Titel: | Ueber Schiffshebewerke. |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, S. 249 |
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Ueber Schiffshebewerke.Vgl. 1890 277 * 551.
Mit Abbildungen.
Ueber Schiffshebewerke.
Die erhöhte Aufmerksamkeit, welche die Binnenschifffahrt auf Flüssen und Kanälen
seitens der Regierungen erfährt, hat namentlich auch auf eine Verbesserung der
Schleusen hingewirkt. Die Schleusen, welche bekanntlich den Verkehr zwischen
ungleich hoch liegenden Wasserstrassen vermitteln sollen, sind bei grossen
Niveauunterschieden der in Frage stehenden Kanäle sehr umständlich und zeitraubend,
da zur Ueberwindung grösserer Steigungen eine entsprechend grosse Anzahl Schleusen
Verwendung finden muss. Um nun die Ueberwindung solcher Steigungen
nicht allmählich, wie es mit Schleusen nur möglich ist, sondern schnell und mit
einem Arbeitsaufwand zu ermöglichen, hat man
senkrechte Schiffshebewerke vorgeschlagen und bereits mehrfach eingeführt.
Solche senkrechten Schiffshebewerke bedingen, dass die beiden zu verbindenden
Wasserstrassen in eine senkrechte Ebene gelegt werden. Beide Strassen sind an ihren
einander zugekehrten Enden durch ein Schleusenthor verschlossen.
Das zu fördernde Schiff fährt nach Oeffnung eines dieser Thore in eine Mulde, welche
nach Schliessung des bezüglichen Thors hydraulisch in das Niveau des zweiten
Wasserweges vor das zweite Schleusenthor gehoben bezieh. gesenkt wird; das Schiff
kann dann nach Oeffnung dieses Thores in den bezüglichen Kanal einfahren.
Auf diese Weise können starke Steigungen in kurzer Zeit bewältigt werden. Mit Erfolg
sind solche Hebewerke in Belgien, Frankreich und England seit längerer Zeit schon in
Benutzung.
Nunmehr hat sich in Deutschland der Centralverein für Fluss-
und Kanalschiffahrt mit dieser Angelegenheit näher befasst, wie ein Vortrag
des Regierungsbaumeisters Petri in Glaser's Annalen, Bd. 23 Nr. 266 und 267 bekundet.
In diesem Vortrage wird namentlich der Entwurf von C.
Hoppe in Berlin eingehend gewürdigt.
Textabbildung Bd. 281, S. 250Fig. 1.Hoppe's Hebewerk für Schleusen. Das Hoppe'sche Hebewerk besteht aus zwei
beweglichen Schleusenkammern a (Fig. 1), deren jede durch zwei bis sechs Presstempel
von 2 m Durchmesser mit 35 bis 40 at Wasserdruck unterstützt wird.
Die Enden der Kammern sowie der oberen und der unteren Kanalhaltung können durch
Schützen mit Kraftwasserantrieb geschlossen werden. Die Dichtung zwischen Kammer und
Kanalende erfolgt durch Dichtungsschläuche, in denen durch Verbindung mit einem
Druckwasserbehälter innerer Druck erzielt wird.
Die Absperrung der unteren Kanalhaltung bezweckt die Vermeidung des in Anderton
bestehenden Fehlers, dass die Schleusenkammer in das Unterwasser taucht und der
Auftrieb durch Kraftwasser aus einem Kraftsammler überwunden werden muss.
Der Hub wird so bemessen, dass der Wasserspiegel der Kammer in der Endstellung oben
150 mm unter und unten 150 mm über dem Wasserstande der anschliessenden Kanalhaltung
sich befindet.
Nach der Oeffnung der Schützen findet ein Ausgleich der Wasserspiegel statt, und
können die Fahrzeuge aus- und einfahren. Die um 150 mm höhere Wasserfüllung der
oberen Kammer ergibt nun die Betriebskraft zur Ueberwindung der Stopfbüchsenreibung
und zur Erzielung einer Geschwindigkeit von 0,1 m in der Secunde. Bei einer Länge
von 72 m und einer Breite von 9 m der Kammer beträgt demnach der Wasserverbrauch für
eine Schleusung 72 × 9 × 0,15 = rund 98 cbm.
Es ist zu beachten, dass dieser Verbrauch für jede Hubhöhe derselbe ist und für die
Beförderung zweier Fahrzeuge, nämlich je eines zu Berg und zu Thal dient.
Die Dauer der Schleusung beträgt für
1) die Hubbewegung
2½
Minuten
2) Ein- und Ausfahren
12½
„
––––––––––––––––––––
insgesammt
15
Minuten.
