nutzbar zu machen, der
Niederdruckcylinder und Kolben derselben derart ausgebildet sind, dass letzterer bei
jedem Ausschub eine gewisse, zuvor aufgesaugte Luftmenge in einem besonderen Raum
verdichtet und bei jedem darauf folgenden Hub (Einschub) mit der Luft gleichzeitig
einen feinen Wasserregen aufsaugt, welcher in Folge der sodann bei der Verdichtung
frei werdenden Wärme verdampft und dadurch einen Kraftüberschuss hervorbringt.
Die Kolben B und D des
Hochdruckcylinders A und Niederdruckcylinders C sind durch Pleuelstangen gelenkartig und unmittelbar
mit den gegen einander um 180° versetzten Kurbeln A1
A1 der wagerechten
Welle B1 verbunden,
welche an ihrem einen freien Ende das Schwungrad G2 und ein den Schieber F durch Vermittelung eines Winkelhebels D1 bethätigendes Excenter E1 trägt.
Der gleichzeitig den Luftzutritt in den Hochdruckcylinder A, die Vertheilung der Luft zu dem Niederdruckcylinder C und endlich den Austritt der expandirten Luft
regulirende Kolbenschieber F ist oberhalb der Cylinder
A und C in dem
Schieberkasten F1
geführt; welcher mit entsprechenden Kanälen versehen und mit einem Mantel G umgeben ist.
In der entsprechenden Stellung des Schiebers F tritt die
Luft aus dem Rohre E durch den Schlitz h, die mittlere Aussparung des Schiebers F und den Kanal i bei
einem der Länge des Schlitzes h entsprechenden
Füllungsgrad in den Hochdruckcylinder A, expandirt in
demselben bis zu der gezeichneten mittleren Schieberstellung und wirkt dann bei
weiterer Expansion, indem sie jetzt durch den Kanal i,
die Schieberaussparung und den Kanal h treten kann, auf
den Niederdruckkolben D, bis sie endlich während der
Aufwärtsbewegung des Kolbens D durch den Kanal n, die Schieberaussparung, die Schlitze o im Schieberkasten und das Ausblaserohr P ausströmt, worauf derselbe Vorgang von neuem
beginnt.
Der Kolben D im Niederdruckcylinder ist ein Doppel- oder
Differentialkolben, dessen unterer Theil H von
geringerem Durchmesser sich in einem zweiten, in den Cylinder C eingesetzten engeren Cylinder J während seiner ganzen Bewegung schliessend führt. Auf diese Weise
entsteht zwischen den beiden Cylindern der ringförmige Compressionsraum J, welcher durch einen Kanal K und ein Ventil b mit der Aussenluft und ein
Rückschlagventil L und Rohr M mit der Schieberkastenummantelung N und von
dieser aus durch eine Zweigleitung O mit der
Hauptleitung E der Pressluft verbunden ist.
Unter das Ventil b mündet ein enges, von der
Hauptleitung E ausgehendes Rohr f, an welchem in der Nähe seiner Mündung ein kurzer, in einen
Wasserbehälter c tauchender Rohrstutzen g derart angebracht ist, dass die durchströmende Luft
das in dem Rohrstutzen g aufsteigende, durch einen
Zufluss d und Ueberlauf e
auf constantem Niveau erhaltene Wasser mitreisst und fein zerstäubt gegen das Ventil
b bläst.
Bei der Aufwärtsbewegung des Kolbens D saugt derselbe
durch das Ventil b das fein zerstäubte Wasser mit Luft
vermengt an, um die letztere bei seiner Abwärtsbewegung in dem ringförmigen Raum J zu verdichten, wobei das Wasser in seiner feinen
Vertheilung durch die frei werdende Wärme, wie erwähnt, verdampft, das Gemenge von
verdichteter Luft und Wasserdampf durch das Rückschlagventil L und das Rohr M in die Ummantelung N und von dieser durch das Rohr O in die Hauptleitung E
gedrückt wird, um es dann zum Betrieb der Maschine wieder nutzbar zu machen.
Die Luft tritt hierdurch bereits entsprechend angewärmt in die Maschine, in welcher
alsdann die Expansion der Wasserdämpfe zur Arbeitsleistung benutzt wird. Die Dämpfe
halten einen grossen Theil der Wärme zurück, welche bei ausschliesslicher Anwendung
der verdichteten Luft durch Strahlung verloren ginge, und verhindern überdies
vermöge ihrer freien und gebundenen Wärme eine zu starke Abkühlung des Schiebers und
Schiebergehäuses durch die bei der Expansion frei werdende Kälte.
