Titel: | Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen. |
Autor: | Leo |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 13 |
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Der Roheisenerzprocess im basischen
Martinofen.Unter Anlehnung an: Examen du Procédé L.
Imperatori... par Cyriaque Helson,
ingénieur metallurgiste, und Note sur le Procédé au
minerai ou „Ore Process“ etc.; par M. A.
Pourcel (Mémoires et compte rendu des travaux de la Soc. des Ingén.
Civ., Mai 1891).
Von Dr. Leo.
Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen.
Man erzeugt Stahl im Siemens-Martinofen indem man Schweisseisen- oder Stahlschrott im
Roheisenbade auflöst: dieses Verfahren ist als „Schrottprocess“ bekannt.
Der Siemens-Martinofen ist in Folge dieses Verfahrens zur Zeit der geeignetste
Apparat für die Verwerthung von Schrott, und die vorzüglichen Resultate, die man mit
ihm in Rücksicht auf die Qualität des Productes erzielt, regten und regen noch heute
zur steten und gewaltigen Verbreitung des in ihm zu bethätigenden Processes lebhaft
an. Zudem hat der Martinstahl nach Einführung des Ferrosiliciums in die
Stahlfabrikation den Tiegelstahl aus der Erzeugung von Stahlguss fast ganz
verdrängt.
Das Ausbreitungsfeld wird dem „Schrottprocesse“ aber vielfach durch
ökonomische Rücksichten verengt – er
setzt zum finanziellen Gedeihen die Möglichkeit voraus, zu erträglichen Preisen
die erforderliche, nicht kleine Menge brauchbaren Schrotts beschaffen und unter
gleicher Bedingung über ein möglichst phosphorarmes Roheisen verfügen zu können.
Die erstere Bedingung wird mehr oder weniger durch eine Modifikation des Verfahrens
selbst zur Seite geschoben und in ihrer beschränkenden Wirkung entkräftet; man kann
auch Stahl erzeugen indem man das anfänglich nur aus Roheisen erschmolzene Metallbad
durch Zusatz von Eisenerz allmählich entkohlt.
Diese Modifikation ist der „Erzprocess.“
Beide Stahlerzeugungsarten an sich verdanken ihre Erfindung Réaumur; seit langen Jahren fanden sie Anwendung bei der
Tiegelstahlfabrikation, ihre ganze Bedeutung für die einschlägige Industrie aber
erhielten sie erst an dem Tage, an welchem das Regenerativsystem Siemens' ihre Anwendung im Herdofen möglich machte, der
eine Massenproduction gestattet und heute Stahlbäder im Gewichte von 30 und mehr
Tonnen fasst.
Manches Werk, bei dessen ursprünglicher Anlage nur eine beschränkte Production in
Aussicht genommen werden konnte, hat später den Martinprocess aufgenommen und ist
damit in die Reihe der Massenproducenten eingetreten, deren Zahl, nachdem man
weiterhin durch die Annahme einer abermaligen Modifikation des Processes und deren
allmähliche technische Vervollkommnung, des „basischen“ Verfahrens, auch der
bis dahin vorausgesetzten unumgänglichen Verfügbarkeit phosphorarmen Roheisens
enthoben war, ein rapides Anwachsen erfährt und noch weiterhin erfahren wird, seit
durch die jüngsten technischen Errungenschaften nun auch der hindernde
Schwefelgehalt des Roheisens für sie der Vergangenheit angehören kann.
Das Siemens'sche Regenerativsystem wurde zuerst bei
Gusstahltiegelöfen in Anwendung gebracht – 1862 waren Modelle desselben in London
ausgestellt –; es kam aber dann schnell und früher zu allgemeinerer Benutzung in
England bei den Wärmöfen für Bessemerblöcke, als zur Massenerzeugung von Stahl im
Herdofen, dessen Prototype den Gebr. Martin zu
verdanken ist.
Der Martinofen, heute dank seiner Verbindung mit Siemens' Wärmespeichern vorzugsweise Siemens-Martinofen genannt, zuerst in
Sireuil in Erscheinung getreten, fand zunächst seine Wiederholung zu Firminy.
Siemens stellte seine Versuche, Stahl zu erzeugen indem
er ein reiches Eisenerz, sei es im rohen Zustande, sei es mehr oder weniger
reducirt, auf flüssiges Roheisen reagiren Hess, in England an; es war dies ein
Problem, dessen Lösung praktische Schwierigkeiten bot, die nur nach langen und
zahlreichen Versuchen überwindbar waren.
