Titel: | Kegelschnitt-Zirkel |
Autor: | Carl Hildebrandt, Ernst Fischer |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 241 |
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Kegelschnitt-Zirkel
von Dr. Carl
Hildebrandt in Braunschweig.
Mit Abbildungen.
Kegelschnitt-Zirkel.
Patent No. 56560. Klasse 42: Instrumente. Wir haben in einer AbhandlungDingl. polytechn. Journal, 1885. Bd. 255. S. 188 ff. schon früher
darauf hingewiesen, wie sich die Constructeure immer und immer wieder bemüht haben,
sogenannte Ellipsenzirkel zu erfinden und dass sie sich durchaus nicht entmuthigen
Hessen, wenn ihre Versuche nicht den gewünschten Erfolg hatten, sondern dass sie das
Misslingen stets auf Rechnung der nicht gelungenen Lösung geschrieben haben. Wenn
wir dann ferner die Angabe machten, dass sich die Constructionen oder Vorschläge für
Ellipsographen schon sicher nach Hunderten beziffern, so bleiben nach Ausscheidung
des unbrauchbaren Materials nur jene auf dem Problem der Cardanischen Kreise
beruhenden übrig, und wenige andre, welche wirklich ihren Ausgang auf dem Kegel
selbst nehmen. Wir haben von beiden Gattungen im oben genannten Aufsatze
Charakteristiken gegeben und dort auch, unseres Wissens zum ersten Mal, die auf
epicyclischer und hypocyclischer Rollung beruhenden Systeme in
geometrisch-kinematischer Weise entwickelt und graphisch dargestellt.
Die Form des Kegelschnittzeichners, bei welchem die Mantellinie – ersetzt durch einen
Stift – die Figur selbst zeichnet, haben wir in Fig. 18 Taf. 20Universalkegelschnittzeichner von G. Oldenburger in Bochum. des
citirten Bandes dargestellt. Eine solche Form ist die allein richtige, um gute
Demonstrationsversuche anstellen zu können. – Wenn wir früher (s. Citat 1)
bemerkten: die älteste Idee, Kegelschnittzeichner zu construiren, dürfte in dem 1821
bekannt gemachten Instrument von Märtens zu suchen
sein, so sind wir unterdessen eines andern belehrt worden: A. v. Braitnmühl hat nachgewiesen,Hist. lit. Abthlg. der Zeitschr. f. Math. u. Phys. XXV. 5.
„dass die Idee, u. z. gerade jene, ein Instrument zu construiren, das den
Kegelschnitt aus dem Kegel selbst erzeugt, nicht etwa erst unsrer Zeit angehört,
sondern bereits über 300 Jahre alt ist“.s. Kästner, Geschichte der Mathematik, Bd. II.
S. 98. Der Beleg hierfür findet sich in dem eben angeführten
Handbuch, wonach ein Patrizier aus Venedig, Franciscus
Barocius, in einem im Jahre 1586 in seiner Vaterstadt erschienenen Buche
über Asymptoten ein solches Instrument angibt, v.
Braunmühl fand dieses Buch auf der Münchener Staatsbibliothek und bemerkt,
„dass in demselben S. 30 und 31 zwei verschiedene Instrumente abgebildet
sind, denen allerdings eine sehr lückenhafte Beschreibung beigegeben ist; aber
Abbildung und Beschreibung vereint, lassen doch den Gebrauch der Instrumente
erkennen“. Das eine dieser Instrumente ist von Barocius erfunden, das zweite von Tiene, und
dem Barocius von Jacobus
Contarenus mitgetheilt.
Barocius nennt den letzteren den Archimedes seines
Jahrhunderts. Beide Instrumente beruhen auf dem Gedanken, dem kegelbeschreibenden
Stifte diejenige Ebene entgegenzuhalten, auf welcher der Stift den gewünschten
Kegelschnitt gesetzmässig erzeugen muss. – Nebenbei
sei hier bemerkt, dass v. B. in der citirten Notiz
auch des Jesuitenpaters Christoph Scheiner (1573–1650),
des Erfinders des Pantographen (man vergl. unsre Abhandlung über den Pantographen in
Carl's Repertorium, 1866 und die da erwähnte
Schrift Scheiner's: „Pantographicae seu ars
delineandi“), gedenkt und uns mittheilt, dass dieser bekannte Mathematiker
und Astronom ein ähnliches Instrument durch einen seiner Schüler Namens Joh. Georg Schönberger in dessen Dissertation
„Exegeses fundatorum gnomonicorium“, Ingolstadii 1614, zeichnen und
beschreiben Hess. – Es versteht sich wohl von selbst, dass dem Constructeur der
Sonnenuhren auch die Erzeugung der Kegelschnitte aus dem Kegel selbst ein
naheliegender Gedanke sein musste.
