Titel: | Beiträge zur Technologie der Chrompigmente. |
Autor: | Carl Otto Weber |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 139 |
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Beiträge zur Technologie der
Chrompigmente.
Von Dr. Carl Otto
Weber.
Beiträge zur Technologie der Chrompigmente.
Chromgrüne aus Chromgelb.
Der Name Chromgrün kommt von Rechtswegen nur dem Chromoxydhydrat (Guignets Grün) oder
den aus Chromoxydsalzen resp. Doppelsalzen bestehenden grünen Pigmenten zu. Indessen
ist es ein feststehender Handelsgebrauch geworden, die aus Mischungen von Chromgelb
und Pariserblau bestehenden grünen Pigmente ebenfalls als Chromgrüne zu bezeichnen,
und ist das eigentliche Chromgrün, das Guignets Grün, im Handel besser unter dem
Namen PermanentgrünGemenge von Guignets Grün und Zinkgelb führen den Namen
Victoriagrün. bekannt.
Drei Punkte sind es in der Fabrikation der gemischten
Chromgrüne, von denen die Beschaffenheit und Qualität der erzeugten Pigmente in
erster Linie abhängt, nämlich
a) die Art des verwendeten Chromgelbes
b) die Art des verwendeten Blaues
c) das Verfahren der Mischung oder Vereinigung des Gelbes und
Blaues.
Welch grosse Rolle die Nuance des angewendeten Gelbes spielt in Bezug auf die
Schönheit des erhaltenen Grünes, ist jedem, der mit Farbenmischungen in irgend einer
Form zu thun hat, längst bekannt und ist in der Fabrikation der Chromgrüne es längst
als Regel erkannt worden, dass nur ein klares Gelb von rein schwefelgelber oder
citrongelber Nuance ein feuriges Grün zu liefern im Stande ist. Dabei verdient aber
hervorgehoben zu werden, dass die Klarheit des Gelbes nicht so wichtig ist, als die
Abwesenheit jeder Spur eines orangefarbenen Tones, denn während thatsächlich Gelbe,
deren Ton weder als klar, noch als feurig bezeichnet werden kann, Grüne von höchster
Schönheit zu liefern im Stande sind, wird selbst ein sehr feuriges Gelb mit wenn
auch noch so schwachem orangem Stich minderwerthige Grüne ergeben, deren Ton sich,
entsprechend dem stärkeren oder schwächeren Orangeton des Gelbes, mehr oder weniger
den stumpferen, unter den Namen Moosgrün oder Olivegrün gehandelten Schattirungen
nähert. Aus diesem Grunde ist das unter den gewöhnlichen Bedingungen dargestellte
Chromgelb der Formel PbCrO4 für die Darstellung
feuriger Chromgrüne unverwendbar, da, wie in einem früheren Artikel gezeigt,
dasselbe, wenn nicht unter ganz speciellen Bedingungen hergestellt, stets einen sehr
kräftigen Orangeton zeigt, der, wie oben angegeben, seiner Verwendung für die
Chromgründarstellung absolut im Wege steht. Die Darstellung von Moos- und
Olivegrünen aus diesem Gelb ist natürlich ohne Schwierigkeiten, diese bilden aber
nicht den Gegenstand vorliegender Besprechung.
Die Thatsache, dass Chromgelbe von klarer, feuriger, rein Schwefel- oder citrongelber
Nuance technisch nur erhalten werden können durch simultane Füllung von Bleisalzen
mit Bichromat und Schwefelsäure resp. Sulfaten, zeigte auf das klarste, auf welche
Weise die zur Weiterverarbeitung auf Grün beabsichtigten Gelbsätze herzustellen
sind. Das in dem Fällungsgemisch für diese Gelbsätze benutzte Verhältniss von Chrom
säure und Schwefelsäure resp. Chromat und Sulfat scheint zunächst in keiner Weise
näheren Bestimmungen zu unterliegen, das heisst, ein jedes Chromgelb, immer
vorausgesetzt, dass es den oben aufgestellten Bedingungen entspricht, scheint für
die Darstellung von Chromgrünen geeignet, gleichgültig ob es in der Zusammensetzung
der Formel (PbCrO4)2PbSO4 oder PbCrO4(PbSO4)2 oder einer zwischen diesen Extremen liegenden
Formel entspricht. Thatsächlich lassen sich aus jedem innerhalb dieser Grenzen
liegenden Gelb Grüne herstellen, die in Bezug auf Nuance tadellos sind. Mit
Rücksicht auf die Deckkraft zeigt es sich aber bald, dass es von Bedeutung ist, so
wenig als möglich Bleisulfat neben dem Bleichrom at mitzufällen, da ersteres dem
letzteren an Deckkraft bedeutend nachsteht, woraus unmittelbar folgt, dass das
Verhältniss von Chromat und Sulfat in der Fällungslösung für das Chromgelb, von
erheblichem Einfluss auf das daraus erzielte Grün ist. Aus diesem Grunde zeigen die
von den nach diesem einfachsten Chromgrün verfahren von verschiedenen Fabrikanten
erzeugten Chromgrüne fast stets dasselbe Verhältniss von Bleichrom at und
Bleisulfat, nämlich ungefähr 5 : 2,5. Dieses Verhältniss mit Bezug auf das
Bleisulfat noch geringer zu nehmen ist nicht rathsam, da ein solches Gelb leicht dem
„Umschlagen“ ausgesetzt ist, eine Gefahr, die ausserdem erfahrungsgemäss
durch das zugemischte Blau noch wesentlich erhöht wird.
