Titel: | Die Telegraphie auf der elektrischen Ausstellung in Frankfurt. |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 37 |
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Die Telegraphie auf der elektrischen Ausstellung
in Frankfurt.
(Fortsetzung des Berichtes S. 11 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die Telegraphie auf der elektrischen Ausstellung in
Frankfurt.
II.Der Börsendrucker von Siemens und Halske.
Der jüngste elektrische Börsendrucker von Siemens und
Halske in Berlin findet sich in der Frankfurter Ausstellung in eine
besondere Telegraphenleitung eingeschaltet, so dass er wirklich in Betrieb gesetzt
werden kann. Von ihm stehen in der Halle für Telegraphie und Telephonie ein Geber
und zwei Empfänger, 14 andere Empfänger aber sind unter eine Anzahl anderer
Ausstellungsräume vertheilt. Seine Einrichtung schliesst sich an das D. R. P. Kl. 21
Nr. 47406 vom 24. August 1888 an, doch reichen die bei ihr verwertheten Gedanken zum
Theil viel weiter zurück.
Textabbildung Bd. 282, S. 37Fig. 1.Geber zum Börsendrucker von Siemens und Halske. Dem Börsendrucker von Siemens und Halske ist
– wie auch anderen Börsendruckern – die Aufgabe gestellt, die gleichzeitige
Beförderung eines Telegramms auf einer verhältnissmässig kurzen Linie von einer
bestimmten Stelle aus nach einer grossen Anzahl von Stellen zu ermöglichen. Mittels
des Siemens und Halske'schen Börsendruckers kann ein
Telegramm leicht nach 100 und mehr Stellen zugleich gesendet werden. Mit diesem
Börsen drucker vermochte ein keineswegs völlig ausgebildeter Telegraphist bei
ununterbrochenem Telegraphiren bis zu 850 Wörtern in der Stunde
abzutelegraphiren.
Der Geber dieses mit Wechselströmen arbeitenden Börsendruckers ist in Fig. 1 abgebildet. Derselbe erinnert in seinem
Aeusseren, und ebenso auch in manchen Einzelheiten seiner Einrichtung an den Hughes,
in anderen
Stücken dagegen ist er sehr wesentlich von ihm verschieden. Sein Wesen und
seine Arbeiten lassen sich mit Hilfe der Skizze Fig.
2 leicht erläutern, welche einen Aufriss und Grundriss von ihm bietet.
Textabbildung Bd. 282, S. 38Fig. 2.Geber zum Börsendrucker von Siemens und Halske. Der Geber enthält eine Klaviatur k mit 28
Tasten; wird eine Taste niedergedrückt, so drückt sie den zu ungehörigen der 28
Stifte S empor, welche in dem Stiftengehäuse im Kreise
angeordnet sind. Ueber der Deckplatte des Stiftengehäuses, aus welchem die Stifte
beim Niederdrücken der Tasten vortreten, läuft der auf die stehende Achse X aufgesteckte Bürsten träger h um, getrieben durch ein kräftiges Laufwerk, das in Fig. 2 durch ein an einer Schnur hängendes Gewicht
angedeutet ist. Die Umdrehungszahl der Achse X ist 120
in der Minute. Die Achse X läuft frei durch das Innere
eines Stromwenders c, welcher aus zwei gezahnten
Metallringen besteht; die Vorsprünge dieser Ringe sind in Fig. 2 mit + und – bezeichnet. Die beiden Ringe sind gegen einander
isolirt und so mit ihren Vorsprüngen in einander gesteckt, dass von den beiden über
einander an dem Bürstenträger h sitzenden Bürsten f und f1 stets eine auf einem +-Vorsprunge aufliegt,
während die andere über einen –-Vorsprung hinweg geht. Die beiden Ringe werden mit
den Polen einer Stromquelle in Verbindung gebracht; als solche ist in Fig. 2 eine galvanische Batterie b angedeutet, in der Ausstellung dagegen liefert eine
in der Ausstellungshalle stehende Gleichstromdynamo den Betriebsstrom. Die Bürsten
f und f1 endlich sind durch die im Schnitt gezeichneten
Contactringe und zwei Contactfedern l und l1 leitend mit den
Klemmen verbunden, an welche die beiden Enden der Telegraphenleitung geführt sind.
Der Strombedarf ist etwa 4,3 Volt für jeden Empfänger bei 0,3 Ampère (oder etwas
mehr), also etwa 1,3 Voltampère.
