Titel: | Dampfmaschinen für elektrische Beleuchtungszwecke. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 153 |
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Dampfmaschinen für elektrische
Beleuchtungszwecke.
Mit Abbildungen.
Dampfmaschinen für elektrische Beleuchtungszwecke.
Durch gedrängte Bauart und durch alle für das Betreiben elektrischer Lichtmaschinen
erforderliche Bedingungen, namentlich in Bezug auf gleich-massigen und ökonomischen
Betrieb, zeichnet sich die einfach wirkende Dampfmaschine stehender Construction von
Bumsted und Chandler,
Ingenieure der Cannock Chase Foundry and Engine Works
in Hednesford, aus, welche durch die Industries, 1890
S. 312, entnommenen Abbildungen (Fig. 1 bis 3) veranschaulicht wird.
Wie die genannte Zeitschrift bezieh. auch Engineer,
1890, berichten, ist eine derartige Maschine von 280 mm Cylinderdurchmesser und 230
mm Kolbenhub in der Brauerei der Gebr. Guiness in
Dublin im Betrieb und soll hier mit einem Anfangsdruck von 6,82 at (100 Pfund auf 1
Quadratzoll engl.) und 375 minutlichen Umdrehungen eine Nutzleistung von 37
entwickeln; bei einer Verminderung der Widerstände bis auf 7 herunter
vermehrte sich die Geschwindigkeit um nur drei Umdrehungen in der Minute, d.h. um
nicht ganz 1 Proc. der dem vollen Betriebe entsprechenden Geschwindigkeit, und
erreichte auch während der folgenden, mit vollständig geöffnetem Dampfabsperrventil
und Dampfspannungen bis zu 130 Pfund auf 1 Quadratzoll engl. angestellten Versuchen
keinen höheren Betrag.
Textabbildung Bd. 281, S. 153Fig. 1.Dampfmaschine von Bumsted u. Chandler. Die Dampfeinströmung in den Cylinder wird von einem Schwungradregulator
geregelt, der ausserhalb der Maschine auf der Kurbelwelle G (Fig. 2) befestigt ist und Füllungen von
0 bis ¾ des Kolbenhubes gestattet; derselbe bethätigt mittels einer in der Höhlung
der Kurbelwelle liegenden Spindel D ein innerhalb des
vollständig geschlossenen Kurbelraumes liegendes frei schwingendes Excenter E, welches durch Stange J
mit einem Führungsstück verbunden ist, in welches die Schieberstange eingeschraubt
ist. Als Steuerungsorgan des nur auf die obere Kolbenfläche wirkenden Kesseldampfes
dient ein in der Büchse K des Schieberkastens liegender
Kolben und um die Gewichte der bewegten Massen auszugleichen, befindet sich auf der
nach oben sich erstreckenden Verlängerung der Schieberstange ein zweiter Kolben, der sieb, in
einem am Schieberkasten befestigten kleinen Cylinder auf und ab bewegt und nur auf
seiner unteren Fläche Dampf erhält.
Textabbildung Bd. 281, S. 154Fig. 2.Dampfmaschine von Bumsted u. Chandler. Das innere Ende der Spindel D trägt einen
doppelarmigen Hebel B (Fig.
2 und 3), der durch Gelenke C mit Ansätzen A des von
einem Bolzen des zugehörigen Kurbelarmes getragenen Excenters E derart verbunden ist, dass letzteres je nach dem von
der Geschwindigkeit der Maschine abhängigen Ausschlagen der Regulatorgewichte,
welchem Spiralfedern entgegenwirken, seinen Voreilungswinkel ändert.
Ein in dem oberen Cylinderdeckel eingebautes Sicherheitsventil verhütet die Anhäufung
von Condensationswasser im Cylinder.
Die Maschinen werden mit ein oder zwei Kurbeln, als Einfach-, Verbund- und
Dreifach-Expansionsmaschine in Stärken bis zu 200 von der oben genannten
Firma geliefert.
