Titel: | Locomobilen auf Tragfüssen. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 197 |
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Locomobilen auf Tragfüssen.
Mit Abbildungen.
Locomobilen auf Tragfüssen.
Einerseits die nothwendige Vermehrung und Vergrösserung von Betrieben, die
Nothwendigkeit, umfangreiche Betriebe an beschränkten Orten einzurichten,
andererseits der scharfe Wettbewerb der Gasmaschinen haben in jüngster Zeit eine
Dampfmaschinenart zu grosser Bedeutung gebracht, zu welcher man bislang für
ständigen Betrieb wenig Vertrauen fasste, welche man eben nur als Nothbehelf
anzusehen gewohnt war. Es ist die Locomobile auf Tragfüssen, die sogen. halb feste
Locomobile, oder, wie sie häufiger, aber sprachlich durchaus falsch genannt wird:
die stationäre Locomobile. Die Durchbildung der Locomobile ist so weit gediehen,
dass mit derselben gleichwerthige Ergebnisse wie mit einer stationären
(eingemauerten) Dampfanlage erzielt werden.
Textabbildung Bd. 281, S. 196Fig. 1.Kessel zur Wolf'schen Locomobile. Die Locomobile auf Tragfüssen hat – eine vorzügliche Ausführung unbedingt
vorausgesetzt – in vielen Fällen in Wettbewerb mit stationären Dampfanlagen treten
können; sie hat die Möglichkeit der Anwendung von Dampfkraft an Orten möglich
gemacht, wo sonst unbedingt nur eine Gasmaschine aufstellbar gewesen wäre. Die
Locomobile auf Tragfüssen hat somit den Wettkampf der Gasmaschine gegen die
Dampfmaschine wieder wesentlich günstiger für letztere gestaltet.
Der praktische Erfolg hat den Sieg über die theoretischen Bedenken davongetragen,
welche gegen die Locomobilen zu Gunsten einer gemauerten Kessel anläge bestanden.
Die Lagerung der Dampfcylinder im Dampfraume, die Anwendung des
Verbundsystemes, Benutzung guter Wärmeschutzmittel und vor allen Dingen
vortreffliche Durchbildung der Einzeltheile haben die Vortheile der Einmauerung
ausgeglichen, während andererseits der fast verschwindende Dampfweg zum Cylinder den
Locomobilen einen wesentlichen Vortheil verlieh. Es erscheint nunmehr erwiesen, dass
die Locomobile auf Tragfüssen nicht nur in vielen Fällen die Anwendung von
Dampfkraft gestattet, wo die eingemauerte ständige Dampfanlage ein Unding oder eine
Unmöglichkeit ist, sondern dass sie bezüglich der Nutzleistung Ziffern herausbringt,
welche mit den gewöhnlichen Anlagen gar nicht zu erreichen sind.
Textabbildung Bd. 281, S. 196Fig. 2.Ausziehbarer Locomobilkessel. Diese Thatsachen sind nun auf zwei Wegen ermöglicht. Einmal durch
zweckentsprechende Construction, namentlich völlig unabhängigen Aufbau von Kessel
und Dampfmaschine, Vermeidung jeder Dampfleitung, Ausgleich bezieh.
Unschädlichmachung der verschiedenartigen Ausdehnung von Kessel und
Maschinentheilen, thunlichsten Wärmeschutz, sodann aber durch die denkbar
vorzüglichste Ausführung. Man darf wohl sagen, dass gerade der letztere Punkt für
die siegreiche Einführung der Locomobilen auf Tragfüssen ausschlaggebend gewesen
ist, dass hauptsächlich die Vortrefflichkeit ihrer Ausführung den endgültigen Erfolg
der Locomobilen auf Tragfüssen gesichert hat.
Als Urheber und hauptsächlichster Vorkämpfer der Einführung der halblocomobilen
Dampfanlagen ist für Deutschland die Maschinenfabrik
von R. Wolf in Magdeburg-Buckau anzusehen. Da dieser
Fabrik das Zugeständniss gemacht werden muss, dass sie bahnbrechende Erfolge für die
Locomobilen auf Tragfüssen erwirkt hat, sei in Folgendem eine knappe Kennzeichnung
der Fabrikation und sodann der Locomobilenconstruction selbst mitgetheilt, wie wir
sie aus eigener Anschauung gelegentlich eines Besuches dieser Fabrik kennen zu
lernen erwünschte Gelegenheit hatten.
