Titel: | Neuerungen in der Gasindustrie. |
Autor: | W. Leyhold |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 65 |
Download: | XML |
Neuerungen in der Gasindustrie.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 280 S.
277.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Gasindustrie.
Wassergas zur Beleuchtung sonst und jetzt.
Von Fr. H. Shelton.
In einem Vortrag auf der Versammlung der American Gaslight
Association zu Baltimore bespricht Verfasser die hauptsächlichen
Wassergasapparate und deren Vervollkommnung bis zur jetzigen Zeit. Nach seiner
Ansicht ist die Entwickelung der Wassergasindustrie jetzt zu einem gewissen
Abschluss gelangt.
Die Wassergasapparate werden in zwei Klassen getheilt: I. Systeme mit Retorten, bei welchen der Dampf in mit Kohle gefüllte Betörten
geleitet wird, deren Temperatur durch äussere Erhitzung
erhalten wird, und II. Systeme mit Generator, d.h.
solche, bei welchen der Dampf in Retorten oder Generatorschächte mit Kohle geleitet
wird, wobei die Erhitzung innerlich durch theilweise
Verbrennung des Kohlenmaterials geschieht.
Klasse I umfasst hauptsächlich vier Systeme:
Textabbildung Bd. 281, S. 65Fig. 1.Milton Sander's Retorten-Wassergasapparat. 1) J. Milton Sander's Apparat (Fig. 1). Die L-förmige gusseiserne
Retorte A sitzt in einer gewöhnlichen Ofenfeuerung; sie
wurde mit Holzkohle gefüllt und auf hohe Temperatur gebracht. Nun wurde überhitzter
Dampf am oberen Ende, bei E, eingeblasen; derselbe wird
beim Abwärtssteigen zerlegt und es bildet sich unter Vereinigung mit Kohlenstoff ein
nicht leuchtendes Wassergas, zugleich wurde geschmolzenes Harz in die Retorte
eingeführt zur Carburirung des Gases; das erhaltene Gasgemisch stieg durch das
Steigrohr F in die Vorlage und gelangte zu
Reinigungsapparaten. Ein Fixiren des Gases fand nicht statt, so dass die flüchtigen
Oele sieb in den Rohrleitungen leicht wieder niederschlugen. Die hierdurch
veranlasste Verringerung der Leuchtkraft sowie die starke Abnutzung der eisernen
Retorten liessen das System nicht in die Höhe kommen.
2) Allen-Harris-Apparat. Von den Retortenprocessen
erregte dieses System allein Aufsehen, bis der Generatorprocess entstand. Mit
einigen Verbesserungen ist es in Fig. 2 dargestellt.
A ist ein Ofen mit senkrecht stehenden Retorten aus
feuerfestem Thon; jede Retorte ist mit Kohle gefüllt, der Dampf wird an der
Vorderseite durch fein vertheilte Röhrchen eingeblasen. In der senkrechten Retorte
wird er zerlegt; das Gas passirt noch den Ofen B
mit wagerecht liegenden doppelten Retorten, welche zur Zerlegung von Oel sowie zur
Fixirung der entstandenen Gase dienen. Nachdem diese etwa 11 m in den Retorten mit
immer steigender Temperatur passirt haben, gelangen sie in das Steigrohr.
Textabbildung Bd. 281, S. 65Fig. 2.Allen-Harris' Retorten-Wassergasapparat. 3) Salisbury's Apparat (Fig. 3). Das System beruht auf der Einführung von
überhitztem Dampf mit einem feinen Strahl von Naphta durch das Mundstück in eine der
unteren Retorten, welche im gewöhnlichen Gasofen sitzen. Die Dämpfe werden durch ein
feuerfestes Thonrohr am Boden der Retorte bis zu deren hinterem Ende geleitet, von
wo sie in die obere Retorte und von da zum Steigrohr gelangen. Eine oder zwei
Retorten im Ofen werden zur Darstellung von gewöhnlichem Kohlengas benutzt, um Koks
zur Heizung zu beschaffen. Eine spätere Veränderung des Verfahrens war die, das
Wassergas aus der unteren Retorte aufwärts durch die Retorte für Kohlengas zu
führen. Mit dem Oel trat etwas Luft in die Retorten, so dass eine constante
theilweise Verbrennung unterhalten wurde, wobei allerdings der zurückbleibende
Stickstoff dem Gase beigemengt blieb.
