Titel: | Die Telegraphie auf der elektrischen Ausstellung in Frankfurt. |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 110 |
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Die Telegraphie auf der elektrischen Ausstellung
in Frankfurt.
(Fortsetzung des Berichtes S. 37 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die Telegraphie auf der elektrischen Ausstellung in
Frankfurt.
III.
Vor der Besprechung der Telegraphen für besondere Zwecke ein paar Worte über die
ausgestellten Nebenapparate. Solche finden sich fast
ausschliesslich in der Halle für Telegraphie und Telephonie auf den Tischen des
Reichspostamts, hier aber in ziemlich grosser Zahl und aus sehr verschiedenen
Zeiten. Es sind namentlich sehr viel Relais, Umschalter und Blitzableiter, ebenso
Galvanoskope und zwar ausser den im gewöhnlichen Dienste zu benutzenden
Galvanoskopen auch die verschiedenen Messinstrumente und unter diesen neben dem
einfachen Batterieprüfer Untersuchungsgalvanoskope, Differentialgalvanoskope und
selbst ein Kabelmessapparat mit Spiegelgalvanoskop. In der bayerischen Abtheilung
steht ferner eine neuere Form des Läutewerks oder Stationsrufers von Wittwer und Wetzer (vgl.
1880 236 * 220), mittels dessen man von einer Anzahl in
dieselbe Telegraphenleitung eingeschalteter Aemter jedes beliebige einzeln zu rufen
vermag; ihre Beschreibung soll später folgen. Endlich könnte hier nachträglich noch
erwähnt werden, dass auf einem am westlichen Ende der Halle in der Mitte stehenden,
mit den verschiedenartigsten Apparaten mehrerer Aussteller besetzten runden Tische
von Heller in Nürnberg eine Anzahl Proben der neuen und
jedenfalls sehr beachtenswerthen Drahtbünde ausgestellt worden sind, bei denen die
beiden mit einander zu verbindenden Drahtadern in eine Bronzehülle gesteckt und in
und zugleich mit dieser einfach um einander herum gedreht sind, so dass sie ohne
Löthung doch ganz innig mit einander vereinigt sind. Diese Bünde sind durch das an
Heinrich Arld in Nürnberg ertheilte D. R. P. Nr.
56710 Kl. 49 vom 14. September 1890 geschützt; Arld war
wegen der Patentirung und Verwendung derselben in Amerika mit einer amerikanischen
Firma in Verbindung getreten und so wird es gekommen sein, dass sie von dort aus
unter dem Namen von Giles und Hunt (vgl. 1891 280 * 179) bekannt geworden sind.
Zunächst Haustelegraphen der älteren Einrichtung nun,
namentlich Hoteltelegraphen, sind von vielen Ausstellern
zur Schau gestellt. Es handelt sich bei ihnen fast ausschliesslich um einfache
Läutewerke, mit denen häufig Fallscheibenkästchen verschiedener Einrichtung
verbunden sind. Die elektrischen Klingeln derselben zeigen wenig Neues, zum Theil
aber werden sie zur Hervorbringung weithin hörbarer Schläge in entsprechender Grösse
verwendet und schlagen dann meist nur langsam. Beides ist z.B. bei der sich an die
bereits 1879 patentirte (vgl. 1890 276 237)
anschliessenden, in Fig. 7 abgebildeten Glocke von
C. Th. Wagner in Wiesbaden der Fall, deren
Kelchglocke 55 bis 105 mm Durchmesser hat und gleich der mit einer Schalenglocke von
170 mm ausgerüsteten grösseren Sorte u.a. auch für Eisenbahnsignalzwecke benutzt
wird. In ihnen unterbricht die vom Elektromagnetanker angestossene Unruhe den Strom
und schliesst ihn zwei Secunden später wieder, so dass die Glocke langsam schlägt,
so lange der Strom entsendet wird. Es lassen sich diese Läutewerke mit einer
selbsthätig wirkenden Einrichtung ausrüsten, so dass sie nach einmaligem
Stromschluss eine bestimmte Anzahl von Glockenschlägen ertönen lassen und sich dann
von selbst wieder abstellen; so gibt ein ausgestelltes für Eisenbahnen bestimmtes
derartiges Läutewerk nach kurzem Niederdrücken seines Tasters stets fünf einzelne
Schläge.