Die Verhältnisse der Cylinder C und J müssen selbstredend so gewählt werden, dass die zur
Verdichtung erforderliche Kraft ein gewisses Maass nicht übersteigt. Die Welle B1 kann in einem
geschlossenen, theilweise mit Wasser und Oel angefüllten Behälter G1 gelagert sein,
welcher gleichzeitig die Cylinder A und C trägt, so dass diese durch das von den Kurbeln
aufgeworfene Wasser reichlich geschmiert werden.
Textabbildung Bd. 281, S. 29Druckluftmaschine von Alexander. Bei der in Fig.
3 theilweise dargestellten Druckluftmaschine von J. Alexander in Bromberg (* D. R. P. Nr. 54934 vom 19. Juli 1890) wird ein
Doppelkolben in einem durch Scheidewand abgetheilten Cylinder verwendet, wobei die
Verbindungsstange des Doppelkolbens diese Scheidewand durchdringt und zur Aufnahme
der Zu- und Abführkanäle für die Druckluft bezieh. Druckflüssigkeit dient, während
andererseits die Scheidewand zur Aufnahme der Ab- bezieh. Zuführkanäle für das
motorische Fluidum dient. Es ist durch diese Anordnung ein sehr einfacher Motor ohne
jegliche Ventile oder sonstige umständliche Abschlussorgane, Schieber u.s.w. erzielt
und die denkbar einfachste Anordnung geschaffen, welche nie zu Betriebsstörungen
Veranlassung geben kann.
Der Motor besteht aus einem Gehäuse c, welches entweder
aus Rothguss, Gusseisen oder sonstigem passenden Material hergestellt werden kann,
und besitzt die Scheidewand b, welche die
Verbindungsstange s der Kolben k1
k2 aufnimmt, welche in
dem cylindrischen Raum p1
p2 des Gehäuses c sich hin und her bewegen. Die Kolben können in
bekannter Weise für grössere Ausführungen durch federnde Einlagringe abgedichtet
werden. Die Abdichtung der Verbindungsstange s kann
ebenfalls in der im Maschinenbau üblichen Weise entweder durch Einschleifen oder
durch besondere Dichtungsringe erfolgen.
Die Scheidewand des Cylinders enthält Durchbohrungen und Kanäle, welche den Ein- und
Austritt der Druckflüssigkeit bezieh. der Druckgase oder Druckluft automatisch
regeln, e ist der Einlasskanal, welcher in der Stellung
Fig. 3 die Druckluft
durch die Kanäle 1, 2 und 3 der Verbindungsstange s in den Raum p1 führt, in welchem
sie treibend auf den Kolben k1 wirkt. Nach der entsprechenden Vorbewegung des Kolbens schliesst der
Kanal 1 gegen e ab und es findet
nun Expansion im Cylinder p1 statt, bis gegen Ende des Hubes der Kanal 1
mit dem in der Scheidewand b angeordneten
Austrittskanal a1 in
Verbindung tritt. Es erfolgt dann der Auspuff, bis durch die Rückbewegung der
Abschluss und die Oeffnung in entgegengesetzter Reihenfolge wieder eintreten. Auf
der anderen Seite der Maschine ist die Wirkung durch die Anordnung der Kanäle a2, 4, 5 und 6 auf dem
Cylinderraum p2 die
gleiche.
Fig. 4 zeigt zwei
Querschnitte durch die Maschine.
Es ist in der Zeichnung der Cylinder c an beiden Enden
offen gezeichnet und kann an einem der Kolben eine Pleuelstange zur Uebertragung auf
die Schwungradwelle angebracht werden. Andererseits kann der Motor direct als Pumpe
Verwendung finden, derart, dass der Cylinder c
endseitig geschlossen und zum Einlass und zur Abführung des Saug- bezieh.
Druckwassers eingerichtet wird. Man würde dann durch endseitige Schliessung beider
Cylinder eine doppelt und direct wirkende Pumpe erhalten.
Ebenso kann man den Motor weiter in der Weise ausbilden, dass man an den einen der
Kolben die Pleuelstange angreifen lässt und das andere Ende des Cylinders schliesst,
wobei die an den Innenseiten der Kolben p1
p2 expandirte Druckluft
oder der Dampf in den geschlossenen Aussenraum übertritt und auf die grössere
Aussenfläche des Kolbens nochmals bei weiterer Expansion des Dampfes oder der Luft
wirkt. Man kann in dieser Weise Maschinen mit mehrfacher Expansion herstellen, wobei
man durch Verlängerung der Kolbenstange die beispielsweise in dem Raum p2 gewirkthabende
Druckluft durch die hohle Kolbenstange nach der Aussenseite des Kolbens k2 und unter Anbringung
entsprechender Kanäle führen kann, eine Sache, welche eine reine Constructionssache
sein würde.