Bei der Fabrikation von Chromgrünen nach diesem Verfahren wird zunächst das Chromgelb
hergestellt. Die Vorschrift:
I.
36 7,5 7,5 5
Bleizucker (32 Bleinitrat),Bichromatschwefelsaure
ThonerdeKreide
wurde und wird noch an vielen Orten benutzt. Es wird die
Lösung des Bleisalzes, mit den vereinigten Lösungen von Bichromat und
Thonerdesulfat, denen noch die Kreide zugefügt wurde, gefällt. Die Kreide (in Wasser
aufgeschlämmt) dient lediglich als ein Neutralisationsmittel, um die Bildung freier
Säure zu verhüten; die Nuance des erzielten Chromgelbes wird dadurch wesentlich
voller, ohne ihren charakteristischen Ton zu verlieren. Es ist aus diesem Grunde
obige Vorschrift besser als die in österreichischen Fabriken vielfach benutzte:
II.
26 7,5 3,5
BleizuckerBichromatkryst. Glaubersalz
oder die folgende, trotz ihres ziemlich hohen
Schwefelsäuregehalts sehr schöne Resultate liefernde:
III.
36 7,5 7,8 9
BleizuckerBichromatcalc. GlaubersalzSolvav-Soda
(calc).
In letzterer Vorschrift dient wieder die Soda, wie in I die
Kreide, zur Unterdrückung der Acidität. Die in letzterem Falle verwendete Soda wird
gewöhnlich den vereinigten Lösungen von Bichromat und Glaubersalz zugesetzt,
besonders schöne Resultate erhält man aber, wenn man die Sodalösung in die
Bleizuckerlösung einrührt und dann die Fällung wie gewöhnlich vornimmt. An den
Aciditäts- bezieh. Neutralitätsverhältnissen des Gelbsatzes wird hierdurch natürlich
nichts geändert, aber die bei letzterer Arbeitsmethode während der Fällung frei
werdende Kohlensäure ist von erheblichem und günstigem Einflüsse auf die
Beschaffenheit des erzielten Gelbes.
Das Auswaschen der gelösten Salze aus dem gefällten Chromgelbe ist ein Punkt von
erheblicher Wichtigkeit und ist es eine anerkannte Thatsache, dass ein bestimmtes
Gelb um so klarer und feuriger ausfällt, je schneller dasselbe ausgewaschen wurde.
Im Grossen sind im Allgemeinen zwei frische Aufgüsse von Wasser genügend. Diese
Wichtigkeit schnellen Auswaschens wird am besten illustrirt durch die Erfahrung,
dass ein Chromgelbsatz in kleinem Maasstabe im Laboratorium ausgeführt stets schöner
ausfällt als derselbe Satz im Grossen, da das Auswaschen der kleinen Quantität im
höchsten Falle zwei Stunden in Anspruch nimmt, gegen ungefähr acht Stunden, die
diese Operation im Betriebe erfordert. Ist das Gelb ausgewaschen, so wird die
„Bläuung“ des Gelbes, das heisst dessen Umwandlung in Grün, durch Zusatz
von Pariserblau vorgenommen. Das Pariserblau wird nach dieser Arbeitsmethode stets
in Form eines Teiges von ermitteltem Trockengehalt verwendet. Die Quantität
Pariserblau, die zugesetzt wird, ist natürlich gänzlich von der beabsichtigten
Nuance abhängig und lässt sich deshalb nicht bestimmt angeben, sie beträgt im
Allgemeinen für unverdünnte
Chromgrüne zwischen 5 bis 36 k trocken gerechnetes Blau, für verdünnte Grüne
und correspondirende Nuancen aber ungefähr im Verhältniss der Verdünnung weniger.