Textabbildung Bd. 281, S. 65Fig. 3.Salisbury's Retorten-Wassergasapparat. 4) Jerzmanowski's (Baby-) Apparat (Fig. 4). Dieses System besteht aus L-förmigen
Retorten, im üblichen Gasofen befindlich. Der senkrechte Theil derselben ist mit
gebrannten Kalksteinen gefüllt, welche auf Rothglut erhalten werden. Am unteren
Retortendeckel wird Dampf und Naphta eingeblasen, welche beide sich zerlegen und
permanente Gase bilden. Der Kalk wirkt nicht durch eigenthümliche
Zersetzungen, wie ihm früher zugeschrieben wurde, sondern einfach wie feuerfeste
Steine.
Textabbildung Bd. 281, S. 66Fig. 4.Jerzmanowski's Retorten-Wassergasapparat. Klasse II, die Generatorprocesse, zerfällt in
zwei Abtheilungen: A) Generatorprocesse, bei welchen ein nicht leuchtendes Gas
erzeugt wird mit nachfolgender Carburation; letztere geschieht gewöhnlich in einem
besonderen Apparat mit eigener Feuerung. B) Generatorprocesse, bei welchen ein
leuchtendes Wassergas, carburirt und permanent gemacht, in einer Operation in einem einzigen Apparat
hergestellt wird. Nur eine Feuerung ist vorhanden, und es wird gewöhnlich das
Hilfsmittel des Ueberhitzens angewendet.
Abtheilung A) enthält neun hauptsächliche Systeme:
Apparat von Tessie du Motay (Fig. 5). A ist der Generator, bestehend aus
einem einfachen Schacht aus feuerfesten Steinen, mit Kohlenfüllung. Luftgebläse und
Dampfeinlass. Nachdem die nöthige Hitze erreicht ist, wird das Gebläse ausgeschaltet
und Dampf unter den Rost geblasen; derselbe zerlegt sich beim Passiren der glühenden
Kohlenschicht; das Gas gelangt zum Behälter. Von hier geht es erst zum Carburator
X; derselbe besteht aus einer Anzahl flacher
Pfannen oder Schalen mit Naphta, welche von aussen mit Dampf erhitzt werden. Das
angereicherte Gas gelangt zu den Retorten Z und die
Kohlenwasserstoffe werden hier fixirt, d.h. in permanente Gase umgewandelt. Von hier
gelangt das Gas in die Reinigungsapparate. Die beim Heissblasen des Apparats
entstehenden Generatorgase entweichen unbenutzt durch den Kamin.
Textabbildung Bd. 281, S. 66Fig. 5.Tessie du Motay's Retorten-Wassergasapparat.Apparat von Wilkinson (Fig.
6). Der Dampf wird im Generator zerlegt und nach dem Passiren eines
Scrubbers das Gas in einen Behälter geleitet. Von hier gelangt es durch einen
Stationsgasmesser zum Carburator, wo es Naphtadämpfe aufnimmt; letztere werden durch
Dampf von 115 bis 125° C. verflüchtigt. Die Fixirung derselben geschieht in einem
eigenen Ofen, in welchem die Gase Retorten von der doppelten üblichen Länge
passiren.
Textabbildung Bd. 281, S. 66Fig. 6.Wilkinson's Retorten-Wassergasapparat.Textabbildung Bd. 281, S. 66Fig. 7.Jerzmanowski's Retorten-Wassergasapparat.Apparat von Jerzmanowski (Fig.
7). Neben dem Kohlenschacht liegt eine zweite Kammer, gefüllt mit
gebrannten Kalksteinen. Letztere werden durch die Generatorgase unter Luftzutritt
geheizt. Beim Gasmachen wird der Dampf im Kohlenschacht zerlegt und nimmt am oberen
Ende Kohlenwasserstoffe auf. Beim Passiren des Kalkschachtes wirkt dieser als
Ueberhitzer; es bildet sich ein 15-Kerzen-Gas, welches nachträglich noch durch einen
Carburator und folgendes Durchleiten durch glühende Retorten auf jede beliebige
Leuchtkraft gebracht werden kann, wie bei dem vorigen Apparat.
Textabbildung Bd. 281, S. 66Fig. 8.Harkness' Retorten-Wassergasapparat.Apparat von Harkness (Fig.
8). Ein nicht leuchtendes Gas wird in den drei Generatoren hergestellt,
mit Naphta carburirt und in Retorten fixirt. Der Generator ist klein, schwer zu
heizen und schwer in Glut zu erhalten; die Kohle wird auf Glühhitze gebracht durch
geringen Kaminzug, welcher sehr schwach ist gegenüber den sonst angewendeten
Gebläsen. Es hat dies eine sehr geringe Gasproduction zur Folge: um dies
auszugleichen, sind mehrere Generatoren zugleich in Thätigkeit. Das Gas gelangt vom
Generator ohne Behälter direct zu den Carburirretorten. Von dieser Construction
wurde nur eine Anlage errichtet, welche auch nicht lange in Gebrauch blieb.