Wenn wir, scheinbar etwas zu weitschweifend, erst jetzt in den engeren Rahmen unserer
heutigen Mittheilungen eintreten, so entschuldigt uns gewiss der Umstand, dass der
neue Hildebrandt'sche Kegelschnittzeichner in erster
Linie auf dem Principe „der Erzeugung aus dem Kegel selbst“ beruht, und dass es uns nahe
liegen musste, damit im engsten Zusammenhange stehende Ergänzungen des historischen
und constructiven Theiles unsrer früheren Arbeit über Kegelschnittzeichner um so
weniger aus dem Auge zu lassen, als auf diese Weise in einer Zeitschrift immer das gesammte Material über einen Gegenstand, nachgeschlagen werden kann. –
Die Einrichtung des Hildebrandt'schen
Kegelschnittzirkels beruht auf folgenden bekannten Sätzen: 1) Jeder Umdrehungskegel
wird von einer Ebene je nach ihrer Lage in einem Kreise, einer Ellipse; Parabel oder
Hyperbel geschnitten. 2) Beschreibt man in den Kegel
diejenigen beiden Kugeln, welche Kegel und Schnittebene zugleich berühren, so
sind ihre Berührungspunkte mit der Ebene identisch mit den Brennpunkten des
betreffenden Kegelschnittes. (Quetelet-Dandelin'scher Satz.)
Durch die Anwendung dieses zweiten Lehrsatzes bringt der Erfinder ein bisher noch
nicht für Zwecke von Kegelschnittzirkel-Constructionen beachtetes Gesetz in die
räumliche Erscheinung, und es sind aus unsrer einfachen Fig. 1 nicht nur der Kegel, die schneidende Ebene und die beiden
berührenden Kugeln, sammt deren Berührungspunkten (Brennpunkten des Kegelschnitts),
sondern auch die den Zirkel gestaltenden Theile (durch stärkeres Ausziehen der
betreffenden Linien) sofort ersichtlich.
Diese schematische Darstellung macht aber die elementare Constructionsfigur 2 sofort
verständlich: Der Fuss a des Instruments trägt an
seinem unteren Ende eine Schraube F (bei sehr kleinen Kegelschnittzirkeln und diese – so hoffen
wir – werden sich nach Dr. Hildebrandt's Angaben
anfertigen lassen, statt der Schraube nur einen feinen Stift), welche den Focus I
repräsentirt; das obere Ende von a steht vermittelst
eines gewöhnlichen Zirkelscharniers mit einem Bolzen c
in Verbindung. Zieht man von M, dem Mittelpunkte des
Scharniers, eine Gerade nach F, so stellt diese den zur
Zeichnungsebene senkrechten Kugelradius vor. Läuft nun die Achse des Bolzens c durch den Mittelpunkt M
zur Kegelspitze und läuft von da aus die Erzeugende des Kegels an der Kugel
tangirend fort, und dabei auf der Zeichnungsebene ihre Spur hinterlassend, so ist
der Kegelschnitt dargestellt. – Der Erfinder hat diese Operationen in sinnreicher
und praktischer Weise zur Ausführung gebracht: Ueber den im Scharnier
befestigten cylindrischen Bolzen ist eine Hülse geschoben. die bei e (Detailfigur 3) einen Schlitz hat. Man denke sich nun
den kreisringförmigen Bügel f von rectangulärem
Querschnitt durch diesen Schlitz in den Bügel c
geschoben und lasse denselben darin gleiten, so wird jeder Punkt des Bügels einen
Kreis, und – bei Drehung der Hülse d um die Achse von
c – einen zu dem vorigen mit seiner Ebene senkrecht
stehenden Kreis beschreiben; dasselbe geschieht auch mit jedem Punkte, welcher,
ausserhalb des Bügels liegend, mit diesem fest verbunden ist. Wird somit der nach
M radial gerichtete Steg h
als ein Stück mit dem Bügel f construirt, so
gilt das eben Gesagte für alle Punkte dieses Steges; trägt endlich der Steg eine zu
ihm senkrechte Hülse i, so repräsentirt deren Achse die
mathematische Erzeugende des Kegels, welche die beschriebene Bewegung mitmachen
muss. Die Hülse i enthält den in ihr leicht auf und ab
beweglichen Zeichenstift k, der mit Blei- oder
Glasspitze versehen sein kann und unter dem Druck seines Eigengewichtes auf der
Zeichenfläche gleitet. Den Gebrauch der fein ausgezogenen Glasröhrchen zu Schreib-
oder Zeichenfedern (besonders gut zum Zeichnen von „Horizontalcurven“) haben
wir ebenfalls in unserer anfangs citirten Abhandlung hervorgehoben.
