Titel: | Lüftungsanlagen im Anschlusse an die gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser letzteren. |
Autor: | F. H. Haase |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 31 |
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Lüftungsanlagen im Anschlusse an die
gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser
letzteren.
(Eine Artikelfolge von F.
H. Haase, gepr. Civilingenieur, Patentanwalt in Berlin.)
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 280 S.
268.)
Lüftungsanlagen im Anschlusse an die gebräuchlichen
Heizungssysteme.
VIII. Wirkung der Druckluft bei Lüftungsanlagen.
Ich habe mich bemüht zu ergründen, warum so sehr viele Lüftungsanlagen die wenig
angenehme Eigenschaft zeigen, dass, sobald eine Thür oder ein Fenster eines
gelüfteten Raumes geöffnet wird, ein empfindlicher Luftzug in demselben bemerkbar
wird.
Bei Zuglüftungsanlagen ist diese Erscheinung leicht erklärlich, weil wir wissen, dass
die Wirkung der saugenden Vorrichtungen sich naturgemäss an denjenigen Stellen der
Raumbegrenzung am meisten bemerkbar macht, an welchen der Herbeiströmung der
Aussenluft der geringste Widerstand entgegenwirkt. Diese Erkenntniss bietet uns die
Möglichkeit, Anordnungen zu ermitteln, welche – wenn auch nicht in jedem Falle, so
doch in sehr vielen Fällen – der Entstehung unangenehmen Luftzuges innerhalb
gewisser Grenzen vorzubeugen geeignet sind.
Bei Drucklüftungsanlagen aber ist die Ursache der Entstehung eines empfindlichen
Luftzuges beim Oeffnen einer Thür oder eines Fensters weniger leicht zu übersehen
und folgerichtig auch die Wahl der geeignetsten Gegenmittel schwieriger zu
treffen.
Das zumeist angewendete Mittel, häufig zu öffnende Thüren durch Vorbauten mit
besonderem, ja sogar mit doppeltem und selbst mit dreifachem verschliessbaren
Durchgang zu verdecken, erweist sich nicht immer als ausreichend, und zwar ganz
besonders dann nicht, wenn der durch eine solche Thür erfolgende Verkehr ein so
reger ist, dass sämmtliche Schutzdurchgänge ihres Vorbaues mit ihr selbst
gleichzeitig seitens des ein und aus gehenden Publikums offen gehalten werden, von
welchem übrigens eine mehrfache Thürverdeckung oft als eine sehr unbequeme
Schutzvorrichtung empfunden wird. Zudem aber kann deren Wirkung ja auch nur an
denjenigen Thüren zur Geltung kommen, an welchen sie überhaupt vorgesehen ist und
dies pflegt im Allgemeinen nur bei solchen Thüren der Fall zu sein, welche die
Raumluft von der reineren Aussenluft abschliessen,
während ungelüftete Seitenräume, wie Küchen, Aborte u. dgl., in welchen vielleicht
zum Zwecke einer fast wirkungslosen Scheinlüftung ein Fenster geöffnet ist, nur
durch einfache Thüren von einem oft mit hohen Kosten mit Lüftungseinrichtung
ausgestatteten Raume getrennt sind.
Auf diesen letzteren Umstand wird selbst bei Zuglüftungsanlagen in der Regel nicht
Rücksicht genommen, bei Drucklüftungsanlagen aber erwartet man, dass die eingeführte
Druckluft das Eindringen schlechter Luft aus Nebenräumen immer verhindere. Hier
liegt eben gerade der Uebelstand; man ist noch heute, trotzdem man so viele Beweise
des Gegentheils kennt, durchgängig der Meinung, dass man nur Luft unter Druck in
einen Raum einzuführen brauche, um die Zuströmung unerwünschter Aussenluft zu
verhindern, und da, wo man eine gegentheilige Beobachtung macht, pflegt man eben nur
von ungenügender Ausführung der Lüftungsanlage zu sprechen. Wohl ist in solchem
Falle die Ausführung eine ungenügende, aber sehr häufig ist die also abfällig
beurtheilte Ausführung anscheinend ganz getreu proportional einer anderen Ausführung
nachgebaut, welche sich sehr gut bewährt hat. Wo liegt also der Fehler?