Textabbildung Bd. 281, S. 67Fig. 9.Hanlon und Johnson's Retorten-Wassergasapparat.Apparat von Hanlon und Johnson (Fig. 9). A ist der
übliche Generator für die Herstellung von nicht leuchtendem Wassergas, welches in
einem Behälter aufgefangen wird. B ist Hanlon's Ofen für die Erzeugung von Oelgas, Welches in
einen eigenen Behälter gelangt. Ein Exhaustor X
entnimmt Gas aus jedem Behälter und mischt beide in den Röhren; durch Stellung der
Schieber kann das Verhältniss beider geregelt und so eine bestimmte Leuchtkraft
erzielt werden. Die einfache Mischung hat häufig Abscheidung der leuchtenden Oele
zur Folge; auch hat die Flamme nicht die nöthige Steifigkeit und Ruhe.
Textabbildung Bd. 281, S. 67Fig. 10.Edgerton's Retorten-Wassergasapparat.Edgerton's Apparat (Fig.
10). A A sind Generatoren wie sonst üblich;
B B sind Retorten für die Herstellung von Oelgas.
Die Verbesserung besteht darin, dass hier die Generatorgase, welche in allen bisher
erwähnten Systemen vollständig verloren gehen, hier bis zu einem gewissen Betrag
ausgenutzt werden, indem sie die Oelgasretorten heizen. Eine continuirliche
Erzeugung von Gas wird durch die Anwendung von zwei Generatoren erreicht. Während
der eine Gas liefert, wird der andere heiss geblasen. Das getrennt hergestellte
Wassergas und Oelgas wird durch Exhaustoren in Gasmesser gedrückt und in bestimmtem
Verhältniss gemischt wie bei dem vorigen Verfahren, kalt und nur auf mechanischem
Weg. Von hier gelangt das Gasgemisch durch Reinigungsapparat in einen Behälter.
Apparat von Mackenzie (Fig.
11). Auch dieses System hat eigenen Generator und Carburirapparat; es ist
hier der Versuch gemacht, die Gasproduction im Generator ständig zu betreiben durch
gleichzeitiges Einblasen von Luft und Dampf, hierbei bleibt aber natürlich ein
grosses Quantum Stickstoff in dem erhaltenen Generatorgas.
Letzteres wird in einen Retortenofen geführt und dort unter Zusatz von Naphta
carburirt. In einer oder zwei Retorten wird Kohlengas hergestellt, um Koks zur
Heizung zu erlangen. Das Kohlengas gelangt in die gemeinschaftliche Vorlage und
mischt sich hier mit dem Generatorgas. Die erbauten Anlagen wurden stets bald wieder
eingestellt.
Textabbildung Bd. 281, S. 67Fig. 11.Mackenzie's Retorten-Wassergasapparat.Textabbildung Bd. 281, S. 67Fig. 12.Egner's Retorten-Wassergasapparat.Apparat von F. Egner (Fig.
12). Auch hier wird ständig Gas erzeugt, indem Dampf eingeblasen und Luft
durch ein Dampfstrahlgebläse durch den Generator gesaugt wird. A ist der Generator, C ein
Carburator, d.h. einfach ein Flüssigkeitsabschluss mit Naphta. B ist die Fixirkammer, von welcher das Gas in die
Vorlage und zu den Reinigungsapparaten gelangt.
Textabbildung Bd. 281, S. 67Fig. 13.Meeze's Retorten-Wassergasapparat.Apparat von A. G. Meeze (Fig.
13). Derselbe besteht hauptsächlich aus Thonretorten im gewöhnlichen
Gasofen. In jeder Retorte steckt ein doppeltes Schlangenrohr zur Vorwärmung des
eingeleiteten Oeles und Dampfes. Das Gemisch geht durch ein mitten in der Retorte
angebrachtes Rohr zu deren hinterem Theil und von da durch durchlöcherte Platten
wieder vorwärts, dann zum Steigrohr A und in die
Vorlage. Das so gebildete Oelgas wird nachfolgend mit Wassergas, nach irgend einem
Generatorsystem hergestellt, verdünnt. Es kann dies schon in der Retorte, in der Vorlage
oder erst nach geschehener Reinigung geschehen.
Bei den bisher beschriebenen Apparaten waren stets drei Operationen nöthig, um ein
dauerhaftes, permanent carburirtes Wassergas zu erhalten: die Herstellung des
Wassergases, dann das Carburiren und Fixiren. Es folgt nun Klasse B) d.h. Generatorprocesse, bei welchen die Erzeugung und Carburirung
in einem Apparat, einem Feuer geschieht. Alle stimmen darin überein, dass
mittels eines Regenerators die überschüssige Wärme aus dem Generator aufgespeichert
und zum Fixiren des Gemisches von Gas und Oeldämpfen dient.