Textabbildung Bd. 282, S. 242Fig. 1.Textabbildung Bd. 282, S. 242Fig. 2.Textabbildung Bd. 282, S. 242Fig. 3. Die Feststellung des Bügels f im Schlitz e will der Erfinder durch eine oben angebrachte
Schraube g erreichen. Wir würden die seitliche
Anbringung in g1 (Fig. 3) vorziehen, da man Druckschrauben wohl immer
auf die Breitseiten der Flächen wirken lässt. – Um eine Verschiebung der Hülse d (Hohlcylinder) längs des Bolzens c zu verhindern, ist in den letzteren eine Hohlkehle
eingedreht (Fig. 3), in welche von aussen ein
federnder Stift m eingreift.
Setzt man nun den Fuss vermittelst der Schraube oder Spitze F in den einen Brennpunkt der zu zeichnenden Curve ein, hält ihn in dieser
Stellung fest und führt die ein Ganzes bildenden, fest verbundenen Glieder i, h, f, d um den Bolzen c
als Drehachse herum, so beschreibt der Zeichenstift den Mantel eines
Umdrehungskegels, dessen Achse zusammenfällt mit der Achse des Bolzens und dessen
Spitze C (Fig. 2)
durch den Durchschnittspunkt derselben mit dem Zeichenstift gebildet wird. Das
untere Ende B des letzteren beschreibt folglich bei
voller Umdrehung auf der ebenen Zeichenfläche einen Kegelschnitt, dessen einer
Brennpunkt, da MF = MD
ist, durch den Punkt F dargestellt wird, und dessen
grosse Achse = AB ist. (Damit der Fuss sich nicht um
seine eigene Achse drehe, kann an seinem unteren Ende der Zeiger n angebracht werden – mit Bügel f in derselben Ebene liegend – der vermittelst der Spitze o genau auf die Linie AB
eingestellt werden kann.) – Da nicht allein die Richtung des Bolzens c, sondern auch die des Zeichenstiftes K (vermittelst, des verschiebbaren Bügels) beliebig
festgestellt werden kann, so beschreibt der Stift K die
Oberflächen aller möglichen Rotationskegel, welche von der durch Mittelpunkt M und Radius MF = MD
dargestellten Kugel berührt werden. In Folge dessen ist man im Stande, Kegelschnitte
von jeder beliebigen Excentricität und Form zu zeichnen. Zugleich folgt aber
hieraus, dass der Zirkel gestattet, nicht nur Ellipsen,
sondern auch Parabeln und Hyperbeln zu zeichnen. Ausser Fig. 2 veranschaulichen Fig.
4 bis 8 einige von den unendlich vielen
möglichen Fällen.
Textabbildung Bd. 282, S. 243
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 282, S. 243
Fig. 6.
Fig. 4: Parabel (CA parallel zur
Zeichenfläche).
Fig. 5: Hyperbel, deren zweiter Ast vom zweiten Ende des
Zeichenstiftes beschrieben wird.
Fig. 6: Ellipse als Schnittfigur einer Cylinderfläche (K parallel c eingestellt)
und einer Ebene.
Textabbildung Bd. 282, S. 243
Fig. 5.
Fig. 7: Ellipse mit beliebig kleinen Achsen (hierbei bilden
Bolzenachse und Steg einen stumpfen Winkel, also liegt die Spitze des Kegels
unterhalb der Zeichenebene). Dieser Fall ist besonders hervorzuheben, da von den
vorhandenen Kegelschnittzirkeln es noch keiner ermöglicht, jede Art von
Kegelschnitten und zugleich beliebig kleine Ellipsen zu zeichnen.
Fig. 8: Kreis.