Wenn nun der Bürstenträger h mit der Achse X umläuft, so berühren die Bürsten stets ein über
einander liegendes Paar der Ringvorsprünge, bei jedem Uebergange von einem Paare auf
das nächste aber überschreitet das Bürstenpaar eine isolirte Lücke. Solange also
keine Taste gedrückt ist, sendet der Geber eine regelmässige Folge von
Wechselströmen in die Leitung, Wenn dagegen eine Taste niedergedrückt wird, so fängt
sich an dem durch sie emporgeschobenen Stifte S der
nach rückwärts gerichtete Fortsatz des Bürstenträgers h
mit seinem ausgehöhlten nach unten gerichteten Ansätze. Zur Milderung der dabei
auftretenden Stösse ist der Bürsten träger durch eine Reibungskuppelung mit der
Achse X verbunden. Der Bürsten träger kommt stets in
einer solchen Stellung zur Ruhe, dass die Bürsten noch auf zwei leitenden
Vorsprüngen ruhen, dass also zwar die Reihe der Wechselströme abgebrochen wird, der
letzte Strom jedoch fortdauernd in der Leitung erhalten bleibt, bis die Taste wieder
losgelassen wird. Der Telegraphirende lässt aber jede niedergedrückte Taste erst
dann wieder los, wenn er die nächste Taste bereits niedergedrückt hat.
Textabbildung Bd. 282, S. 38Fig. 3.Empfänger zum Börsendrucker. Den Empfänger zeigt Fig. 3, seine innere
Einrichtung erläutert die Skizze Fig. 6 in Verbindung
mit Fig. 4 und 5. Die ganze Ausführung
der Empfänger ist ihrem Zwecke, der Benutzung im öffentlichen Verkehre, besonders
angepasst und ihre Bedienung kann daher unbedenklich auch Laien anvertraut werden.
Jeder Empfänger ist nach Fig. 3 in einem
entsprechenden Gehäuse untergebracht, erfordert nur einen kleinen Raum und kann in
jedem Zimmer leicht aufgestellt werden. Die Telegraphenleitung wird an zwei Klemmen
gelegt und durchläuft nach einander einen polarisirten Elektromagnet i und einen gewöhnlichen Elektromagnet m; letzterer ist aber entsprechend träge gemacht und
dient als Druckmagnet, wogegen ersterer die Einstellung des Typenrades T (Fig. 5) zu bewirken hat.
Ueber dem polarisirten Elektromagnete liegt ein mit seinen Schenkeln nach unten
gekehrter Hufeisenmagnet; auf dem einen Pole desselben sitzt das die Kerne in den
beiden Rollen bildende bügelförmige Stück weichen Eisens, während der andere Pol die
Achse für den Anker trägt und letzteren magnetisch macht. Der zwischen die beiden
Rollen hineinragende Anker des Elektromagnetes bleibt. daher nach dem Aufhören jedes
Telegraphirstromes sicher an dem Elektromagnetpole hängen, an welchen ihn der letzte
Strom gelegt hat.
Textabbildung Bd. 282, S. 38Empfänger zum Börsendrucker. Das Laufwerk wird durch ein Gewicht getrieben, das erst nach dem
Abtelegraphiren von 1100 Wörtern wieder aufgezogen zu werden braucht; wie tief das
in Fig. 3 sichtbare Gewicht schon niedergegangen ist,
kann man jederzeit durch ein Glasfenster im Gehäuse sehen; vor dem völligen Ablaufen
des Gewichtes werden ausserdem von
dem niedergehenden Gewichte mechanisch und selbsthätig einige kräftige
Glockenschläge gegeben, als Mahnung zum Aufziehen. Die Glocke ist im Inneren des
Triebgewichtes untergebracht, zugleich mit einer Zahnstange, welche beim Aufstossen
auf den Boden und ihr dadurch veranlasstes schrittweises Empordrängen innerhalb des
Gewichtes bewirkt, dass der Hammer mehrere Male gegen die Glocke schlägt.
Textabbildung Bd. 282, S. 39Fig. 6.Empfänger zum Börsendrucker von Siemens und Halske. Das Laufwerk treibt durch mehrfache Räderübersetzung die Achse a des Typenrades T zu
beständiger Umdrehung an. Auf der Achse a sitzt aber
ein Sperrrad d, in dessen Zähne sich die am Ankerhebel
des Einstellelektromagnetes i angebrachte Gabel n mit ihren Zinken abwechselnd einlegt, wenn der Anker
durch die Wechselströme auf und nieder bewegt wird; beim Telegraphiren dreht sich
daher das Typenrad T schrittweise um je ein Feld.
Entsprechend den 28 Tasten ist das Typenrad in 28 Felder abgetheilt; es trägt
jedoch, wie u.a. auch beim Hughes, in jedem Felde zwei Typen, und dementsprechend
sind auch auf jeder Taste zwei Zeichen aufgeschrieben, eine Ausnahme machen die zu
den beiden leeren Blanktasten gehörigen Felder auf dem Typenrade, in denen keine
Typen vorhanden sind.