Textabbildung Bd. 281, S. 68Fig. 14.Löwe's Generator-Wassergasapparat.Apparat von Prof. T. S. C. Lowe. Derselbe enthält einen
Ueberhitzer, welcher beim Heissblasen des Generators mit den entstandenen Heizgasen
erhitzt wird; dem Wassergas wird über dem Generator Oel zugeführt und dieser beim
Passiren des Ueberhitzers in permanente Gase verwandelt. Letzterer kann, wenn
gewünscht, auch zum Ueberhitzen des eingeführten Dampfes dienen statt zum Fixiren
des Gases. Fig. 14 zeigt die älteste Construction des
Apparates. A ist der Generator, eine aus feuerfesten
Steinen erbaute Kammer; dieselbe enthält Koks oder Anthracit, welche durch ein unter
dem Roste eingeführtes Luftgebläse auf Glühhitze gebracht werden. Die Heizgase
werden durch Rohr C an die Basis des Ueberhitzers B gebracht und verbrennen dort unter Zutritt von
Secundärluft. Hierdurch werden die feuerfesten Steine im Ueberhitzer zum Glühen
gebracht. Ist die nöthige Hitze im Generator erreicht, so wird die Gebläseluft
abgestellt, das Auslassventil am Ueberhitzer geschlossen und Dampf unter den Rost
des Generators geblasen. Derselbe zerlegt sich beim Aufsteigen und bildet nicht
leuchtendes Wassergas; es nimmt oben die Oeldämpfe auf, welche aus dem an der Spitze
des Generators eingeführten Oel entstehen. Das Gemisch passirt den Ueberhitzer und
wird hier an den glühenden Steinen fixirt zu einem permanenten Leuchtgas. Der
Apparat enthält einen Wasserabschluss, welcher durch eine Zwischenwand das Gas
einige Zeit unter Wasser hält und so wäscht; dabei wird aber ein Theil der
lichtgebenden Bestandtheile wieder aus dem Gase herausgenommen.
Fig. 15 zeigt die neueste oder
„Doppelüberhitzer“-Construction des Lowe'schen Apparates. Die hauptsächlichen Aenderungen
bestehen in der Vergrösserung des Generatordurchmessers und in dem Ausbau des
früheren Ableitungsrohres C in einen vollständigen
Ueberhitzer. Die Steinfüllung in demselben ist so eingerichtet, dass Zwischenräume
vom Boden bis zur Spitze bleiben; das Oel wird meist an der Spitze dieses
Ueberhitzers eingeführt. Bei Anwendung rohen Oeles können die schweren
Verunreinigungen leicht auf den Grund des Ofens bis zu den Putzthüren laufen. –
Eine sehr wirksame Form des doppelten Ueberhitzers ist die von Humphrey angegebene Einrichtung, bei welcher zwei
vollständige Reihen von Apparaten durch eine Leitung an den Generatoren verbunden
sind; beide werden zugleich heiss geblasen. Beim Gasmachen wird der Dampf in einem
System von Ueberhitzern erhitzt, passirt die Generatoren und wird im anderen
Ueberhitzersystem carburirt und fixirt. Bei dem nächsten Run wird der Gang des
Dampfes entgegengesetzt gerichtet, in das andere Regenerativsystem eingeblasen.
Diese Einrichtung ist hauptsächlich bei sehr grossen Anlagen angebracht. – Im Lowe'schen Apparat kann man Anthracit, Gaskoks oder
Hüttenkoks verwenden; ein weiterer Vortheil ist die Aufspeicherung der abziehenden
Hitze, starke Erwärmung des Oeles und die Möglichkeit, Rohöle oder Destillate zu
verwenden. Die grosse Menge aufgespeicherter Wärme im Regenerator gibt den Vortheil,
das Gas bei massiger Wärme zu fixiren, so dass sich weder Russ noch Naphtalin
absetzen kann.
Textabbildung Bd. 281, S. 68Fig. 15.Lowe's Doppelüberhitzer.Granger's Apparat. Bei dem Bau Lowe'scher Apparate ergaben sich verschiedene Verbesserungen, welche
schliesslich in dem Patent auf den umgeänderten Apparat von Granger zusammengefasst wurden. Das Verbindungsrohr der sogen.