Der Ueberdruck unter dem herabsinkenden Kolben gegenüber dem hinaufsteigenden beträgt
beim Anfange des Hubes 2,8 at. Durch den mit dem Hube veränderlichen Auftrieb der
Kolben sinkt der Ueberdruck am Ende des Hubes auf 1 at.
Die Grundbedingung für die vollkommene Betriebssicherheit des Hebewerkes ist die,
dass die beiden Kolben unter jeder Kammer ganz unabhängig von der auf jedem ruhenden
Last und der Stopfbüchsenreibung völlig gleich-massig sich heben und senken und in
jeder Stellung gleichzeitig zum Stillstand gebracht werden können.
Diese Bedingung wird durch die an C. Hoppe in Berlin
unter Nr. 42347 patentirte Steuerung für Parallelhebung mittels mehrerer
Wasserdruckpressen auf äusserst einfache und sichere Weise gelöst. Die genannte
Firma hat sich seit Jahren mit dieser Aufgabe beschäftigt und schon 1882 diese
Bauart zum Heben einer Brücke über den Louisenstädtischen Kanal in Berlin in
Vorschlag gebracht. Gegenwärtig hat sie ein Gasometerdach mittels 32 mit dieser
Steuerung versehener Cylinder gehoben. Die Steuerung ist in Fig. 1 mit b bezeichnet und in Fig. 2 in grösserem Maasstabe dargestellt.
Das gusseiserne Ventilgehäuse und mit ihm der Drehpunkt des zweiarmigen Hebels f sind zwischen den beiden Schleusenkammern unbeweglich
gelagert. Der eine Arm des Hebels f bewegt durch ein
Gestänge die Absperrschieber g g1, welche die Verbindung zwischen den vier
Presscylindern herstellen oder schliessen. Jeder Cylinder musste zwei Schieber
erhalten, da die Kammern abwechselnd sinken und steigen.
Textabbildung Bd. 281, S. 251Fig. 2.Neuerung zu Hoppe's Hebewerk. Das andere Hebelende trägt die Mutter d,
deren Schraubenspindel c (Fig.
1) mit der beweglichen Schleusenkammer verbunden ist und eine dem Hube des
Hebewerks entsprechende Länge besitzt. Bei wagerechter Lage des Hebels f sind die Absperrschieber geschlossen, und es findet
Stillstand statt. Sobald jedoch durch Drehung der Stirnräder o die Mutter auf der augenblicklich feststehenden Schraubenspindel c verschoben und der Hebel f in eine geneigte Lage gebracht wird, so öffnet einer der Schieber, und
die Schleusenkammer und damit die Spindel c bewegt
sich. Hierdurch wird die Mutter d gehoben oder gesenkt
und der Hebel f wieder wagerecht eingestellt, so dass
die Schieber absperren. In Folge dieser Differenzbewegung kann sich die
Schleusenkammer nur genau in gleicher Geschwindigkeit mit der Mutter d bewegen. Durch die Wellen h und i mit Kegelrädern sind die einzelnen
Steuervorrichtungen eines jeden der vier Cylinder zwangläufig mit einander
verbunden, so dass alle Muttern d und mit ihnen alle
Presskolben sich genau gleichmässig bewegen müssen.
Die Welle i wird von dem Maschinistenstand k aus durch einen Wasserdruckmotor bewegt. Sobald sie
bewegt wird, bewegen sich die Schleusenkammern. Bei ihrem Stillstand stehen
dieselben.
Hinter den Schiebern sind Rückschlagventile l l1 angeordnet, um ein Steuern in entgegengesetztem
Sinne zu verhüten. Von den beiden oben befindlichen Ventilen m m1 steht das eine mit der Luft, das
andere mit der Hochdruckleitung in Verbindung. Sie dienen als Sicherheit gegen zu
hohen Druck und ermöglichen die Veränderung des Inhalts der Presscylinder durch
Zuführung von Druckwasser aus einem Kraftsammler, wenn der Cylinderinhalt durch
Undichtheiten verringert ist oder eine Hubveränderung durch Schwankungen der
Kanalspiegel nothwendig wird. Ausserdem verhindern sie ein Voreilen eines Kolbens
bei groben Unregelmässigkeiten. Die Grenze, die man den Schiebern setzt, bis sie die
Hilfsventile öffnen, bildet das grösste Maass, um das die Kammern sich schief
stellen lassen und beträgt etwa 50 mm. Die Bewegung der Schieber wird auf ein
Zeigerwerk am Maschinistenstande übertragen, so dass der Führer die Bewegung regeln
und Unregelmässigkeiten sofort erkennen kann.