Gewiss ist die Lage der Zuströmungs- und der Abströmungsöffnungen nicht ohne
wesentliche Bedeutung, diese Lage kann aber nach allen Lehren der Erfahrung sehr
zweckmässig gewählt und die Anlage dennoch eine fehlerhafte sein.
Es wurde bereits unter VI. darauf hingewiesen, dass Druckluft, welche eine höhere
Temperatur hat als der zu lüftende Raum, unter Umständen auf die Mauern,
Mauerspalten und die zufälligen Oeffnungen dieses Raumes einen saugenden Einfluss
ausüben kann. Es wurde gelegentlich dieser Erwägung, da es sich dabei nur um
Bestimmung des erforderlichen Luftwechsels handelte, auf eine etwaige Verdichtung
der zuströmenden Frischluftmenge auf ihrem Wege bis zum Raume keine Rücksicht
genommen, was vielleicht im ersten Augenblicke nicht hinreichend correct erscheinen
mag; man wird sich indessen auf Grund der folgenden Betrachtungen überzeugen, dass
dabei Vernachlässigungen in der That nicht begangen wurden.
Jedenfalls übersieht man ohne weiteres, dass so lange ausser den für die Lüftung
vorgesehenen Oeffnungen keine anderen Mauerdurchbrechungen geöffnet werden, die
Wirkung der Druckluft auf die Mauern, Thür- und Fensterspalten wesentlich von dem
Verhältnisse der einströmenden Druckluftgewichtsmenge zu der durch die vorgesehenen
Abströmungsöffnungen abströmenden Luftgewichtsmenge, bezieh. von dem Verhältnisse
der Dichtigkeit der zuströmenden Luft zu derjenigen der Raumluft abhängt.
Ist allgemein pα
der bestehende atmosphärische Druck, γα die Dichtigkeit und tα die
Temperatur der Aussenluft, p1 der absolute Druck, unter welchem die Frischluft in den zu lüftenden
Raum einströmt, γ1 die
Dichtigkeit und t1 die
Temperatur, welche sie dabei besitzt, und γ2 die Dichtigkeit der Raumluft bei der Temperatur
t2, so ist:
a) Wenn die Verdichtung der Luft und ihre allmähliche Dichtigkeitsveränderung im
Zuströmungskanale ohne Wärmeentziehung und ohne Wärmeaufnahme stattfindet und unter
dieser Voraussetzung die sich für γ1 und t1 ergebenden Werthe mit γ1° und t1° bezeichnet werden, nach den Lehren der
mechanischen Wärmetheorie:
\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_a}=\left(\frac{p_1}{p_a}\right)^{0,71}\mbox{
und}
\frac{1+0,00367\,{t_1}^0}{1+0,00367\,t_a}=\left(\frac{p_1}{p_a}\right)^{0,29}
Da nun aber die Raumluft selbst dem Drucke unterliegt, unter welchem die Druckluft in
den Raum einströmt, so ist nach dem Mariotte-Gaylussac'schen Gesetz:
\frac{\gamma_2}{\gamma_a}=\frac{p_1}{p_a}\,.\,\frac{1+0,00367\,t_a}{1+0,00367\,t_2}
Dividirt man diesen Ausdruck in den für
\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_a} aufgestellten, so erhält
man:
\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_2}=\left(\frac{p_a}{p_1}\right)^{0,29}\,.\,\frac{1+0,00367\,t_2}{1+0,00367\,t_a}
Bezeichnet man die dem Ueberdrucke p1 – pα entsprechende manometrische
Flüssigkeitshöhe mit e und die
in Flüssigkeit gleicher Art gemessene Barometerhöhe mit b, so ist \frac{p_a}{p_1}=\frac{b}{b+e} und somit:
\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_a}=\left(\frac{b+e}{b}\right)^{0,71}
und
. . . . . . . (1)
\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_2}=\left(\frac{b+e}{b}\right)^{0,29}\,.\,\frac{1+0,00367\,t_2}{1+0,00367\,t_a}
b) Wird die Frischluft vor ihrer Verdichtung auf die Temperatur t' erhitzt oder abgekühlt, so findet man, dass der
Ausdruck für >\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_2} sich nur insoweit
ändert, als an die Stelle von tα die Temperatur t' tritt.