Die Maschinenfabrik von R. Wolf in Magdeburg-Buckau
wurde im J. 1862 gegründet. Der Bau von Locomobilen wurde gleich in den
Anfangsjahren schon besonders gepflegt, doch ist erst jetzt die Fabrik als
Specialfabrik für den besonders ausgebildeten Wolf'schen Locomobiltypus zu betrachten. Die gesammte Fabrik trägt den Stempel
der Specialisirung für den einen Endzweck in allen Theilen, sowohl in der Natur der
zur Verwendung gelangenden Arbeitsmaschinen, wie auch in der Art und Weise der
Arbeitstheilung und Arbeitsleitung.
Die Fabrik beschäftigt jetzt über 900 Arbeiter. Der Entwickelung aus kleinen
Verhältnissen entsprechend besteht sie aus mehreren, nur in losem Zusammenhange mit
einander
stehenden Einzelwerkstätten, innerhalb welcher trotz weisester Platzausnutzung der
Raum doch arg verengt erscheint, so dass die geradezu wunderbare Ordnung des
Betriebes dazu gehört, um den Verkehr und die Arbeit glatt vollziehen zu lassen. Da
es trotz dieser Oeconomie nicht mehr möglich ist, auf dem gegebenen Raume die immer
mehr zunehmenden Aufträge zur Ausführung zu bringen, so wird demnächst, auf neu
angekauften Nachbar-Grundstücken, eine wesentliche Erweiterung der Fabrik
stattfinden.
Textabbildung Bd. 281, S. 197Fig. 3.Entfernung des Kesselsteines. Die Werkstätten enthalten mehrere Dampfanlagen von zusammen etwa 250
. Die Zweigbetriebe erweisen sich als recht zweckmässig für den gesammten
Betrieb. Natürlich sind auch hier Wolf'sche
Halblocomobilen in Verwendung.
Textabbildung Bd. 281, S. 197Wolf'sche Locomobile. Zwei grosse Locomobilen auf Tragfüssen von je 50 bis 60 dienen
auch zum Betriebe der grossartigen elektrischen Anlage mit zusammen vier Siemens'schen Dynamomaschinen. Für die Bedienung der
vortrefflich arbeitenden elektrischen Kräne und der Aufzüge dient eine 50
liegende Dampfmaschine eigenen Fabrikats. Es können etwa 65 Bogenlampen und 600
Glühlampen insgesammt etwa von 100000 Normalkerzen Leuchtkraft gespeist werden,
welche Leistung sich nach Fertigstellung der jetzt in der Ausführung
begriffenen Accumulatoren-Anlage noch wesentlich erhöhen wird. Die Locomobilen der
Lichtanlagen liefern auch den Dampf für die Heizung eines Theiles der
Fabrikräume.
Bei Besichtigung der Arbeitsmaschinen sind besondere Specialmaschinen für die genaue
Bearbeitung der Locomobilen von hervorragendem Interesse. Andererseits sind aber
auch manche Eigenheiten und wenig gebräuchliche Ausführungen von Arbeitsmaschinen zu
bemerken, so z.B. der Ersatz der Zahnräder bei Bohrmaschinen durch
Schraubenrädergetriebe.
Besonders auffällig sind zwei in verschiedenen Grössen vorhandene Arbeitsmaschinen,
welche für den Zweck der genauen und schnellen Bearbeitung der Wolf'schen Verbund-Cylinder-Dome von der
Maschinenfabrik von H. Wohlenberg in Hannover geliefert
worden sind. Es sind dies Maschinen, welche gleichzeitig den grossen und kleinen Cylinder der Verbundmaschine
ausbohren und beiderseits die Schieberkastenflächen bearbeiten. Diese Maschinen
arbeiten also gleichzeitig mit vier Werkzeugen an vier verschiedenen Stellen.
Naturgemäss ist die Anlage so geschaffen, dass die Bearbeitung der grossen Stücke
ohne grosse Fortbewegung nach verschiedenen Theilen der Fabrik erfolgen kann. Der
Verkehr findet auf schmalspurigen Schienengleisen statt, welche die Hauptgänge
sämmtlicher Werkstätten durchziehen und auch ausserhalb in reichem Maasse vorhanden
sind.
Bei der Beobachtung der Fabrikation sind manche Einzelheiten auffällig, welche sich
sowohl auf die Ausführung der Arbeiten, als auch auf die Leitung des Betriebes
beziehen.