Der Längenausdehnung bei Temperaturänderungen wegen sind die Hauptführungen der
Schleusenkammer nur an einem Ende, nämlich in dem Portal an der oberen Kanalhaltung,
angeordnet, während das andere Portal ausschliesslich zur Seitenführung dient.
Ebenso ist auf die Längenausdehnung bei der Auflagerung der Schleusenkammern auf die
Presskolben Rücksicht genommen.
Die Presscylinder sind ähnlich wie bei dem Hebewerk in La Louvière aus 2 m langen
gusseisernen Schüssen mit warm aufgezogenen Stahlringen gebildet. Die
Verbindungsrohre der Presscylinder sind mit Gelenkflanschen versehen und so
angeordnet, dass Längenausdehnungen oder Lageveränderungen der Cylinder keine
Undichtheiten oder Rohrbrüche verursachen können.
Der Mittelpfeiler des Hauptportals ist als voller Blechpfeiler gedacht und nimmt
gleichzeitig zwei Druckwassersammler auf, welche für den Betrieb der Thorwinden, der
Steuermaschine und der Spills, sowie zur Ergänzung der Wasserfüllung der
Presscylinder nothwendig sind. Das
Pos.
Gegenstand
BetragM.
1.2.3.4.5.6.7.
Die gesammte Blecharbeit, bestehend aus den Schleusenkammern,
Portalen, Lauf- brücken u.s.w.Acht Schleusenthore mit
RahmenVier Presscylinder mit Kolben und
Aufsatz- stückenSchmiedeeiserne Träger als
CylinderunterlageVier Steuervorrichtungen nebst Antrieb
und Rohrleitungen zu den CylindernDampfmaschine mit Presspumpe
und zwei Kraftsammlern und den Rohrleitungen
im MaschinenhauseAcht Stück Wasserdruckwinden zu
den Schützen, zwei Stück Wasserdruckwinden (Spills), die
gesammte Rohrleitung dazu, Signalvorrichtungen,
Schleusendichtungen u.s.w.
4850004800054100019000970005500061000
Summa der Eisentheile
1306000
30000 cbm Erd- und Schachtarbeit zu 3 M.5000 cbm Mauerwerk zu 30
M.Maschinenhaus und Beamtenwohnungen
9000015000024000
1570000
Druckwasser wird durch eine Presspumpe erzeugt, welche durch
eine Dampfmaschine angetrieben wird.
Die Kosten belaufen sich, wie der vorstehende Ueberschlag zeigt, auf 1570000 M.
Es bleibt noch zu erwähnen, dass von einer Ausführung dieses Entwurfes gute
Ergebnisse um so mehr zu erwarten sind, nachdem ein in San Francisco angelegtes Dock
für Seeschiffe, dessen Tragkraft durch 36 mit der oben erörterten Steuerung
versehene Cylinder von 0,75 m Durchmesser gestützt wird, nach einer Mittheilung des
Centralblatt der Bauverwaltung sich gut bewährt
hat.
Das eigentlich Neue an diesem Entwurf gegenüber den bekannten Ausführungen in
Anderton, Les Fontenettes und La Louvière ist die durch die Grösse der
Schleusenkammern bedingte Unterstützung derselben durch mehrere Kolben und Parallelhebung derselben. Gegen die Sicherheit der
letzteren ist kaum von irgend einer Seite ein Bedenken erhoben worden, weil die
gelungenen Ausführungen dieser Construction, d.h. die Hebung des Gasbehälterdaches
auf der IV. Gasanstalt in Berlin mittels 32 hydraulischer Pressen und die unabhängig
davon zur Ausführung gekommene hydraulische Hebevorrichtung eines Docks in San
Francisco mit 36 Pressen keinen Zweifel aufkommen liessen. Dahingegen hat man sich
gegen die Anwendung zweier Kolben, die in dem Entwürfe gewählt waren, als der
erforderlichen Sicherheit entbehrend, gewandt.
