Titel: | Hall's elektrisches Blocksignal. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 86 |
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Hall's elektrisches Blocksignal.
Mit Abbildungen.
Hall's elektrisches Blocksignal.
Die Hall Signal Company in New York und ChicagoNach Patentschrift in Portland, Maine,
Nordamerika. hat neuerdings dem selbsthätigen elektrischen
Blocksignale des 1880 verstorbenen Thomas S. Hall (vgl.
Zetzsche, Handbuch der Telegraphier Bd. 4 S. 648)
unter Mitwirkung von dessen Sohn, A. W. Hall, eine
Anordnung gegeben, bei welcher die Stellung der Signalscheiben mit einem weit
schwächeren Strome bewirkt werden kann, als bei anderen selbsthätigen, also die
Mitwirkung eines Blockwächters nicht erfordernden Blocksignalen. Das Blocksignal Hall's enthält auch kein Triebwerk. Hall's älteres Signal steht nach Engineering News, 1890 S. 237, auf der New York, New
Haven- und Hartford-Eisenbahn (80 Signale), ebenso auf der Boston- und
Albany-Eisenbahn (52 Signale), ferner auf der New York Central- und Hudson
River-Eisenbahn (14 Signale) in ausgedehntem und völlig befriedigendem Gebrauch.
Ueberhaupt sind die Bestrebungen auf den amerikanischen Eisenbahnen durchweg zu
Gunsten der automatischen Signale. Das neue Signal hat die Hall Company auf Grund der seit 1887 von A. W.
Hall vorgenommenen Versuche bis jetzt nur auf den beiden erstgenannten
Bahnen ausgeführt, um mit ihm erst noch weitere Erfahrungen zu sammeln. Für England
ist das neue Signal unter Nr. 14603 vom 16. September 1890 patentirt.
Textabbildung Bd. 281, S. 86Fig. 1.Hall's elektrisches Blocksignal. Die Anordnung des elektrischen Theiles dieses Blocksignales lässt sich aus
der Fig. 1 erkennen, welche La Lumière Électrique, 1891 Bd. 39 S. 35, entnommen ist, während die
Beschreibung daselbst nach Engineering News vom 13.
September 1890, * S. 238, ergänzt ist. Diese Figur zeigt den Aufriss und. die
Draufsicht von oben, jedoch nach Wegnahme des Elektromagnetes. Die Pole P, P des Elektromagnetes M
M stehen ein Stück vor den Rollen desselben vor; zwischen ihnen ist auf die
Achse x der Z-förmige Anker
aufgesteckt, dessen Enden p, p seitwärts abgebogen und
so verjüngt und zugespitzt sind, dass sie den Polen P, P eine um
so grössere Fläche gegenüber bringen, je mehr sie von ihnen bereits angezogen worden
sind, je mehr sie also die Signalscheibe S bereits in
ihre wagerechte Lage neben x versetzt haben, in welcher
sie das Signal „frei“ gibt. Die Scheibe S ist an
dem einen Ankerende p angeschraubt, an dem anderen Ende
p dagegen eine Stange, worauf ein Gegengewicht G verstellbar ist. Die Scheibe S dreht sich daher ebenfalls um die Achse x
und senkt sich, wenn der Elektromagnet M M stromlos
ist, nach unten herab, um das Signal „Halt“ zu geben; das Gegengewicht G steht dann oberhalb x.
Auch in dieser Stellung liegen die Ankerenden p, p
zufolge ihrer Länge mit ihren schmalen Theilen noch zwischen den Polen P, P, so dass sie beim Wiederschliessen des Stromes
sofort kräftig angezogen werden.
Die Polschuhe P, P sind an ihrer Innenfläche kreisförmig
ausgenommen und die ebenfalls kreisförmig gestalteten, sich verjüngenden Ankerenden
p, p streichen an diesen Innenflächen mit einem
Spielraume von nur 1,5 mm hin; deshalb und zufolge der zweckmässigen Gestalt dieser
Enden, sowie weil das Gegengewicht G der Scheibe S nahezu das Gleichgewicht hält, die Scheibe S zu ihrer Hebung also nur eine sehr kleine Kraft
erfordert, reicht zur Stellung der Signalscheibe S eine
sehr schwache Batterie aus. Bei der ganzen Anordnung aber sind im Betriebe nur wenig
Störungen zu befürchten. Soweit möglich, sind alle bewegten Theile zur Verminderung
der Reibung aus Aluminium hergestellt.
