Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 117 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 93
d. Bd.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
VII. Analyse.
Ueber die Untersuchung des Sprits und der Spirituosen
Getränke, insbesondere über das Vaporimeter im Dienste der Spritanalyse und
Spritindustrie veröffentlicht J. Traube in der
Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. 28 S. 26,
eine umfangreiche Abhandlung, in welcher er sich zunächst gegen die seinem
capillarimetrischen und stalagmometrischen Verfahren von verschiedenen Seiten
gemachten Vorwürfe wendet und Modificationen der Apparate und Methoden in Vorschlag
bringt. Alsdann geht der Verfasser näher ein auf die vaporimetrische Methode zur
Bestimmung des Vorlaufs und Fuselöles, sowie auf die Bedeutung des Vaporimeters für
die Spritindustrie (vgl. Ueber das Vaporimeter 1889 273
375). Endlich bespricht der Verfasser die qualitative Prüfung des Sprites und
empfiehlt insbesondere die von Windisch vorgeschlagene
Reaction mit Metaphenylendiamin (vgl. 1887 265 415),
bemerkt jedoch dazu, dass nach seinen Beobachtungen nicht das Eintreten der braunen
Färbung an der Berührungsschicht, sondern vielmehr das Auftreten einer schön grünen
Fluorescenz charakteristisch für das Vorhandensein von Aldehyd ist. Im Uebrigen
müssen wir auf die Originalarbeit verweisen.
Zur Bestimmung von Fuselöl im Spiritus von J. Traube. In einer in der Chemikerzeitung, 1890 S. 1410, erschienenen Abhandlung wendet sich Traube gegen die neuesten Mittheilungen von Stutzer und Reitmair über
seine Verfahren und fordert auf, die Brauchbarkeit seiner Methoden durch
Untersuchung von Vorlaufproducten und Liqueuren zu prüfen. Die Versuche von Seil hält Verfasser nicht für entscheidend, weil bei
diesen so grosse Mengen ätherischer Oele zugesetzt wurden, dass milchige Emulsionen
zur Untersuchung gelangten. Der Verfasser hält eine Prüfung seiner Methoden nur für
einwandsfrei, wenn dieselbe mit natürlichen Producten ausgeführt wird. Zur
Concentrirung des Fuselöles bei Untersuchung von fuselarmen Spriten empfiehlt Traube die Abscheidung mittels Potaschelösung von 1,13
bis 1,14 spec. Gew. Die Concentration durch Destillation, wie sie Stutzer und Reitmair vorschlagen, hält Verfasser nach
den Ergebnissen seiner Versuche mit dem Vaporimeter für nicht brauchbar.
Ein Verfahren zum Nachweis und zur directen Bestimmung der
Stärke in dextrinhaltigen Flüssigkeiten theilt G.
Burkard in der Chemikerzeitung, Bd. 11 S.
1158, mit.
Zur Zuckerbestimmung mit der Fehling'schen Lösung macht
J. Baumann in der Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1890 S. 778, Mittheilungen, aus
denen hervorgeht, dass diese Bestimmung eine sehr subtile ist und nur bei genauester
Innehaltung aller Vorsichtsmaassregeln übereinstimmende Resultate liefert. Die
Mittheilungen beziehen sich hauptsächlich auf die Bestimmung des Rohrzuckers, haben
daher für die Spiritusindustrie geringeres Interesse.
Zur Untersuchung von Malz theilt die Chemikerzeitung, 1890 S. 1368, die Vereinbarungen mit,
welche in der Section „Landwirthschaftliche Industrie“ des internationalen
land- und forstwirthschaftlichen Congresses in Wien beschlossen wurden.
VIII. Allgemeines und Theoretisches.
Kohlenstoffhaltige Zuckerarten aus Rhamnose von Emil
Fischer und Oskar Piloty. Die Rhamnose – Isodulcit
– ist eine Methylpentose und hat im wasserfreien Zustande die Formel CH3(CHOH)4COH; sie
lässt sich deshalb in derselben Art wie die gewöhnlichen Hexosen in
kohlenstoffreichere Zuckerarten verwandeln. Die Verfasser haben die Synthese bis zur
Methyloctose durchgeführt und bezeichnen die Producte nach dem Ursprung aus Rhamnose
mit Weglassung des Methyls als Rhamnohexose, Rhamnoheptose und Rhamnooctose. Endlich
ist es auch gelungen, den aus der Rhamnose durch Reduction entstehenden
fünfwerthigen Alkohol, den Rhamnit, krystallisirt zu erhalten, welche Fehling'sche Lösung nicht reducirt. Die Rhamnohexose
schmeckt rein süss, gährt aber nicht mit Bierhefe. (Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1890 Bd. 23 S. 3102.)