Gegen die Berechtigung dieses Einwurfs lässt sich kaum etwas sagen, denn der Bruch
z.B. eines Cylinders dürfte dem Bauwerk wohl
verhängnissvoll werden. Da man aber bei den bestehenden hydraulischen Hebewerken
dieser Möglichkeit keine Bedeutung beigemessen hatte – denn der glückliche Ausgang
des Cylinderbruches in Anderton war nur dem Umstände zu danken, dass die
Bruchöffnung im Verhältniss zum Cylinderinhalt klein war – und da ferner auch bei
anderen Bauwerken gleiche Bedenken nicht erhoben worden, so hat man diesem Umstände
um so weniger ein Gewicht beigelegt, als es sich hier um die möglichst einfache
Darstellung des Grundgedankens handelte und es von vornherein klar war, dass durch
Anwendung mehrerer Kolben dem Einwurf Rechnung getragen werden könne. Es sei
gestattet, dies näher zu begründen. Wendet man statt eines Cylinders auf jeder Seite der Schleusenkammer deren drei an und
wählt deren Stärke so, dass bereits zwei Cylinder die Last mit der gleichen
Sicherheit tragen, wie früher der eine, so ergibt sich bei dem Bruche irgend eines
durch die Last in Anspruch genommenen Theiles noch völlige Sicherheit, selbst wenn
der Maschinist nichts merkend oder im Falle er sich entfernte, die Steuerung mittels
der hydraulischen Antriebsmaschine weiter arbeiten liesse. Bricht z.B.:
1) ein Cylinder oder ein Rohr zwischen einem Cylinder und dem zugehörigen
Schieberkasten, so strömt das Druckwasser dort aus und die Schleusenkammer sinkt,
aber nur um die Schieberöffnung der anderen Cylinder, denn die unteren Schieber g derselben schliessen sich mit der sinkenden Kammer,
während durch die oberen g1 wegen der oberen Rückflussventile l1 kein Wasser aus den intacten Cylindern entweichen
kann. Bei dem gebrochenen Cylinder ist auch der untere Schieber g geschlossen, der obere g1 aber offen, so dass der Druck aus der
gemeinschaftlichen Rohrleitung entwichen ist. Lässt der Maschinist trotz des
Unfalles die Steuerung weiter gehen, so sind zwei Fälle möglich:
a) die Kammer mit dem gebrochenen Cylinder wird auf Niedergang, die andere auf
Aufgang gesteuert. Es schliessen sich bei den Cylindern der niedergehenden Kammer,
auch bei dem gebrochenen, die oberen Schieber g1, die unteren g öffnen
sich. Der gebrochene Cylinder ist gegen die gemeinschaftliche Rohrleitung
abgeschlossen und die Kammer sinkt normal nach Maassgabe der Steuerung. Bei der
anderen Kammer beträgt die Hebung nur ⅘ der normalen, vielleicht noch weniger, wenn
der obere Schieber am gebrochenen Cylinder nicht völlig dicht ist. In Folge dessen
stellen sich die Hebel f schräge, d.h. die Schieber
gehen über ihren höchsten normalen Stand hinaus, es öffnet sich das
Accumulatorventil m, die Accumulatoren liefern zur
Innehaltung des normalen Hubes so lange Wasser, bis sie erschöpft sind. Damit hört
aber auch das Treibwasser zum Betriebe der hydraulischen Antriebsmaschine für die
Steuerung auf und es tritt Stillstand ein sowohl der Steuermaschine als auch der
Kammern.
b) Die Kammer mit dem gebrochenen Cylinder wird auf Aufgang gesteuert. Da der obere
Schieber g1 des
gebrochenen Cylinders offen bleibt, so kann das Wasser stets aus der
gemeinschaftlichen Druckleitung durch den gebrochenen Cylinder abfliessen. Die
niedergehende Kammer gehorcht der Steuerung normal, das Wasser derselben fliesst
durch den Defect ab, die andere Kammer bleibt stehen, denn die unteren Schieber g der intacten Cylinder bleiben geschlossen, die oberen
g1 bleiben offen,
wegen des oberen Rückschlagventils l1 kann aber kein Wasser aus ihnen austreten. Geht
die Steuerung noch weiter, so werden wieder die Accumulatorventile m, auch des gebrochenen Cylinders geöffnet, die
Accumulatoren erschöpfen sich, der hydraulische Druck hört auf und die
Steuermaschine sowie die Kammern bleiben stehen.
2) Es bricht die gemeinschaftliche Rohrleitung. Die abwärts gesteuerte Kammer geht
normal herab; die aufwärts gesteuerte bleibt stehen, da die unteren Schieber g und die oberen Rückschlagventile l1 geschlossen bleiben,
die Steuerung öffnet die Accumulatorventile m, der
Inhalt der Accumulatoren strömt in die Cylinder, bis er erschöpft ist, und es kommt
wieder die Steuermaschine und somit alles in Stillstand.