Die Scheibe zeigt sich durch das Fenster in der Mitte eines geschlossenen Gehäuses,
dessen nahezu 1 qm grosse Fläche dunkel angestrichen ist. Steht das Signal auf
„Gefahr“, so ist die Mitte roth, steht es auf „Sicher“, dann
erscheint in der Mitte Weiss. Die Scheibe ist aus rother Seide hergestellt, welche
über einen Aluminiumreifen von 0,4 m Durchmesser gewickelt ist. Bei Vorsignalen, die
in dieselbe Leitung wie die Blocksignale eingeschaltet werden und daher ganz wie
diese arbeiten, werden die Scheiben aus grüner Seide hergestellt.
Textabbildung Bd. 281, S. 87Fig. 2.Hall's elektrisches Blocksignal. Die ganze Betriebsweise dieses Blocksignals von Hall mag nach den darüber in Electrical
World, 1890 Bd. 16 S. 4 bezieh. Engineering
News vom 20. September 1890, * S. 246, enthaltenen Mittheilungen mit Hilfe
von Fig. 2 erläutert werden.
Am Anfange der Blockstrecke steht das Signal; von seinem Elektromagnet M läuft ein Leiter d nach
dem Ankerhebel a eines am Ende der Blockstrecke
aufgestellten Elektromagnetes m und vom Arbeitscontacte
desselben aus durch dessen Rollen nach dem einen Pole der Batterie B. Von dem zweiten Pole läuft ein Leiter r zurück nach dem Anfange der Blockstrecke zu dem
Ruhecontacte des Radtasters T1, dessen Achse mit dem freien Ende der Rollen von M verbunden ist. Von dem nämlichen Batteriepole ist aber auch der Draht
n nach der Achse eines zweiten, in der Entfernung
q = 450 bis 600 m
hinter dem Ende der Blockstrecke gelegenen Radtasters T2 geführt, dessen Arbeitscontact durch
den Draht y ebenfalls mit dem Arbeitscontacte, also den
Rollen von m, verbunden ist. Als Leiter r und d werden seit 1880
bei Hall's älteren Blocksignalen einfach die beiden
Schienen des Geleises benutzt; bei Schienenbrüchen bleibt erfahrungsgemäss in 9 von
10 Fällen der Stromkreis geschlossen (vgl. Engineering
News, 1890 S. 237 und 238).
Bei der in Fig. 2 vorhandenen gewöhnlichen Stellung
der Theile ist also die Batterie B über d, r und T1 durch die Elektromagnete m und M geschlossen; die Signalscheibe S steht also in der in Fig.
1 gezeichneten Lage und gibt das Signal frei; die Scheibe S ist dabei nicht sichtbar.
Fährt nun ein Zug über den Halt-Taster T1, so unterbricht derselbe in T1 den Stromkreis und
deshalb werden der Anker a von m und der Anker p, p von M abfallen; die Scheibe S
fällt also jetzt herab, wird durch ein Fenster des Gehäuses sichtbar und gibt das
Signal „Halt“.
Ist der ganze Zug über T1 hinweggegangen, so wird zwar T1 den Stromkreis wieder schliessen, dennoch aber
kann der Strom von B in M
noch nicht wieder auftreten, weil ja noch eine zweite Unterbrechung vorhanden ist,
nämlich bei a. Deshalb bleibt auch das Signal noch
immer auf „Halt“ stehen, bis endlich der Zug über den Frei-Taster T2 hinwegfährt.