Die Arbeiten werden selbstverständlich sehr genau ausgeführt. Ganz besonders trägt
hierzu die seltene Einrichtung bei, dass zum Aufreissen (Vorreissen, Aufzeichnen)
der Werkstücke eine eigene Werkstatt eingerichtet ist. Während wohl in den meisten
Fabriken der die Arbeit Ausführende auch das Vorreissen des Werkstückes selbst zu
besorgen hat, wird hier bei Wolf diese Arbeit von
besonders geschulten und darum auch besonders genau und schnell arbeitenden Leuten,
selbstverständlich mit guten Instrumenten, vollzogen. Der die Bearbeitung des
Werkstückes Ausführende hat natürlich die Richtigkeit des Vorreissens zu prüfen,
bevor er die Bearbeitung übernimmt und beginnt.
Als charakteristisch für die Arbeitsausführung ist die weitgehende Verwendung von
Stahl, sowie die verhältnissmässig sehr starke Bemessung der Wandstärken für die
Kessel und der tragenden Maschinentheile. Alle Maasse sind sehr reichlich genommen,
so dass zwar die Locomobilen etwas schwer ausfallen, aber grosse Sicherheit für
guten Betrieb gewähren.
Diese auffallende Stärke aller Theile hat sicher den guten Erfolg der Maschine
wesentlich gezeitigt.
Textabbildung Bd. 281, S. 198Fig. 6.Anordnung des Dampfcylinders. Zu bemerken sei an dieser Stelle, dass die Pleuelstangenköpfe aus einem
Stück, also ohne Theilung geschmiedet und in eins bearbeitet werden. Die namentlich
für die Seitenbearbeitung dienenden Arbeitsmaschinen zeichnen sich durch grosse
Leistung der breiten Fräser aus.
Die eigenartige Verbindung von Kessel und Maschine soll später eingehender besprochen
werden. Hier sei nur noch bemerkt, dass besonderer Werth auch auf die Nietung der
Kessel gelegt ist, dass die Nietung schon bei den mittelstarken Kesseln doppelreihig
erfolgt, dass sie aber stets durch hydraulische Nietmaschinen stattfindet, deren
vortreffliche Arbeit erst in den letzten Jahren allgemeinere Anerkennung findet. In
den Nieträumen der Fabrik fanden wir zwei original Tweddel'sche Nietmaschinen, für welche ein besonderes Pumpwerk mit
Accumulator angeordnet ist. Dass die letztere Anlage unterirdisch aufgestellt werden
musste, sei hier nur der Eigenthümlichkeit wegen mitgetheilt, als ein weiteres
Zeichen, welche Rücksichten einestheils die ständig nothwendig werdende Erweiterung
der Fabrikanlage, anderentheils der Mangel an Raum auferlegen. –
Die fertig gestellte Maschine muss in einem besonderen, sehr geräumig angelegten
Montirsaale eine peinliche Prüfung durch Bremse, Indicator und Pyrometer
durchmachen, so dass keine Maschine früher die Fabrik verlässt, als bis sie die
gewährleisteten Bedingungen sicher erfüllt.
In der Möglichkeit, die Locomobile innerhalb der Montirungsstätte unter den
günstigsten Umständen prüfen und völlig genau fertig stellen zu können, so dass sie
fertig an den Ort der Aufstellung geschickt werden kann und die Locomobile hier eben
nur auf ihre Tragfüsse bezieh. das Fundament zu stellen ist, liegt ein nicht zu
unterschätzender Vortheil gegenüber den andersgearteten Dampfkraftanlagen, welche
nur vom Monteur, ohne die wesentlichsten Hilfsmittel einer Fabrik, meist recht und
schlecht montirt werden müssen.
Von der inneren Construction der Wolf'schen Locomobilen
geben die beigedruckten Abbildungen Kenntniss.
Die Kessel sind sogen. ausziehbare Röhrenkessel, deren leichte Reinigung vom
Kesselstein ihnen eine besondere Beliebtheit verschafft hat. Das Auseinandernehmen
der Kessel erfordert nur die Lösung der Schrauben a
(Fig. 1 und 2),
welche die vordere Stirnplatte mit dem äusseren Kessel verbinden, und der Muttern
der Stifte b, durch welche die hintere Rohrplatte mit
dem Kesselboden verschraubt ist.
Die Rauchröhren selbst sind, wie Fig. 3 erkennen
lässt, so angeordnet, dass sie von allen Seiten zugänglich sind und ein Lostrennen
des Kesselsteins mittels Flachmeissel m leicht
ermöglicht wird.