Textabbildung Bd. 282, S. 111Fig. 7.Wagner's Glocke mit langsamem Schlage.Textabbildung Bd. 282, S. 111Fig. 8.Bohmeyer's Glocke. Hier ist auch noch eine eigenthümliche Anordnung zu erwähnen, welche von
der Fabrik elektrischer Uhren und Apparate, C. Bohmeyer
in Hanau, nach dem D. R. P. Kl. 21 Nr. 56810 vom 23. August 1890 an mehreren
Klingeln und in verschiedenen Schaltungen angebracht und ausgestellt worden ist.
Mittels derselben lassen sich polarisirte Klingeln und Wecker durch einen
Gleichstrom in Thätigkeit setzen. Die Vorgänge sind dabei ganz ähnlich, wie in
manchen Wechselstromtastern, lassen sich aber, weil sie hier in Empfängern
auftreten, noch mehr der von mir 1880 in Vorschlag gebrachten Einrichtung für
Distanzsignale (vgl. 1880 238 * 405. 1890 275 * 116) an die Seite stellen. Der polarisirte
zweiarmige Anker a (Fig.
8) spielt über den beiden freien Enden der Kerne des Elektromagnetes m, m; beide Enden sind gleichnamig und dem Anker a entgegengesetzt magnetisch. Die beiden freien Enden
der Rollen sind an zwei Contactfedern f und g geführt und ein am Anker befestigter Messingarm
drückt, je nach der Lage des Ankers, stets die eine Feder von einem über y mit dem einen Batteriepole verbundenen Contactstücke
c hinweg, lässt dagegen die zweite Feder am
Contactstücke liegen. Wird die sammt der Batterie zwischen die Drähte x und y eingeschaltete
Läutetaste niedergedrückt, so schliesst sie den Stromkreis von dem Messingarme zu
dem zweiten Batteriepole; der Strom verstärkt nun den Magnetismus des einen Kerns
und schwächt zugleich den des anderen, der Anker a
ändert deshalb seine Stellung, kehrt aber dabei die Richtung des Stromes um und
veranlasst dadurch eine neue Umstellung des Ankers u.s.w. Natürlich kann man den
Anker ebenso gut auch zwischen den beiden Kernenden spielen lassen, welche Anordnung
C. Bohmeyer namentlich bei Apparaten wählt, mittels
deren die physiologische Wirkung von Wechselstrom-Inductionsströmen ausgenutzt
werden soll.
Textabbildung Bd. 282, S. 111Fig. 9.Wagner's Telegraph und Controlapparat. An die Haus- und Hoteltelegraphen sind in jüngster Zeit merklich höhere
Anforderungen gestellt worden, besonders in den grössten Gasthäusern der Badestädte
Wiesbaden, Ems, Homburg u.s.w.; in Folge dessen hat namentlich C. Th. Wagner in Wiesbaden den für Gasthäuser,
Krankenhäuser, Badeanstalten u. dgl. bestimmten
eine besondere Einrichtung gegeben, durch welche nicht nur den auf
Bequemlichkeit und Zuverlässigkeit gerichteten Wünschen Rechnung getragen, sondern
auch eine genaue Controle über das mit der Bedienung beauftragte Personal ermöglicht
wird. In der Ausstellung befindet sich ein solcher Telegraph nebst Controlapparat
für ein Gasthaus mit vier Stockwerken. Den letzteren zeigt Fig. 9 in einfacher Ausstattung; in ihm vereinigt sich ein