3) Ein Schiebergehäuse bricht. Dieses Vorkommniss fällt unter einen der beiden
vorerwähnten Fälle, je nachdem der gebrochene Theil dem Inhalte der
gemeinschaftlichen Rohrleitung, eines Cylinders, oder beider zugleich einen Ausweg
ins Freie gibt.
4) Ein oberer Schieber g1 bricht. Hierbei sind wiederum zwei Fälle möglich: a) der Durchgang des
Wassers durch den gebrochenen Schieber ist ungehindert. Es fliesst mehr Wasser in
den Cylinder unter den steigenden Kolben (beim Niedergehen des Kolbens ist die
Beschaffenheit der oberen Schieber g1 wegen des Rückschlagventils l1 gleichgültig), die
Kammer hebt sich auf diesem Ende mehr, die intacten Schieber der beiden anderen
Cylinder schliessen mehr und übernehmen die Regulirung. – b) Der gebrochene Schieber
versperrt den Durchgang des Wassers. Da dieser Cylinder kein Wasser bekommt, also
auch nicht hebend wirkt, für die beiden intacten der Druck zum Heben aber nicht
ausreicht, so bleibt die Kammer auf dieser Seite stehen. Die weitergehende Steuerung
öffnet wieder das Accumulatorventil m des nicht intacten
Cylinders, die Accumulatoren entleeren ihren Inhalt in diesen, der Druck des
Triebwassers sinkt auf den Druck, der in den Hebecylindern herrscht, und
Steuermaschine und Kammern kommen in Stillstand.
5) Ein unterer Schieber g bricht. Wegen des unteren
Rückschlagventils l kommt hier nur das Herabgehen des
betreffenden Kolbens in Betracht. Ist nun wieder a) der Durchgang des Wassers durch
den Schieber ungehindert, so tritt dasselbe ein, wie im Falle 4 a, ist b) der
Durchgang gehindert, so bleibt der betreffende Kolben stehen, die Steuerung geht
aber weiter, das Ausgangsventil m1 öffnet sich, so dass das Wasser dieses Cylinders
in das Freie abströmt. Dieser Zustand hält an bis zur Vollendung des Hubes der
niedergehenden Kammer.
6) Ein oberes Rückschlagventil l1 bricht oder bleibt hängen, der Durchgang ist
ungehindert. Nur beim Niedergang des Kolbens ist dies von Einfluss. Die Kammer sinkt
auf dieser Stelle mehr und es übernehmen die unteren Schieber der beiden intacten
Cylinder die Regulirung.
7) Ein oberes Rückschlagventil l1 geht nicht auf. Dieser Fall deckt sich mit dem 4b
erwähnten.
8) Ein unteres Rückschlagventil l bricht oder bleibt
hängen, ein Vorkommniss, welches nur beim aufgehenden Kolben von Einfluss und wie
Fall 6 zu behandeln ist. Die Kammer hebt sich auch auf diesem Ende mehr und es
übernehmen die oberen Schieber g1 der beiden intacten Cylinder die Regulirung.
9) Ein unteres Rückschlagventil l geht nicht auf. Der
Fall deckt sich mit 5 b.
Hiermit sind die tragenden Theile erschöpft, der Bruch regulirender Theile, z.B. der
Spindel c und der Hebel f,
dürfte kaum in Betracht kommen, da man Steuertheile aus praktischen Gründen nicht so
schwach ausführen kann, wie sie sich rechnungsmässig aus den auf sie wirkenden
Kräften ergeben würden. Ueberdies beträgt im normalen Betriebe der Differenzdruck in
den Schiebern nur 2 bis 3 at, während sie für den Maximaldruck von etwa 40 at
vorgesehen werden. Da sie ferner zur Revision frei und offen daliegen, so ist ein
Bedenken kaum zu erheben.
In allen erwähnten Fällen konnte sich der Maschinist an seinen Controlapparaten, d.h.
dem Zeigeapparat für die Stellung der Schieber, dem Zeigeapparat für die Stellung
der Accumulatoren und an den Manometern von der eingetretenen Unregelmässigkeit
unterrichten und die Steuermaschine anhalten, womit in allen Fällen Stillstand
eintritt.
Es sei noch des einen Falles gedacht, dass ein Schleusenthor an der Kammer bricht und
die Kammer ihr Wasser verliert. An der Hebevorrichtung geschieht in diesem Falle
nichts. Man steuert alsdann die gefüllte Kammer auf Niedergang und kann nach
vollendetem Hube den Schaden repariren.