Soll im technischen Zeichnen zugegebenen Achsen, beziehungsweise Brennpunkten und
Achsen der betreffende Kegelschnitt, z.B. eine Ellipse gezeichnet werden – ein Fall,
der in der Praxis am häufigsten vorkommen dürfte –, so ist klar, dass es nach
Einsetzung des Fusses a in den einen Brennpunkt und
Einstellung des Zeichenstiftes K auf den einen Endpunkt
B der grossen Achse nur noch einer Drehung des
Bolzens c bedarf, um zu bewirken, dass nach einer
halben Umdrehung der Zeichenstift durch den andern Endpunkt A gehe. Ferner ist ersichtlich, dass sich die Entstehung der Kegelschnitte
sowie der Uebergang von einer Curvenart zur andern klar veranschaulichen lässt, und
dass es eben so leicht ist, ganze Schaaren von Kegelschnitten zu zeichnen. Sollen
z.B. die zu zwei gegebenen Brennpunkten zugehörigen Schaaren confocaler
KegelschnitteWir gestatten uns auf die Tafeln „Confocale u. focale Kegelschnitte“
Heft II. Taf. 4 u. 5 in unserem Farbendruck-Vorlagenwerk: Ernst Fischer, Vorlegeblätter zum
Linearzeichen, Th. Ackermann, München 1873–76.
36 Tafeln mit Text, hinzuweisen. gezeichnet werden, so braucht
man nur dafür zu sorgen, dass bei feststehendem Fuss die leicht zu bestimmende
Spitze C sich jedesmal auf der Linie CF1 befinde. In Folge
dessen ist der Zirkel auch mit Vortheil anwendbar als Veranschaulichungsmittel („Wandtafelzirkel“ mit Schraube F) im darstellend geometrischen und stereometrischen
Unterricht. – Um im technischen Zeichnen die Curven direct mit Tusche zu zeichnen,
ersetzt man die Reissbleifedern durch kleine, mit Rillen versehene Glasspitzen. –
Gegenüber dem in der Patentschrift Nr. 40355 beschriebenen Kegelschnittzirkel
gewährt der vorliegende Zirkel den Vortheil, dass der Fusspunkt F des Fusses a für jede
gezeichnete Curve auch wirklich den einen Brennpunkt derselben darstellt, während
dies für den eben erwähnten Zirkel durchaus nicht der Fall ist. Die Resultate des
letzteren sind nur insofern richtig, als die erhaltenen Curven thatsächlich
Kegelschnitte sind; die Lage der Brennpunkte ist jedoch bei den erhaltenen Linien
eine durchaus andere, als bei Einstellung des Zirkels angenommen wurde. In Folge
dessen gestattet dieser auch nicht, zu gegebenen Achsen einen Kegelschnitt zu
zeichnen. Ferner ist für jeden einzelnen Fall die Höhe des Fusses besonders zu
bestimmen, während sie bei vorliegendem Instrument einfür allemal für jede Curve
dieselbe ist. Endlich erlaubt jener Zirkel nicht – wie schon erwähnt –, Ellipsen zu
zeichnen mit beliebig kleinen Achsen (Fig. 7). –
Textabbildung Bd. 282, S. 243Fig. 7.Textabbildung Bd. 282, S. 243Fig. 8. Die Hülse i, in welcher der Schreibstift k gleitet, ist mit dem Stege h rechtwinklig so verbunden, dass Schreibstift und Bolzen c in einer Ebene liegen, dass also beide bei gehöriger
Verlängerung sich stets schneiden (Spitze des Kegels). Diese Verbindung zwischen
Steg und Hülse lässt sich aber leicht so abändern, dass letztere um den Steg als
Achse drehbar ist und in jeder beliebigen Stellung
mit demselben befestigt werden kann. Alsdann liegen beide nicht mehr in einer
Ebene, sondern windschief im Raum. Dann kann aber auch der Schreibstift beim
Herumführen um den Bolzen c nicht mehr die Erzeugende
eines Kegels sein, sondern er beschreibt bei seiner Umdrehung den Mantel eines
windschiefen (oder einschaligen Rotationshyperboloides (Fig. 9), von welchem der
Rotationskegel nur ein specieller Fall ist. – Nun sind bekanntlich die
Schnittfiguren eines windschiefen Rotationshyperboloides mit einer Ebene genau
dieselben, wie zwischen Rotationskegel und Ebene. Ferner gilt für diese Fläche auch
der Dandelin'sche Satz von den beiden Berührungskugeln
in genau derselben Weise wie beim Kegel.
Textabbildung Bd. 282, S. 244
Fig. 9–10.