Fallscheibenkästchen mit vier Controlnummern für elektrische Abstellung, ein langsam
schlagendes Läutewerk (Fig. 7), für jedes Stockwerk
ein Relais und ein Generalumschalter für Tag und Nacht. In jedem Stockwerke ist noch
ein Nummernkästchen vorhanden. Durch Niederdrücken eines Tasters in irgend einem
Zimmer kommt auf dem Nummernkästchen des betreffenden Stockwerks die Nummer des
Zimmers und auf dem Controlkästchen die Nummer des Stockwerks zum Vorschein, die
Stockwerksglocke ertönt oder schlägt in ähnlicher Weise wie eine Uhr, wenn ein
elektrisches Läutewerk für Einzelschläge vorhanden ist, und das elektrische
Controlläutewerk für Einzelschläge fängt an zu schlagen. Wird die Nummer des
betreffenden Zimmers auf dem Stockwerkskästchen mittels des Abstellknopfes zum
Verschwinden gebracht, so hört auch das Schlagen des Controlläutewerkes auf, indem
der Strom durch das betreffende Relais unterbrochen wird. Für jedes Stockwerk ist
deshalb ein besonderes Relais angeordnet, damit das Controlläutewerk nicht aufhört
zu schlagen, wenn gleichzeitig in mehreren Stockwerken eine Nummer vorliegt und
dieselbe in einem Stockwerke früher abgestellt wird als in dem anderen. In der Nacht
werden die Stockwerksglocken, damit ihr Läuten nicht störe, mittels des
Generalumschalters ausgeschaltet und dafür nur eine Glocke in der Pförtnerstube
eingeschaltet. Der Controlapparat wird gewöhnlich in einem Schreibzimmer
aufgestellt.
Textabbildung Bd. 282, S. 112Fig. 10.Fein's Haustelephon. Auch die in Betreff der Leistungsfähigkeit so vortheilhafte Verwendung des
Telephons in den telegraphischen Einrichtungen für den Hausgebrauch führt die
Ausstellung vor Augen und lässt zunächst erkennen, dass eine ganze Reihe von Firmen,
z.B. Fein (vgl. 1888 269 *
122), Mix und Genest (vgl. 1889 273 * 363), Naglo, Wagner, Berliner, Heller,
es sich angelegen sein lässt, den für Haustelephonanlagen bestimmten
Einrichtungsstücken neben der Bequemlichkeit beim Gebrauch und zugleich mit der
inneren Verbesserung auch äusserlich eine Form und Beschaffenheit zu geben,
dass sie anstandslos auch in den am feinsten ausgestatteten Zimmern Verwendung
finden können, sei es nun, dass sie mittels reich verzierter Platten (wie in Fig. 10 von C. und E.
Fein für Mikrotelephon), oder als geschmackvolle Kästchen (wie etwa das von
C. Th. Wagner,
Fig. 11) an der Wand aufgehängt werden sollen, sei
es, dass ihnen gleich auf einem Arbeitstische ein Platz angewiesen werden soll, wie
dem in Fig. 12 abgebildeten von C. und E. Fein ebenfalls für Mikrotelephon, sowie dem
Tischapparate mit Ruf-Magnetinductor von J. Berliner
(Fig. 13).
Textabbildung Bd. 282, S. 112Fig. 11.Wagner's Haustelephon.Fein zieht es vor, das Mikrotelephon nur zum Theil von
dem selbsthätigen Umschalter tragen zu lassen, und gibt ihm deshalb nach bewirkter
Umschaltung unten eine weitere Stütze auf einem festen Haken.