Schwanenhals, ist durch Verlegung des Generators in die Tiefe verschwunden und eine
kurze Verbindung zwischen diesem und dem Ueberhitzer hergestellt. Alle nöthigen
Manipulationen sind in eine Flur gelegt. Das Oel wird
bei hoher Temperatur in Form von Staub oder Dampf an der Basis des Ueberhitzers
eingeblasen. Die Patentansprüche geben an, dass es in dieser Form leichter vom
Wassergas aufgenommen wird, als wenn es auf die Generatorfüllung oder die
Ueberhitzersteine läuft. Eine Anlage dieser Art baute Granger mit etwa 4 m Generatordurchmesser; dieselbe lieferte sehr viel
Gas, arbeitete aber doch nicht zufriedenstellend, weil sie zu schwer, zu handhaben
war. Lowe's und Granger's
Apparat als die weitest verbreiteten und wichtigsten werden von der United Gas Improvement Co., Philadelphia,
ausgeführt.
Springer's Apparat (Fig. 16 und 17). Der Apparat hat als
besondere Eigenthümlichkeit den Generator und Ueberhitzer in einem Gehäuse über einander. A ist die ältere
Form, B eine neuere Construction. Der Generator wird
auf dem üblichen Wege heiss geblasen; bei A gehen die
Gase direct in
die Höbe, mit Luft gemischt, bei B geben sie durch das
Rohr L um die Scheidewand aussen herum. Beim Gasmachen
wird L geschlossen und der Dampf bei M eingelassen; derselbe geht abwärts durch die
Koksschicht und durch das äussere Rohr N zur Spitze des
Ueberhitzers; bei O verlässt das Gas denselben. Eine
spätere Construction gestattet, die Dampf- und Gasströme von oben nach unten oder
umgekehrt gehen zu lassen.
Textabbildung Bd. 281, S. 69Springer's Generator-Wassergasapparat.Textabbildung Bd. 281, S. 69Fig. 18.Hanlon-Leadly's Generator-Wassergasapparat.Hanlon-Leadly's Apparat (Fig.
18). Auf einer gemeinschaftlichen Basis stehen zwei oder drei Generatoren.
Dieselben werden zugleich heiss geblasen; ein Theil der Generatorgase dient zur
Heizung der zwei kleinen Ueberhitzer B; der grössere
Theil aber passirt die drei Rohre K und erhitzt die
zwei Ueberhitzer P, welche ebenfalls auf
gemeinschaftlicher Basis stehen. Sind die Generatoren auf genügende Hitze gebracht,
so werden die Ventile O geschlossen und der Dampf
an der Spitze der zwei kleinen Ueberhitzer B
eingelassen, im Herabgehen überhitzt; er geht dann nach unten durch die beiden
äusseren Generatoren. Beide Gasströme vereinigen sich unten am mittleren Generator
und durchstreichen ihn nach oben. An dessen Spitze wird Oel zugegeben; die Gase
gehen durch das mittlere Rohr K zum Ueberhitzen und
werden dort fixirt.
Textabbildung Bd. 281, S. 69Fig. 19.Flannery's Generator-Wassergasapparat.Apparat von J. Flannery (Fig.
19). Dem Ansehen nach unterscheidet er sich von den üblichen cylindrischen
nur durch das viereckig gebaute Gehäuse; er wird gewöhnlich zu zweien neben einander
gebaut, die einzelnen Apparate werden aber unabhängig von einander betrieben. Der
Hauptunterschied gegen andere ist die Art der Einführung des Oeles.
Der Generator liefert Wassergas wie gewöhnlich; beim Verlassen desselben gelangt das
Gas in einen D-formigen Kanal, welcher auf drei Seiten im Obertheil des Ueberhitzers
liegt. In diesen Kanal wird das Oel eingeführt und verdampft, Gas und Oeldampf gehen
rund um den Ofen bis fast zur Eintrittsstelle herum, wo sie das senkrechte Rohr
hinabsteigen bis zur Basis des Ueberhitzers; in diesem werden sie wie üblich
fixirt.
Textabbildung Bd. 281, S. 69Fig. 20.Kay-Critchlow's Generator-Wassergasapparat.Mac Kay-Critchlow's Apparat (Fig. 20) besteht aus einem Wassergasgenerator im einfachen Gehäuse mit
dem einzigen Unterschied des festen Bogens, welcher den Generator vom Ueberhitzer
trennt. Das Gas geht um denselben herum, statt dass der Bogen wie üblich
durchlöchert ist. Eine wesentliche Verbesserung gegen andere Apparate ist dies
nicht.
Textabbildung Bd. 281, S. 69Fig. 21.Martin's Generator-Wassergasapparat.Martin's Apparat (Fig.
21) unterscheidet sich von anderen Apparaten nur durch die Einführungsart
des Oeles. Die
Verbindung zwischen Generator und Ueberhitzer ist breit ausgedehnt; im obern Theil
des Kanals ist eine Steinplatte, auf welche die carburirende Naphta aus oben
eintretenden Einlaufröhren tropft. Das Oel wird durch das heisse Wassergas verdampft
und gelangt mit diesem in den Ueberhitzer zur Fixirung.