Letzteres rührt daher, dass die Deckkraft des Pariserblaues der von Chromgelb weit
überlegen ist, in Folge dessen erleidet das letztere durch die Verdünnung eine viel
grössere Reduction in der Stärke der Nuance als ersteres und daher genügt eine zu
dem Verdünnungsgrad in umgekehrtem Verhältniss stehende geringere Menge von
Pariserblau zur Erzielung desselben Grüntones, den ein reines Grün zeigt. Ist das
Grüngemisch genügend durchgerührt, so wird der Grünbrei filtrirt, gepresst und
getrocknet, darauf in Pulverform gebracht. Durch letztere mechanische Bearbeitung
erhält die Masse gleichzeitig den erforderlichen Grad von Homogenität, der sich bei
der Nassmischung von Gelb und Blau auf obige Weise nie erreichen lässt. Soll daher
ein auf diese Weise dargestelltes Grün als Teigfarbe verwendet werden, so muss der
von Wasser genügend befreite Grünbrei durch Nassmühlen passirt werden, eine
umständliche und kostspielige Operation.
Das soeben beschriebene Chromgrünverfahren ist das älteste, wird aber noch in vielen
Fabriken ausgeübt. Es ist aber dieses Verfahren nicht nur unrationell und
umständlich, sondern auch sehr unsicher und nicht selten mit erheblichen
Fabrikationsverlusten verbunden durch „Umschlagen“ der Nuance, die Ursache
welcher Erscheinung noch nicht in zufriedenstellender Weise ermittelt und somit
vermieden werden konnte. Der relative Verbrauch an Pariserblau in diesem Verfahren
ist sehr hoch, was erklärlich ist, wenn man berücksichtigt, dass das verwendete
Blau, selbst wenn durch ein sehr feines Sieb zu dem Chromgelb geschlämmt, doch noch
immer in einem Zustande der Körnung sich befindet; diese feinen Körner werden von
dem Chromgelb umhüllt und kommen so nur theilweise zur Wirkung. In geringem Grade
wird der hierdurch bedingte Blauverlust durch die Wirkung der nachfolgenden Mahlung
und Siebung etwas vermindert*, keineswegs aber in dem Maasse, dass der Maximaleffect
der verwendeten Menge Blau erreicht würde. Ausserdem zeigen diese Grüne, vielleicht
in Folge der sehr losen und oberflächlichen Verbindung zwischen dem Gelb und Blau,
die sehr fatale Eigenschaft, am Lichte ausserordentlich rasch zu verbleichen, im
directen Sonnenlichte geht dies häufig mit solcher Schnelligkeit vor sich, dass oft
binnen einer halben Stunde die grüne Nuance vollständig zerstört ist und einem
schmutzigen Gelb Platz gemacht hat, dem sich durch Behandlung mit schwach erwärmter
verdünnter Salpetersäure grosse Mengen von Eisenoxyd entziehen lassen.
Erwähnenswerth ist, dass dieses Verbleichen von der Entwickelung erheblicher Mengen
von Cyan, aber nicht Cyanwasserstoff, begleitet ist; Wasser, selbst wenn kochend,
entzieht dem gebleichten Grün nicht die geringste Spur von Ferro- oder Ferricyanür,
so dass die Bleichung offenbar auf der radiralen Zersetzung des Blaumoleküls durch
die Sonnenstrahlen beruht. Die Bleichung ist gänzlich unabhängig von der Anwesenheit
von Sauerstoff und geht thatsächlich im Vacuum mit derselben Schnelligkeit und
Gründlichkeit vor sich als in einer Atmosphäre von reinem Sauerstoff, ozonhaltigem
Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff oder Kohlensäure. Dies erscheint merkwürdig,
aber nur auf den ersten Blick, da ja offenbar das vorhandene Bleichromat im Stande
ist, den erforderlichen Sauerstoff zu liefern; dass dies in der That der Fall
ist, geht aus dem Umstände hervor, dass verdünnte Salpetersäure dem gebleichten
Grün nicht nur Eisenoxyd sondern auch Chromoxyd entzieht. Merkwürdiger Weise gelang
es mir nie, in dem salpetersauren Extract auch Bleioxyd nachzuweisen, das doch
unbedingt in einer dem extrahirten Chromoxyd äquivalenten Menge gebildet werden
muss. Die einzige Erklärung für diese auffallende Erscheinung dürfte in der Annahme
liegen, dass bei der Zersetzung des Bleichromats das Blei als Superoxyd abgespalten
wird, entsprechend der Gleichung:
2PbCrO4 = 2PbO2 + Cr2O3 + O.