Eine doppelt wirkende Dampfmaschine eigenartiger Construction, ebenfalls in stehender
Anordnung, welche von Hayward, Tyler und Co. in London
für elektrische Lichtzwecke erbaut wurde, bringt die Engineer, 1890, entnommene Abbildung (Fig.
4) zur Darstellung.
Auf der kräftig gehaltenen und mit den Lagern der Schwungradwelle aus einem Stück
gegossenen Grundplatte sind vier aus weichem Stahl gefertigte Säulen befestigt,
welche ein zur Kreuzkopfführung dienendes und auf ihrem oberen geschlossenen Ende
den Cylinder tragendes Gussstück aufnehmen; die Grundplatte ist ringsum mit einem
geräumigen Oelfänger versehen und auf einem mit dem Fundament verschraubten Sockel
befestigt.
Textabbildung Bd. 281, S. 154Fig. 3.Dampfmaschine von Bumsted und Chandler. Der aus Hartguss hergestellte Cylinder hat 190 mm Bohrung bei 178 mm
Kolbenhub und wurde einer Wasserdruckprobe von 17,06 at unterworfen; er ist gegen
Wärmeausstrahlungen durch einen Mantel aus schlecht leitendem Material geschützt und
mit blauem Stahlblech verkleidet. Der gusseiserne Kolben von verhältnissmässig
grosser Breite ist mit Ramsbottom-Ringen versehen und die ebenfalls aus Gusseisen
gefertigten Kreuzkopfschuhe zeigen grosse Abnutzungsflächen. Der Schieber gestattet
dem Arbeitsdampfe eine doppelte Einströmung in den Cylinder – besitzt demzufolge nur
einen geringen Hub und ist mit der Schieberstange, deren rückwärtige Verlängerung
ausserhalb des Cylinders nochmals in einem mit der Schieberkastenstopfbüchse aus
einem Stück gegossenen, am Cylinderflansch befestigten Böckchen geführt ist, in
äusserst solider Weise verbunden. Kolbenstange und Kreuzkopf sind aus dem
besten weichen Stahl in einem Stück geschmiedet; erstere besitzt an ihrem Ende einen
Conus, sowie kräftiges Gewinde, über welches behufs Befestigung des Kolbens eine aus
Kanonenmetall gefertigte Mutter greift. Die ebenfalls aus weichem Stahl hergestellte
Kurbelstange ist am Kreuzkopfende gabelförmig gestaltet und das andere Ende ähnlich
dem Pleuelstangenkopfe einer Schiffsmaschine gebildet. Die gekröpfte Schwungradwelle
erhält, zur Ausgleichung der Gewichte der bewegten Theile, entsprechend gewählte
Gegengewichte und trägt auf der einen Maschinenseite das 127 mm breite Schwungrad
von 915 mm Durchmesser. Die gusseiserne Excenterscheibe sitzt lose auf der
Schwungradwelle und ist mit einer Umsteuerungsscheibe verbunden, so dass die
Maschine nach Lösen einer Mutter und bewirkter Drehung der Excenterscheibe ihre
Bewegungen in dem einen oder anderen Sinne ausführen kann.
Textabbildung Bd. 281, S. 154Fig. 4.Maschine von Hayward, Tyler und Co. Der mit hoher Umgangszahl laufende, von der Schwungrad welle mittels
Riemen betriebene Regulator wirkt ohne Zwischenschaltung von Stangen und Hebeln
direct auf ein doppelsitziges, vollkommen entlastetes Drosselventil und lässt sich
auch während des Betriebes für verschiedene Geschwindigkeiten einstellen.