Textabbildung Bd. 281, S. 198Fig. 7.Anordnung des Dampfcylinders. Der Dampfcylinder ist mittels des ihn umgebenden, mit einer zweifachen
Wärmeschutzbekleidung versehenen Domes im Dampfraume gelagert (Fig. 6 und 7), daher
der eintretende, aus dem höchsten Theil des Domes entnommene, ganz trockene Dampf,
jeglicher Abkühlung entzogen, zu voller Wirkung kommt und Cylinderwasserablasshähne
ganz entbehrlich werden. Dass diese Einrichtung zu einer wesentlichen Dampf- bezieh.
Kohlenersparniss Anlass gibt, braucht nicht erst versichert zu werden.
Textabbildung Bd. 281, S. 198Fig. 8.Wolf'sche Hochdrucklocomobile. An Stelle der sonst üblichen leichten, unzusammenhängenden Lagerböckchen
dient bei den Wolf'schen Locomobilen als Fundament für
die Kurbelwellager ein einziger kräftiger Sattel aus Gusseisen, der den dritten
Theil der Kesselrundung umfasst und ebenso, wie der Cylinder, die gusseisernen
Stutzen, Tragfüsse u.s.w., mit dem Kesselmantel vernietet, nicht etwa verschraubt
ist.
Die gleich den übrigen, besonders der Abnutzung unterworfenen Schmiedetheilen
aus bestem Gusstahl hergestellte, gekröpfte Kurbelwelle gestattet an ihren beiden
Enden das Aufstecken von Schwungrädern oder Riemenscheiben; das abgedrehte
Schwungrad ist für Riemenbetrieb eingerichtet; die Lager sind extra breit gehalten
und mit bestem Rothguss gefüttert; der sehr genau wirkende Regulator wird durch
conische Räder angetrieben, so dass ein „Durchgehen“ der Maschine, wie
solches bei Riemenantrieb in Folge Reissens oder Abfallens des Riemens vorkommen
kann, ganz ausgeschlossen bleibt.
Zur Kesselspeisung sind eine Maschinenpumpe und eine Handreservepumpe oder ein
Injector vorhanden und die Vorwärmung des Speisewassers wird mittels eines Theiles
des Abdampfes in einem sogen. Mischhahne bewirkt. Zur Heizung kann jegliches
Brennmaterial verwendet werden, selbst schlechte Landbraunkohle, Lohe, Sägemehl
u.s.w.
Textabbildung Bd. 281, S. 199Fig. 9.Wolf'sche 120 HP-Verbundlocomobile. Die Locomobilen kommen als Hochdruck- oder als Verbundmaschinen zur
Ausführung. Fig. 8 stellt eine Hochdrucklocomobile
dar, während Fig. 9 eine 120
Verbundlocomobile mit Condensation und Röhrenvorwärmer veranschaulicht.
Bei dem Verbundsystem empfängt nur der kleinere der beiden Cylinder directen
Kesseldampf, wogegen die Arbeit im grossen Cylinder durch den Abdampf des ersteren
geschieht, die Wirkung des Dampfes wird also gewissermaassen doppelt nutzbar
gemacht. Beide Cylinder liegen neben einander und befinden sich nebst dem sogen.
Receiver – Zwischenbehälter für den Uebergang des Dampfes aus dem kleinen in den
grossen Cylinder – innerhalb eines Dampfdomes, dessen höchster Stelle der Dampf für
erstere entnommen wird. Durch diese Anordnung (s. Fig.
7), welche die leichte Zugänglichkeit von Kolben und Schieber durchaus
nicht beeinträchtigt, werden grosse Vortheile erreicht, indem mit völlig trockenem
Dampf gearbeitet, auch jede Abkühlung der Cylinder und des Receivers verhindert
wird, welcher Umstand ganz bedeutend zur Verringerung des Dampf- bezieh.
Brennmaterialverbrauchs beiträgt; auch werden die lästigen Cylinderwasserablasshähne
gänzlich vermieden. Der Dampfdom ist mit Kieselguhr und einem Blechmantel umhüllt
und bildet mit den beiden Cylindern, sowie dem Receiver ein zusammenhängendes
Gusstück, welches ebenso wie Schwungradlagersattel und Stutzen mit dem Kessel fest
vernietet ist.
