Titel: | Stopfbüchsen- und Kolbendichtungen. |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 121 |
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Stopfbüchsen- und Kolbendichtungen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 76 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Stopfbüchsen- und Kolbendichtungen.
II. Kolbendichtungen.
Bei den Kolbendichtungen wird nur noch ausnahmsweise anderes Material als Metall
benutzt, da die hohen Dampfspannungen gebieterisch ein der dauernden Einwirkung der
Wärme widerstehendes Material verlangen. Auch die Elasticität ist nur durch Metall
auf die Dauer genügend zu erhalten.
Textabbildung Bd. 282, S. 121Fig. 32.St. John-Kolbendictung. Eine der einfachsten Kolbenconstructionen, die mit den bekannten Ramsbottom'schen Hingen, hat ihren alten guten Ruf
bewährt, und wird wegen ihrer billigen Herstellung und ihres dichten Abschlusses
noch viel verwendet. Die Firma Cocker-Brothers lim. in
Sheffield, welche die Herstellung dieser Kolben als besonderen Fabrikationszweig
betreibt, macht über die gebräuchlichen zu einander gehörigen Maasse der Kolben und
Kolbenringe nachstehende Angaben:
Querschnittsabmessungen
Zugehöriger Cylinder-durchmesser
3/16 × 3/16'' engl. (5 × 5 mm)
(100 bis 225 mm)
9/32 × 1/4'' engl. (7 × 6,5 mm)
(230 „ 400 mm)
⅜ × 5/16'' engl. (10 × 8 mm)
(405 „ 500 mm)
7/16 × ⅜'' engl. (11 × 10 mm)
(505 „ 700 mm)
⅝ × ½'' engl. (16 × 13 mm)
(705 „ 960 mm)
⅞ × 9/16'' engl. (23 × 15 mm)
(965 „ 1215 mm)
1⅛ × ⅜'' engl. (28 × 19 mm)
(1220 mm) und mehr
Die St. John-Kolbendichtung (Fig. 32), welche durch
die Firma S. and E. Ransome and Co., London, vertrieben
wird, hat ⌜-förmige Ringe B, welche in dem Ringe A ihre Führung haben. Letzterer ist in gewöhnlicher
Weise von dem Boden C und dem Deckel J des Kolbens gehalten. Der Ring A ist an den Rändern ausgedreht, damit einestheils die
Federn in die Nuth geschoben werden können, ohne so sehr der Gefahr des Verbiegens
und Brechens ausgesetzt zu sein, anderentheils um dem frischen Dampfe eine
Einwirkung auf die Dichtung dadurch zu gestatten, dass der Ring B von aussen auf den breiten Sitz aufgedrückt wird.
Textabbildung Bd. 282, S. 121Fig. 33.Kolbendichtung von Haniel und Lueg. Diese Wirkung tritt bei den glatten Ramsbottom'schen Ringen allerdings in gleicher Weise ein; der
Vortheil der abweichenden Form der Ringe kann also nur in der grösseren
Reibungsfläche, und dem derselben entsprechend geringeren Verschleisse liegen.
Von den wenigen Constructionen, welche in Deutschland zur Patentirung gelangt sind,
sind nachstehende bemerkenswerth.
Die Firma Haniel und Lueg, Düsseldorf-Grafenberg,
verwendet bei ihrer Kolbendichtung (D. R. P. Nr. 53793 vom 21. Januar 1890) axial
verschiebbare Kegelringe C und D (Fig. 33) zum Anpressen der Liderringe
A und B. Die
Kegelringe C und D werden
mittels Rankenfedern e nach der Richtung des
Cylindermittels aus einander geschoben, bis zu einem durch die Schraube e regelbaren Maasse. Hierbei bewirken die konischen
Flächen a und b das
Anpressen der Liderringe A und B sowohl an die Kolbenwand als auch an den Kolbenkörper.
Textabbildung Bd. 282, S. 121Socher's Kolbendichtung.Adolph Socher in Laibach wendet für seine
Kolbendichtung (D. R. P. Nr. 49564 vom 1. Juni 1889. Fig. 34 und 35) übergreifende
selbstspannende Liderungsringe A an, welche über den
glatt abgedrehten Kolben B greifen. Sie sind durch
Sprengringe C gegen Verschiebungen in der Richtung der
Kolbenachse gesichert und erhalten nötigenfalls noch eine Spannfeder D, welche das Anlegen an die Wand des Kolbens
verstärkt. Die Liderungsringe sind schräg geschnitten und erhalten an der
Schnittstelle eine Zunge, welche mit der Spannfeder D
vernietet oder verschraubt ist. Die Patentschrift zeigt die Verwendung dieser
Dichtung für den Dampfkolben und den Schieberkolben einer Dampfmaschine.
Textabbildung Bd. 282, S. 121Fig. 36.Tripp's Metallkolben.Thomas Tripp in Avon, Mass., Nordamerika, hat sich
durch D. R. P. Nr. 49040 vom 30. October 1888 ab eine metallene Kolben- und
Stopfbüchsenpackung aus Kreisabschnitten mit prismatischen Führungsstücken schützen
lassen.
Die einzelnen Metallstücke sind so geformt, dass sie durch Aneinanderreihen einen
geschlossenen Ring bilden.
Die erste Ausführungsform wird durch Fig. 37 dargestellt, und
wird bei derselben nur ein Formstück gebraucht,
dessen prismatischer Theil abwechselnd nach der einen und anderen Richtung des
Kolbens reicht.