Zwei Oelbehälter versorgen mittels Kupferröhrchen sämmtliche in Bewegung befindlichen
Maschinentheile mit dem nöthigen Schmiermaterial, so dass die Schmierung selbst
während des Betriebes eine ununterbrochene ist. Um ein Umherspritzen des Oeles zu
verhüten, sind auf der Vorder- und Rückseite der Maschine stählerne Spritzbleche
angeordnet, welche nach Lösen von Flügelmuttern jederzeit leicht entfernt werden
können; das von diesen Blechen abtropfende Oel gelangt in den bereits erwähnten
Oelfänger und fliesst aus diesem nach Oeffnen eines auf der Abbildung ersichtlichen
Hahnes heraus. Die Maschine läuft beim normalen Betriebe mit 350 minutlichen
Umdrehungen.
Ganz besondere Verdienste um die Herstellung geeigneter Motoren für den elektrischen
Lichtbetrieb haben sich Robey und Co. in Lincoln
erworben. Fig. 5 lässt die Construction eines von
dieser Firma erbauten Motors erkennen; er ist mit der zugehörigen Dynamomaschine,
welche durch Riemen von der Schwungradwelle aus direct betrieben wird, auf
gemeinschaftlicher Grundplatte errichtet. Die Dampfmaschine soll nach Iron, 1890 S. 223, mit 300 Umdrehungen in der Minute laufen und ist für
hohen Dampfdruck bestimmt.
Alle der Abnutzung unterworfenen Theile der Maschine haben grosse Oberflächen, sowie
selbsthätig functionirende Schmiereinrichtungen, so dass jede Gefahr der Erhitzung
während des Betriebes ausgeschlossen bleibt. Um die Anzahl der in Bewegung
befindlichen Theile möglichst gering zu erhalten, sind z.B. Kolben und zugehörige
Stange aus einem Stück hergestellt.
Textabbildung Bd. 281, S. 155Fig. 5.Maschine für den elektrischen Lichtbetrieb von Robey und
Co. Die aus Stahl gefertigte Kurbelwelle läuft in Lagerschalen aus
Kanonenmetall von bedeutender Länge; um ein Umherspritzen von Oel zu verhüten, sowie
die arbeitenden Theile möglichst vor Staub zu schützen, ist die Kurbel vollständig
von dem entsprechend geformten Bett der Maschine umschlossen und erst nach dem
Abheben eines Deckels zugänglich. Ein Nachspannen des zum Betreiben der
Dynamomaschine dienenden Riemens lässt sich, ohne dass die Maschine abgestellt wird,
mit Leichtigkeit vornehmen, da nach Lösen der Befestigungsschrauben die
Dynamomaschine durch Regulirschrauben auf der Grundplatte verschoben werden
kann.
Robey und Co. bauen derartige Maschinen auch nach dem
Verbundsystem mit zwei Cylindern, von denen der Hochdruckcylinder mit entlastetem
Kolbenschieber, der Niederdruckcylinder dagegen ebenso wie der Cylinder der
vorstehenden Eincylindermaschine mit einem Trick'schen
Kanalschieber arbeitet; beide Maschinengattungen sind mit einem gewöhnlichen
Kugelregulator versehen, der ein entlastetes, doppelsitziges Drosselventil
bethätigt. Auch stehende Dampfmotoren sind von der Firma bereits vielfach für
elektrische Lichtanlagen als einfache und zweifache Expansionsmaschinen erbaut
worden; erstere zeigen nach einer Abbildung in Iron,
1890 S. 222 – mit Ausnahme des A-förmig gebildeten Ständers – in ihren Einzeltheilen
grosse Uebereinstimmung mit denjenigen der vorstehend beschriebenen Maschine von Hayward, Tyler und Co. in London.
Die für Leistungen von 40 bis 200 erbauten Verbundmaschinen besitzen
ebenfalls nach Mittheilungen in Engineer, 1890 S. 529,
für jeden Cylinder einen Ständer der symmetrischen A-Form und die Dampfvertheilung
des zu diesen Maschinen gehörigen Hochdruckcylinders wird derart von einem
kräftigen Regulator, System Richardson, geregelt, dass
nur Geschwindigkeitsänderungen von höchstens 2 Proc. möglich sind.