Heizapparat für Druckluftmaschinen der Internationalen Druckluft- und
Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin (* D. R. P. Nr. 54978 vom 29. Mai
1890).
Um Druckluftmotoren mit Luft von höherer Spannung arbeiten zu lassen und der
Druckluft eine möglichst grosse Menge von Energie in Form von Warme zuführen zu
können, erscheint es von Vortheil, die Expansion in zwei oder mehreren Cylindern
nach einander sich vollziehen zu lassen. Man kann dann der Luft vor ihrem Eintritt
in jeden Cylinder eine verhältnissmässig grosse Wärmemenge zuführen, ohne befürchten
zu müssen, durch hohe Temperaturen der Maschine Nachtheile zuzufügen, wie dieses der
Fall sein würde, wenn man der Druckluft vor ihrem Eintritte in die Maschine die
gesammte Wärmemenge auf einmal zuführte, abgesehen davon, dass die starke
Temperaturerniedrigung an und für sich directe Wärme-Verluste im Gefolge haben
würde.
Es ist auch ohne weiteres ersichtlich, dass es zur Erzielung der jeweiligen
günstigsten Arbeitsleistung eines mehrcylindrigen Motors bei verschiedenen
Beanspruchungen desselben erforderlich ist, die der Druckluft vor ihrem Eintritt in
die einzelnen Cylinder zuzuführenden Wärmemengen sowohl bezüglich ihres
Verhältnisses zu einander, als auch in Bezug auf ihre Gesammtmenge je nach Bedarf
ändern zu können.
Der beabsichtigte Zweck wird nach vorliegendem Verfahren mittels zusammengesetzter
Vorwärmeöfen entweder ganz oder theilweise erreicht durch Aenderung des
Verhältnisses der Heizflächen der betreffenden Heizkörper oder durch Aenderung
des Mengenverhältnisses der Heizgase, welche für die einzelnen Heizkörper bestimmt
sind, oder durch gleichzeitige Aenderung beider Verhältnisse.
Für den zu verfolgenden Zweck ist es gleichgültig, ob der Motor als Verbundmaschine
mit versetzten Kurbeln oder als Woolf'sche Maschine
oder einfach oder doppelt wirkend ausgeführt wird.
Textabbildung Bd. 281, S. 30Fig. 5.Heizapparat für Druckluftmaschinen.Fig. 5 zeigt schematisch die Anordnung eines
zweicylindrigen Motors mit getrennter Vorwärmung der Druckluft vor ihrem Eintritt in
die Cylinder, Fig. 6 und
7 in Seitenansicht
und senkrechtem Schnitt bezieh. in Oberansicht und in wagerechtem Schnitt einen
zusammengesetzten Vorwärmofen und Fig. 8 eine Abart
des Ofens. Man kann entweder zwei von einander getrennte Vorwärmeöfen A verwenden oder die Vorwärmung in einem einzigen
zusammengesetzten Ofen B vor sich gehen lassen. Die
letztere Art dürfte bezüglich ihrer praktischen Verwendung jederzeit vorzuziehen
sein, sowohl der leichteren Bedienung wegen, als auch der geringeren
Rauminanspruchnahme halber, und nicht zuletzt deswegen, weil sie gestattet, einmal
als richtig erkannte Verhältnisse leicht innezuhalten. In Fig. 5 zeigen die gestrichelten Linien die Verwendung zweier getrennter
Oefen, während die Anordnung eines zusammengesetzten Ofens in ausgezogenen Linien
dargestellt ist. Der Weg, den die Druckluft in beiden Fällen nimmt, ist durch
eingezeichnete Pfeile angedeutet.
C bezeichnet den Hochdruckcylinder, D den Niederdruckcylinder und E den Auspufftopf des Motors.