Natürlich darf immer nur eins der beiden Zeichen des Feldes abgedruckt werden;
deshalb nun ist das Typenrad nicht fest mit der Achse a
verbunden, sondern die Möglichkeit einer Vor- und Rückwärtsdrehung desselben um die
Weite eines halben Feldes beschafft, so dass man nach Belieben vom Drucken von
Buchstaben zum Drucken von Ziffern übergehen kann und umgekehrt. Die dazu
erforderliche Umstellung des Typenrades T ermöglicht
die in Fig. 4
dargestellte Einrichtung im Zusammenwirken mit dem Stifte J und der Feder H an dem Typenrade T (Fig. 5). Mit der
Typenradachse a fest verbunden ist ein zweiarmiger
Hebel DE. Auf dem unteren Arme E des Hebels ist der Hebel ABC um eine Achse
drehbar befestigt, in dessen Spalte bei B die an der
Rückseite des Typenrades T angebrachte Feder H hineinragt. In einer Ausbohrung des oberen Armes D ist eine Spiralfeder untergebracht; auf ihm ist
verschiebbar der Riegel F angeordnet, welcher die Achse
a frei zwischen seinen Wangen hindurchgehen lässt.
Unten läuft der Riegel F in zwei Füsse K und L aus, welche von
den Enden des Hebels ABC umfasst werden. Das Typenrad
sitzt unmittelbar vor dem Riegel F auf seiner Achse a und legt sich mit einem rückwärts an ihm befestigten
Stifte J in eine der beiden Kerben M und N an dem oberen Ende
des Riegels F ein.
Auf einen der beiden Arme des Hebels ABC wirkt nun
– in Fig. 4 nach oben –
ein am Druckhebel g (Fig.
6) angebrachter Vorsprung, so oft eine Blanktaste niedergedrückt und
demzufolge auf Blank gedruckt wird; in der einen Stellung des Hebels ABC und des Typenrades geschieht dies beim
Niederdrücken der Buchstabenblanktaste, in der anderen beim Niederdrücken der
Ziffernblanktaste. Wird nun von dem Vorsprunge z.B. der Arm A nach oben gedrückt, so zieht der Arm C am
Fusse L den Riegel F unter
Spannung der Spiralfeder in D nach unten und macht so
den zur Zeit in der Kerbe N sitzenden Stift J frei; zugleich wirkt aber auch B auf die in seiner Spalte liegende Feder H und spannt diese, so dass dieselbe das Typenrad,
sobald J aus N ausgehoben
ist, so weit dreht, dass J über M zu stehen kommt; kann darauf die Spiralfeder den Riegel F wieder nach oben zurückbewegen, so fasst die Kerbe
M den Stift J und hält
das Typenrad wieder in seiner Stellung gegen die Achse fest. Die umgekehrte Wirkung
und Verschiebung des Typenrades tritt ein, wenn der Vorsprung am Druckhebel g beim Drucken den Arm C
nach oben drückt.
Der Anker des Druckelektromagnetes m (Fig. 6) wird durch die Abreissfeder p für gewöhnlich abgerissen gehalten. Am anderen Ende
trägt der Ankerhebel die Druckrolle r, mittels deren
der von der Papierrolle ablaufende Papierstreifen an die eben eingestellte Type
angedrückt und so diese Type auf den Streifen abgedruckt werden kann. Nach jedem
Drucke wird der Streifen durch Vermittelung eines in Fig.
6 sichtbaren, in ein Sperrad hinter r
eingreifenden Sperrkegels um die Breite einer Type fortgeschoben. Erfolgt das
Drucken bei einer der beiden Typenlücken, welche den beiden Blanktasten entsprechen,
so wird der Streifen nur verschoben, ohne dass ein Zeichen gedruckt werden kann, es
entsteht also ein leerer Zwischenraum in der Druckschrift. Es muss jedoch zur
Erzeugung eines Zwischenraumes entweder die Buchstabenblanktaste, oder die
Ziffernblanktaste gedrückt werden, je nachdem das Typenrad zufolge seiner
derzeitigen Stellung auf der Achse a eben Buchstaben
oder Ziffern druckt; denn es darf natürlich bei Erzeugung eines Zwischenraumes nicht
zugleich das Typenrad umgestellt werden, sofern nicht etwa dieser Wechsel zugleich
mit beabsichtigt wird.