Entsprechend dieser Gleichung wären zur Zersetzung eines Moleküls Pariserblau Fe5(CN)18 7,5 Atome
Sauerstoff oder, nach obiger Gleichung, 15 Moleküle Bleichrom at erforderlich. Der
Umstand, dass sich an dieser Reaction ein so grosser Atomcomplex betheiligt, dürfte
wohl mit der auffallenden Schnelligkeit im Zusammenhang stehen, mit der diese
Bleichung vor sich geht. Die oben dargelegte Einwirkung des Bleichromates auf das
Pariserblau geht übrigens in geringem Maasse vor sich auch ohne die Mitwirkung des
Lichtes; Verfasser hat wiederholt beim Verarbeiten auf obige Weise dargestellter und
getrockneter Grüne auf dem Kollergang die Entwickelung erheblicher Mengen eines nach
Cyan resp. Blausäure riechenden Gases beobachtet. Die Ursache dieser Erscheinung ist
schwer verständlich. Die Idee, dass dieselbe in einem durch ungenügendes Auswaschen
bedingten Säuregehalt des angewandten Blauteiges zu suchen sei, ist durchaus nicht
stichhaltig, da dieselbe bei Anwendung absolut neutralen Pariserblaues in gleichem
Maasse auftritt. Um so auffallender ist daher die Thatsache, dass dieses Verbleichen
der Chromgrüne fast gänzlich, obgleich nicht unbedingt, vermieden werden kann, wenn
der Blauteig, anstatt dem fertigen Gelb, vor der Fällung der Lösung des Bleisalzes
zugefügt wird. Bei diesem Verfahren findet natürlich zunächst eine wesentlich
innigere Mischung des Blaues und Gelbes statt, dieselbe ist aber auch in diesem
Verfahren, wie leicht einzusehen, keineswegs vollkommen. An eine chemische
Einwirkung des Bleisalzes auf das reine und absolut säurefreie Pariserblau ist doch
wohl kaum zu denken. Auch beim Verarbeiten des auf diesem Wege erzeugten Grünes auf
dem Kollergang ist der Blausäure- oder Cyangeruch noch deutlich, wenn auch schwach
wahrnehmbar. Dem Verbleichen im Lichte sind aber diese Grüne weit weniger ausgesetzt
und verdient daher diese Darstellungsmethode vor der vorhergehenden entschieden den
Vorzug, obgleich andererseits der Verbrauch an Pariserblau zur Herstellung einer
bestimmten Grünnuance kaum geringer ist als nach dem ersten Verfahren. Im Uebrigen
hat diese Methode den Vorzug, das so langwierige vollständige Auswaschen des
Pariserblau-Teiges überflüssig zu machen, indem eine geringe Menge Säure, die dem
Blau etwa noch anhaftet, sofort von dem Bleiacetat neutralisirt wird.
Wenn nun auch die auf diesem Wege erhaltenen Grüne etwas echter sind, als die nach
dem vorhergehenden Verfahren erzeugten, so sind dieselben doch keineswegs als
lichtecht zu bezeichnen, auch ist die Methode in Bezug auf den Blauverbrauch nicht
rationeller als die ersterwähnte, da in der Form, in welcher das Blau dem Gelbsatz
zugeführt worden ist, keine Aenderung gemacht wurde. Beiden Verfahren
gemeinschaftlich ist ferner der die Deckkraft der
Grüne benachtheiligende Umstand, dass das verwendete Gelb einen nicht
unerheblichen Procentsatz an Bleisulfat neben dem Bleichromat erhält.