Durch die Anwendung von mehr als einem Cylinder an jedem Ende einer jeden
Schleusenkammer wird der Wasserdruck in dem Hebewerk beim normalen Betriebe
verkleinert, gegen den Druck, für den die Cylinder construirt sind, die Sicherheit
wird also erhöht. Die einzelnen Cylinder werden ferner kleiner und bieten dadurch
für die Herstellung geringere Schwierigkeiten. Es sind das Vorzüge, die bei
Beurtheilung der finanziellen Frage ins Gewicht fallen.
Ist im Falle einer oben beschriebenen Störung ein Hubcylinder ausser Betrieb
gekommen, so ist keine zwingende Nothwendigkeit vorhanden, den Schleusenbetrieb
ausser Thätigkeit zu setzen, man kann vielmehr mit je zwei Cylindern auf jeder der
beiden Schleusenkammern den Betrieb fortsetzen und werden dabei alle Theile der
Anlage noch die übliche Sicherheit gewähren. Im Falle eines wiederholt eintretenden
Unfalls würden alsdann die Tragetheile mit dem Probedruck in Anspruch genommen
werden.
Aus diesen Auseinandersetzungen dürfte wohl hervorgehen, dass mit der Anwendung
mehrerer Cylinder die Sicherheit des Bauwerkes ausserordentlich hoch ist.
C. Hoppe hat auch ein solches Hebewerk für Seeschiffe
vorgeschlagen, welches für eine Hubhöhe von 15 m berechnet ist und gleichzeitig als
Trockendock Benutzung finden könnte.
Jede der beiden Schleusenkammern hat 95 m Länge, 12,5 m Breite, 6,5 m Tiefe und wird
von 20 Stempeln von 1,5 m Durchmesser getragen. Die Belastungen stellen sich
folgendermassen:
Wassergewicht einer Kammer,
einschließlich Betriebswasser
8400 t
Eigengewicht einer Kammer nebst Stempel
3000 t
–––––––
Summa
11400 t.
Es entspricht diese Last einer Wasserpressung von 32 at in den Hebecylindern. Diese
Hebecylinder sind paarweise unter den Schleusenkammern angeordnet. Je ein Paar hat
eine gemeinschaftliche Steuerung. Nur an den beiden Enden jeder Kammer ist zwischen
die beiden Cylinder noch je ein dritter mit einer besonderen Steuerung versehener
Cylinder gestellt, um bei Ausserbetriebstellung der äusseren die Gurtungen der
Kammern zu entlasten. Die letzteren sind als Kasten von verhältnissmässig geringer
Höhe mit äusserer und innerer Blechhaut wie die Schiffsrumpfe gebaut, hinreichend
stark gegen den Wasserdruck und auch gegen die auf ihn wirkenden Kräfte, selbst wenn
ein Cylinderpaar ausser Betrieb gestellt ist. Zwischen Aussen- und Innenhaut ist
durchweg reichlich Platz behufs Anstrich und Reparaturarbeiten.
An beiden Enden sind die Kammern durch Thore verschlossen. Nachdem in der unteren,
wie in der oberen Stellung durch Einlassen von Wasser zwischen die beiden Thore die
Entlastung derselben bewirkt ist, werden sie zusammen von dem Drehkrahn ausgehoben
und zur Seite geschwenkt. In gleicher Weise geschieht das Einsetzen derselben. Gegen
den bei aufgezogenen Thoren auftretenden Wasserdruck gegen die Kammern in der
Längenrichtung derselben, sowie gegen andere Kräfte in dieser Richtung, erhalten
dieselben eine kräftige Mittelführung in den Mittelthürmen, gegen Kräfte in der
Querrichtung, z.B. Winddruck, sind sie in den Endthürmen geführt. Die letzteren
gestatten aber die freie Ausdehnung der Kammern in der Längenrichtung, wie überhaupt
auf Wärmeausdehnung bei den hier stattfindenden grossen Abmessungen in jeder Weise
Rücksicht genommen ist.
Der Anschluss an die obere Kanalhaltung ist durch einen gemauerten, mittels
Verankerungen gegen den Wasserdruck genügend gesicherten Aquaduct gebildet, unter
dem eine, den Kanal kreuzende Strasse hindurch geführt ist. Von dieser Strasse aus
gelangt man sowohl in die beiden Hauptthüren an der oberen Haltung, in denen sich
die Amtsräume für die Schleusenbeamten, Telegraphen- bezieh. Telephonbeamten befinden,
als auch auf Treppengängen zum mittleren Theil des Hebewerks, zum oberen Krahn, zum
Steuerhäuschen und zur mittleren Laufbrücke. Selbstredend geben auch die Thore, wenn
sie eingesetzt sind, einen Verbindungsweg über die Kanalarme nach diesem mittleren
Theil.