Ueber eine, mit der zugehörigen Lichtmaschine (System Gramme) auf gemeinschaftlicher Grundplatte montirte, in stehender
Anordnung ausgeführte Dampfmaschine von King, Brown und
Co. in Edinburgh berichtet ferner Industries,
1889 S. 544.
Die mit 250 minutlichen Umdrehungen laufende Maschine ist für die elektrische
Beleuchtung von Schiffsfahrzeugen bestimmt und so dimensionirt, dass sie auch
innerhalb sehr beschränkter Räumlichkeiten leicht untergebracht werden kann.
Der Regulator arbeitet auch hier wieder ohne Zwischenschaltung von Hebel und Stangen
direct auf ein Drosselventil und wird, um ein Durchgehen der Maschine zu verhüten,
von der Schwungradwelle aus mittels zweier Riemen betrieben.
Die für 150 Lampen berechnete Dynamomaschine leistet 100 Volt bei 90 Ampère und läuft
mit einer Geschwindigkeit von 1020 Umdrehungen in der Minute.
Die Allgemeine Elektricitätsgesellschaft in Berlin hat
nach Mittheilungen von Industries, 1890 S. 428, in
neuerer Zeit zum Betreiben elektrischer Lichtmaschinen dienende eincylindrige
Dampfmaschinen in den Handel gebracht, welche in liegender Ausführung bis zu
Leistungen von 120 W erbaut werden und sich durch
ruhigen und stossfreien Gang, sowie schöne und leichte Formgebung vortheilhaft
auszeichnen. Die Maschinen sind mit Bajonnetrahmen versehen, welche an beiden Enden
unterstützt und den freischwebend angeordneten, mit Dampfmantel umgebenen Cylinder
tragen. Die Abgabe der Kraft an die Dynamomaschine geschieht unmittelbar vom
Schwungrade aus durch Riemenbetrieb.
Der Regulator beeinflusst einen Riderschieber und gestattet Füllungen von Null bis 70
Proc. des Kolbenhubes. Die Schmiervorrichtungen sind in der zweckentsprechendsten
Weise angeordnet, und zum Auffangen von Oel dient ein die Kurbelscheibe und
Pleuelstange ganz umgebendes Gussstück, welches auf die Kreuzkopfführung geschraubt
ist und als eine Fortsetzung derselben erscheint. Um ein gefahrloses Andrehen des Schwungrades
zu ermöglichen, ist ein Klinkwerk angeordnet.
Eine stehende, mit Condensation arbeitende dreifache Expansionsmaschine für eine
elektrische Beleuchtungsanlage in Südamerika, welche von Ruston, Proctor und Co. in Lincoln erbaut ist, beschreibt Engineer, 1891 S. 115.
Der mit Dampfmantel umgebene Hochdruckcylinder von 305 mm Durchmesser ist mit
Corlisshähnen versehen, deren Stellungen unter Mitwirkung eines Porter'schen Regulators von einer Steuerung, System Spencer-Inglis, bestimmt werden; der
Mitteldruckcylinder von 483 mm, sowie der Niederdruckcylinder von 787 mm Durchmesser
besitzen ebenfalls Dampfmäntel und der gemeinschaftliche Hub sämmtlicher Cylinder
beträgt 914 mm. Mittel- und Niederdruckcylinder arbeiten mit Trick'schen Kanalschiebern, welche sowohl für die Einströmung als auch
Ausströmung des Dampfes mit doppelten Kanälen versehen sind. Die Spannung des in den
Hochdruckcylinder, sowie in dessen Mantel strömenden Dampfes beträgt ungefähr 11 at,
während der Dampf in die Mäntel der beiden anderen Cylinder erst nach dem Durchgehen
eines Reducirventiles mit 5,5 at Spannung gelangt. Die drei durch Schrauben mit
einander verbundenen Cylinder stützen sich wieder auf je einen kräftig gehaltenen
A-förmigen Ständer und der Betrieb der von Ganz und Co.
in Pest gelieferten Lichtmaschine erfolgt direct durch Seile von dem Schwungrade der
Dampfmaschine aus.
Fr.