Ueber die optischen Isomeren des Traubenzuckers, der
Glukonsäure und der Zuckersäure von E. Fischer
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 23 S. 2611). Durch
Erhitzen der d-Mannonsäure mit Chinolin auf 140° hatte Verfasser Glukonsäure
erhalten, welche durch Reduction in Dextrose übergeführt werden kann. In gleicher
Weise erhält man aus der l-Mannonsäure (Arabinosecarbonsäure) die isomeren
1-Verbindungen, welche Verfasser l-Glukonsäure und l-Glukose nennt und welche beide
durch Oxydation mit Salpetersäure 1-Zuckersäure liefern. Diese Glieder der l-Reihe
sind den bekannten Verbindungen ausserordentlich ähnlich und sie vereinigen sich mit
letzteren zu drei optisch inactiven Substanzen, welche Verfasser als i-Glukose,
i-Glukonsäure und i-Zuckersäure bezeichnet und deren Darstellung und Eigenschaften
er eingehend beschreibt.
Ueber das Vorkommen und Verschwinden der Trehalose in den
Pilzen berichtet Em. Bourquelot in Compt. rend., Bd. III S. 534.
Beiträge zur Kenntniss des Formaldehyds bringt G. Lösekann in der Chemikerzeitung, 1890 S. 1408.
Fukose, einen der Rhamnose isomeren Zucker, haben A. Günther und B. Tollens
aus Seetang dargestellt und näher untersucht. (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 23 S. 2585.)
Studien über Stärke veröffentlicht C. Scheibler und H.
Mittelmeier in den Berichten der deutschen
chemischen Gesellschaft, Bd. 23 S. 3060. Die Verfasser geben im ersten
Theil ihrer Arbeit einen Ueberblick über die wichtigeren bisherigen Beiträge zur
Chemie der Stärke; im zweiten Theil suchen die Verfasser durch theoretische
Betrachtungen neues Material zur Beurtheilung der chemischen Natur der bislang noch
nicht rein erhaltenen Granulöse beizubringen, zu welchem Zwecke sie die Stellung
dieses Körpers unter den verschiedenen Kohlehydraten darlegen. Für den weiteren
Einblick in die Formel der Granulöse ist nun die Natur der Stärkeverzuckerung sehr
wesentlich. Das hierüber bereits vorliegende Material ist ungenügend, besonders ist
die Natur der als Spaltungsproducte der Stärke auftretenden Dextrine noch nicht
ermittelt, weshalb die Verfasser bezügliche Untersuchungen in Angriff genommen
haben. Im dritten Theil der Abhandlung wird über die bisher bei Untersuchung der
Dextrine erzielten Resultate berichtet. Da die Untersuchungen noch fortgesetzt
werden, werden wir später Gelegenheit haben, auf den Gegenstand näher
einzugehen.