Bei dem in Fig. 6 und
7 dargestellten
zusammengesetzten Vorwärmeofen kann das Verhältniss der Heizflächen auf einfache
Weise geändert werden. Derselbe besteht aus einem gewöhnlichen Füllofen F mit Mantel f, der das
Röhrensystem H H1, das
von der Druckluft durchstrichen wird, umschliesst. Die Heizgase gehen nach ihrem
Entweichen aus dem Schachte des Ofens, durch die Scheidewand g veranlasst, nach unten, indem sie das innere Röhrensystem H umspülen, bestreichen dann, nach oben steigend, das
äussere Röhrensystem H1
und entweichen schliesslich durch das Abzugsrohr f1. Die in dem oberen Abdeckringe P enthaltene Füllöffnung des Ofens wird durch den
Deckel i geschlossen.
Die Druckluft beschreibt in den beiden concentrischen Röhrensystemen einen
zickzackförmigen Weg; wenn sie beispielsweise durch die Oeffnung K1 (Fig. 7) eintritt, so
steigt sie zunächst in dem Rohre h1 hoch, gelangt oben durch eine Kappe in das Rohr
h2 und fällt durch
dieses in den ringförmigen Unterkasten N, der durch
eingegossene Scheidewände derart eingetheilt ist, dass immer je zwei Rohre des
äusseren und des inneren Systems durch den Kasten N mit
einander verbunden sind. Die Druckluft steigt dann im Rohre h3 wieder hoch, fällt im Rohre h4 u.s.f.
Textabbildung Bd. 281, S. 31Vorwärmeofen für Gasmaschinen. In derselben Weise beschreibt die Luft ihren Weg in dem inneren Systeme
H. Beide Systeme können nun durch einfache
Umstellung einer zwei Rohre des äusseren und zwei Rohre des inneren Systems
überdeckenden und mit einem Scheidesteg versehenen Kappe, z.B. M4 (Fig. 6 und 7), derart mit einander
verbunden werden, dass die Luft gezwungen wird, für ihren Hingang das eine und für
ihren Rückgang das andere System zu durchstreichen. Wird nun z.B. die für den
Hochdruckcylinder bestimmte Luft durch die Oeffnung k1 in das äussere Röhrensystem H1 eingeführt, so wird
sie dasselbe bis zur Kappe M4 durchströmen, dort aber in das innere Rohrsystem H eintreten, um dasselbe vorgewärmt durch die Oeffnung K2 (Fig. 7) wieder zu
verlassen. Gleichzeitig tritt aber die aus dem Hochdruckcylinder C (Fig. 5) kommende Luft
durch Oeffnung K3 in
den anderen Theil des inneren Röhrensystems H, geht auf
der anderen Seite desselben ebenfalls bis zur Kappe M4 und von hier durch das äussere
Röhrensystem H1 zurück
bis zur Mündung K4, um
in den Niederdruckcylinder D geleitet zu werden.
Je nachdem nun die eine oder die andere Kappe M M4 . . . umgestellt wird, ändert sich das Verhältniss
der von der in den Hochdruck- bezieh. Niederdruckcylinder geleiteten Luft
durchströmten Rohre und damit also auch der Heizflächen.
In Fig. 7 werden z.B.
zunächst 14 und dann 18 Rohre durchströmt; wird aber die Kappe M3 umgestellt, so
durchströmt die nach dem Hochdruckcylinder geleitete Luft nur 10 und die nach dem
Niederdruckcylinder geleitete Luft 22 Rohre. Die Aenderung der Gesammtwärmemenge
erfolgt durch entsprechende Regelung der Verbrennung im Ofen.
Die einzelnen Röhren h1
h2 . . ., welche
luftdicht in den Unterkasten N eingepasst sind, werden
oben zunächst durch einen Ring P, der zugleich als
oberer Abschluss des Ofens dient, in ihrer Lage erhalten und Ring P stützt sich auf die Stehbolzenschrauben p, die durch den Unterkasten N gehen.
Je vier Röhren sind durch eine der Kappen M verbunden,
welche durch die Schrauben p fest auf die Röhren h1
h2 . . . gezogen werden
können. Wie schon angegeben, können je nach Stellung der betreffenden Kappe je zwei
äussere und zwei innere Rohre mit einander verbunden, oder es kann die Verbindung je
eines äusseren mit je einem inneren Rohre hergestellt werden.
Textabbildung Bd. 281, S. 31Fig. 8.Vorwärmeofen für Gasmaschinen.Fig. 8 zeigt einen Vorwärmeofen mit Feuerung Q, bei dem das Verhältniss der Mengen der Heizgase
veränderlich ist. Die Heizgase entweichen durch einen Kanal q, der durch eine drehbare Zunge R getheilt
ist, in die eigentlichen Heizkörper SS1, durch deren Heizschlangen TT1 die Druckluft streicht. Zu jedem
Cylinder des Druckluftmotors gehört ein Heizkörper. Das Mengenverhältniss der durch
die Heizkörper strömenden Verbrennungsgase wird durch Einstellen der Zunge R regulirt.