In diesen Haustelephon anlagen haben gewöhnlich eine grössere Anzahl von
Sprechstellen mit einander zu verkehren, und es fehlt in der Ausstellung nicht an
Einrichtungsstücken, welche einen solchen Verkehr zu ermöglichen und zu erleichtern
bestimmt sind. Für das Sprechen von bloss einer Stelle aus nach und mit mehreren
anderen Stellen ist der von C. und E. Fein in Stuttgart
ausgestellte Umschalter (vgl. 1888 269 * 123) entworfen
und anscheinend auch der im Schranke von Czeija und
Nissl in Wien enthaltene Linien Wähler des Adjunkten der österreichischen
Staatsbahnen R. Bauer. Sollen bei einer nicht
zu grossen Anzahl von Sprechstellen je zwei Beliebige mit einander sprechen
können, ohne dass jedoch eine besondere Centralstelle mit einem durch einen Beamten
zu bedienenden, oder einem von den Sprechstellen aus in Thätigkeit zu versetzenden
(vgl. 1882 245 434. 1891 281 *
162) Umschalter eingerichtet werden soll, so lassen sich dazu die Liniekwähler von
Mix und Genest (vgl. 1891 279 * 85) gebrauchen. Auch ein von Groos und
Graf in Berlin ausgestellter Linienumschalter macht die Anlage einer
Centralstelle unnöthig.
Textabbildung Bd. 282, S. 113Fig. 12.Fein's Mikrotelephon. Auch die Einrichtungen für städtische Telephonnetze sind in der
Ausstellung vertreten. Das Reichspostamt hat die in den zum Theil höchst
umfangreichen städtischen Anlagen seines Verwaltungsgebietes benutzten Apparate,
Apparatgehäuse, Klappenschränke u.s.w. in der Halle für Telegraphie und Telephonie
vorgeführt, darunter auch einen der seit ein Paar Jahren benutzten
Vielfachumschalter (Multiplexumschalter), welcher von der Telegraphenapparatfabrik
E. R. Welles in Berlin (vgl. auch D. R. P. Kl. 21
Nr. 53869 vom 13. Juni 1889) ausgeführt, jedoch amerikanischen Ursprunges ist. Die
Actiengesellschaft Mix und Genest hat ebenfalls einen
Vielfachumschalter ausgestellt, welcher als eine Fortbildung desjenigen von Oesterreich (vgl. 1889 271 *
407 und * 579) anzusehen ist und später eingehender beschrieben werden soll. In
gleicher Weise hat die Direction der bayerischen Posten und Telegraphen ihre in
vielen Stücken eigenartigen Telephoneinrichtungen zur Schau gebracht und es zieht
unter diesen namentlich der Telephonumschalter von Reiner für einfache und doppelte Telephonleitungen, welche zwei Städte mit
einander verbinden, die Aufmerksamkeit auf sich; bei demselben werden für den
Empfang des Schlusszeichens eigenthümliche, solenoidartige, mit zwei
Quecksilbercontacten ausgerüstete Relais von geringem Widerstände, geringer
Selbstinduction und hoher Empfindlichkeit angewendet, mittels deren ein
Localstromkreis durch eine Signalklappe geschlossen wird; die Schaltungsskizze
dieses Umschalters hängt an der Wand. Ferner ist von dieser Direction eine
Telephonstation mit den von F. van Rysselberghe (vgl.
1884 254 182. 1887 263 586.
264 * 269. 1890 276 528)
angegebenen, in Bayern zwischen Nürnberg und Bamberg benutzten Einrichtungen
zur Schau gestellt worden, welche gestatten, denselben Leitungsdraht gleichzeitig
zum Telegraphiren und Telephoniren zu benutzen.
Mix und Genest haben auch ihren erst in jüngster Zeit
entstandenen Telephonautomat an 10Stellen innerhalb der
Ausstellung zur Benutzung bereitgestellt, mittels dessen die Musikübertragung vom
Frankfurter Opernhause und den zwei Musikpavillons des Ausstellungsraumes genossen
werden kann. Auf die Einrichtung dieses Apparates, der dazu bestimmt ist, an
öffentlichen Fernsprechstellen den Telephonverkehr ohne Beihilfe einer dritten
Person gegen das Einwerfen eines bestimmten Geldstückes zu gestatten, gedenken wir
später zurückzukommen.