c) Wird die Frischluft nach erfolgter Verdichtung auf die Temperatur t'' erhitzt oder abgekühlt, so ist, wenn γ1'' den Werth bezeichnet, welchen die Dichtigkeit γ1 in diesem Falle
annimmt, beispielsweise, wenn vorher keine Erhitzung oder Abkühlung stattgefunden
hat:
\frac{{\gamma_1}''}{{\gamma_1}^0}=\frac{1+0,00367\,{t_1}^0}{1+0,00367\,t''}=\left(\frac{p_1}{p_a}\right)^{0,29}\,.\,\frac{1+0,00367\,t_a}{1+0,00367\,t''}
Multiplicirt man diesen Ausdruck mit dem vorstehend für
>\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_2} gefundenen, so erhält man:
\frac{{\gamma_1}^0}{\gamma_2}\,.\,\frac{{\gamma_1}''}{{\gamma_1}^0}=\left(\frac{p_1}{p_a}\right)^{0,29}\,.\,\left(\frac{p_a}{p_1}\right)^{0,29}\,.\,\frac{1+0,00367\,t_a}{1+0,00367\,t''}\,.\,\frac{1+0,00367\,t_2}{1+0,00367\,t_a}
Man übersieht hiernach; dass ganz allgemein – gleichviel
welche Temperatur die Luft vor ihrer Verdichtung hatte, sowie unter welchen
Verhältnissen und inwieweit ihre Verdichtung vor ihrer Weitererhitzung oder
Abkühlung auf die Temperatur t'' erfolgte – das
Verhältniss derjenigen Dichtigkeit, mit welcher die Druckluft in den Raum einströmt,
zur Raumluftdichtigkeit immer einfach dem Gaylussac'schen Gesetz entsprechend:
\frac{{\gamma_1}''}{\gamma_2}=\frac{1+0,00367\,t_2}{1+0,00367\,t''}
. . . . . . . . . . (1a)
Für das Verhältniss \frac{{\gamma_1}''}{\gamma_a}, dessen
Kenntniss für die späteren Betrachtungen von Wichtigkeit ist, erhält man
dementsprechend:
\frac{{\gamma_1}''}{\gamma_a}-\frac{b+e}{b}\,.\,\frac{1+0,00367\,t_a}{1+0,00367\,t''}
. . . . . . (1b)
Findet nun ausser der für die Lüftung beabsichtigten Luftströmung keine andere statt
und liegt auch keine Veranlassung für eine andere vor, so hat man, wenn die in
diesem Falle in den zu lüftenden Raum stündlich einströmende Luftmenge (Volumen) l1 cbm und die aus
demselben durch die vorgesehenen Abströmungsöffnungen abströmende Luftmenge l2 cbm beträgt, für die
überschüssig einströmende Luftmenge l die
Beziehung:
l\,.\,\gamma_2=l_1\,.\,\gamma_1-l_2\,.\,\gamma_2
oder
l=l_1\,\frac{\gamma_1}{\gamma_2}-l_2 . . . . . .
. . . . (2)
in welcher man, je nachdem die Druckluft nicht vorgewärmt oder
abgekühlt wird, oder vor ihrer Verdichtung erhitzt oder abgekühlt wird, oder endlich
vorher und nachher erhitzt oder abgekühlt wird, γ1 durch seinen beziehendlichen Werth (γ1°, γ1' oder γ1'') zu ersetzen
hat.
Wenn zu den für die Lüftung vorgesehenen Zu- und Abströmungsöffnungen dritte
Durchlassöffnungen hinzutreten, so erleidet die Wirkung der Lüftungsanlage in den
meisten Fällen eine wesentliche Aenderung.
Fasst man den Einfluss aller für die Lüftung vorgesehenen Zu- und
Abströmungsöffnungen eines Raumes als den einer einzigen Zuströmungsöffnung und
einer einzigen Abströmungsöffnung auf, so findet man den Einfluss der Oeffnung einer
dritten Mauerdurchbrechung, wenn man sich nach einander je eine der beiden ersten
Oeffnungen geschlossen denkt.