Während – 1862 und später – die Lösung des Problems in Sireuil und Firminy gesucht
wurde, nahm Mr. Attwood, Turhoë, Durham, ein Patent auf
Stahlerzeugung durch Schmelzen einer Mischung von Schweisseisen (Schrott) und
Spiegeleisen im Flammofen, zu welchem Siemens den
Entwurf lieferte. Mr. Attwood modificirte bei
Errichtung des Ofens zu Wolsingham den Bauplan, man weiss nicht in welchem Sinne,
immerhin aber so, dass er gegen jede Inanspruchnahme seitens Siemens sich schützte. Man kennt den Zeitpunkt nicht genau, zu weichern
Mr. Attwood Herdstahl zu erzeugen begann, aber schon
1864 hatte er sechs kleine Oefen zu Chargen von 500 bis 1000 k mit der
Erzeugung von Gruben- und Eisenbahnmaterial aus Gussstahl im Gange; abgesehen
von der Disposition der Kanäle waren es Siemensöfen en miniature.
Es ist somit wahrscheinlich, dass die Herd Stahlerzeugung im Schrottprocesse nahezu
gleichzeitig in Frankreich und in England eingeführt wurde; auf alle Fälle aber war
es der Schrottprocess, mit dem man 1868 in den Werken zu Crewe – Great Western Eisenbahngesellschaft – und in den Werken
zu Newport bei Middlesborough die Stahlerzeugung aufnahm.
Der Erfolg des Martin Verfahrens in Frankreich hatte die Aufmerksamkeit der
englischen Hüttenleute erregt, die, trotz hohem Interesse für die Versuche Siemens, den Roheisenschrottprocess anzuwenden
begannen, abwartend, dass das Erzverfahren erst seine Probe bestanden habe; seiner
schnelleren Einführung und Verbreitung aber stand namentlich der Umstand hindernd
entgegen, dass der Herd des Ofens sehr schnell der zerstörenden Einwirkung des
Eisenoxyds unterlag. Wurde auch diesem Uebelstande später mit Abkühlung von
Bodenplatte und Peripherie des' Arbeitsraumes durch Wasserberieselung abzuhelfen
versucht, so hielt man es doch selbst im Kohlenlande nicht für vortheilhaft, ein
Kühlsystern energisch gerade bei einer Partie des Ofens anzuwenden, wo die Hitze bei
normalem Gange genügend zu concentriren so schwer ist.
Erst nach wiederholten Versuchen in verschiedenen Hütten West- und Südwestenglands in
provisorisch in Schmelzöfen umgewandelten, mit regenerativer Feuerung versehenen
Puddel- und Schweissöfen und namentlich erst nachdem in der Versuchshütte zu
Birmingham für den Grossbetrieb brauchbare Resultate 1868 erreicht worden waren,
legte Siemens die Hütte der Landore Siemens Steel Company nahe bei Swansea in Wales an; sie eröffnete
1869 mit neun 7- bis Stonnigen Oefen den Betrieb. Im J. 1875 folgte, von Landore nur
durch den Fluss Towe getrennt, eine zweite Werksanlage mit 16 gleich grossen
Oefen.
Der Erzprocess in strenger Form wurde im normalen Betriebe in England bis jetzt
nirgends, selbst in Landore nicht, durchgeführt; im Allgemeinen setzt man die Charge
aus ¾ bis ⅘ Roheisen und 1/4 bis ⅕ Stahlschrott zusammen, schmelzt ein und frischt
das Bad durch Zusatz reichen Eisenerzes zum Belaufe von 18 bis 25 Proc. vom Gewichte
des Roheisens.
In Landore soll 1876 die normale Charge zusammengesetzt gewesen sein aus 6 t Roheisen
Nr. 2 und 1,250 t Stahlschrott: dem Bade fügte man zur Entkohlung grossstückiges
blaues Moctaerz in auf 1 bis 1,2 t geschätztem Gewichte zu. Thatsächlich aber ist
der Chargenantheil an Schrott ganz bedeutend grösser gewesen, denn nach den
Betriebsnotizbüchern der Werkmeister enthielten die Chargen meist 5 t Roheisen und
3,0 bis 3,5 t Schrott, zu deren endlicher Entkohlung nur 0,5 bis 0,6 t Moctaerz
gegeben wurden; die Chargendauer betrug dabei, je nach dem Zustande des Ofens, 12
bis 15 Stunden.