Untersuchungen über die Einwirkung von Kaliumpermanganat auf
Stärke hat C. J. Lintner ausgeführt. (Zeitschrift für Spiritusindustrie,
Bd. 13 S. 299.) Mit dem allmählichen Zusatz von Permanganat zu heisser Stärkelösung
tritt mit Jod die gleiche Farbenabstufung ein wie bei dem diastatischen Process; die
dabei entstehenden Producte sind aber natürlich nicht Zuckerarten und Dextrine,
sondern es bilden sich neben Kohlensäure und etwas Oxalsäure gummiartige Stoffe,
welche sich von den Dextrinen wesentlich durch ihre Säurereaction, sowie durch
Fällbarkeit mittels Bleiessig und Barytwasser unterscheiden, hierdurch also den
Gummisäuren nahe stehen. Es entstehen, namentlich in den ersten Stadien, stets
mehrere Körper, deren Trennung und Reindarstellung noch nicht durchgeführt werden
konnte. Die verschiedenen Abstufungen der Jodreaction scheinen jedoch verschiedenen
Körpern von verschiedenem Molekulargewicht zu entsprechen und zwar werden die sich
nicht mehr färbenden Producte das kleinste Molekulargewicht besitzen. Man kann die
Reaction in verschiedener Weise ausführen, am bequemsten wie folgt: 150 g
Permanganat werden in 2 l Wasser heiss gelöst, zu der auf 60 bis 70° abgekühlten
Lösung werden 300 g Stärke, in 1 l Wasser zur Milch angerührt, hinzugegeben und
umgeschüttelt bis zum Eintritt der Reaction. Bei derselben findet eine bedeutende
Temperatursteigerung und durch Entwickelung von Kohlensäure und Abscheidung von
Braunstein eine erhebliche Volumenvermehrung statt. Nach vollendeter Reaction
schüttelt man noch einmal tüchtig durch und lässt 12 Stunden stehen. Bei dem
angegebenen Mengenverhältniss von Permanganat und Stärke (1 : 2) gibt die
Flüssigkeit nach der Oxydation mit Jodlösung eine rothviolette Reaction; bei 2
Permanganat zu 1,5 Stärke ist die Reaction rothbraun und bei 2 Permanganat und 1
Stärke tritt keine charakteristische Färbung mit Jod mehr auf. Die
Flüssigkeitsmengen können bei jedem Verhältniss die gleichen bleiben. Bei dem
zuletzt angegebenen erzielt man etwa 20 Proc. Ausbeute an Oxydationsproduct, bei den
anderen Verhältnissen natürlich erheblich mehr. In Betreff der Gewinnung und
Reinigung der Oxydationsproducte müssen wir auf das Original verweisen. Die
Oxydationsproducte – je nach der Behandlung beim Trocknen Pulver oder glasige Masse
– sind sämmtlich in Wasser leicht löslich. Die Lösungen reagiren sauer. Aus
kohlensaurem Kalk vermögen sie beim Kochen Kohlensäure auszutreiben. Durch Jod
werden sie blauviolett, rothviolett, rothbraun oder gar nicht mehr gefärbt, je nach
der Menge Permanganat, welche bei der Oxydation verwendet wurde. Die Ebene des
polarisirten Lichts drehen sie stark nach rechts, und zwar wurden folgende Werthe
beobachtet:
1) für mit Jod sich nicht färbende
[α] D = 128,4; 130,4; 131,2; 131,2; 144,0; 147,5; 154,3;
2) für mit Jod sich färbende
[α] D = 153,1 (rothbraun); 170,0 (violett); 177,9 (violett);
182,4 (violett).
Das Product [α] D = 128,4 hält Verfasser für eine einheitliche Substanz, die anderen
dagegen für Gemenge. Die Diastase wirkt auf die mit Jod sich färbenden Producte erst
ein, wenn die Säurereaction neutralisirt ist. Fehling'sche Lösung wird nur in ganz geringem Maasse reducirt. Mit
Phloroglucin und Salzsäure treten keine charakteristischen Farbenreactionen auf, was
auf die Abwesenheit von Gruppen mit C5 hindeutet, so
dass durch die Oxydation allem Anschein nach immer ganze C6-Gruppen wegoxydirt wurden. Dem entsprechen auch die bei der
Elementaranalyse eines mit Jod sich nicht mehr färbenden Productes erhaltenen
Werthe:
I
II
Berechnet fürC12H22O11 . C12H20O10
43,18 C
43,17 C
43,24 C
6,05 H
5,96 H
6,30 H.
Die beschriebenen Körper könnte man vorläufig als „Dextrinsäuren“
bezeichnen.
Zur Kenntniss der Kohlehydrate theilt A. Wohl in den Berichten der
deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 23 S. 2084, Beobachtungen mit,
welche er bei der Inversion von Rohzucker und Stärke mit Säuren gemacht hat.