Die Durchlassfähigkeit der Wände selbst, sowie der Spaltöffnungen von Fenstern und
Thüren, kann man hierbei, wegen des grossen Widerstandes, den sie der Luftbewegung
durch sie hindurch entgegensetzen, als bedeutungslos vernachlässigen.
Ob eine vierte Durchlassöffnung, welche zu der in Rede
stehenden dritten hinzukommt, von Einfluss ist und wie gross derselbe ist, hängt von
der Verschiedenheit der Temperaturen ausserhalb der dritten und der vierten
Oeffnung, von deren Flächengrössen und von dem Widerstände ab, welcher sich dem
Herzuströmen der freien Aussenluft zu den beiden Oeffnungen entgegensetzt.
Zunächst erkennt man nun, dass, wenn eine dritte
unmittelbar ins Freie führende Mauerdurchbrechung geöffnet und die bisherige
Abströmungsöffnung geschlossen wird, der Widerstand, den der Abströmungskanal vorher
der Luftbewegung darbot, aufgehoben oder – wenn die neue Oeffnung nur klein ist –
doch verringert wird und dass demgemäss, je nachdem dieser Widerstand für den
Luftwechsel positiv oder negativ war, die Druckluftzuströmung nunmehr begünstigt
oder erschwert wird.
Die Folge davon ist je nach der Beschaffung der Druckluft wesentlich verschieden.
Insbesondere hat man bezüglich dieser Folge zwei extreme Fälle von
Druckluftbeschaffung zu unterscheiden, nämlich:
1) den Fall, in welchem das einströmende Luftgewicht durch mechanische Hilfsmittel
stets constant erhalten wird und
2) den Fall, in welchem der die Einführung der Frischluft bewirkende Druck die
algebraische Summe eines constanten disponiblen Förderdruckes und des
unveränderlichen Gegendruckes ist.
Zu 1. Wird das einströmende Luftgewicht durch mechanische
Hilfsmittel constant erhalten, so bewirkt eine Vermehrung oder Verminderung
des Widerstandes nur eine Veränderung der Dichtigkeit der einströmenden Luft und in
demselben Maasse, in entgegengesetztem Sinne, eine Veränderung der
Einströmungsgeschwindigkeit, und solange ausser der Druckluftzuströmungsöffnung nur
eine einzige (nach einer einzigen Richtung hin ausmündende) andere Oeffnung
vorhanden ist, bleibt der Luftwechsel des Raumes von der Richtung, Lage und Grösse
dieser zweiten Oeffnung vollständig unabhängig und sowohl quantitativ als auch
qualitativ immer der gleiche und die zweite Oeffnung ist immer Ausströmungsöffnung,
durch welche nur, je nach ihrer Grösse, die Luft mit mehr oder weniger grosser
Geschwindigkeit entweicht.
Dass die Wirkung in dem zweiten der beiden vorstehend genannten extremen Fälle eine
wesentlich andere ist, wird später gezeigt werden, nachdem der Einfluss einer
dritten Durchlassöffnung für den in Rede stehenden ersten Fall näher erläutert
ist.
Denkt man sich den Druckluftkanal geschlossen und die für die Lüftung vorgesehene
Abströmungsöffnung mit der dritten Durchlassöffnung allein in Wechselwirkung, so
lässt sich diese jederzeit als Wirkung eines positiven oder negativen
Saugkanales bestimmen. Denn besitzt der Abströmmugskanal eine ansteigende oder
abwärtsgehende Richtung, so wirkt er je nach seiner Temperatur entweder in der einen
oder in der anderen Richtung saugend; dabei kommt aber in beiden Fällen ausser
seiner eigenen Höhe auch der Höhenunterschied zwischen der Abströmungsöffnung und
der Höhenmitte der dritten Durchlassöffnung als Saughöhe in Betracht, so dass also
auch in dem Falle, in welchem der Abströmungskanal wagerecht verläuft, oft noch eine
wirkungsvolle Saughöhe verbleibt.
