Titel: | Herstellung und Verlegung der mit Schutzhülle versehenen Kabel von hoher Isolation in der Kabelfabrik Belfort. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 187 |
Download: | XML |
Herstellung und Verlegung der mit Schutzhülle
versehenen Kabel von hoher Isolation in der Kabelfabrik Belfort.
Mit Abbildungen.
Herstellung und Verlegung der mit Schutzhülle versehenen Kabel von
hoher Isolation.
Die 1872 aus der Verschmelzung des alten Hauses Andreas
Köchlin in Mühlhausen und der Société de
Bussière in Grafenstaden hervorgegangene Société
Alsacienne de Constructions mécaniques hat 1879 auch auf französischem
Gebiete, in Belfort, eine Fabrik angelegt, welche jetzt über 1000 Arbeiter
beschäftigt. Sie nimmt einen Raum von 25800 qm ein und befasst sich seit einigen
Jahren auch mit der Herstellung elektrischen Materials. Sie hat für Frankreich das
ausschliessliche Recht erworben, die Verfahrungsweisen des Hauses Gebrüder Siemens auszunützen. Eine der sieben Pariser
Beleuchtungsgesellschaften, von denen vier schon in voller Thätigkeit stehen,
nämlich die Société anonyme d'Éclairage électrique du
secteur de la Place Clichy, benutzt die Kabel der Belforter Fabrik, da die
Stadtbehörde die Anwendung von Luftkabeln untersagt hat. Die Kabel dieser Fabrik
können unmittelbar in den Erdboden verlegt werden und dabei wird zugleich die Dauer
der Verkehrsstörung während der Verlegung ganz wesentlich verkürzt.
Ueber die Herstellung der Kabel in Belfort hat Le Génie
civil, 1891 Bd. 19 * S. 118, folgende Mittheilungen gemacht.
Zu den Kabelseelen wird nur Kupfer von höchstem Leitungsvermögen verwendet; sein
Widerstand bei 24° muss unter 16,5 Ohm für 1 qmm und 1 km liegen. Jede Lieferung
wird darauf genau geprüft. Der auf Spulen gewickelte Draht wird auf wagerechten
Maschinen, welche mit den in der gewöhnlichen Drahtseilfabrikation gebräuchlichen
von gleicher Art sind, zu Litzen zusammengedreht. Der Querschnitt der Kupferseele
wird je nach ihrer Stärke aus einem einzigen Drahte gebildet, oder aus einem
Mitteldrahte, um welchen sich in sehr lang gezogenen Windungen eine, zwei oder drei
Lagen von Drähten herumwickeln. Da alle Drähte von gleicher Nummer sind und alle
sich unter einander berühren sollen, so muss die erste Lage 6, die zweite 12, die
dritte 18 Drähte enthalten und deshalb hat man in diesen vier Fällen im Ganzen 1, 7,
19 oder 37 Drähte.
Der so gebildete Leiter wird auf zwei gewöhnlichen Zwirnmaschinen mit zwei Schichten
von Jutefäden im entgegengesetzten Sinne überzogen. Die Windungen liegen bei der
grossen Geschwindigkeit dieser Maschinen sehr eng und werden übrigens nach
Aufbringen jeder Schicht noch besonders zusammengepresst, so dass die Dichte etwa
1,1 erreicht, bei einer dem Durchmesser des Kabels angepassten Dicke. Nun wird das
Kabel auf eine Trommel gewickelt. Die Zuggeschwindigkeit beträgt etwa 80 m in der
Stunde bei den grossen Durchmessern, 250 m bei den kleinsten.
Das so hergestellte Kabel wird erst lange Zeit ausgetrocknet, dann warm mit einem
Isolirmittel getränkt. Dann kommt es in eine aufrecht stehende hydraulische Presse,
in welcher kalt ein Bleirohr nach oben herausgepresst wird, in dessen Mitte sich das
Kabel legt. Das Blei wird also unmittelbar auf das Kabel, so wie es und in dem
Maasse wie es heraus tritt, aufgepresst; die Geschwindigkeit des Kabels schwankt
zwischen 15 m in der Minute bei den kleinen und 2 m bei den grössten Kabeln. Das
Heraustreten des Bleies im kalten Zustande wird durch einen Druck von über 300 at
erreicht. Bei dieser Verrichtung tritt natürlich eine merkliche Temperaturerhöhung
ein. Das Kabel läuft nach oben, über eine grosse Rolle, dann herab in mit Wasser
gefüllte Behälter, worin es sich abkühlt und den elektrischen Messungen unterzogen
wird, welche ein Urtheil über seine Güte ermöglichen; dabei dient das Wasser als
eine ausgezeichnete Erdleitung.
In den geschlossenen Stromkreis der Messbatterie wird ein Widerstand von 100000
Ohm und ein sehr empfindliches astatisches Galvanometer mit Nebenschluss (1 : 10000)
eingeschaltet; man notirt die Ablenkung und leitet daraus für jede Folge von
Messungen die Constante des Apparates ab. Wenn man dann an Stelle des Widerstandes
die Kabelseele mit der Batterie in Verbindung bringt unter Verbindung des Bleies mit
der Erde, und wenn man den Nebenschluss des Galvanometers entsprechend abändert, so
kann man aus der jetzt eintretenden Nadelablenkung den Widerstand der Seele für 1 km
bei 0° herleiten. Als Batterie werden 200 Elemente benutzt mit 150 bis 160 Volt.
Auf 0° berechnet wird ein Widerstand von 10000 Megohm für 1 km verlangt; meist ist er
aber weit grösser. Jedes zurückgewiesene Kabel wird aufgeschnitten und das Blei in
die Giesserei, das Kupfer in die Vorrathskammer zurückgebracht.
