Titel: | Blinden-Schreibmaschine. |
Autor: | Kn. |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 180 |
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Blinden-Schreibmaschine.
Mit Abbildung.
Blinden-Schreibmaschine.
Die Braille'sche Blindenschrift wird bekanntlich durch
eine Gruppirung von 1 bis 6 Punkten gebildet, welche der Blinde mit Hilfe eines
Stiftes und eines Rahmens in dem auf einer Rillentafel liegenden Papierblatte durch
Eindrücken des Stiftes in das letztere erzeugt (vgl. 1888 267 * 202). Dieser Art Blindenschrift dient auch die vorliegende
Schreibmaschine von Cockburn, Phillips und Montgomery,
2 Princes Mansions, Victoria Street, London, bei welcher drei an Tasten sitzende und
in einem Schlitten gelagerte Stifte zur Anwendung kommen, während die
Schlittenverschiebung in Zeilenrichtung und senkrecht dazu mit Hilfe von
Spiralfedergehäusen erfolgt.
Das vom Blinden zu beschreibende Blatt Papier a1 wird wie gewöhnlich im Schreibrahmen A mittels der drehbaren Leiste a befestigt, worauf der Zeilenschlitten B
aufgesetzt wird, in dem wiederum der Schreibschlitten C
verschiebbar ist. Zum Beginn des Schreibens schiebt man den Schlitten B ganz nach oben an der Leiste a heran, unter Anspannung der Spiralfeder b,
und den Schlitten C ganz nach rechts, unter Spannung
der bei c gelagerten Spiralfeder. In ihren Stellungen
werden die Schlitten durch weiterhin zu nennende Zahnstangen und Sperrklinken
erhalten.
Textabbildung Bd. 282, S. 180Blindenschreibmaschine von Cockburn. Im Schlitten C sind die drei Hebel D drehbar, unter denen drei federnde Stifte gelagert
sind, wobei unterhalb derselben und unterhalb des zu beschreibenden Papieres eine
Schiene im Schlitten B angeordnet ist, welche den
genannten Stiften entsprechende Vertiefungen hat. Drückt man daher einen oder
mehrere dieser Stifte nieder, so wird im Papierblatte ein entsprechender Eindruck
erzeugt. Man schlägt nun die Spatiumtaste E an, die mit
zwei Sperrzähnen versehen ist, von denen der eine den Schlitten C in seiner Lage erhält, während der zweite erst beim
Niederdrücken der Taste zum Eingriff in die Zahnstange e gelangt. Während dieser Zeit rückt der Schlitten C unter dem Einflüsse der Spiralfeder c
nach links entsprechend vor, worauf wiederum die Hebel D den nun zu schreibenden Zeichen entsprechend niedergedrückt werden.
In der Zahnstange e für den Schlitten C fehlt nun jeder dritte Zahn, und zwar kommen die
beiden unmittelbar neben einander stehenden Zähne für jeden Buchstaben zur Wirkung,
da die 6 Punkte des Braille-Schriftsystemes bekanntlich
in zwei Vertikalreihen zu je drei Punkten gruppirt sind. Die an Stelle jedes dritten
Zahnes vorhandene Lücke aber vermittelt die Zwischenräume zwischen den einzelnen
Buchstaben. Vor der Zahnstange sind in der Figur noch eine Reihe Punkte vorhanden,
welche die Anzahl der geschriebenen Buchstaben erkennen lassen.
Ist auf diese Weise durch die Hebel D und durch
ruckweise Verschiebung des Schlittens C von rechts nach
links eine Zeile geschrieben, deren bevorstehendes Ende durch ein Signal einer
Glocke h angezeigt wird, so erfolgt die Verschiebung
des Schlittens B senkrecht dazu zur Einstellung einer
neuen Zeile. Zum Halten dieses Schlittens in seiner jeweiligen Lage dienen Stifte
g und zwei an den Seiten angeordnete Klinken,
welche durch eine Stange i verbunden sind. Diese
Klinken besitzen am unteren Ende einen Fuss und am oberen einen Haken und wirken in
der Weise, dass auf der einen Seite der Haken und auf der anderen Seite der Fuss mit
den Stiften g zum Eingriff kommt. Beim Auslösen der
Klinken durch Verschiebung der genannten Stange i kommt
dann auf der einen der Fuss und auf der anderen Seite der Haken zur Anlage an die
Stifte g, während welcher Zeit der Schlitten B zur Einstellung der neuen Zeile unter dem Einflüsse
der Spiralfeder b entsprechend vorrückt. Die rechts am
Rande ersichtlichen Punkte zeigen dabei an, welche Zeile jeweilig beschrieben
wird.
Auf diese Weise kann ein Blinder das Beschreiben eines Blattes mit grösster
Sicherheit vornehmen, und dürfte die Cockburn'sche
Maschine, abgesehen davon, dass sie ein schnelleres sichereres Schreiben als beim
bisherigen Handverfahren ermöglicht, auch besonders für ältere Blinde, denen das
Handverfahren Schwierigkeiten macht, geeignet sein. Das Beschreiben des Blattes
erfolgt von rechts nach links, weil der Blinde das beschriebene Blatt zum Lesen
umwendet und die eingedrückten Punkte auf der erhabenen Seite durch Betasten liest.
Die Cockburn'sche Maschine, bezüglich deren näherer
Einrichtung auf die englische Patentschrift d. J. 1890 Nr. 2798 verwiesen wird, soll
nach Industries bereits vielfache Anwendung gefunden
haben.
Kn.