Ist die Richtung des Abströmungskanales von dem zu lüftenden
Raume aus ansteigend und seine Temperatur hoher als die der Aussenluft, so
übersieht man ohne weiteres, dass, wenn der Druckluftkanal geschlossen ist, Luft von
der unmittelbar ins Freie mündenden dritten Durchlassöffnung her in den Raum ein-
und durch den Abströmungskanal abströmt. Bezeichnet man die von der bezüglichen
disponiblen Saughöhe – nach Abzug der durch die Bewegungswiderstände absorbirten –
als effectiv wirksam verbleibende Saughöhe mit h, die
Aussentemperatur, wie früher, mit tα und die Temperatur im Abtrömungskanale mit
t3, so ist, wenn
die besagte dritte Durchlassöffnung so gross ist, dass man den hier auftretenden
Contractionswiderstand vernachlässigen kann, die Geschwindigkeit c, mit welcher Luft durch den Abströmungskanal
hindurchströmt:
c=0,267\,.\,\sqrt{\frac{h\,(t_3-t_a)}{1+0,00367\,t_3}} . . .
. . . . . . . (3)
Ist beispielsweise h = 3 m (entsprechend einer
ungefähren wirklichen Abströmungskanalhöhe von 10 m), t3 = t2 = 20° C. und tα = 0° C, so ergibt die Rechnung c = 2 m. Wenn daher bei geschlossener dritter
Durchlassöffnung und geöffnetem Druckluftkanale die von dem Abströmungskanale aus
dem Raume abgeführte Luftmenge bei 1 m Geschwindigkeit l2 cbm beträgt, so ist im Falle des
Abschlusses des Druckluftkanales und Oeffnens einer grösseren unmittelbar ins Freie
führenden dritten Mauerdurchbrechung (etwa eines Fensters) die durch den
Abströmungskanal entweichende Luftmenge doppelt so gross als vorher, d. i. 2.l2 cbm.
Sind nun alle drei Maueröffnungen (die Einströmungsöffnung des Druckluftkanales, die
Abströmungsöffnung des Abströmungskanales und die dritte Mauerdurchbrechung)
gleichzeitig geöffnet, so ist, weil der Abströmungskanal nach wie vor dem Oeffnen
des Druckluftkanales, der Einwirkung des auf der dritten Durchlassöffnung lastenden
atmosphärischen Druckes unterliegt, die durch ihn entweichende Luftmenge 2.l2.
Da nun hiervon der Druckluftkanal constant die Luftmenge l1 liefert, so könnte – wenn deren
specifisches Gewicht dem der Aussenluft gleich wäre – durch die dritte Oeffnung
niemals mehr als eine Luftmenge 2l2 – l1 cbm in den Raum eindringen.
Beachtet man aber, dass die Wirkung des durch die dritte Durchlassöffnung hindurch
auf den Abströmungskanal einwirkenden Atmosphärendruckes sich auf eine Luftmenge
2l2 von dem
specifischen Gewichte γα der äusseren Luft bezieht und dass die
Druckluftmenge l1 das
specifische Gewicht γ1
besitzt, so wird man sich sagen, dass in Wirklichkeit, wenn lα die durch die dritte
Durchlassöffnung in den Raum eindringende Luftmenge (Volumen) bezeichnet, die
Beziehung bestehen wird:
lα.γα = 2l2.γα – l1.γ1
oder
l_a=2\,l_2-l_1\,.\,\frac{\gamma_1}{\gamma_a}
Wollte man also bewirken, dass der Druckluftkanal stets eine so grosse Luftmenge
liefere, wie sie durch den Abströmungskanal entweicht, sobald eine dritte
Mauerdurchbrechung geöffnet wird, so würde man Sorge zu tragen haben, dass
l_1=(2\,l_2)\,.\,\frac{\gamma_a}{\gamma_1} . . .
. . . . . . . (a)
oder, wenn man für
\frac{\gamma_a}{\gamma_1} den, allgemeinsten Verhältnissen
entsprechenden Ausdruck \left(\mbox{für
}\frac{\gamma_a}{{\gamma_1}''}\right) aus Gleichung (1b)
substituirt:
l_1=2\,l_2\,.\,\frac{b}{b+e}\,.\,\frac{1+0,00367\,t''}{1+0,00367\,t_a}=2\,.\,l_2\,.\,\frac{b}{b+e}\,(1+0,00367\,t'')
für tα= 0.