In den oberen Theilen der Thürme stehen die Wasserreservoire, die zum Aufschwellen
der Dichtungsschläuche das Wasser liefern. In dem Steuerhäuschen steht die
hydraulische Steuermaschine; es befinden sich daselbst auch die Beobachtungsapparate
als Manometer, Zeiger für die Steuerschieber, Zeiger für den Stand des Wassers in
der oberen und unteren Haltung und schliesslich die Signalapparate für die
Verständigung des dort befindlichen Schleusenmeisters mit dem anderen Personal.
Textabbildung Bd. 281, S. 254Fig. 3.Hebewerk des Grusonwerkes. Die hydraulische Druckwasseranlage mit den Presspumpenmaschinen und
Accumulatoren zum Treiben der Spills, der Thorkrähne, zum erstmaligen Aufpumpen der
einen Kammer oder zum Höherpumpen beim Steigen des Wassers in der oberen oder in der
unteren Haltung und zum Ersatz des Leckwassers, wird neben dem Hebewerk seinen Platz
finden und ist in dem Entwurf nicht angegeben, ebenso die Pumpe zum Leerhalten der
Kammergruben.
Muss der Kanalbetrieb im Winter wegen starken Frostes ruhen, so werden beide
Schleusenkammern herabgelassen, die Kammergruben im Niveau der unteren Kanalhaltung
unter Wasser gesetzt und das Presswasser aus den über Wasser befindlichen Rohren
abgelassen. Die Steuerapparate bleiben dann behufs Revision zugänglich. Soll
hingegen bei Frostwetter der Betrieb fortbestehen, so steht dem nichts im Wege, wenn
der die Steuerapparate umgebende Schutzraum, die Rohrkanäle in den Kammergruben und
die Wasserbehälter in den Thürmen geheizt werden.
Zum Ueberwinden der Reibungen und sonstigen Widerstände, sowie des Auftriebes der
Kolben bekommt die niedergehende Kammer eine Ueberfüllung von 0,5 m.
In dem Steuerhäuschen befindet sich an der Steuermaschine der Schleusenmeister, der
die Bewegung der Kammern bewirkt. Er steht durch Signale mit den beiden Krahnführern
am Ober- und Unterhaupt in Verbindung. Durch elektrische Verriegelungen, wie die bei
den Centralweichenstellungen auf den Bahnhöfen in Anwendung gebrachten, werden
unrichtige Manipulationen verhindert.
Der Vorgang beim gleichzeitigen Durchschleusen eines zu Berg und eines zu Thal
fahrenden Schiffes würde sich in folgender Weise abspielen:
Die eine Schleusenkammer sei mit der oberen, die andere mit der unteren Haltung
verbunden, die Thore seien herausgehoben und zur Seite geschwenkt. Oben wie unten
wird je ein Schiff mit Hilfe der hydraulischen Spille und der Rollen in die Kammern
gezogen, zum Stillstande gebremst, wobei hölzerne Seitenbalken u. dgl. Querbalken am
Ende das Anfahren zu verhindern haben, und darauf in den betreffenden Kammern
befestigt. Die beiden Krahnführer setzen alsdann die vier Thore ein, haken dieselben
von den betreffenden Krähnen ab und schwenken die Krähne nach der Mitte. Hierauf
bewirken sie durch Drehen eines Handrades, das einen Steuerapparat bethätigt, dass,
in richtiger Reihenfolge, das Wasser zwischen den Thoren abgelassen und darauf das
Wasser aus den die Dichtung zwischen den Kammern und den Kanalenden herstellenden
Schläuchen herausgelassen wird. Nach Beendigung dieser Vorgänge geben sie dem
Schleusenmeister im Steuerhäuschen das Signal und riegeln damit die Steuerung der
Steuermaschine aus, so dass dieser erst nach Beendigung der beschriebenen
Operationen die Steuermaschine in Bewegung setzen kann. Es erfolgt nun nach
Verriegelung der Steuerapparate an den beiden Häuptern seitens des Schleusenmeisters
die Senkung der oberen und Hebung der unteren Kammer in 5 Minuten. 0,5 m vor
Vollendung des Hubes bleibt die Steuermaschine selbsthätig stehen, so dass der
Wasserspiegel der oberen Kammer behufs Ueberfüllung 0,5 m unter dem der oberen
Haltung steht. Der Schleusenmeister gibt jetzt nach den beiden Häuptern das Signal
und riegelt damit deren Steuerapparate aus. Darauf erfolgt Verriegelung der
Steuermaschine und Bewegung der Handräder der Steuerapparate an den Häuptern,
wodurch zuerst die Dichtungsschläuche mit Reservoirwasser und darauf der
Zwischenraum zwischen den Thoren mit Wasser aus den Haltungen gefüllt werden. Bevor
nun die Thore ausgehoben werden, öffnen sich vorher kleine Schieber in den Thoren,
welche am Oberhaupt das Einlassen, am Unterhaupt das Auslassen des Ueberfüllwassers
zum Zweck haben. Erst nach dem Herstellen gleich hoher Wasserspiegel in den Kammern
und den betreffenden Kanalhaltungen erfolgt das Ziehen und Rückwärtsschwenken der
Thore. Hiermit ist der Ausgangspunkt des Kreislaufes wieder erreicht.