Textabbildung Bd. 281, S. 70Fig. 22.Pratt und Ryan's Generator-Wassergasapparat.Pratt und Ryan's Apparat (Fig.
22) unterscheidet sich von anderen durch die Füllung des Ueberhitzers;
statt der üblichen viereckigen Steine ist eine Reihe von Bögen aus feuerfesten
Steinen eingemauert. Jeder derselben dient als Oeleinlauf, die Bögen sind hohl und
durchbrochen. Das Oel läuft zur Mitte des Bogens, vertheilt sich in Arme und fliesst
in die Kammern aus jedem Arm aus, wird vom heissen Wassergas aufgenommen und
mitgeführt. Jeder Bogen kann einzeln gebraucht oder abgestellt werden.
Textabbildung Bd. 281, S. 70Fig. 23.Steenburgh's Generator-Wassergasapparat.Van Steenburgh's Apparat (Fig.
23). Generator und Ueberhitzer sind in einer Kammer. Die
Ueberhitzerfüllung besteht aus Platten von feuerfesten Steinen; dieselben werden nur
durch die Generatorgase erhitzt, nehmen also nicht die volle darin enthaltene Wärme
auf, da Secundärluft nicht zugeführt wird. In Folge der geringen
Ueberhitzungsfähigkeit können nur die leichtesten Kohlenwasserstoffe wie Naphta zur
Herstellung eines wirklich permanenten Gases benutzt werden.
Loomis' Apparat (Fig. 24)
ist meist zur Fabrikation von nicht leuchtendem Heizgas eingerichtet; eine Anlage
aber wurde zu Beleuchtungszwecken erbaut. Es wird hier gewöhnliche Kohle im
Generator verwendet. In dem Ueberhitzer sind statt der üblichen Steine dünne Wände
in Reihen, so dass an keiner Stelle Verstopfungen durch Asche oder Russ auftreten
können. Jeder Absatz fällt zu Boden und kann durch Handlöcher entfernt werden. Die
Gebläseluft passirt die Kohlenschicht im Generator von oben nach unten statt wie
gewöhnlich von unten nach oben. Auch der Dampf wird von oben eingeblasen, zersetzt
sich in der Kohlenschicht und nimmt in einer Zwischenkammer das eingeführte Oel
mit in den Ueberhitzer.
Textabbildung Bd. 281, S. 70Fig. 24.Loomis' Generator-Wassergasapparat. Bezüglich der Wirksamkeit der Apparate gibt wohl am besten die Zahl
derselben Aufschluss. In den Vereinigten Staaten von Amerika bestehen:
nach
dem
Retortenprocess
9
Anlagen
„
„
Generatorprocess
Abtheilung A)
46
„
„
„
„ „
Abtheilung B)
312
„
–––––––––––
zusammen
367
Anlagen.
Von diesen 367 Anlagen fallen auf die Processe von Lowe 120, Granger 49, Springer 45, Mac
Kay-Critchlow 39, Flannery 12, Hanlon-Leadly 13, Hanlon-Johnson 9, Loomis 8, Jerzmanowski 10, auf die übrigen Systeme nur einzelne
Apparate. Von den 1100 Städten in Amerika, welche Gasbeleuchtung besitzen, haben 305
Wassergasanlagen mit 367 Apparaten. (Nach eingesandtem Separatabzug aus American Gas Light Journal.)
Zur Beleuchtung von Paris.
Von M. H. Fontaine.Vortrag, gehalten auf der internationalen
Elektrikerversammlung 1890 zu Paris.
Die bei der Beleuchtung der Stadt Paris in Frage kommenden Systeme sind: 1) Wachs-,
Talg- und Stearinkerzen; 2) pflanzliche Oele; 3) Mineralöle; 4) Gas aus der
allgemeinen Rohrleitung und comprimirtes (portatives) Gas; 5) elektrische
Beleuchtung. Verfasser gibt einzeln die verbrauchten Mengen Beleuchtungsmaterial,
sowie die erzeugte Lichtmenge an in den Jahren 1872, 1877, 1883, 1889.
1) Kerzen aus Wachs, Talg, Stearin u. dgl. Solche wurden
in Paris eingeführt nach den Zolleinnahmen in den in folgender Tabelle angegebenen
Mengen. Im Durchschnitt müssen 10 g (mit Ablaufen und Verlusten) verbrannt werden,
um 1 DecimalkerzeDer 20. Theil der Violle'schen Platinlichteinheit, welche von der
internationalen Elektrikerconferenz 1884 als Normallicht angenommen wurde,
etwa 1/10
Carcel. an Licht zu erzeugen. Danach berechnet ist die erzeugte
Lichtmenge in Decimalkerzenstunden auf den Einwohner und das Jahr ebenfalls in der
Tabelle angegeben.