Der Grund der Anwesenheit des Bleisulfates ist ein triftiger und bereits zur Genüge
aus einander gesetzt. Es hat aber nie an Versuchen gefehlt, ein für die
Chromgrünfabrikation taugliches Gelb frei von Bleisulfat herzustellen. Es ist
ungefähr zehn Jahre her, dass diese Versuche Erfolg hatten, doch lässt sich weder
der genaue Zeitpunkt, noch der Urheber der Entdeckung mit Sicherheit ermitteln. Das
Verfahren selbst ist höchst eigenthümlich und beruht auf der Fällung von Bleizucker
mit einer Lösung von Bichromat, das mit Weinsäure oder Citronensäure partiell
reducirt wurde. Es werden z.B. 20 k Bichromat in ungefähr 60 k Wasser siedend gelöst
und in die siedend heisse Lösung 2 k krystallisirte Citronensäure eingetragen. Es
beginnt sofort eine äusserst heftige Kohlensäureentwickelung, nach deren völligem
Aufhören die Lösung, die nun von schwärzlich olivenbrauner Farbe ist, mit ihrem
drei- bis vierfachen Quantum kalten Wassers abgekühlt wird. Mit dieser Lösung fällt
man sodann eine ebenfalls kalte Lösung von 56 k Bleizucker in 1000 k Wasser. Das
gefällte Gelb ist zunächst von höchst merkwürdiger Nuance, durchaus nicht feurig, im
Gegentheil trübe, aber es besitzt einen auffallenden grünen Ton. An und für sich,
das heisst als Gelb, ist das so erhaltene Product geradezu werthlos, um so
merkwürdiger ist es daher, dass es mit Pariserblau Grüne liefert, welche den mit
Bleisulfat haltigen Gelben dargestellten weit überlegen sind, nicht nur an Schönheit
des Tones, sondern auch an Echtheit. Eine fernere hervorragende Eigenschaft dieses
Gelbes ist, dass es in keiner Weise zum „Umschlagen“ neigt, eine gewiss sehr
bemerkenswerthe Thatsache, wenn man bedenkt, dass auf gewöhnlichem Wege, das heisst
durch Fällung einer Bleizuckerlösung mit Mono- oder Bichromat, nuancenbeständige,
nicht dem „Umschlagen“ ausgesetzte Gelbe so gut wie nicht darstellbar
sind.
Der wichtige Punkt in der soeben beschriebenen Gelbmethode ist natürlich die
partielle Reduction der Chromsäure durch die Citronensäure, und die nächste Frage
ist nun die nach dem Mechanismus dieser Reaction. Zwei Fälle sind möglich, die durch
die folgenden Gleichungen zum Ausdruck gebracht werden:
a) 6K2Cr2O7 + 7C6H8O7 =
6K2CrO4 +
3Cr2(C6H5O7)2 + 6CO2 + 13H2O
b) 15K2Cr2O7 + C6H8O7 =
15K2CrO4 +
3Cr2(CrO4)3 + 6CO2 + 4H2O
Ob die Reaction im Sinne der Gleichung a) oder in dem von b verläuft, lässt sich nur
auf Grundlage des Experiments entscheiden. Zu diesem Ende wurden 20 g K2Cr2O7 in 50 cc Wasser siedend gelöst und in die siedende
Lösung 2 g krystallisirte Citronensäure eingetragen. Nach Aufhören der erst sehr
stürmischen Kohlensäureentwickelung wurde bis zur völligen Beendigung der Reaction
weiter erhitzt. Das olivenbraune Reactionsgemisch, das unbedingt Chromoxyd enthalten
muss, wurde mit Ammoniak schwach alkalisch gemacht, kurze Zeit zum Kochen erhitzt
und filtrirt, aber nicht die geringste Spur von Chromoxyd wurde erhalten. Fällt man
dagegen das ursprüngliche Reactionsgemisch mit einem Ueberschuss von Bleiacetat, so
erhält man ein deutlich grün gefärbtes Filtrat, aus dem sich nach Entfernung des
Bleies das Chromoxyd mit Ammoniak vollständig ausfällen lässtBleicitrat ist unlöslich in verdünnter Essigsäure.. Dieses
Verhalten spricht unbedingt für den Verlauf der Reaction im Sinne der Gleichung a,
wonach der Process unter Bildung von Chromcitrat verläuft, aus welchem Salze das
Chromoxyd durch Ammoniak bekanntlich nicht fällbar ist. Dies erscheint aber
andererseits sehr auffallend, wenn man berücksichtigt, dass in dem wie oben
angegeben zusammengesetzten Reactionsgemisch ein grosser Ueberschuss von Bichromat
vorhanden ist, von dem zu erwarten wäre, dass es etwa im Sinne der Gleichung a)
gebildetes Chromcitrat unter Bildung von Chromchromat weiter oxydiren würde.