Erwägt man, dass meistens die Einströmungsgeschwindigkeit der Druckluft nicht mehr
als 3 m beträgt und dass dafür der Werth des Bruches
\frac{b}{b+e} nur sehr wenig von 1 verschieden ist, so
erkennt man, dass allerdings unter mittleren Verhältnissen die Bedingung dafür, dass
der Druckluftkanal ebenso viel Luft liefere als der betrachtete Abströmungskanal im
Falle des Oeffnens einer unmittelbar ins Freie führenden dritten Mauerdurchbrechung
abführt, annähernd der Beziehung l1 = 2l2 entspricht.
Uebrigens hat man zu beachten, dass, wenn die Zuströmungsöffnung (des
Druckluftkanales) und die dritte Durchlassöffnung einander sehr nahe liegen, durch
diese letztere ein Theil der Raumluft entweichen und dafür eine gleiche
Gewichtsmenge der Aussenluft durch diese Oeffnung ein- und dem Abströmungskanale
zuströmen kann.
Um dies zu vermeiden, ist es dann eben in solchem Falle nöthig, dass die von dem
Druckluftkanale gelieferte Luftgewichtsmenge etwas grösser als die höchstens von der
dritten Durchlassöffnung lieferbare sei; d.h. es muss allgemein:
l_1\,\geq\,2\,.\,l_2\,.\,\frac{b}{b+e}\,(1+0,00367\,t'')
oder
l_2\,\leq\,\frac{1}{2}\,.\,\frac{b+e}{b}\,.\,\frac{l_1}{1+0,00367\,t''}
erfüllt werden.
Da nun aber der dem vorliegenden Rechnungsbeispiel zu Grunde liegenden Annahme gemäss
für gewöhnlich, d. i. bei abgeschlossener dritter Oeffnung, die Geschwindigkeit, mit
welcher die Luft durch den Abströmungskanal entweicht, 1 m ist, so hat man, wenn die
Zuströmungsgeschwindigkeit der Druckluft beispielsweise 3 m beträgt, F1 die Fläche der
Druckluftzuströmungsöffnung und F2 die Fläche der Abströmungsöffnung bezeichnet, als
Bedingung für die Verhinderung, dass andere als die vorgesehene Druckluft in den
gelüfteten Raum eindringe – wenn eine dritte Mauerdurchbrechung (Fenster, Thür o.
dgl.) geöffnet wird – auch:
F_2\,\leq\,\frac{2}{3}\,.\,\frac{b+e}{b}\,.\,\frac{F_1}{1+0,00367\,t''}
oder, da \frac{b+e}{b} von 1 nur sehr wenig
verschieden ist, auch
F_2\,\leq\,\frac{0,666\,.\,F_1}{1+0,00367\,t''}
Ganz allgemein aber ergibt sich als Bedingung für solche Wirkung der Druckluft, wenn
der Abströmungskanal auf die dritte Oeffnung positiv saugend wirkt und diese ebenso
gross oder grösser als die Abströmungsöffnung ist, in Analogie mit der vorstehenden
Entwickelung, die Beziehung:
l_1\,\geq\,F_2\,.\,\frac{\gamma_a}{\gamma_1}\,.\,0,268\,.\,\sqrt{\frac{h\,(t_3-t_a)}{1+0,00367\,t_3}}
(Vgl. Gl. a u. 3)
oder, bei Einsetzung des sich aus Gleichung (1b) mit
Vernachlässigung von \frac{b+e}{b} ergebenden Ausdrucks für
\frac{{\gamma_1}''}{\gamma_a} (als allgemeinster Werth von
\frac{\gamma_1}{\gamma_a}):
F_2\,\leq\,3,731\,.\,c_1\,.\,F_1\,.\,\frac{1+0,00367\,t_a}{1+0,00367\,t''}\,.\,\sqrt{\frac{1+0,00367\,t_3}{h\,(t_3-t_a)}}
. . . . . . . . . (4)
wenn c1 die normale Geschwindigkeit und t'' die
Temperatur der einströmenden Druckluft, tα die Temperatur der Luft im Freien, t3 die Temperatur der
Luft im Abströmungskanale und h dessen effectiv
wirksame Saughöhe bezeichnet.