Diese Einstellung kann auch vom Regulator der Maschine aus automatisch erfolgen.
Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass man es in der Hand hat, bei dieser
Anordnung auch die Grössen der Heizflächen zu ändern, wenn man je zwei Röhren mit
einer umstellbaren Klappe U versieht. Fig. 8 rechts zeigt eine der Kappen eingestellt. An
Stelle des in den Figuren angedeuteten Füllofens kann auch irgend eine andere
Feuerungs- oder Wärmequelle treten: Gasfeuerung, Ofen für flüssige Brennstoffe,
Dampf u.s.w. Die Einrichtung der Oefen für Motoren mit mehr als zwei Cylindern
ergibt sich nach dem Angeführten von selbst.
Ueber die Bedeutung der Kraftversorgung in Städten hat Riedler
(Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1891 S. 189) einige
Bemerkungen gemacht, welche die Sache in bündigster Form treffen und deshalb hier
ihren Platz finden mögen.
Maassgebend für die wirthschaftliche Thätigkeit ist die Erzeugung von Werthen. Diese
kann nur erfolgen durch das Zusammenwirken von drei Factoren: Stoff und Kraft und
eines Vermittlers, des Geldes. Stoff allein ist kein Werth ohne die Kraft, die ihn
gewinnt, verarbeitet. Eines Vermittlers hat es in alter Zeit nicht bedurft. Stoff
und Kraft waren das Eigenthum Weniger. Später ward die Kraft zwar frei, nicht aber
der Stoff. Gegenwärtig ist die Thätigkeit der Menschen zwar frei, aber der
Vermittler ist zu grosser Bedeutung angewachsen und in hohem Maasse bevorrechtet,
weil nach den bestehenden Einrichtungen das Arbeitsproduct bezieh. dessen jeweiliger
Werth mit dem Gelde nicht gleichberechtigt und gleichbefähigt ist. Wo ein Vorrecht,
ist ein Minderrecht und dieses drängt stets auf Veränderung des Bestehenden.
Gleiche Vertheilung des Stoffes kann niemals lebensfähige Veränderung schaffen; sie
widerspricht Naturgesetzen: dem Kampf ums Dasein, sowie berechtigtem Eigennutz,
die nicht aus der Welt zu schaffen sind. Bestrebungen nach gleicher Vertheilung des
Stoffes, gleichgültig ob in der schroffen communistischen Form oder in der
blendenden Bellamy's, können niemals dauernden Erfolg erzielen.
Den Factor Geld und seine Vorrechte zu besprechen, gehört nur theilweise zur
vorliegenden Sache. Das heutige Geld ist Werthmesser, gleichzeitig aber auch Ware
und als solche von veränderlichem Werthe; es sollte Vermittlungs-, insbesondere
Umlaufform sein, die erzeugten Werthe mobilisiren. In Wirklichkeit aber ist es oft
erstberechtigter Factor, welcher Sicherheit und Zins verlangt und selbst ohne
Wertherzeugung und ohne Risico doch erwerben kann.
Jede Schuldbildung, wenn auch nur zur Mobilisirung bestehender Werthe, schafft die
ungeheuere Nachfrage nach dem einzig gültigen Werthmesser, nach dem Gold.
Zahlpflichten, die nie aus Gold hervorgegangen, müssen gleichwohl in Gold geleistet
werden; kurz, das heutige Geldwesen schafft eine künstliche, ins Ungemessene
gesteigerte Nachfrage nach dem einen bevorrechteten Werthmesser, während es doch
denkbar ist, für den Umlauf und Austausch von Werthen eine Form zu schaffen, welche
solcher Vorrechte entbehren kann.
Ich möchte nicht zu den zahlreichen modernen Weltverbesserern gezählt werden und
begnüge mich, zu erklären, dass ich die Zweckmässigkeit des heutigen Geldwesens
nicht verstehe, und erwähne letzteres nur, um dem Vorwurfe zu begegnen, ich hätte
einseitig nur die wirthschaftliche Bedeutung der Kraft hervorgehoben.
Mit der Kraft als Factor der Wertherzeugung liegen die Verhältnisse sehr einfach.
Aller Erwägung ist die Thatsache voranzustellen, dass heute die Maschinenkraft unter
uns thätig ist.