Der Hochdruckcylinder hat Rider'sche, durch einen
Porterregulator beeinflusste Expansionssteuerung, mittels welcher der erforderliche
Füllungsgrad im Cylinder selbsthätig eingestellt wird. Bei dem Niederdruckcylinder
kann die Einstellung des Füllungsgrades von Hand geschehen. Die Maschinen ohne
Condensation erhalten einen Vorwärmer, der das Speisewasser auf 60 bis 70°
erhitzt.
Die der Abnutzung besonders ausgesetzten Schmiedetheile, als Kurbelwelle, Kolben- und
Schieberstangen u.s.w., bestehen aus Gussstahl. Die Kurbelwellen haben zwei
kräftige, abgedrehte und zum Riemenbetrieb eingerichtete Schwungräder.
Ueber die Leistung der Kessel sei im Folgenden ein Versuch mitgetheilt, den der Magdeburger Kesselrevisionsverein mit einer 60- bis
70pferdigen Verbundlocomobile anstellte. Wir bemerken, dass die Maschinen jetzt bis
zu 120 W gebaut werden, wie dies ein Beispiel auf der
Frankfurter elektrotechnischen Ausstellung beweist.
Der Kessel hatte 59,53 qm Heizfläche und 0,7 qm Rostfläche. Der grosse Cylinder der
Maschine hatte 540 mm, der kleine 320 mm lichten Durchmesser, der Kolbenhub beträgt
440 mm.
Vor Beginn des Versuches wurde der Kessel eine Zeitlang gefeuert, die Maschine in
Betrieb gesetzt und mit 7 at Kesselspannung in Gang erhalten. Nachdem dann das Feuer
auf dem Roste soweit her abgebrannt war, dass sich eine Druckabnahme am Manometer
bemerkbar machte, wurde mit dem Aufwerfen der zugewogenen Kohle begonnen, der
Wasserstand im Kessel am Glase markirt und dieser Zeitpunkt als Anfang des Versuches
betrachtet. – Die Maschine wurde mittels zweier Bremsscheiben, welche auf der
Kurbelwelle befestigt waren, gebremst, und zwar hingen bei der einen Scheibe 314 k
an einem Hebelarme von 1000 mm, bei der anderen Scheibe 271,5 k an einem Hebelarme
von 880 mm Länge. Unter dieser Belastung arbeitete die Maschine ohne Unterbrechung 6
Stunden 3 Minuten. Der Wasserstand war bei Ende des Versuches derselbe wie zu
Anfang. Nach dem letzten Aufwerfen von Kohle war auch der Dampfdruck noch während
der Arbeit von 6,8
auf 7 at, wie zu Anfang, gestiegen und es wurde mit diesem Zeitpunkte der Versuch
als beendet angesehen. Das Ergebniss der Probe war folgendes:
Der Gang der Maschine während der Versuchszeit war durchaus ruhig, kein
Maschinentheil lief warm. Der Regulator wirkte tadellos, die Pumpen saugten sofort
an und versagten nie.
Die Leistung der Maschine berechnet sich nach vorerwähnter Bremslast und der mittels
eines an der Kurbelwelle angebrachten Hubzählers ermittelten
Umdrehungsgeschwindigkeit von durchschnittlich 100,4 Umgängen in der Minute auf 77,5
gebremste effective .
Der Gesammtverbrauch an Speisewasser von 33°
C. betrug
3508,5 k
Der Gesammtverbrauch an Steinkohle
447,5 k
Verdampft wurden also mit 1 k Steinkohle 7,84 k
Wasser.
Für die Stunde und gebremste Pferdestärke wurden verbraucht:
Speisewasser
7,48 k
Steinkohle
0,954 k
1 qm Rostfläche verbrannte in der Stunde 101,47 k
Steinkohle.
Die verbrauchte Menge an Wasser und an Kohle war von den Vereinsingenieuren genau
ermittelt worden. Die verwendeten Steinkohlen waren bezogen von Zeche
„Ewald“; die Analyse ergab folgende Zusammensetzung: 77,91 Proc. Kohlenstoff,
5,37 Proc. Wasserstoff, 2,20 Proc. Wasser, 12,68 Proc. Sauerstoff, Schwefel u.s.w.,
1,84 Proc. Asche = 100 Proc. Der Heizwerth der Kohle berechnet sich auf 7284 Cal.
Die Ausnutzung ist sonach im Kessel etwa 67 Proc. gewesen. Dampf- und
Kohlenverbrauch der Maschine sind bei einer Leistung von 77,5 e in der Stunde und für die effective Pferdestärke
mit 7,48 k Wasser und 0,954 k Kohle sehr gering zu nennen.