Die regelmässige Speisung der Typen mit Druckfarbe besorgt das Farbröllchen u. Auch dieses hat eine eigenthümliche Einrichtung
erhalten, da es zugleich als Farbenbehälter dienen soll. Die Farbe wird in eine
ringförmige Büchse eingegossen und letztere auf den Kern einer zweiten Büchse
aufgesteckt und der Deckel der die innere nur bis zur Hälfte der Hohe derselben
umschliessenden zweiten Büchse aufgeschraubt. Deckel und Büchse treffen sich in der
Mitte der Breite der Farbrolle und lassen beim Zusammenschrauben noch drei feine und
kurze Spalten offen, durch welche die Farbe ganz allmählich aus der Büchse austreten
und in den dieselbe umgebenden Filzring eindringen kann.
Ist nun das Typenrad durch die entsendeten Wechselströme um die diesen entsprechende
Anzahl von Feldern gedreht und so die abzudruckende Type gegenüber dem Druckröllchen
r eingestellt worden, so kommt der Bürstenträger
h (Fig. 2) zum
Stillstande, der Strom dauert fort, der Druckelektromagnet m (Fig. 6) zieht jetzt seinen Anker an und
veranlasst den Abdruck der eingestellten Type. Die Trägheit des Druckelektromagnetes
lässt sich mittels
der Abreissfeder p (Fig.
6) reguliren; dies reicht für gewöhnlich völlig aus und zwar für
Schwankungen von 10 bis 15 Proc. in der Stärke der Ströme. Sollen zum Drucken
grössere Unterschiede in der Stromstärke benutzt werden, so lässt sich bekanntlich
der entsprechende Unterschied durch Einschaltung eines angemessenen Widerstandes
beim Geber erzielen, wenn man nur dafür sorgt, dass dieser Widerstand beim Aufhalten
des Bürstenträgers stets selbsthätig ausgeschaltet wird.
Um endlich die Typenräder in Uebereinstimmung mit dem Bürstenträger bringen und
dauernd darin erhalten zu können, ward an der Typenradachse noch ein Anschlag t (Fig. 6) angebracht
und der um die Achse o drehbare dreiarmige Hebel wvq hinzugefügt. Der Arm q
ist aus einer biegsamen Feder gebildet, welche sich in eine Rinne in der
Mantelfläche einer Metallscheibe einlegt und bei dem Umlaufe dieser Scheibe durch
die seitliche Reibung – in Fig. 6 nach rechts hin –
mitgenommen wird, bis sie schliesslich in der in Fig.
6 voll gezeichneten Lage an einen Anschlagstift antrifft. Durch dieses
Mitnehmen gelangen auch die beiden Arme w und v aus den punktirt angegebenen Stellungen in die voll
ausgezeichneten; dabei kommt aber der Arm w in den
Bereich des Anschlages t, deshalb vermag sich t an w zu fangen und
hierdurch wird das Typenrad in seiner schrittweisen Bewegung gehemmt. Dies geschieht
stets dann, wenn das Buchstabenblank gerade der Druckvorrichtung gegenüber
eingestellt ist. Es gelangt jedoch der Arm q nicht bis
zu seinem Anschlagstifte, wenn nicht T wenigstens zwei
volle Umläufe machen kann, ohne dass ein Zeichen gedruckt wird. Während des
fortlaufenden Telegraphirens dagegen kann der Arm w
durch den Anschlag t das Typenrad nicht zum Stillstande
bringen, weil bei jedesmaligem Drucken der Stift z am
Druckhebel g auf den Arm v
wirkt, den Arm w also immer wieder nach rechts bis zu
seinem Anschlagstifte schiebt und ihn nicht in den Bereich des Anschlages t kommen lässt.
Will man also die Typenräder der sämmtlichen Empfänger zu irgend einer Zeit in
Uebereinstimmung mit dem Bürstenträger des Gebers bringen, so hat man weiter nichts
zu thun, als dass man den Bürstenträger zwei oder mehrere Umläufe machen lässt, ohne
dabei irgend eine Taste zu drücken; darauf beginnt man das Telegraphiren mit dem
Niederdrücken der Buchstabenblanktaste. Nach dem Niederdrücken der nächsten Taste
wird dann diese Blanktaste frei gegeben und Bürstenträger und Typenräder laufen von
da ab in Uebereinstimmung.
Hat man nun nach Herstellung der Uebereinstimmung Buchstaben zu drucken, so kann man
sofort die betreffenden Tasten niederdrücken. Sind dagegen Ziffern,
Unterscheidungszeichen u.s.w. zu drucken, so muss man erst noch die in der Klaviatur
um vier Tasten weiter nach rechts liegende Ziffernblanktaste drücken, um dadurch
zuerst das Typenrad zum Drucken von Ziffern u.s.w. umzustellen.
(Fortsetzung folgt.)