Der Taster T2 unterscheidet sich von T1 nicht bloss durch die Einschaltung,
sondern auch durch seine Einrichtung. Er ist nämlich mit einer stellbaren
Luftkissenanordnung versehen und geht deshalb, nachdem er von einem Wagenrade
niedergedrückt worden ist, nicht sofort wieder in die Höhe, vielmehr erst nach so
langer Zeit, dass inzwischen ein mit der geringsten Geschwindigkeit fahrender Zug
von der grössten Länge bequem vorüber fahren kann. Die erste Achse des Zuges bewirkt
aber durch das Niederdrücken des Tasters T2 und mittels der Drähte n und y eine neue Schliessung der Batterie
B durch den Elektromagnet m, so dass dieser seinen Anker wieder auszieht und der Ankerhebel a auch den Stromweg d, M,
T1, r für B wieder schliesst. Gleichwohl vermag der Strom von B noch nicht sogleich in M
zu wirken und das Signal S wieder auf „frei“ zu
stellen, denn der Widerstand in diesem Stromkreise ist weit grösser, als der in dem
Stromwege n, T2, y, m. Sobald aber der Taster T2 von dem unteren Contacte wieder
emporgeht, hebt der Strom von B durch M die Signalscheibe wieder in ihre Freistellung.Es kann bei einer solchen Anlage auch die weit
weniger werthvolle sogen. „permissive Blockirung“ gewählt werden, bei
welcher ein nachfolgender Zug in die von einem Zuge noch besetzte, blockirte
Strecke vorsichtig einfahren darf; es kommt dann nach Engineering News, 1890 S. 246, eine
Relaisverbindung zur Verwendung, welche es nach dem Einfahren des
nachfolgenden Zuges unmöglich macht, dass der vorausgehende beim Verlassen
der Strecke diese freigibt.
Tritt bei dieser Signalanordnung irgendwo eine Berührung der Leitungen auf, so muss
sich die Signalscheibe S sofort auf „Halt“
stellen. Denn tritt die Berührung zwischen d und r ein, so wird M nahezu
stromlos zufolge des eingetretenen Kurzschlusses; bei einer Berührung zwischen n und yEine Berührung zwischen y und n könnte den Betrieb nur stören
und gefährden, wenn sie einen so hohen Widerstand besässe, dass sie auf M nicht wirkt, wohl aber m befähigt, seinen Anker beständig angezogen zu
halten. Denn dann würde sich S sofort
wieder auf „Frei“ stellen, wenn der Zug über T1 hinaus ist. Dies würde wohl das
Fahrpersonal merken. Man könnte indessen auch eine solche Berührung dadurch
ausschliessen, dass man die Batterie B
möglichst nahe an T2 aufstellt. aber wird eine neue Stromschliessung hergestellt, deren
Widerstand beträchtlich kleiner ist, als der in d, M, r
und deshalb wird auch jetzt M wirkungslos.
Ueber die Einrichtung der Radtaster T1 und T2, von denen einige länger als 12 bezieh. 15 Jahre
im Dienst gestanden haben, ist noch Folgendes zu bemerken:
Der Tasterhebel ist zweiarmig, sehr stark, ragt mit seinem verstählten inneren Ende
nur wenig über den Schienenkopf vor und wird am äusseren Ende durch einen überaus
kräftigen Gummibuffer niedergehalten. Das äussere Ende ragt in ein sehr kräftiges
Gussgehäuse, innerhalb dessen es, lose aufstehend, das untere Ende der Kolbenstange
eines unten und oben geschlossenen Cylinders mit Metallkolben trägt; die
Kolbenstange ist auch nach oben verlängert und ragt mit kegelförmigem Ende durch den
oberen Cylinderdeckel, Ueber diesem Deckel ist durch den Gehäusekopf eine nahezu
luftdichte Kammer hergestellt, in welcher die Schliessungsvorrichtungen und ein
kleines abgefedertes Luftventil vor allen Witterungseinflüssen vollkommen geschützt
untergebracht sind. Die Contactvorrichtung ist ein um eine lothrechte Achse
drehbarer Hebel, der von dem ansteigenden Kegelende der Kolbenstange bewegt wird.
