Titel: | Versuche über die Fortleitung eines Stromes von 20000 Volt in der Ausstellung zu Frankfurt a. M. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 185 |
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Versuche über die Fortleitung eines Stromes von
20000 Volt in der Ausstellung zu Frankfurt a. M.
Versuche über die Fortleitung eines Stromes von 20000 Volt in der
Ausstellung zu Frankfurt a. M.
In den ersten Tagen des August d. J. hat die Firma Siemens
und Halske in Berlin in der Internationalen Elektrischen Ausstellung zu
Frankfurt a. M. vollkommen gelungene Versuche über die Fortleitung eines Stromes von
20000 Volt angestellt und dieselben auf Wunsch den sich dafür interessirenden
Fachmännern vorgeführt und auch anderen Besuchern der Ausstellung zugänglich
gemacht. Es sind diese Versuche in einem gewissen Sinne als Vorversuche für die in
der Ausführung begriffene Kraftübertragung von Lauffen am Neckar nach Frankfurt
anzusehen und haben für diese eine hohe Bedeutung. Auch bei letzterer wird es sich
um die Fortleitung eines Stromes von ungefähr ebenso grosser Spannung handeln,
dieser aber auf eine weit grössere Entfernung fortgeleitet werden. Das Gelingen der
vorerwähnten Versuche ist aber überhaupt höchst bedeutungsvoll deshalb, weil die
Elektrotechnik sich neuerdings zur Ueberwindung grosser Entfernungen sehr hoch
gespannter Ströme bedient.
Bei diesen Versuchen wird der in der Maschinenhalle zur Verfügung stehende
Wechselstrom von 2000 Volt durch einen Stromumsetzer (Transformator) in einen Strom
von 20000 Volt Spannung umgesetzt, dieser Strom sodann in einem Kabel aus der
Maschinenhalle nach der Mainausstellung geleitet und dort mittels zweier nach
einander wirkender Stromumsetzer wieder auf die Gebrauchsspannung von 150 Volt
herabgebracht.
Das dabei benutzte Kabel ist von der Firma Siemens Brothers
and Comp. in London angefertigt worden. Es besteht aus zwei, einzelnen
Kabeln, welche mit einem Drall von etwa 1 m um einander gewunden und in einer
gemeinsamen Hülle vereinigt sind. Die Seele des Kabels bilden sechs Kupferdrähte von
2 mm Dicke, welche im Kreise um eine getheerte Hanflitze von 2 mm Dicke herumliegen.
Den Isolator bilden zwei Gummihüllen, von denen die innere 4, die äussere 5 mm dick
ist. Bei den Versuchen wird das Kabel für eine Betriebsleistung von 20000 Volt in
Anspruch genommen; in der Fabrik dagegen ist das Kabel mit einem Strome von sehr
weit höherer Spannung geprüft worden. Es dürfte anderwärts bisher nicht gelungen
sein, Kabel anzufertigen, welche eine so hohe Spannung dauernd zu ertragen im Stande
wären. Das Kabel hat eine Länge von 550 m und ist ohne weiteren Schutz in die Erde
gelegt.
Die Stromumsetzer, deren sich die Firma Siemens und
Halske zur Umwandelung des Stromes von 2000 Volt in einen solchen von 20000
Volt bedient, sind insoforn besonders bemerkenswerth, als dieselben ohne Verwendung
von Oel ausgeführt sind, vielmehr in ihnen – wie bei Stromumsetzern für niedrige
Spannungen – ausschliesslich trockene Isolationsmittel zur Verwendung gelangen.
Die Grössenabmessungen eines solchen Stromumsetzers werden mit Rücksicht darauf,
dass die Isolationsmassen wegen der Höhe der Spannung ziemlich stark gewählt werden
müssen, natürlich bedeutend grösser, als wenn eine geringere Spannung verwendet
würde.
Bei der Vorzeigung dieses Kabels und der Durchführung der seine Verwendung
erläuternden Versuche führt die Firma Siemens und
Halske zugleich eine Reihe von höchst interessanten Lichterscheinungen vor,
welche eben nur bei Verwendung so hoher Spannungen auftreten können. Der Lichtbogen,
welcher bei der gewöhnlichen Betriebsspannung von Bogenlampen eine Länge von nur
wenigen Millimetern hat, lässt sich hier bis auf etwa 140 mm aus einander ziehen.
Die Länge und die Form desselben wechseln nach der Art der verwendeten Elektroden.
Besonders prächtig sind auch die Lichterscheinungen der dunklen Entladung. Es wird
dazu zwischen zwei mit den Polen der Maschine verbundene Metallplatten eine
Glasplatte gelegt und es findet dann bei steigender Erhöhung der Spannung
schliesslich in Form von regelmässig auftretenden Funken ein Uebergang des Stromes
über die Kanten des Glases hinweg oder aber ein Durchschlagen der Glasplatte
statt.