Ist der Wasserspiegel in der oberen oder in der unteren oder in beiden Haltungen
gestiegen, so muss die Wasserfüllung in den Hebecylindern vermehrt werden. Um diese
zu erzielen, rückt der Schleusenmeister die Steuerwelle i der herabgehenden Kammer aus, steuert aber auf Aufgang der anderen; es
öffnen sich dann die Accumulatorventile an den Steuerschiebern der aufgehenden
Kammer und es strömt Druckwasser aus den Accumulatoren bezieh. den Presspumpen in
die Hebecylinder und es heben sich diese. Man fährt damit so lange fort, bis die
obere Kammer ihren richtigen Stand erreicht hat, alsdann kuppelt man die andere
Welle wieder ein. In gleicher Weise verfährt man beim Sinken der Wasserspiegel: Die
Welle der aufgehenden Kammer wird abgekuppelt und die andere auf Hinabgehen
gesteuert, es öffnen sich dann die Auslassventile und es fliesst Wasser aus allen
Cylindern heraus.
Die Zeitdauer der Durchschleusung eines zu Berg und eines zu Thal fahrenden Schiffes
ist auf 40 Minuten anzunehmen.
Bei dem in Fig. 3 und 4
dargestellten Hebewerke des Grusonwerkes in
Magdeburg-Buckau ist von einer Hebung durch hydraulische Pumpen Abstand genommen zu
Gunsten einer Benutzung des Auftriebes des Wassers als bewegende beziehungsweise
hebende Kraft.
Textabbildung Bd. 281, S. 255Fig. 4.Hebewerk von Gruson. Die Schleusenkammer a (Fig. 3 und 4) wird hier
in Führungen c geführt und durch 27 Säulen mittels
zweier Hohlcylinder b getragen, welche in einer aus dem
Längsschnitt und Querschnitt ersichtlichen, mit Wasser gefüllten Grube schwimmen.
Der Auftrieb dieser Hohlcylinder ist so gross, dass die Schleusenkammer dadurch in
der Schwebe gehalten wird. Soll die oben stehende Kammer gesenkt werden, so wird die
Wasserfüllung derselben erhöht, so dass hier ein Uebergewicht entsteht, welches die
Kammer nebst den Cylindern b b sinken macht.
Vier in den Führungen c angeordnete Wasserdruckcylinder
d, deren Kolben mit der Schleusenkammer fest
verbunden sind, regeln die Bewegung. Die Räume oberhalb und unterhalb der Kolben
sind mit Wasser gefüllt und durch eine Rohrleitung verbunden, in welche eine
Steuerungsvorrichtung eingeschaltet ist. Mittels derselben kann die Oeffnung, durch
welche das durch die Bewegung des Kolbens verdrängte Wasser treten muss, verändert
werden; auf diese Weise ist es möglich, die Bewegung der Kolben und damit zugleich
auch der Schleusenkammer zu reguliren bezieh. gänzlich zu unterbrechen.
Zur Sicherung der wagerechten Lage während der Bewegung dienen straff gespannte
Drahtseile, welche über je vier, zu beiden Seiten der Schleusenkammer an den
Pfeilern angebrachte Rollen e laufen. Die Kammer ist an
den in gleicher Höhe liegenden Punkten f an den
senkrechten Seilsträngen befestigt, so dass, wenn das eine Ende der Kammer
vorzueilen strebt, das andere durch das Seil nachgezogen wird.
Die Steuerung wird vom Steuerhäuschen g aus bewirkt,
welches auf der Schleusenkammer angeordnet ist. Sicherheits- und Rückschlagventile
sind zwecks Verhütung von Verkehrsstörungen angebracht.