Wird also jene geringfügige Aenderung an dem Apparate
angebracht, so ist derselbe sofort geeignet, auch diese geometrischen Thatsachen zu
veranschaulichen. Die Construction bleibt im Uebrigen vollständig dieselbe. – Die
Fig. 10 bis 12 veranschaulichen', wie
durch verschiedene Lagen der schneidenden Ebene zum Hyperboloide die verschiedenen
Arten der Kegelschnitte zu gewinnen sind. (Um eine Parabel zu erhalten, braucht man
nur, genau wie beim Kegel, den Apparat so einzustellen, dass der Schreibstift nach
halber Umdrehung parallel zur Zeichenebene zu liegen kommt.) Es ist klar, dass durch
verschiedene Einstellung von Bolzen c, Bügel f und Hülse i zu einander
die verschiedenartigsten Hyperboloide vom Schreibstift beschrieben werden können,
vom Grenzfalle des Kegels bis zu dem der Ebene. –
Textabbildung Bd. 282, S. 244
Fig. 11.
Wenn auch die Verwendbarkeit des Zirkels im technischen
Zeichnen hierdurch nicht gerade erhöht wird, so dürfte es doch für den geometrischen
Unterricht von grossem Werth sein, einen Apparat zur Hand zu haben, der
folgende Thatsachen veranschaulicht:
1) Dreht sich eine gerade Linie um eine festliegende, nicht mit ihr in einer Ebene
befindliche Gerade, so beschreibt sie den Mantel eines windschiefen
Rotationshyperboloides.
2) Die Schnittfigur dieses Hyperboloides mit einer Ebene ist ein Kreis, eine Ellipse,
Hyperbel oder Parabel, je nach der Lage der schneidenden Ebene.
3) Der Satz von den beiden Berührungskugeln gilt auch vom Rotationshyperboloid.
Textabbildung Bd. 282, S. 244Fig. 12. 4) Der Rotationskegel ist. ein Specialfall des Rotationshyperboloides; er
tritt auf, wenn die erzeugende Gerade mit der festliegenden Achse in eine Ebene
gebracht wird.
5) Auch die Ebene ist ein Specialfall des Rotationshyperboloides; dieser Fall tritt
auf, wenn die beiden Geraden unter 90° windschief zu einander liegen; der
Zeichenstift beschreibt dabei eine gerade Linie. (Man beachte gerade in diesem Falle, dass der Stift sich seiner
Länge nach bewegen kann.)
Da beim Grant'schen ZirkelG. B. Grant aus Boston nennt denselben
„Conischer Zirkel“, übrigens vergl.: Dingl. polytechn. Journ.,
1886 262 * 518. Die beigegebene Fig. 15 Taf. 32
ist nur skizzenhaft, besonders die Zeichnung der Curven entspricht uns
nicht. Bolzen c und Hülse i beständig in wirklicher Verbindung mit einander
stehen, so ist es nicht möglich, ihn so umzugestalten, dass er zur Veranschaulichung
obiger Thatsachen geeignet würde. Auch hieraus dürfte hervorgehen, dass das zu
Grunde liegende Princip bei Hildebrandt's Zirkel in
völlig andrer Weise aufgefasst und ausgenutzt worden ist, und dass daher auch dessen
praktische Ausführung sich von der des Grant'schen
wesentlich unterscheidet.
Eine Hereinziehung des Grant'schen Zirkels in die
Betrachtung war nothwendig wegen der bei flüchtigem Anschauen auftretenden
Aehnlichkeit desselben mit dem Hildebrandt'schen. Bei
genauerer Betrachtung sieht man aber sofort ein, dass hier das Princip nur ganz im Allgemeinen zutrifft, wie dies ja auch bei OldenburgerVergl. unsere Abhandlung, Dingl.: 1885 255 *,
welche die exakte Zeichnung Fig. 18 Taf. 20 des Oldenburger'schen Universalkegelschnittzeichners gibt.
der Fall ist. Die Constructiones sind aber vollständig verschieden und es muss die
des neuen Zirkels besonders noch deswegen hervorgehoben werden, weil dieselbe auch
gestattet, verschiedene geometrische Aufgaben, zu deren Lösung nicht allein gerade
Linien und Kreise, sondern Kegelschnitte erforderlich sind, leicht und elegant
auszuführen. Wenn uns nun Herr Hildebrandt darauf
aufmerksam macht, dass z.B. die verschiedenen Fälle des Apollonischen Problems
(Apollonius von
PergäWir haben dieses Problem in unserem Werke „Linear zeichnen“, Th.