Ist die Oeffnung der dritten (unmittelbar ins Freie mündenden) Mauerdurchbrechung
kleiner als die für normale Lüftung vorgesehene Abströmungsöffnung, so vermindert
sich die bei geschlossenem Druckluftkanale in den zu lüftenden Kaum eindringende
Luftmenge im Verhältniss \frac{F_3}{F_2}, wenn F3 die Fläche der
dritten Durchlassöffnung bezeichnet, und die Bedingung alleiniger Wirkung der
Druckluft beim Offenstehen aller drei Oeffnungen ist erfüllt, wenn:
F_2\,\leq\,3,731\,.\,c_1\,.\,F_1\,.\,\left(\frac{F_2}{F_3}\right)\,\frac{1+0,00367\,t_a}{1+0,00367\,t''}\,.\,\sqrt{\frac{1+0,00367\,t_3}{h\,(t_3-t_a)}}
. . . . . (4a)
Ist der Abströmungskanal abwärts gerichtet und wärmer als die
Aussenluft, so wechseln der Abströmungskanal und die dritte
Durchlassöffnung ihre Rolle, indem dann unter allen Umständen durch die letztere
Oeffnung hindurch Abströmung erfolgt und man höchstens verhindern kann, dass durch
den Abströmungskanal hindurch Luft in den zu lüftenden Raum eindringe.
Man übersieht aber leicht, dass das Eindringen von Luft aus dem Abströmungskanale nur
dann durch die Druckluft verhindert wird, wenn die dritte Durchlassöffnung dem
Abströmen der vom Druckluftkanale gelieferten constanten Luftmenge einen Widerstand
entgegensetzt, der grösser oder höchstens ebenso gross ist wie derjenige, welchen
der Auftrieb der Luft im Abströmungskanale zu überwinden vermag. Ist der Widerstand
ebenso gross als dieser Auftrieb, so befindet sich die Raumluft eben vollständig
unter einem diesem gleichen Drucke und es liegt dann für das Eindringen von Luft aus
dem Abströmungskanale kein Grund vor.
Beachtet man nun, dass durch die constant einströmende Druckluft innerhalb des Raumes
nur eine sehr geringe Luftbewegung verursacht wird und dass deshalb die ganze, der
Ausströmungsgeschwindigkeit entsprechende Druckhöhe als Widerstandshöhe zur Geltung
kommt, so wird man erkennen, dass sobald die Abführung der vom Druckluftkanale
gelieferten Luftmenge durch die dritte Durchlassöffnung für sich allein schon eine
Abströmungsgeschwindigkeit erfordert, welche so gross ist wie diejenige
Geschwindigkeit, die der Auftrieb im Abströmungskanale höchstens erzeugen
könnte, nämlich die Geschwindigkeit
c=0,268\,.\,\sqrt{\frac{h\,(t_3-t_a)}{1+0,00367\,t_3}}
wenn h, t3 und tα die gleiche Bedeutung wie oben haben, eine
active Wirkung seitens dieses letzteren Kanales nicht mehr zu erwarten ist.
Bezeichnet daher wieder F3 die Fläche der dritten Durchlassöffnung, so wird ein Eindringen von Luft
aus dem Abströmungskanale verhindert, sobald
F_3\,\leq\,\frac{l_1\,.\,\frac{\gamma_1}{\gamma_a}}{c}
Setzt man in diesem Ausdrucke für \frac{\gamma_1}{\gamma_a} den
für \frac{{\gamma_1}''}{\gamma_a} ermittelten Werth (Gl. 1b), für
l1 das Product F1.c1 und für c den vorstehenden Ausdruck, so erhält man die
Bedingungsgleichung:
F_3\,\leq\,3,731\,.\,F_1\,.\,c_1\,.\,\frac{1+0,00367\,t_a}{1+0,00367\,t''}\,.\,\sqrt{\frac{1+0,00367\,t_3}{h\,(t_3-t_a)}}
. . . . . . . . . . (5)
Ist die Temperatur des zu lüftenden Raumes und des
Abströmungskanales niedriger als die der Aussenluft, so ist bei aufwärts
gerichtetem Abströmungskanal die Bedingungsgleichung (5) und bei abwärts gerichtetem
Abströmungskanale die Bedingungsgleichung (4) oder (4a) maassgebend und gültig, wenn
man in beiden Fällen im Nenner wie im Zähler des Wurzelausdruckes tα an die
Stelle von t3 und
bezieh. t3 an die
Stelle von tα
setzt.