Textabbildung Bd. 282, S. 113Fig. 13.Tischapparat mit Rufmagnetinductor von Berliner. Endlich bietet die Ausstellung auch noch Gelegenheit, die telephonischen
Fernwirkungen kennen zu lernen. Bei den dazu hergestellten Anlagen handelt es sich
um die Beschaffung musikalischer Genüsse aus der Ferne. Es liegt ja zwar ein grosser
Zauber in solchen Genüssen aus der Ferne, doch geht meist durch die telephonische
Uebermittelung ein grösserer oder kleinerer Theil des eigentlichen Zaubers in dem an
Ort und Stelle Dargebotenen verloren. Die das Mithören der an fernen Orten
stattfindenden musikalischen Aufführungen ermöglichenden telephonischen Empfänger
befinden sich in besonderen, dazu eingerichteten Räumen in der Halle für Telegraphie
und Telephonie; für jeden Hörer wird in diesen Räumen ein Telephonpaar
bereitgehalten und setzt die ihm von den im Aufführungsraume aufgestellten Sendern
zugeführten elektrischen Wirkungen wieder in Tonwirkungen um. Unter den in der
Ausstellung vorhandenen Anlagen steht obenan die von J.
Berliner, welche eine 450 km lange staatliche Telephonleitung benutzt, um
aus München die Klänge der Hofoper und der dortigen Löwenbräu-Militärconcerte in
Frankfurt wiederertönen zu lassen. Deckert-Homolka
lassen mit Hilfe ihres unter Nr. 49938 in Deutschland patentirten Spitzenmikrophons
die Musik aus Wiesbaden und Bockenheim in Frankfurt wiedererklingen, Mix und Genest aber machen, wie bereits erwähnt wurde,
die Frankfurter Oper in der Ausstellung hörbar. Hieran wäre noch die Erwähnung des
lautsprechenden Telephons anzuschliessen, mittels dessen Siemens und Halske in einem geschlossenen Raume auf der anderen Seite der
Halle für Telegraphie und Telephonie einer Anzahl von in massiger Entfernung von dem
Telephon sitzenden Personen das hörbar machen, was in einem anderen, entfernten
Raume gesprochen, gesungen oder gepfiffen wird.
In Bezug auf die Ausführungsweise der telephonischen Apparate selbst muss noch
auf eine Neuerung hingewiesen werden, welche J.
Berliner in Hannover an seinen Mikrophonen (vgl. 1887 266 * 245) zur Anwendung bringt. Das Mikrophon, dessen schwingende Platte
aus Kohle und Glimmer hergestellt ist, enthält in einer Büchse in den ringförmigen
Vertiefungen eines Kohlenblockes Kohlenpulver; die Befestigungsschraube, an welcher
zugleich die Batteriezuführungen angebracht sind, wird so angeordnet, dass sie ganz
bequem ein Drehen des Mikrophons um diese Schraube in einer lothrechten Ebene
gestattet, wodurch verhütet werden soll, dass sich das Pulver mit der Zeit in den
Vertiefungen festpacke. Bei den Berliner'schen
Mikrophonen wird übrigens das Mundstück gewöhnlich nicht aus Hartgummi, sondern aus
Weichgummi hergestellt, da ja auch das menschliche Ohr weich ist.
C. Th. Wagner in Wiesbaden hat seinen ausgestellten,
beim Telephoniren zum Rufen zu benutzenden Magnetinductoren eine Einrichtung zu
geben gewusst, dass dieselben in Stromkreisen mit 2500 Ohm noch kräftig läuten.
Und schliesslich seien von den telephonischen Ausstellungsgegenständen noch die einen
eigenthümlichen Eindruck machenden Telephon-Ausrüstungsstücke erwähnt, welche J. Lechner aus Frankfurt a. M. in ziemlich reicher
Anzahl und grosser Mannigfaltigkeit in einem Wandschranke ausgestellt hat; dieselben
sind anscheinend als Schaustücke und vielleicht als Unterrichtsmittel zu dienen
bestimmt und sind ganz sauber ausgeführt, zum Theil aber doch etwas zu niedlich
ausgefallen.
IV.