Die Maschinenkraft ist wirthschaftlich nichts anderes als ein ungeheures Angebot von
Arbeitskraft, neben welchem die Menschenkraft keine erhebliche Rolle spielen kann
und überwiegend zum Aufseher der Maschine geworden ist. Die Maschinenkraft
übersteigt heute schon alle Menschenkraft der Erde, sie treibt die hochentwickelten
Werkzeugs- und Hilfsmaschinen, welche eine einzige Verrichtung des Menschen
tausendfach ausführen, sie beeinflusst vor Allem die in Kulturländern Lebenden. Dies
berücksichtigt, ergibt die Statistik ungefähr, dass neben jeder einzelnen
Menschenkraft gegenwärtig mehr als hundert gleichwerthige Maschinenkräfte thätig
sind, so dass jede wirthschaftliche Thätigkeit hierdurch beherrscht werden muss. –
Nachdenken auf solchen Gebieten gehört nicht zu den Erfordernissen unserer modernen
Bildung; alle Leistungen der angewandten Naturwissenschaften werden ja als etwas
ganz Selbstverständliches hingenommen, was weitere Ueberlegung nicht lohnt.
Die Grösse der Sache wird aber gemeinverständlicher, wenn der Maschinenkraft
menschliche Form gegeben wird, etwa die Form von Chinesen, die zu je 100 im
Wettbewerbe neben jedem von uns thätig sind; Chinesen, welche aber noch weit
anspruchsloser sind als lebendige, welche keiner Wohnstätten, nur Arbeitsstätten
bedürfen, von Kohlen leben, nicht striken, keine persönlichen Bedürfnisse kennen,
bei Dienstuntauglichkeit reparirt oder zerschlagen werden. Hierdurch wird der
gewaltige Einfluss anschaulicher und Niemand wird zweifeln, dass dieser
unheimliche Zustand schleunigst zu regeln ist, um so mehr, als die Statistik lehrt,
dass 80 Proc. der Maschinenkraft erst in den letzten 25 Jahren entstanden ist!
Die Maschinenkraft lässt sich jedoch in keiner Weise aus der Welt schaffen, mit ihr
würde auch unsere materielle Kultur aufhören; denn nur die Maschinenkraft hat auch
dem Geringsten Werthe zugänglich gemacht, welche früher nur Bevorzugten erreichbar
waren; Niemand vermöchte ihren Einfluss zu beschränken und nichts ihn zu beseitigen,
als die Rückkehr in unseren Urzustand.
Unter solchen Umständen gibt es nur einen Ausweg: die Maschinenkraft muss Allen
gleich zur Verfügung stehen. Dies ist aber nicht der Fall: der Grossbetrieb gebietet
nicht nur über die vollkommensten Kraft- und Werkzeugmaschinen, er bezahlt auch für
die Maschinenkraft kaum den 7. Theil dessen, was der Kleinbetrieb dafür zu bezahlen
hat. Dem Kleinbetriebe ist die Benutzung der Maschinenkraft ausserordentlich
erschwert, innerhalb von Städten theilweise unmöglich gemacht und wenn er sie
überhaupt benutzen kann, so muss er sie vielfach theuer bezahlen. Wo die
Maschinenkraft fehlt, fehlen auch die leistungsfähigen Werkzeuge. Die grossen
Verbesserungen auf technischem Gebiete können dem Kleingewerbe keine Hilfe bringen,
ohne die für den Betrieb der Werkzeuge unerlässliche Maschinenkraft.
Der Kleinbetrieb muss und kann gegenüber dem Grossbetriebe stets lebensfähig bleiben,
weil der Kleinbetrieb mit geringeren allgemeinen Auslagen arbeitet; weil der
Kleingewerbetreibende sein eigener Director, Ingenieur, Reisender u.s.w. ist, und
sein Absatzgebiet auf den zahllosen kleinen Wegen neben dem Grossbetriebe findet.
Unerlässliche Bedingung ist aber für den Kleinbetrieb der Boden der Stadt, wo er
auch seine Absatzstelle findet. Ausserhalb von Städten kann der Kleinbetrieb niemals
neben den grossartigen Mitteln des Grossbetriebes bestehen.
Lebensbedingung für das Gewerbe innerhalb der Städte ist aber Maschinenkraft unter
möglichst gleichwerthigen Verhältnissen, denn nur dann können Grossbetrieb und
Kleinbetrieb gleichwerthig arbeiten.