Der Process war also in Landore damals ein Mittelding zwischen Schrott- und
Erzprocess, und er wurde noch 1880 charakterisirt durch eine Chargenzusammensetzung
aus 70 Proc. Roheisen Nr. 2, 22 Proc. Stahlschrott, 8 Proc. Spiegeleisen mit 20
Proc. Mn und 20 Proc. vom Roheisengewichte reiche Erze von Mocta, Marbella oder
Elba.
Im J. 1876 erzeugte man in Dowlais Blöcke zu Schienen mit einer
Chargenzusammensetzung, die dem Roheisenerzprocesse
näher kommt; im Siebentonnenofen setzte man 6,5 t Roheisen sammt den nicht
gewogenen Abfällen der vorhergegangenen Arbeit – geschätzt auf etwa 5 Proc. vom
Roheisengewichte – und entkohlte das Bad mit 1,7 bis 1,8 t Moctaerzen.
In Hallside wurden 1877 zur Wochen arbeit von zwölf 5 bis 7 t fassenden Oefen in 128
Chargen verbraucht:
Roheisen Nr. 2Brucheisen
683,40 t 64,20 t
747,60 t
StahlschrottPfannenschalen, Stahl-
142,35 t 13,55 t
155,90 t
Erz
222,30 t
Spiegeleisen mit 20 Proc. MnFerromangan mit 50 Proc.
Mn
21,75 t 6,30 t
8 t Mn
––––––––
Total
1153,85 t.
Die Chargen bestanden durchschnittlich aus 83 Proc. Roheisen und 17 Proc.
Stahlschrott und erforderten zu ihrer Entkohlung gegen 30 Proc. vom Gewichte des
anfänglichen Roheisen Erz – Cumberland-, Marbellaerze und Hammerschlacke.
Zehn Jahre später, 1887, chargiren die Barrow Steel
Company und die Werke zu Consett bei Newcastle ⅔ Roheisen Nr. 2 und ⅓
Stahlschrott und entkohlen mit ⅕ vom Roheisengewichte Erz von Cumberland bezieh. von
Elba. Heute ist das Metallbad der 25 t fassenden Oefen zu Consett aus 20 t Roheisen
Nr. 2 und 5 t Stahlschrott eingeschmolzen und zu seiner Entkohlung werden 3,5 t
Elbaerze erfordert.
Das von Siemens vor mehr als 20 Jahren eingeführte
Arbeitsverfahren ist bis heute unverändert dasselbe geblieben, und dasjenige,
welches man damals in Landore einhielt, hat sich, nahezu identisch mit dem
ursprünglichen, überall in England und Schottland eingeführt; die Oefen sind der
Form nach modificirt und ihre Fassungsfähigkeit ist gewaltig vergrössert worden,
aber die Arbeitsweise ist beinahe unverändert geblieben.
Roheisen, Schrott und Erz gelangen kalt in den Ofen, das erstere, zu handlichen
Stücken geschlafen, wird in den Ofen mehr geworfen als systematisch gelegt; gewandte
Leute – drei Mann chargiren – tragen das Roheisen der Charge innerhalb 4 Minuten
ein; ihm folgt der Schrott, dessen schwerste Stücke ihren Platz zunächst den
Ofenköpfen erhalten. Gas- und Luftventile sind so regulirt, dass während der ganzen
Einsatz- und Schmelzzeit die Flamme russig und kohlend bleibt und den geringst
möglichen Abbrand veranlasst.
Es wird durchaus eine wirkliche Behändigkeit dazu erfordert, das Einschmelzen des
Schrottes zu beschleunigen, dessen einzelne Stücke thatsächlich nur langsam ins
Glühen kommen, einmal warm aber schnell in der russigen Flamme eingehen; bei der
unvollkommenen Verbrennung entweicht natürlich eine ansehnliche Gasmenge ungenützt.