An die Telegraphenanlagen für häusliche und städtische Zwecke schliesst sich
naturgemäss die Feuerwehrtelegraphie an. Die aus diesem
höchst wichtigen Gebiete in der Ausstellung – u.a. von Siemens und Halske, Mix und Genest, Naglo, J. Neher Söhne in München, O. Schöppe in Leipzig, Heller in Nürnberg, Zander in Frankfurt a. M.
– vorgeführten Gegenstände sind sehr zahlreich; sie vertreten zwar ganz ausgiebig
die verschiedenen Arten sowohl der selbsthätigen, wie auch der nicht selbsthätigen
Feuermelder, viel Neues findet sich aber in ihnen nicht. Bei den neueren
FeuermeldernUeber die ebenfalls ausgestellten älteren Fein'schen Feuermelder von 1875 und 1879 vgl. * S. 99, * 182 und * 189
des 1888 267 48 erwähnten Buches. von
C. und F. Fein in Stuttgart (vgl. auch 1877 226 427) wird der Meldende nicht bloss durch den
Ausschlag einer Galvanometernadel, sondern auch durch ein Glockensignal von der
Feuerwache her benachrichtigt, dass sein Ruf und seine Meldung dort verstanden
worden ist. Ferner soll in der Feuerwache durch eine Hochdruckturbine eine mit
letzterer unmittelbar gekuppelte Dynamo in Umdrehung versetzt werden, welche den
Strom für eine beliebige Anzahl von Elektromotoren liefern kann und durch deren
Räderwerk auf den Dächern der Häuser aufgestellte (vgl. 1880 237 * 41) Läutewerke mit Glocken von 500 mm Durchmesser in Thätigkeit
versetzt. Die Feuermelder sind in zuverlässigen gusseisernen Gehäusen untergebracht,
so dass sie ohne Bedenken im Freien aufgestellt werden können. Der in Fig. 14 abgebildete trägt oben eine durch ein
Glühlicht zu erhellende rothe Glaskugel mit der schwarzen Inschrift
„Feuermelder“. Zur Oeffnung der Thüren der Feuermelder bei einer
nothwendig werdenden Meldung werden numerirte Schlüssel vertheilt, die jedoch
nach dem Oeffnen der Thür nicht mehr ohne weiteres aus dem Schlosse herausgezogen
werden können, sondern nur mit Hilfe eines in den Händen der Feuerwehr oder Polizei
befindlichen zweiten Schlüssels. Da man so stets erfährt, wer die Meldung gemacht
hat, ist ein Missbrauch des Melders wenig zu befürchten. Zum Alarmiren der Führer
und Hornisten der Feuerwehr dienen Wechselstromglocken von 12, 16 und 25 cm
Durchmesser; die beiden ersteren sind mit Zeichenscheiben versehen und lassen bei
der Bewegung des Klöppels das Wort „Feuer“ Sichtbarwerden, das beim Ziehen an
einer seitlich angebrachten Schnur wieder verschwindet. Die schon aus dem Jahr 1875
stammende u.a. auch für Feuerwehrzwecke verwendbare Lärmkanone mit elektrischer Auslösung hatte Fein ebenfalls ausgestellt; das Rohr derselben ist um eine wagerechte
Achse drehbar und mit dem hinteren Ende schräg nach oben gerichtet, fällt aber nach
erfolgter Auslösung durch einen elektrischen Strom herab und dabei feuert das auf
einen Stift aufschlagende Zündhütchen den Schuss ab.
Textabbildung Bd. 282, S. 114Fig. 14.Fein's Feuermelder. Nun mögen einige Bemerkungen über die Nothsignaleinrichtungen für Maschinenanlagen folgen und der elektrischen
Abstellvorrichtungen gedacht werden. Bei den
meisten der ausgestellten Apparate – wie z.B. bei dem von Mix und Genest in Berlin (vgl. 1888 267 256)
und bei dem von Fein (vgl. 1888 270 * 256) – werden eine Anzahl von Druckknöpfen in den verschiedenen
Fabrikräumen aufgestellt und von diesen wird bei Eintritt eines Unfalls der
nächstliegende zur Entsendung eines Signalstromes nach dem Maschinenraume benutzt.