Verfasser fand, dass ganz concentrirte (80procentige) Zuckerlösungen schon durch
minimale Säuremengen vollständig invertirt werden (80 Zucker, 20 Wasser mit 0,004
Salzsäure). Verfasser fand ferner, dass die Lävulose und unter anderen Bedingungen
auch die Dextrose durch die Einwirkung der verdünnten Säure eine Veränderung –
Condensation – erleidet. Die hydrolitische Spaltung der Di- und Polysaccharide ist
somit nicht ein einfacher Vorgang erster Ordnung, sondern es tritt, neben der
invertirenden Wirkung der Säure, die auf Spaltung höherer Complexe in die einfachen
Glykosen wirkt, noch eine revertirende Wirkung der Säure auf, welche die einfachen
Glykosen in höhere Complexe dextrinartiger Natur zurückverwandelt. Die Erscheinung
der Reversion bietet eine Erklärung sowohl für die Unvollständigkeit der
Verzuckerung der Stärke, wie auch für den Process der Dextringewinnung. Das
käufliche Dextrin besteht jedenfalls zum Theil aus durch Reversion gebildeten
Dextrinen.
Ueber die Umwandelungsproducte der Stärke von A. Marcacci (Wochenschrift für Brauerei, Bd. 7 S. 1301,
daselbst nach Cetti della Società Toscana di scienze
naturali, 1890 Bd. VII S. 28). Der Verfasser hat beim Trocknen von
geschnittenen Kartoffeln und ebenso von Kartoffelmehl in feuchter Luft bei 45° eine
Bildung von Rohrzucker beobachtet. Umgekehrt fand er beim Trocknen unreifer, viel
Trauben- und Rohrzucker enthaltender Weizenkörner, dass der Zucker nach dem Trocknen
verschwand und durch Stärke ersetzt war.
Gewinnung von Stärkezucker aus Rohmaterial von Colas und Devoine. In der Distillerie française, 1890 S. 447, beschreibt A.
Weizsacker ein Verfahren von Colas und
Devoine, welches bezweckt, Stärkezucker direct aus der Rohfrucht mit
Umgehung der namentlich in den Sommermonaten durch Gährungen u.s.w. oft stark
beeinträchtigten vorherigen Pierstellung von Stärke zu gewinnen. Das Verfahren
zerfällt in zwei Haupttheile: 1) Herstellung und Reinigung eines Dextrinsaftes aus
der von Schale und Keim mechanisch befreiten Rohfrucht, 2) Verzuckerung des
gereinigten Dextrinsaftes, durch welche Trennung die bei früheren Versuchen
beobachteten Unzuträglichkeiten, welche durch die directe Einwirkung des
Verzuckerungsmittels auf die Rohfrucht entstanden, vermieden werden sollen (vgl.
auch 1888 268 185).
Die Abscheidung von krystallisirtem Rohrzucker aus dem
Maiskorn ist J. H. Wasburn und B. Tollens gelungen und damit der Beweis für das
Vorkommen des Rohrzuckers im Mais erbracht. (Annalen der
Chemie, Bd. 257 S. 156.)
Ueber die chemische Zusammensetzung der pflanzlichen
Zellmembran hat E. Schulze Untersuchungen
ausgeführt, welche ergaben, dass Cellulose beim Behandeln mit Säuren nicht immer nur Glykose,
sondern die aus einigen Pflanzen – Kaffeebohnen, Cocosnuss – gewonnene Cellulose,
daneben auch Mannose liefert, dagegen fehlte Galaktose in allen Fällen. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 23
S. 2579.)
Ueber den Furfurol gebenden Bestandtheil der Weizen- und
Roggenkleie von E. Steiger und E. Schulze (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, Bd. 23 S. 3110). Die Verfasser fanden, dass die Kleie ein
Kohlehydrat enthält, welches bei der Hydrolyse Arabinose liefert, deren
Muttersubstanz, das Metaraban, ein Bestandtheil der Zellmembran ist. Dieses
Kohlehydrat ist als der Furfurol gebende Bestandtheil anzusprechen.
Untersuchungen über die Einwirkung des künstlichen
Magensaftes auf Essigsäure- und Milchsäuregährung hat E. Hirschfeld ausgeführt. (Pflüger's Archiv für Physiologie, Bd. 47 S. 510.)
(Schluss folgt.)