Jahr
Verbrauch an
Einwohnerzahl
Decimalkerzen-stunden auf
denEinwohner und1 Jahr
Talg
Wachsund Stearin
k
k
1855
1299572
1288213
1174346
220
1872
874445
3805940
1851792
250
1877
670560
3599671
2044819
210
1883
448800
4557446
2299193
217
1889
307880
4145263
2389705
190
Die Beleuchtung mit Kerzen bleibt demnach ziemlich gleich mit geringer Abnahme.
Bemerkenswerth ist, dass vor 30 Jahren fast gleiche Mengen Wachs und Talg verbraucht
wurden, 1889 nur mehr an Talg der 30. Theil von Wachs und Stearin.
2) Vegetabilische und thierische Oele. In einer guten
Carcellampe wird die Helligkeit von einer Decimalkerze durch 4,2 g Oel erlangt; da
aber der grösste Theil der Lampen weniger sparsam ist, so kann man 5 g auf die
Kerzenstunde rechnen. Danach liefert das in der Tabelle angegebene für
Beleuchtungszwecke in Paris eingeführte Oelquantum folgende Helligkeit auf den
Einwohner:
Jahr
Verbrauch an Oel
Decimalkerzen-stunden
Decimalkerzen-stunden auf die Ein-wohner und
das Jahr
k
1855
6894654
1378920800
1174,2
1872
8951064
1790212800
966,8
1877
7871721
1574344200
769,9
1883
7451523
1490304600
648,6
1889
6180339
1236067800
517,2
Die Tabelle zeigt, dass vegetabilisches Oel vor der Entdeckung der Erdölquellen die
grösste künstliche Lichtmenge lieferte, während seine Wichtigkeit nunmehr in
bedeutendem Abnehmen begriffen ist.
3) Erdöl und Erdölessenz. Erst gegen 1865 wurden
Mineralöle auf brauchbare Weise zu Beleuchtungszwecken verwendet. Von dem in Paris
eingeführten Quantum werden 95 Proc. zur Beleuchtung gebraucht, der Best zum Heizen,
Schmieren u. dgl. Im Mittel braucht eine Lampe zur Herstellung einer Decimalkerze
Helligkeit in der Stunde etwa 4 g. Mit dieser Zahl berechnet, liefert das
eingeführte Erdöl etwa folgende Lichtmengen:
Jahr
Erdöl und Naphtazur
Beleuchtungdienend
Decimalkerzen-stunden auf die Ein-wohner und
das Jahr
1855
–
–
1872
3759556
503,1
1877
5919716
722,0
1883
11456620
1244,0
1889
19084664
1995,0
Danach wächst die Erdölbeleuchtung ausserordentlich; in wenigen Jahren ist die
erzeugte Lichtmenge zehn Mal so gross geworden als durch Kerzen und fünf Mal so
gross als mit vegetabilischem Oel. Dieser Zunahme entspricht natürlich die Abnahme
an vegetabilischem Oel; sie gründet sich auf sparsameren und bequemeren
Verbrauch.
4) Gasbeleuchtung ist die am meisten verbreitete
Beleuchtung in Paris. Dieselbe ist Monopol der Compagnie
Parisienne du Gaz, welche den Cubikmeter an die Abnehmer zu 0,30 Frcs., an
die Stadt zur öffentlichen Beleuchtung für 0,15 Frcs. abgibt. Der Gasverbrauch
in
Jahr
Productionin Millionencbm
Gasverbrauch in Paris nach Millionen
cbm
Erzeugte
Deci-malkerzen-stunden
Kerzen-stundenauf 1 Einw.
Verlust
ausser-halbParis
Beleuchtung
Hei-zung
Kraft-ma-schine
öffent-liche
private
1855
40,8
6,0
–
7,2
27,6
–
–
2784000000
2371
1872
140,7
15,6
6,6
14,6
84,3
26,6
–
7912000000
4272
1877
191,2
15,7
10,0
16,5
105,0
42,5
0,9
9768000000
4776
1883
283,9
16,0
18,0
22,5
152,4
72,0
3,0
13992000000
6087
1889
312,2
17,0
19,9
30,1
159,9
81,8
3,5
15200000000
6470
Paris betrug die in beistehender Tabelle angegebenen Zahlen, und das zur
Beleuchtung dienende Quantum lieferte die dabei angegebene Helligkeit, wobei
gerechnet wurde, dass 1 cbm Gras im Mittel 80 Kerzen in der Stunde liefert.