Von diesen Apparaten unterscheidet sich wesentlich und zwar durch das Vorhandensein
einer selbsthätigen Contactmachung der in Fig. 15
abgebildete sehr einfache Apparat, welchen J. Berliner
in Hannover und auch Stöcker und Co. in
Leipzig-Plagwitz in der Halle für Telegraphie und Telephonie zur Schau gestellt
haben. Berliner liefert solche Apparate schon seit
1885. hat aber deren Zuverlässigkeit neuerdings durch Hinzufügung einer
Controlvorrichtung zur Prüfung der Leitungen erhöht. Die mit „Nothsignal“
beschriebene Büchse ist durch einen Glasdeckel abgeschlossen, welcher einfach mit
dem an der Büchse hängenden Hammer durchzuschlagen ist, wenn eine rasche Abstellung
der Dampfmaschine sich nöthig macht. Beim Zerschlagen der Glasplatte wird der Stift
frei, der bisher von der Glasplatte zurückgehalten wurde und nun den Stromweg zu
einem Lärmapparate schliesst. Die Contacttheile sind so massig ausgeführt, dass eine
Beschädigung derselben durch den Schlag nicht zu befürchten ist. Wird ein
Controlschlüssel auf einen Dorn in der Büchse gesteckt, so lässt sich durch ihn ein
in der Büchse angebrachter Contactflügel so weit drehen, dass er ebenfalls die
Leitung schliesst und bei guter Leitung also die Lärmglocke ertönen muss.
Es wird nicht überflüssig sein, wiederholt auf die Vorzüge des Ruhestrombetriebes bei
allen derartigen Einrichtungen hinzuweisen; man erkauft bei demselben durch den
grösseren Batterie aufwand eine erhöhte Zuverlässigkeit der Anlage, weil sich
gewisse Leitungsstörungen sofort bei ihrem Auftreten selbsthätig kund geben. In der
Ausstellung waren ferner auch mehrere elektrische Einrichtungen (z.B. von Schöppe in Leipzig, die Frederking's) zur Anschauung gebracht, mittels deren von irgend einem
Fabriksraume aus im Falle des Bedarfs die Transmission abgekuppelt bezieh. die
Dampfmaschine selbst zum Stillstand gebracht werden soll.
Textabbildung Bd. 282, S. 115Fig. 15.Unfallmelder und Nothsignal von Berliner. Eine ganz eigenartige Aufgabe ist dem Schiffs-Commando-Telegraphen von Siemens und
Halske gestellt, welcher aus dem Capitänsapparate, dem Steuermannsapparate
und einer selbsthätigen Contactvorrichtung besteht und welcher seinen Platz in der
Mainausstellung angewiesen erhalten hat. Mittels dieses Telegraphen soll der Capitän
eines grossen Schiffes befähigt werden, dem Steuermann telegraphisch Weisungen über
die Steuerung zu ertheilen, jenem aber zugleich auch darüber Auskunft überbracht
werden, ob der Steuermann wirklich diesen Weisungen nachkommt. Demgemäss bildet
dieser Telegraph eine Verwachsung zweier von einander unabhängiger Telegraphen und
es tritt zu den eben zuerst genannten beiden Theilen noch der selbsthätig und im
Verborgenen arbeitende dritte hinzu. Der Capitänsapparat wird auf der Commandobrücke
aufgestellt und enthält in einer Büchse den Geber des die Befehle übermittelnden
Telegraphen und zugleich einen Empfänger des Antworttelegraphen. Der
Steuermannsapparat enthält in einer gemeinschaftlichen Büchse den Empfänger des
Befehlstelegraphen und ebenfalls einen Empfänger des Antworttelegraphen, der Geber
des letzteren aber ist durch eine Kette ohne Ende so mit dem Steuerruder verbunden,
dass er bei jeder Drehung des Ruders von selbst in Thätigkeit tritt. Will der
Capitän den Steuermann zu einer Aenderung der Steuerstellung veranlassen und ihm
vorschreiben, unter wie viel Grad er von jetzt ab steuern soll, so dreht er mittels
einer Kurbel einen schwarzen Zeiger in seinem Apparate in der einen oder in der
anderen Richtung so lange, bis der Zeiger auf den betreffenden Grad zu stehen kommt.