Hat nach Verlauf von 3 bis 4 Stunden nach vollendetem Eintrag der Charge die
Schmelzung stattgefunden, so werden die Ventile umgestellt, wird klare Flamme
erzielt, das Bad nimmt hohe Temperatur an, die Schlacke muss flüssig werden, zu
feiner Haut ausgegossen und erstarrt durchscheinend sein, bevor das erste Erz zur
Entkohlung in Stücken und in Posten von 50 bis 200 k eingetragen wird. An allen
Punkten der Badoberfläche statthabendes Aufkochen, veranlasst durch den Contact des
Erzes mit dem geschmolzenen Metall, zeigt an, dass dessen vorläufig eine genügende
Menge zum Eintrag gelangte; für ein 25tonniges Bad wiegen die partiellen
Erzchargen 200 k und mehr. Der Erzzusatz wird wiederholt, sobald das Kochen des
Bades nachlässt und die Schlacke nicht mehr durch zahlreiche Blasen von
Kohlenoxydgas gehoben wird, welches ihre Oberfläche als kleine bläuliche Flämmchen
bedeckt; nach mehrfach wiederholtem Erzzusatz deutet die gleiche Erscheinung ein
Herannahen des Endes der Entkohlung an und veranlasst zur Probenahme. Am Korne des
Bruchs und an der Zerbrechlichkeit der in Wasser abgekühlten Metallprobe wird der
Fortschritt der Operation beurtheilt; wird das Metall dann als gussfertig erachtet,
so wird das für nöthig gehaltene, vorher auf Rothglut gebrachte Spiegeleisen
zugesetzt; der Zusatz von Ferromangan erfolgt in die Abstichrinne oder in die
Gusspfanne selbst in Stücken von Nussgrösse und ebenfalls vorher erhitzt.
Ist das Metall weich und auf 0,20 Proc. C oder mehr herabgebracht, so wird nochmals
kurz vor dem Abstiche ein leichtes Aufwallen im Bade mittels Einwerfens einiger
kalter Stücke Hämatit veranlasst und dann noch zur Aus: gleichung der Temperatur die Masse des Bades selbst umgerührt, wobei das
minder warme Metall vom Boden an die Oberfläche gebracht wird; der dazu benützte
Eisenrundstab von 15 bis 20 mm Stärke muss, während einiger Augenblicke in die
tiefste Partie des Bades eingeführt, zur Hälfte abgeschmolzen herausgezogen
werden.
Die ganze Dauer einer Charge betrug beispielsweise zu Dowlais 1876 10 Stunden 20
Minuten; man chargirte 6600 k Roheisen und etwa 400 k Bruch von der vorhergegangenen
Arbeit, entkohlte das Metallbad mit 1800 k Moctaerzen und kohlte es wieder auf mit
520 k Spiegeleisen, welches 14 Proc. Mn enthielt.
Der Verlauf der Arbeit war folgender: Um 11 Uhr 40 Minuten Morgens: Beginn des
Eintragens von Roheisen und Bruch; beendet 12 Uhr 10 Minuten Mittags. Das
Einschmelzen ist völlig erfolgt um 3 Uhr 30 Minuten Nachmittags, 3 Uhr 45 Minuten
erster Erzzusatz, derselbe wird von Viertelstunde zu Viertelstunde mit je 10 bis 12
Schaufeln fortgesetzt bis 9 Uhr 15 Minuten Abends. Probenahme, die 0,25 bis 0,30
Kohlenstoff ergibt. 9 Uhr 40 Minuten Spiegeleisenzusatz; 10 Uhr Abstich. Dauer des
Einschmelzens 3 Stunden 35 Minuten, der Entkohlung 5 Stunden 30 Minuten.
Mit der Vermehrung der Martinöfen ist, wenigstens für die continentalen Werke,
allmählich die Beschaffung des erforderlichen guten Schrottes erschwert und fühlbar
vertheuert worden und es darf deshalb nicht Wunder nehmen, wenn immer und immer von
neuem die Durchführung des Erzprocesses zur Berathung gestellt wird. Roheisen, Erz
und Kohlen sind Materialien, deren Beschaffung jederzeit und zu annehmbaren Preisen
ausführbar bleibt; man kann in Folge dessen behaupten, dass unter allen bisher
praktisch durchgeführten Processen im Martinofen, um grosse Productionen zu
erreichen, dem Erzprocesse auf basischem Herde der
Vorzug nicht abgesprochen werden kann.