Ackermann, München, 1873–76 sowohl in der Methode des Apollonius (jede
Aufgabe durch Anwendung der vorhergehenden zu lösen), als auch in
synthetischer Weise (Potenzcentrum, Potenzlinie und Aehnlichkeitsachsen)
durchgeführt: Heft I, Taf. 1–6; Heft III, Taf. 1 u. 2.) mittels
seines Zirkels sehr bequem zu lösen sein werden, so denkt sich derselbe z.B.
Ellipsen statt der Kreise und damit das Problem so erweitert, dass drei Kegel mit
gemeinsamer Spitze schief geschnitten werden u.s.w. Ein Gleiches gilt dann übrigens
auch von dem Problem des MalfattiIbid. Heft II, Taf. 1.. Hierdurch würde aber eine auf den ersten
Blick frappante Aehnlichkeit des neuen Conographen mit dem Kegelzirkel von DrzewieckiVergl. D. Th. Carl's Repertorium etc., München
Oldenbourg. 1874 10 * 420. nicht zum Nachtheile des ersteren ausfallen;
um so mehr wird dann auch zu beachten sein, wenn der Erfinder unter Anwendung seines
Zirkels eine grosse Anzahl von Constructions-Aufgaben der elementaren Geometrie zu
lösen verspricht, wie Dreieckconstructionen, z.B. aus Grundlinie, Summa der anderen
Seiten und Höhe u.s.w.
Wenn der Erfinder gezögert hat, eine Reissfeder statt des direct die Curve
beschreibenden Stiftes anzubringen, weil dies bereits bei Drzewiecki u.a. geschehen, so müssen wir dies als einen zu hohen Grad von
Bescheidenheit ansehen. Die Reissfeder besorgt nur die Projection der im Geiste
schon vollendet dastehenden Curve auf die Papierfläche. Herr Hildebrandt hat uns wohl schon Constructionszeichnungen seines Zirkels,
mit Reissfeder, vorgelegt, allein wir verschieben die Veröffentlichung derselben
noch einstweilen, bis wir ein fertiges Exemplar des Zirkels besitzen.
Die Ausführung der Hildebrandt'schen Zirkel hat Herr O. Günther, Werkstatt für Präcisions-Mechanik in
Braunschweig, übernommen, und zwar sollen kleinste Exemplare (Fusshöhe 2½ cm); die
sich speciell für die Hand des Studierenden eignen werden und grosse Wandtafelzirkel
ausgeführt werden. Die kleinsten Exemplare erhalten die Schraube zur Befestigung
nach unserem Vorschlag. Die grossen Zirkel, deren einen Dr. Hildebrandt auf der Versammlung deutscher Mathematiker und Naturforscher
in Braunschweig vorführte (Fusshöhe MD = 20 cm), sind
im Fusse mit einem pneumatischen Luftdruckhalter versehen, derselbe ist sehr
zweckmässig: Eine Gummiplatte wird durch Dreh Vorrichtung in die Höhe geschoben, so
dass ein luftleerer Raum entsteht und der Apparat sich auf diese Weise
festsaugt.
Wenn wir noch erwähnen, dass man mit dem neuen Kegelzirkel sehr langgestreckte Curven
zeichnen kann, bei denen also die Brennpunkte sehr nahe an die Enden der grossen
Achse zu liegen kommen – denn die Spitze des Zeichenstiftes, bezieh. die Reissfeder,
kann bei Hitdebrandt's Construction sehr nahe an den
Brennpunkt F heranrücken–, so dürfte dies ein nicht zu
unterschätzender Vortheil sein. Wird noch ein Zeiger mit federnder Nadel, wie bei
Drzewiecki, angebracht, welcher in jedem beliebigen
Punkte der Curve die Normale scharf bestimmen lässt, so wäre das Vollkommenste
erreicht.
Besonders wichtig erscheint uns aber der Hildebrandt'sche Zirkel noch dadurch zu werden, dass derselbe auch zum
Zeichnen von Durchdringungscurven eines Kegels mit krummen Oberflächen, also im
Unterrichte in der darstellenden Geometrie an Mittelschulen, benützt werden kann:
Man braucht den Apparat, der dann selbstverständlich mit dem oben erwähnten
Luftdruckhalter versehen sein muss, nur auf die betreffende Oberfläche festgesaugt
zu stellen und der Stift wird die gewünschte Curve auf dem Cylinder (hohl oder
voll), auf der Kugel, dem Ellipsoide u.s.w. vorreissen. Die genannten Oberflächen
müssen natürlich ebenfalls die dem Unterrichtszwecke entsprechenden, der
Zirkelgrösse angepassten Dimensionen haben.
München, im October 1891.
Ernst Fischer.