Textabbildung Bd. 281, S. 188Fig. 1.Kabelwickelung. Nun folgt die Armirung des Kabels, d.h. seine
Umkleidung, mit so ausgiebigen Schutzhüllen, dass es unmittelbar in die Erde gelegt
werden kann. Dazu wird die aus dem Wasserbehälter kommende Trommel auf Böcke gelegt
und das Kabel durch eine neue Folge von Apparaten hindurchgeführt. Es erhält
zunächst unmittelbar auf die Bleiröhre eine Lage von getheerten Jutefäden, darüber
zwei Lagen von Bandeisen, welche nach Fig. 1
spiralförmig darum gewickelt werden, welche eine 2 mm dicke Stahldecke bilden und
das Kabel gegen Hiebe mit einer Hacke sicherstellen. Die Zuggeschwindigkeit beträgt
100 m in der Stunde bei den kleinsten Kabeln und kann bis auf 200 m bei den grössten
steigen.
Es bleibt nun noch übrig, die Krone von der deshalb zerlegbar gemachten Kabeltrommel
wegzunehmen und das Kabel mit Strohsträngen zu umwickeln. Zuvor wird es aber wieder
und in ganz ähnlicher Weise einer Prüfung auf seine Isolation unterworfen. Sogleich
nach dieser Prüfung wird es sorgfältig in geschlossene Hülsen aus Weissblech
eingesteckt, damit keine Feuchtigkeit eindringen kann.
Ueber jedes Kabel wird übrigens vom Austritte des Kupfers aus der Vorrathskammer an
eine Liste geführt, in welche alle Einzelheiten seiner Anfertigung eingetragen
werden, Tag und Stunde seines Durchganges durch die verschiedenen Maschinen u.s.w.
Alles dies wird überdies in ein besonderes Buch eingetragen. Beim Einpacken wird die
Krone mit einer die Nummer des Kabels tragenden Plombe versehen. Dies ermöglicht, im
Falle des Auftretens eines weiteren Fehlers dessen Ursache aufzufinden bezieh.
dieser Erkenntniss gemäss Aenderungen vorzunehmen.
In Kabeln von geringer Stärke werden die Bandeisen durch spiralförmig dicht an
einander gewickelte Stahldrähte ersetzt, weil das Bandeisen hier sich schwieriger
umwickeln lassen würde, andererseits aber hier die Gefahr minder gross ist, als bei
steiferen Kabeln. Umgekehrt gibt man Kabeln, welche einen höheren Schutz bedürfen,
noch eine Hülle aus dicken, sehr festen und sehr widerstandsfähigen
Stahldrähten.
Verbindungsstellen. Die zu verbindenden Kabelenden
werden in eine gusseiserne olivenförmige Hülse eingeführt, welche aus zwei
Halbmuscheln besteht; die Seelen werden sorgsam blossgelegt und durch ein doppeltes
Klemmstück aus galvanisirtem Messing verbunden; dann giesst man eine Art Theer
hinein, welcher die ganze Hülse ausfüllt. Bei aufrecht stehenden Verbindungen
besitzt die Hülse noch eine seitliche Oeffnung.
Die Abzweigungsbüchsen – für 2, 3, 4 und 5 Drähte – sind
aus Gusseisen und haben einen hermetisch schliessenden Deckel. In ihnen liegen die
Verbindungstheile aus verzinnter Bronze. Die Kabel werden von der Seite durch Löcher
eingeführt und letztere sind mit Hülsen versehen, welche nach Einführung der Kabel
mit Theer ausgegossen werden, damit jede Verbindung mit der äusseren Umgebung
vollständig verhindert ist. Leicht aber kann man in den Büchsen jeden Contact
prüfen, lösen und wiederherstellen, die Verbindungen abändern, Netztheile isoliren
u.s.f.
Die Kabel werden nicht unmittelbar mit den festen Apparattheilen verbunden, sondern
mittels einer Art Dille aus galvanisirtem Messing, welche die Seele innig
umschliesst. Zugleich können die einzelnen Drähte der Seele durch Schrauben mit
kegelförmigen Spitzen aus einander gedrückt und scharf an die Wände der Dille
angepresst werden. Ueber die Dille wird dann ein Kautschukrohr geschoben, das sich
bis zur Jutehülle fortsetzt.
Textabbildung Bd. 281, S. 188Fig. 2.Legung des Kabels. Die von der Kabelfabrik in Belfort gelieferten Kabel werden in der
Centralen nochmals geprüft. Nach Bedarf werden sie an den Arbeitsplatz geschafft, wo
die Gräben ausgeworfen sind und die Abzweigungsbüchsen lagern. Man rollt sie auf dem
Boden des Grabens auf, legt die Verbindungshülsen an und prüft sie elektrisch, ehe
man weiter geht. Darauf wirft man – ausser an den Verbindungsstellen – eine erste
Schicht Sand und Kies A (Fig.
2) auf; darüber breitet man ein galvanisirtes Gitterband C aus, welches bei später etwa folgenden Aufgrabungen
auf das Dasein des Kabels aufmerksam machen soll; dann füllt man aus. (Bei B und D sieht man das
ausgeworfene Erdreich; E ist eine Cementschicht, F Erdpech.) Darauf schreitet man zu einer ersten
Prüfung der Kabellegung. Dazu dienen zwei Handwagen, von denen der eine die
Trockenbatterie, der andere ein vollständiges Versuchszimmer enthält; letzterer
besteht aus einem grossen Kasten, dessen lange Seitenwände heruntergeklappt werden
können. Ein Zelt
verbirgt den Arbeitenden vor den Augen Vorübergehender. Auch nach Schluss der
Kabellegung und während des Betriebes derselben werden die Prüfungen häufig
wiederholt, nach einem sich auf die Ziffern der ersten Prüfung stützenden Plane.