Letzteres ist in der That der Grundgedanke der Gleichung b).
Zur weiteren Aufklärung dieser Frage wurden 20 g Bichromat in 50 cc Wasser siedend
gelöst, 2 g krystallisirte Citronensäure eingetragen, bis zum Aufhören der
Kohlensäureentwickelung erhitzt, sodann mit kaltem Wasser verdünnt, eine Lösung von
160 g Ferroammonsulfat zugefügt, kräftig umgeschüttelt und nach Zusatz von 10 g
Schwefelsäure und wiederholtem kräftigem Umschütteln das Gesammtvolumen der nunmehr
dunkelgrünen Lösung auf 1000 cc gebracht. Der Ueberschuss an Ferrosalz wurde mit
Permanganat zurücktitrirt: 1 g Fe(NH4)2(SO4)2, 6 aq. erforderte 57,0 cc Permanganat. Die
Titration der auf obigem Wege erhaltenen Lösung erfordert gewisse
Vorsichtsmaassregeln einerseits wegen der grünen Farbe derselben, andererseits wegen
des (als möglich vorausgesetzten) etwaigen Gehaltes an Citronensäure. Soweit die
Farbe der Lösung in Betracht kommt, bietet die Erkennung des Endpunktes der
Titration keine Schwierigkeit, wenn man bei genügender Verdünnung arbeitet. 5 cc der
zu titrirenden Lösung, verdünnt mit 100 cc Wasser, lassen den Endpunkt mit grosser
Schärfe erkennen, indem beim ersten überschüssigen Tropfen Permanganat die grüne
Farbe der Flüssigkeit sofort in ein blasses Violettgrau umschlägt. Mit Rücksicht auf
etwa vorhandene Citronensäure ist zu bemerken, dass deren Oxydation durch das
Permanganat nicht zu befürchten ist, solange noch Ferrosalz in der Lösung vorhanden
ist; sobald aber dieses oxydirt ist, wird, wenn auch langsam die Citronensäure
angegriffen. Die wie oben angegeben zu Ende titrirte Lösung nimmt daher nach kurzer
Zeit ihre frühere rein grüne Farbe wieder an und muss deshalb die Titration als
beendet angesehen werden, sobald der erwähnte Farbenumschlag zum ersten Male
eingetreten ist. Bei der Titration der wie oben angegeben erhaltenen
Reactionsflüssigkeit wurden folgende Zahlen erhalten:
5 cc der Chromlösung erfordern 2,7 cc Permanganat,
es erfordern also
1000 cc der Chromlösung 540 cc Permanganat
57,0 cc Permanganat = 1,000 g Fe(NH4)2(SO4)2, 6aq.
540,0 cc Permanganat = 9,473 g Fe(NH4)2(SO4)2, 6aq.
Mithin sind von den angewendeten 160 g Ferroammonsulfat
150,527 g durch Chromat reducirt worden und zwar waren hierzu 18,870 g Bichromat
nöthig. Es müssen mithin die 2 g Citronensäure 1,13 g Bichromat reducirt haben. Aus
den beiden früher aufgestellten Reactionsgleichungen ergibt sich nun, dass nach
Gleichung a) 2 g Citronensäure 1,2 g Bichromat reduciren, während nach Gleichung b)
dasselbe Quantum Citronensäure 8,4 g Bichromat reduciren müsste. Es kann also danach
keinem Zweifel mehr unterliegen,
dass die Reaction zwischen Citronensäure und Bichromat im Sinne der Gleichung
a) verläuft.
Aus der Gleichung a), die wir durch obige analytische Resultate bestätigten, ergibt
sich nun, dass das Reactionsproduct aus 20 g Bichromat und 2 g Citronensäure
folgende Zusammensetzung besitzt:
17,592 g K2Cr2O7
100
Proc.
1,587 g K2CrO4
oder
9
„
0,985 g Cr2(C6H5O7)2
5,6
„
Es handelt sich nunmehr darum, festzustellen, welchem der Bestandtheile dieses
Gemenges die eigenthümliche Beschaffenheit und werthvollen Eigenschaften des damit
hergestellten Chromgelbes zuzuschreiben sind.