Dabei werden nun zugleich mittels eines geeigneten Contactmachers Ströme der Reihe
nach in vier verschiedene nach dem Steuermannsapparate laufende und mit einem
gemeinschaftlichen Rückleiter versehene Drähte entsendet und jeder Strom durchläuft
in dem Empfänger einen besonderen Elektromagnet; in welcher Reihenfolge aber diese
Ströme den vier Elektromagneten aus den vier Leitungen zugeführt werden, das hängt
von der Richtung ab, in welcher der Capitän seinen schwarzen Zeiger dreht, und
bedingt zugleich auch die Drehungsrichtung eines schwarzen Zeigers im Empfänger.
Jeder der vier Elektromagnete wirkt nämlich bei dem durch den Strom veranlassten
Anziehen seines Ankers mit einem Sperrkegel auf die Zähne eines Sperrrades, und es
sind die vier Elektromagnete gegen das auf seiner Achse den erwähnten schwarzen
Zeiger tragende Sperrad so gestellt, dass stets einer der vier Sperrkegel voll in
einer Zahnlücke liegt, der ihm gegenüber befindliche aber gerade auf der Spitze
eines Zahnes. Der zuerst genannte Sperrkegel ist es, dessen Elektromagnet zuletzt
von einem Strome durchlaufen worden ist; der nächste Strom ferner wird seinen Weg
durch den Elektromagnet entweder des dritten oder des vierten Sperrkegels nehmen,
welche in den Zwischenräumen zwischen den beiden ersteren angeordnet sind und zur
Zeit auf den Flanken zweier Zähne des Sperrades aufliegen und zwar so, dass der eine
beim Durchströmen seines Elektromagnetes das Sperrad und den schwarzen Zeiger des
Empfängers nach links herum, der andere dagegen nach rechts herum dreht. Bei jedem
vom Capitän gegebenen Befehl ertönt zugleich beim Steuermann eine Glocke, welche
dessen Aufmerksamkeit auf den Telegraphen lenkt.
Sieht nun der Steuermann das Fortschreiten des schwarzen Zeigers, so dreht er
dementsprechend sofort das Steuerruder und dabei entsendet zugleich der durch die
Kettenübertragung mit dem Steuerruder verbundene Geber des Antworttelegraphen
selbsthätig eine entsprechende Folge von Strömen von einer zweiten Batterie in einem
zweiten nach dem Steuermannsapparate und nach der Commandobrücke laufenden Satz von
vier Drähten, welche ebenfalls eine gemeinschaftliche Rückleitung besitzen. Diese
Ströme nun veranlassen in ähnlicher Weise das der Steuerbewegung angepasste
Fortrücken eines gelben Zeigers in den beiden Empfängern des Steuermanns und des
Capitäns. Diese beiden. Zeiger bewegen sich auf dem Zifferblatte etwas oberhalb der
schwarzen Zeiger; ihre Drehachse fällt mit derjenigen der schwarzen zusammen. Nähert
sich der gelbe Zeiger dem schwarzen, langt er schliesslich wieder über demselben an
und verdeckt ihn, so erkennen Steuermann und Capitän, dass der gegebene Befehl
richtig ausgeführt wird bezieh. ausgeführt worden ist. Wie die vom Capitän
entsendeten Ströme ausser dem Glockenelektromagnete
noch einen Empfängerelektromagnet durchlaufen, so gehen die Antwortströme stets
durch je einen Elektromagnet ihrer beiden Empfänger.
(Schluss folgt.)