Unter denjenigen Technikern, welche für diesen Gedanken eingetreten sind, hat
Ingenieur M. L. Imperatori eine Reihe von Versuchen zur
Durchführung des Erzprocesses angestellt; die Erfahrungen, welche er dabei zu
sammeln Gelegenheit hatte, dienen dem Nachfolgenden zur Unterlage.
Er pulverte Eisenerz und Kohle aufs feinste und
mischte sie in solchem Verhältnisse zu einander, dass das Erz durch die Kohle
zu Eisen reducirt werden kann, ohne in Roheisen
umgewandelt zu werden. Das zweckmässige Verhältniss wurde für reiche Erze,
wie die von Elba, zu 22 bis 25 Proc. gepulvertem Koks bezieh. 26 bis 35 Proc. einer
möglichst guten Kokskohle auf 100 Erze gefunden; die Mischung aus beiden wird sofort
mit Wasser angefeuchtet, bis zur Consistenz von Hand oder mit Maschine geknetet und
zu Ziegeln im Gewichte von 20 bis 30 k mit der Hand, mit Hilfe hydraulischer Pressen
oder mit Dampfmaschinen, wie sie zur Fabrikation von Kohlenbriquettes oder zur
Herstellung von basischen Steinen benutzt werden, in Formen gebracht.
Die Consistenz dieser Erzkohlenziegel ist um so grösser, einen je stärkeren Druck man
dazu anwendet; sie nehmen durch das Trocknen eine gewisse Festigkeit an, die durch
die mehr oder weniger vollständige Umwandlung des Eisenerzes aus dem Stande eines
Sesquioxyds in das Hydroxyd Fe2O33H2O, welches dann
wie Cement bindet, begründet wird.
Es handelt sich dabei ausschliesslich um reiche Erze, die möglichst arm an Kieselerde
und Kalk sind, geröstet aber um Spathe und Hydrate; ihr Gehalt soll niemals geringer
als 50 Proc. sein. Die Zumischung von Kalk in kleinen Stücken zur Ziegelmasse und in
solcher Menge, dass er sich mit dem Kiesel des Erzes zu einer Singulo- oder
Bisilicatschlacke verbindet, wird die Schmelzung der Ziegel auf dem Herde des Ofens
in erwünschter Weise unterstützen.
Die Ziegel trocknen an der Luft und unter Bedachung in 7 bis 8 Tagen; hierauf in die
Nähe der Oefen gebracht, werden sie durch die strahlende Hitze derselben in kurzer
Zeit vollständig ausdörren. Im Allgemeinen werden sie auf dem Herde des Ofens nicht
allein geschmolzen, denn die Gegenwart eines Eisenbades scheint einen günstigen
Einfluss zu üben und die Zerstörung des Herdes zu verhindern oder wenigstens zu
vermindern.
Man kann auch Chargen von Roheisen, Erzziegeln und Schrott gemischt verarbeiten; in
diesem Falle hält man folgendes Verfahren ein: man setzt das Roheisen eben auf dem
Herde des Ofens auf und unmittelbar auf dasselbe eine Lage Erzziegel, jeder im
Gewichte von 20 bis 30 k. Das Eintragen eines grossen Quantums dieses Materials geht
so schnell von statten, wie eine gewöhnliche Charge von Roheisen und grobem Schrott.
Die Ziegel werden Seite an Seite gelegt bis sie das ganze Roheisen überdecken; auf
sie kann man Schrott setzen. Nach etwa 1 Stunde ist alles geschmolzen und man trägt
nun in dieses Bad Mengen von 30 bis 40 Ziegeln auf einmal und in Zwischenräumen von
12 bis 15 Minuten wiederholt ein.
Das Bad arbeitet; zahlreiche blaue Flammen dringen durch die dasselbe bedeckende
Schlacke; diese verliert allmählich ihre schwarze Farbe und färbt sich hellgrün, wie
gare Hochofenschlacke.
Die Schlacke enthält nur weniges Eisen; selten erfordert das Weichmachen des Bades
noch ferneren Zusatz von Erz. Man erreicht dies Resultat, indem man den Kohlenstoff
der Erzziegel niedriger und in solchem Verhältnisse hält, dass er bei geringem
Ueberschuss an Oxyd wohl Eisen, aber niemals gekohltes Eisen gibt. Der Ueberschuss
an Oxyd wirkt entkohlend auf das Eisen. Das vollkommen entkohlte Bad ist so heiss,
dass es das Ende einer eisernen Stange, welche man in das Bad hält und nur
wenige Secunden davon beeinflussen lässt, wegschmilzt; man hat dann allein nöthig,
die gewöhnlichen Zusätze von Ferrosilicium und Ferromangan zu geben, um Stahl zu
erhalten, worauf man zum Abstiche schreiten kann.