Die Gasbeleuchtung nimmt also trotz Erdöl und Elektricität nicht ab. Das Jahr 1889
ist aber (wegen der Ausstellung) ein abnormes und deshalb auch die Zahl 6470 nicht
normal. Unter gewöhnlichen Verhältnissen dürfte sie die vorige Zahl, 6087, nicht
überschritten haben. – Das „gaz portatif“, welches in Charonne aus
bituminösem Schiefer dargestellt und, auf 10 bis 12 at comprimirt, den Abnehmern ins
Haus gebracht wird, kommt den grossen Zahlen der allgemeinen Gasversorgung gegenüber
gar nicht in Betracht.
5) Elektrische Beleuchtung erschien in Paris zuerst
1873, eine Dynamomaschine mit Gleichstrom bei M.
Gramme; 1877 waren 22 Anwendungen mit 230 , 1883 schon 900
, welche 360000 Kerzen lieferten. Gegen Ende 1889 dagegen, als die
Beleuchtung der Ausstellung weggenommen war, lieferte eine Betriebskraft von 17400
elektrisches Licht, welche von 322 Dampfmaschinen, 97 Gasmotoren, 65
Motoren mit verdünnter Luft und 43 mit Druckluft geleistet wurden. Für 1891 oder
1892 kann man 32000 in Aussicht nehmen. Folgende Tabelle gibt die
Betriebskraft in ff an, welche 1890 in Paris zur Erzeugung des Stromes dienten.
imBetrieb
in Aus-führung
projectirt
Industrielle Anlagen
1900
200
600
Centralstationen
5325
9100
3000
„
Magazine
2750
–
300
„
Bahnhöfe
700
280
–
„
Hotels
700
–
–
„
Theater
3000
–
–
„
Plätze und Strassen
1215
800
–
„
Druckereien
290
–
–
„
Installationen mit Gasmaschinen oder Druckluft
924
–
–
„
Verschiedene Installationen mit Dampfmaschinen
620
200
–
„
––––––––––––––––––––––––––
Gesammt
17424
10580
3900
Diese 17424 liefern Strom für 6800 Bogenlampen und 118000 Glühlampen; deren
Gesammtleuchtkraft beträgt 3484000 Decimalkerzen, so dass eine etwa 200
Kerzen entwickelt. Dabei sind 70 Proc. der Kraft als Ausbeute der Dynamomaschine
angesehen. Als tägliche Brennzeit sind 4 Stunden gerechnet. Die erzeugte
Gesammthelligkeit beträgt:
Jahr
Kerzenstundenim Jahr
Kerzenstundenauf 1 Einwohnerund Jahr
1855
–
–
1872
–
–
1877
134220000
65
1883
525560000
230
1889
50878080000
2130
Alle diese Beleuchtungsarten zusammen umfasst die auf S. 72 folgende Tabelle in
Decimalkerzenstunden im Jahr auf den Einwohner.
Paris hatte also 1889 eine künstliche Beleuchtung von 11300 Kerzenstunden auf den
Einwohner und das Jahr, also etwa 30 auf den Tag. Davon fallen 1,6 Proc. auf Wachs,
Talg, Stearin; 4,5 Proc. auf vegetabilische Oele; 17,7 Proc. auf Erdöl, 18,9 Proc.
auf Elektricität und 57,3 Proc. auf Gas.
(Vgl. den Text auf S. 71.)
Jahr
Kerzen
Vegetabi-lische Oele
Mineralöl
Gas
Elektricität
Gesammt
1855
220
1174
–
2376
–
3765
1872
250
967
503
4272
–
5992
1877
210
770
722
4776
65
6543
1883
217
649
1244
6087
230
8427
1889
190
517
1995
6470
2130
11302
Fontaine zieht folgende Schlüsse aus seinen
Untersuchungen: Die gegenwärtige Beleuchtung von Paris ist drei Mal grösser als vor
30 Jahren. Pflanzliche Oele, Wachs, Stearin und Talg ergeben zusammen nur 6 Proc.
der Gesammthelligkeit; diese Menge verringert sich jedes Jahr. Die hauptsächlichsten
Lichtquellen sind Gas, Elektricität und Erdöl. Die Anwendung von Gas bleibt fast
gleich-massig, Erdöl steigt bedeutend. Wenn die jetzt in Ausführung begriffenen
elektrischen Stationen fertig gestellt sind, mit täglich 12 Stunden Gang, so werden
an elektrischer Beleuchtung auf den Einwohner etwa 11760 Kerzenstunden treffen, d.h.
mehr als die Zahl, welche jetzt alle Beleuchtungsarten zusammen liefern. (Journal des usines à gaz, 1890 Bd. 14 S. 212.)
W.
Leyhold.