Betrachtet man nun die Ergebnisse der vorstehenden Untersuchungen etwas näher, indem
man eine Reihe von Beispielen mit Einsetzung von, gewöhnlichen Vorkommnissen
entsprechenden, Verhältnisswerthen der Temperaturen tα, t3, t'' in
die ermittelten Bedingungsgleichungen 4, 4a und 5, sowie in die daraus durch das
beschriebene Vertauschen von t3 mit tα abzuleitenden, berechnet, so erkennt man
die Richtigkeit des folgenden Lehrsatzes:
Es ist unmöglich, die Verhältnisse der Kanalweiten einer
Drucklüftungsanlage bei constanter Druckluftlieferung derart zu bestimmen, dass
dadurch einem unerwünschten Luftzuge ein für allemal vorgebeugt wird, wenn die
Abströmungskanale eine ansteigende oder abwärts gehende Richtung haben und ihre
Saug- oder Druckwirkung nicht durch Widerstände in ihnen selbst oder an ihren
Mündungen ganz aufgehoben oder doch auf ein sehr geringes Maass beschränkt wird.
Denn wenn man dem lichten Querschnitte des Abströmungskanales eine so kleine Grösse
geben wollte, wie sie nach den Bedingungsgleichungen 4 und 4a für die
Abströmungsöffnung erforderlich ist, sobald ein Fenster oder eine Thür, der die
Aussenluft ungehemmt zuströmen kann, geöffnet wird, so würde man während der Zeit,
in welcher solche dritte Mauerdurchbrechungen nicht geöffnet sind, nicht nur eine
grosse Arbeitsverschwendung (durch nutzlose Ueberwindung bedeutender Widerstände)
begehen, sondern auch bewirken, dass die Abströmung der Luft durch die dafür
vorgesehene Oeffnung mit so grösser Geschwindigkeit erfolge, dass die in der Nähe
dieser Oeffnung befindlichen Personen einen höchst unangenehmen, jeweils beim
Oeffnen einer Thür unterbrochenen Windstrom empfinden würden. Zudem aber hätte die
Wahl eines so kleinen Querschnittes des Abströmungskanales nur
dann den Erfolg, das Eindringen unerwünschter Luft zu verhüten, wenn der
Abströmungskanal auf die Raumluft (bezieh. durch den Raum hindurch auf die
Aussenluft) positiv saugend wirkt; sobald dagegen die Luft des Abströmungskanales
(im Falle dieser abwärts gerichtet und wärmer ist oder im Falle er aufwärts
gerichtet und kühler als die Aussenluft ist) auf die Raumluft drückend wirkt, bleibt
– wie die Bedingungsgleichung 5 oder die daraus durch Vertauschen von t3 mit tα abzuleitende
Bedingungsgleichung belehrt – zur Verhinderung des Eindringens der Luft aus dem
Abströmungskanale beim Oeffnen einer Thür in den meisten Fällen nichts anderes übrig
als diesen Kanal abzuschliessen, weil das Verhältniss der Thüröffnung zur Oeffnung
des Druckluftkanales nur selten klein genug ist, um der besagten Bedingungsgleichung
5 oder deren Derivate zu genügen. Besteht die Verschlussvorrichtung des
Abströmungskanales in einer Jalousieklappe, so wird unter Umständen wohl auch schon
durch theilweises Schliessen derselben der erwünschte Erfolg gesichert, indem
hierdurch der Widerstand dann soweit erhöht wird, dass die effectiv verbleibende
Druckhöhe h genügend klein wird, um die Erfüllung der
Bedingungsgleichung (5) zu ermöglichen.
Vor näherer Erörterung der aus diesen Betrachtungen sich ergebenden Lehre erscheint
es zweckdienlich, zunächst die zweite der oben erwähnten beiden
Druckluftbeschaffungsarten eingehender zu untersuchen.
(Fortsetzung folgt.)