Vorstehendes ist eine summarische Beschreibung des Verfahrens, wie es heute
gehandhabt wird; die dasselbe charakterisirende Einfachheit, natürlich nicht auf den
ersten Griff erreicht, ist das Ergebniss einer Reihe von Versuchen und dabei
gemachten Erfahrungen, die Zeit und Mühe kosteten, und die mit nachstehend
beschriebener Hitze ihren Anfang nahm.
Erste Versuchscharge.
Zur Anfertigung der Erzkohlenziegel wurde eine Form hergestellt in Gestalt eines
abgestumpften Kegels, oben 0,25 m, unten 0,26 m im Durchmesser und 0,25 m hoch.
Um das Volumenverhältniss zwischen Erz und der erforderlichen Steinkohle zur
Anfertigung von Ziegeln in den vorher angegebenen Dimensionen bei einem
Gewichtsverhältnisse von 35 Kohle und 100 Erz bestimmen zu können, wurde das
specifische Gewicht beider Substanzen ermittelt, dasselbe ergab sich für das Erz zu
2,87 und für die Kohle zu 0,57. Daraus resultirte:
Kohle
7,05 k
– Volum
11,820
Elbaerz
20,10 k
– „
7,000
Kalkmilch zu 10 Proc.
– 4 l.
Diese Volumina wurden in Kasten abgemessen, in denen alsdann drei bis vier Ziegel auf
einmal fertig gemacht wurden. Kohle und Erz innig mit einander gemischt, mit der
Kalkmilch zu Teig angemacht, wurde in die mit Erdöl ausgestrichene Form gebracht und
mit eisernen Stampfern über einer Eisenblechplatte festgeschlagen, welche weiter als
Unterlage beim Trocknen dient. Aus der Form genommen behielten die Ziegel ihre Form
gut bei.
Auf diese Weise wurden aus 1050 k Erz, 380 k Steinkohlenpulver und 25 k Kalk in
Gestalt von Kalkmilch 62 Erzkohlenziegel hergestellt, 10 Tage hindurch an der Luft
und 24 Stunden lang an Ofenhitze getrocknet. Die zur Verwendung gekommene Kohle war
Kesselkohle minderer Qualität und enthielt etwa 9 Proc. Asche mit 2 Proc.
Schwefel.
Die leitende Idee bei Zusammenstellung der Charge war folgende: Man weiss, dass etwa
30 Proc. des durch die Oefen producirten Stahles zu denselben Oefen als Schrott in
Form von Abfällen und Ausschuss – Schienenenden, verbrannte Stäbe, fehlerhafte
Blöcke, Kappen, Eingüsse, Schalen u.s.w. – zurückkehren; um die Charge zu
vervollständigen, ist es also nöthig, noch für 70 Proc. metall. Material zu sorgen.
Gewöhnlich nimmt man 35 bis 40 Proc. Roheisen in die Charge und bleiben noch 35 bis
30 Proc. anders zu beschaffendes Metall übrig; dies Quantum soll durch das Eisen aus
den Erzkohlenziegeln ersetzt bezieh. beigestellt werden. Hiernach war die Charge
zusammenzustellen aus: 800 k Roheisen, 1050 k Erz mit 60 Proc. = 630 k Eisen und 800
k Abfällen und Schrott.
Es wurden auf den Herd des Ofens 800 k graues Roheisen von Bilbao und darauf die
gefertigten 62 Erzkohlenziegel gesetzt, von denen beim Eintragen nur einer zerbrach:
die Festigkeit der Ziegel war somit befriedigend,
sie waren so heiss, dass sie kaum mit der Hand aufgenommen werden konnten.
Diese Ofenbeschickung wurde innerhalb 20 Minuten zur Ausführung gebracht.
Aus den Erzkohlenziegeln, welche auch im Ofen nicht zerfielen, traten zahlreiche
kleine Gasflammen hervor. Die Ziegel waren nicht auf dem Herde ausgebreitet, wie es
gewöhnlich mit dem Schrott geschieht.
(Fortsetzung folgt.)