Bichromat allein liefert bei der Fällung von Bleisalzen Chromgelbe, die unabänderlich
dem Verderben unterliegen und für die Fabrikation von Chromgelben völlig werthlos
sind. Die mit neutralem Chromat erzeugten Gelbe sind zwar in dieser Hinsicht
entschieden besser, doch ist auch bei deren Anwendung die Gefahr einer Veränderung
der Nuance noch viel zu gross, um betriebsmässig benutzt zu werden. Von diesen
beiden Bestandtheilen des Reactionsgemisches können also keinem die so günstigen
Eigenschaften der mit letzterem erzeugten Chromgelbe zugeschrieben werden und die
nächste Frage ist daher, wie sich synthetische Gemische von Bi- und Monochromat,
sowie Chromcitrat verhalten. Zur Entscheidung dieser Frage wurde folgende
Versuchsreihe ausgeführt und ist zu bemerken, dass jeder Versuch unter absolut
denselben Bedingungen (Concentration, Temperatur und Auswaschen) ausgeführt
wurde.
a
b
c
d
e
f
Bichromat
18
–
16
16
15
16
Monochromat
–
23
1,5
–
1,35
–
Chromcitrat
–
–
–
1
0,85
1Citronensäure wurde hier an Stelle von Chromcitrat
angewendet.
Mit diesen Lösungen (in 150 cc Wasser) wurde eine Lösung von je 50 g Bleiacetat in
750 cc Wasser gefällt, das Volumen zu 1000 ergänzt und sodann 5mal durch Decantirung
gewaschen. Die gewaschenen Niederschläge wurden filtrirt und hierauf getrocknet.
Unmittelbar nach der Fällung waren zwischen den drei citronensäurefreien Sätzen keine
Unterschiede erkenntlich, im Verlaufe des Auswaschens der Niederschläge zeigte aber
b bereits deutliche Anzeichen beginnenden „Umschlagens“. Nach Verlauf von 12
Stunden erwiesen sich alle drei Sätze als total verdorben. Die Veränderung des Tones
machte sich, wie bereits bemerkt, zuerst bei b bemerkbar, trat kurze Zeit darauf
auch bei c und schliesslich auch bei a ein. Total verschieden ist dagegen das
Verhalten der drei citronensäurehaltigen Sätze. Weder unmittelbar nach der Fällung
war eine Verschiedenheit derselben bemerkbar, noch stellte sich eine solche oder
Veränderung des ursprünglichen Tones beim Auswaschen und nachfolgenden Trocknen ein.
Alle drei Gelbe erhielten ihren feurigen, satt citrongelben Ton, denselben, den sie
unmittelbar nach der Fällung besassen. Hieraus geht nun unwiderlegbar hervor, dass
die Beständigkeit dieser Gelbe durchaus nicht der eigenthümlichen Darstellungsweise,
das heisst der partiellen Reduction des Bichromates durch Citronensäure oder
Weinsäure, sondern ausschliesslich der Gegenwart des bei der stattfindenden Reaction
durch Salzbildung der Oxydation sich entziehenden Antheiles jener Säuren
zuzuschreiben ist. Dies geht besonders aus Satz (f) hervor.
Wir müssen also auf Grund dieser Resultate zu dem Schlusse kommen, dass eine minimale
Menge gleichzeitig mit Bleichromat gefällten Bleitartrates oder Citrates im Stande
ist, das „Umschlagen“ des Bleichromates zu verhindern. Eine nachdrückliche
Bestätigung dieser Folgerung erhalten wir, wenn wir in den Sätzen d, e und f das
Bleiacetat durch Bleinitrat ersetzen. Die im ersteren Falle frei werdende Essigsäure
ist nicht im Stande, das gefällte Bleicitrat oder Tartrat zu lösen, im letzteren
Falle aber verhindert die frei werdende Salpetersäure die Fällung dieser Salze;
durch das nachfolgende Auswaschen werden dieselben vollständig entfernt und die
Gelbe zeigen sich dem „Umschlagen“ nun geradeso ausgesetzt wie die
citronensäurefreien Sätze a bis c. Es geht also hieraus hervor, dass bei dem
„amerikanischen“ Chromgelb verfahren die partielle Reduction des
Bichromates absolut überflüssig ist und dass sich genau dasselbe Resultat erzielen
lässt, wenn man der verdünnten und kalten Lösung des Bichromates einfach die Lösung
der Citronensäure zufügt und dann ohne weiteres zur Fällung schreitet.