Das Luftventil, von welchem aus eine feine Bohrung in der Cylinderwand hinab unter
den Kolben führt, ist im Halttaster T1 völlig offen, so dass der Stellkolben mit dem ihn
unterstützenden äusseren Hebelende sofort wieder absinkt und Schluss herstellt; im
Fahrttaster T2 ist das
Luftventil dagegen so, dass der Kolben beim Aufgange frei Luft ansaugt, die beim
Niedergange, je nach Stellung der Feder langsamer oder schneller entweichend, den
Kolben längere oder kürzere Zeit oben und so den Stromweg y,
T2, n noch
eine Zeit lang geschlossen erhält.
Es haben übrigens auch alle in den Bahngeleisen liegenden und alle den Verkehr
gefährdenden Weichen eine Contactvorrichtung. Dieselbe ist nach Engineering News, 1890 * S. 238, in einem Gehäuse
untergebracht, das dem der Taster ganz ähnlich ist. Ferner ist die
Weichenschubstange verlängert und greift am unteren Ende eines mit Kugellager im
Gehäuse befestigten zweiarmigen Hebels an. Dieser Hebel steht lothrecht, wenn die
Weiche das Blockgeleise nicht gefährdet; eine am oberen Ende angebrachte
Schleifrolle ruht dann auf einer Feder aus Phosphorbronze und erhält den
Stromschluss aufrecht. Bei der Umstellung der Weiche wird der Hebel so weit
verdreht, dass die Rolle die Feder verlässt und der nun unterbrochene Strom die
Blockstrecke sperrt.
Ein etwa eintretendes Zerreissen des Zuges vermag dieses Blocksignal nicht
anzuzeigen; daher würde sich der abgerissene und stehen bleibende Zugtheil durch
Flaggen u.s.w. decken müssen, auch würde sich ja das Zerreissen bei Anwendung der
Luftdruckbremsen von selbst kund geben.
Es können bei diesen Blocksignalen auch zwei oder mehrere Signale von einander durch
Verriegeln abhängig gemacht werden; man macht davon namentlich bei eingleisigen
Bahnen und bei Abzweigungen Gebrauch. Es werden dazu (vgl. Engineering News, 1890 * S. 239 und * S. 246)
Verriegelungsinstrumente benutzt. Jedes derselben enthält zwei Elektromagnete; der
abgefallene wagerechte Anker des oberen, stehenden Elektromagnetes vermag den
aufrecht stehenden Anker des unteren, liegenden Elektromagnetes zu verriegeln, wenn
der letztgenannte Anker auf kurze Zeit angezogen wird, gibt ihn aber wieder frei,
wenn er selbst durch seinen eigenen (also den oberen) Elektromagnet angezogen wird.
Der aufrecht stehende Anker vermag durch eine mit ihm verbundene Zugstange zwei oder
mehrere Contactfedern zu bewegen und so in seinen beiden Stellungen Stromwege
herzustellen und zu unterbrechen, dadurch aber den Signalströmen den Zutritt zu den
Signalelektromagneten zu eröffnen oder zu verschliessen.
Endlich eignet sich das Hall'sche Signal sehr gut für
hörbare Signale an Kreuzungen der Bahnen mit Strassen. Es wird dann nach Engineering News, 1890 * S. 248, ein gewöhnliches
Blocksignal in einer angemessenen Entfernung von der Kreuzung aufgestellt; ein über
dieses fahrender Zug setzt durch die Stromschliessung ein an der Kreuzung
aufgestelltes Läutewerk in Thätigkeit, und dieses läutet, bis der Zug an dem hinter
der Kreuzung stehenden Blocksignale den Strom wieder unterbricht. Hier empfiehlt
sich erfahrungsgemäss die Schaltung auf Arbeitsstrom.
Für Bahnübergänge hat man aber auch Signale angewendet, welche dem sich dem
Uebergange nahenden Zuge anzeigen, ob die Schranken am Uebergange geschlossen oder
offen sind; dem Schrankenwärter aber gibt der Zug selbsthätig durch ein
Glockensignal die Weisung zum Schliessen der Schranken.