Textabbildung Bd. 282, S. 122Tripp's Metallkolbendichtung. Bei der zweiten Ausführungsform sind zwei verschiedene Formstücke (Fig. 38 und 39) erforderlich, die
gabelförmig in einander geschoben werden. Rankenfedern drücken die Formstücke an die
Cylinderwand, wie Fig. 36 zeigt. Zur Bildung des
Kolbenkörpers werden diese Theile durch Boden und Deckel in gewöhnlicher Weise
zusammengehalten. Bezüglich der Verwendung dieser Construction. zu Stopfbüchsen,
welche den Bewegungen des Kolbens sollen folgen können, verweisen wir auf die
Patentschrift, um so mehr, da wir diese Packung, als aus zu vielen einzelnen Theilen
bestehend, für verfehlt halten.
Diese Construction hat einige Aehnlichkeit mit der 1887 266 * 54 beschriebenen metallischen Dichtung von Pflaum.
Die bei Kolbendichtungen häufiger anzutreffende Einrichtung, dass die Dichtungsringe
konisch gestaltet und durch einen entsprechenden konischen Pressring gespannt sind,
findet sich in mehreren Ausführungen.
Textabbildung Bd. 282, S. 122Fig. 40.Thompson's Kolbendichtung. Die erstere derselben ist die in Fig. 40
vorgeführte Kolbendichtung von S. Thompson in Lady
Pitlane, Leeds. Die Dichtungsringe DD werden von dem
konischen Ringe B angepresst. Letzterer besteht aus
zwei Hälften, welche je durch drei Presskolben C
bezieh. deren Rankenfedern vorgeschoben werden. Die Presskolben haben ihre Führung
in Ausbohrungen des Dampfkolbens. Nach Engineering vom
16. November 1888 sowie Engineer vom 20. December 1889
sollen diese Kolben sich gut bewähren.
Textabbildung Bd. 282, S. 122Fig. 41.Doubtfine's Kolben. Eine andere Ausführungsform Fig. 41 ist die
durch das englische Patent Nr. 13356 vom 15. September 1888 geschützte Construction
von Doubtfine, Webster und Jackson in Goole; anstatt
der beschriebenen Anpressung mit Rankenfedern sind hier flach S-förmig gebogene Federn von Flachstahl zur Verwendung
gekommen.
Textabbildung Bd. 282, S. 122Husband's Metallkolben. An dieser Stelle mag auch noch der Kolben von Husbands in Stapleford, Nottinghamshire (Fig. 42 bis 46. Englisches Patent
Nr. 9340 vom 5. Juni 1889) erwähnt werden. Derselbe zeigt ebenfalls die konischen
Dichtungsringe BB, diese werden jedoch durch zwei
doppelt konische Ringe C angedrückt, welche ihrerseits
durch eine der ganzen Rundung nach um bezieh. zwischen dieselben gelegte
Rankenfedern zur Seite geschoben werden. Um dem Ringe B
eine grössere Elasticität zu ertheilen, sind, wie Fig. 44 und 45 zeigen, Einschnitte
E in demselben angebracht.
Textabbildung Bd. 282, S. 122Jack's metallischer Kolbenring. Ebenfalls auf der Wirkung konischer Flächen beruht Jack's metallischer Ring, den Engineering vom
6. April 1888 beschreibt. In Fig. 49 und 50 ist der im Kolben eingeschlossene Ring, und in Fig. 47 und 48 sind dessen einzelne
Theile gezeigt. Der innere Ring A ist an einer Stelle
aufgeschnitten; in der Nähe der Schnittstelle hat derselbe die Knaggen E, welche mit einem Schlitz versehen sind, durch welche
ein Flachstahlstück C gelegt ist; über dasselbe ist
eine Stahldrahtfeder D geschoben, welche den Ring
stetig in Spannung hält und in dieser Weise die konischen Flächen zur Wirkung
bringt.
Textabbildung Bd. 282, S. 122Jack's Kolbenring. Die „Clyde“-Kolbendichtung (Fig. 51 und 52) von J. Menzies, Mount Street Glasgow, besteht nach Industries vom 3. April 1891 aus zwei Ringen, welche je
an einer Stelle aufgeschnitten und an den Schnittstellen in gewöhnlicher Weise mit
Zunge geschlossen sind. An der inneren Seite haben diese Ringe, wie Fig. 51 zeigt, konische
Ansätze a, in welche ein von Rankenfedern c angedrücktes Prisma b
eingelegt ist. Durch den Druck dieser Federn werden die Ringe aus einander
getrieben, so dass sie sich sowohl an die Kolbenflanschen als auch an den Cylinder
anlegen. In der
Quelle ist noch eine schwalbenschwanzförmige Einlage skizzirt, die zum Ersatz
der üblichen Zungen als Dichtung an der Schnittstelle dient. Diese Kolbendichtung
soll sich unter schwierigen Verhältnissen gut bewährt haben, wie Industries mittheilt.
Textabbildung Bd. 282, S. 123Clyde's Kolbendichtung. Auf ähnlicher Grundlage beruhen die Ringe von Lockwood und Co., Ocean-Works, Sheffield (Fig. 53 und 54), welche in zwei
Anordnungen ausgeführt werden, die Engineering vom 11.
April 1890 entnommen und wohl ohne weitere Erklärung verständlich sind.
Textabbildung Bd. 282, S. 123Lockwood's Kolbenringe. Eine Reihe von Kolbenconstructionen sind noch ersonnen, um, theils durch
Verwendung von Federn, theils durch Einwirkung des Dampfes, die Nachtheile des
Gewichtes der Kolben aufzuheben bezieh. zu mildern. Da mit den bisherigen
Constructionen der Zweck nicht erreicht ist, so wollen wir sie unerwähnt lassen.