Es ist einleuchtend, dass die das Umschlagen verhindernde Wirkung des Bleicitrates
bedingt sein muss durch die das Umschlagen verursachende oder begleitende chemische
Veränderung der Chromgelbe. Die Ursache des Umschlagens in den Fällen, wo mit
Vermeidung jedes Ueberschusses an Chromat, also mit Ueberschuss von Bleisalz
gearbeitet wurde, ist nicht bekannt. So viel steht fest, dass ein mit
Chromatüberschuss gearbeitetes Gelb unbedingt umschlägt, das Umschlagen wird aber
andererseits durch Bleiüberschuss durchaus nicht mit Sicherheit vermieden. Hieraus
offenbar hat Dullo gefolgert, dass das Umschlagen eines
in Gegenwart von Bleiüberschuss hergestellten Chromgelbes der Bildung von basischem
Chromat zuzuschreiben ist:
Pb2(CrO4)2 + H2O
= PbCrO4.PbO + H2CrO4
Die hierbei freiwerdende Chromsäure würde dann auf
unverändertes Chromgelb wirkend dessen „Umschlagen“ bewirken, genau so wie
dies überschüssiges Chromat bei der Darstellung des Gelbes thut. Obgleich ein
directer Beweis für Dullo's Ansicht noch nicht erbracht
wurde, so spricht doch die Thatsache, dass die Gegenwart einer geringen Menge
Bleicitrat in einem Chromgelbe dessen Umschlagen verhütet, sehr zu ihren Gunsten.
Die günstige Wirkung der Citronensäure im Chromgelbsalze wäre daher auf die Weise zu
erklären, dass die beim Basisch werden des Chromgelbes in Freiheit gesetzte
Chromsäure sofort von dem Bleicitrat gebunden oder durch Reduction zerstört wird.
Dieser Annahme scheint im Wesentlichen nur die Thatsache gegenüberzustehen, dass die
Menge Citronensäure, welche ein Chromgelb enthält, viel zu gering ist, um die
Gesammtmenge der beim Basischwerden eines Chromgelbes in Freiheit gesetzten
Chromsäure unschädlich zu machen. Dieser Einwand ist jedenfalls nicht stichhaltig,
da die Basicität, die ein Chromgelb durch Selbstzersetzung erlangen kann, sicherlich
ausserordentlich gering ist.
Um das Umschlagen eines Chromgelbes mit Sicherheit zu verhüten, sind also, soweit die
chemischen Verhältnisse der Darstellung in Betracht kommen, folgende Punkte zu
beobachten:
1) Die Chromgelbe müssen bei Gegenwart eines Ueberschusses an Bleisalz dargestellt
werden.
2) Gleichzeitig mit dem Chromgelb muss das Bleisalz einer durch Chromsäure
leicht oxydirbaren Säure gefällt werden. Dieses Bleisalz muss in der bei der Fällung
sich bildenden freien Säure unlöslich sein.
3) Bei Anwendung solcher Bleisalze, deren Säuren in verdünntem Zustande die Bleisalze
der oxydirbaren Säuren zu lösen im Stande sind, muss mit Monochromat, dem die
oxydirbaren Säuren in Form ihrer Alkalisalze zugefügt wurden, gefällt werden.
In den vorstehenden Regeln habe ich das Verfahren zur Verhütung des Umschlagens im
weitesten Sinne gefasst, da Versuche gezeigt haben, dass ganz allgemein alle
oxydirbaren Säuren, organisch oder unorganisch, verwendbar sind, vorausgesetzt, dass
dieselben nicht, wie zum Beispiel schweflige Säure, auch von einer kalten
Bichromatlösung sofort oxydirt werden, wodurch natürlich die beabsichtigte Wirkung
derselben im Chromgelb verloren ginge.
Das im Vorstehenden ausführlich behandelte Verfahren zur Darstellung dem Umschlagen
nicht ausgesetzter Chromgelbe gibt uns aber ferner auch den Schlüssel zur Erklärung
der so auffallenden Lichtbeständigkeit der mit diesem Gelbe hergestellten
Chromgrüne. Dass das Verbleichen der nach den alten Verfahren erzeugten Chromgrüne
ganz wesentlich unter Mitwirkung des Bleichromates zu Stande kommt, habe ich bereits
gezeigt. Durch die Gegenwart leicht reducirbarer Säuren resp. deren Salze ist aber
eine oxydirende Wirkung des Bleichromates auf das Pariserblau wenn nicht ganz
ausgeschlossen, so doch jedenfalls auf ein Minimum reducirt.
(Fortsetzung folgt.)