Titel: | Die Verwendung des emaillirten Eisens im Bauwesen und die künstlerische Behandlung desselben zu dekorativen Zwecken. |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 270 |
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Die Verwendung des emaillirten Eisens im Bauwesen und die künstlerische Behandlung
desselben zu dekorativen Zwecken.
Die Verwendung des emaillirten Eisens im Bauwesen etc.
Schon seit den 40er Jahren hat man mit immer gesteigertem Erfolge Eisen mit Glasur
überzogen. Dabei verfolgte man jedoch wesentlich nur die Richtung: zu Kochzwecken
geeignete Gefässe herzustellen, und hat auch wirklich erreicht, dass die
zerbrechliche irdene und die theuere kupferne Küchenausrüstung fast vollständig im
Gebrauche verdrängt wurden. Gleiche Erfolge wurden erzielt mit der Fertigung von
Strassenschildern, Hausnummern und dergleichen Gegenständen aus demselben Material.
Auch zu Wasserleitungszwecken, namentlich in Thermalbädern, hat man emaillirte
Eisenrohre mit Erfolg verwendet und stellenweise dergleichen Rohrstutzen zu
Kachelöfen.
In neuerer Zeit bildet man daraus die Mäntel von eisernen Zimmeröfen, deren Flächen
alsdann in ähnlicher Behandlung wie Porzellan und Fayence farbig bemalt, oder in
einzelnen gut abgegrenzten Theilen mit durchsichtigem Schmelz überzogen werden.
Weiterhin stellte man in Belgien und Süddeutschland eiserne emaillirte Kacheln her,
zur Verkleidung von Wandflächen in Küchen und Pferdeställen, wobei man sich freilich
entweder mit einfarbigen oder durch Aufschablonirung gemusterten Platten begnügte.
Eine reichere dekorative Wirkung konnte man bis dahin nicht erzielen; es stellten
sich hier Schwierigkeiten heraus, die bei Anfertigung von farbigen
Dekorationsstücken auf glasirten Erden, begünstigt durch deren Bildsamkeit, durch
Herstellung von erhabenen oder vertieften Begrenzungen (Gruben und Zellen) und bei
der älteren Metallschmelztechnik (Antik und Limoges) durch Auflöthen von
Blechwandungen oder Drähten (Filets) überwunden werden. Trotz dieser Hilfsmittel
erfordert bekanntlich diese Technik, namentlich bei der Bemalung mit plastisch
aufgetragenen und durchsichtigen Schmelzfarben auf unterglasirten Erden (und
Porzellan), eine grosse Gewandtheit sowohl des entwerfenden, als des ausführenden
Künstlers; derartige Erzeugnisse werden daher sehr theuer.
Diese Schwierigkeiten sind nunmehr überwunden und zwar in einer Weise, welche dem
Künstler erlaubt, eigenhändig seine Entwürfe unmittelbar in Email auszuführen, und
die ihm für wiederkehrende Muster ein Verfahren bietet, eine vollständig unwandelbar
genaue Vervielfältigung seiner Entwürfe auch durch die Hand des Fabrikarbeiters zu
erzielen.
Den ersten Anstoss zu dieser werthvollen Erfindung gab eine Anfrage aus Bangkok nach
reich dekorirten Wandtafeln, zu welchen man dort, aus unbekannten Gründen, Majolika
nicht verwenden konnte. Die daraufhin angestellten Studien und Versuche führten zu
dem glänzendsten Resultat. Diese prachtvollen Fabrikate erregten auf den
Ausstellungen Bewunderung und wurden mit den höchsten Auszeichnungen und Medaillen
prämiirt.
Das erwähnte neue, den Eisenwerken Gaggenau patentirte Verfahren besteht darin, dass
die einzelnen Farbflächen erst durch einen schmalen Farbstrich (von schwarzer eigens
dazu präparirter Farbe) umrändert werden, der, auf der die Grundfarbe bildenden
Schmelzschicht aufgetragen, eine etwa 1/4 mm starke Zellenwand bildet, so dass die
verschiedenen, hierzu präparirten flüssigen Schmelzfarben in einfachster Weise
in die gebildeten Zellen eingefüllt werden können, ohne dass man gezwungen wäre, die
zwischenliegende Fläche ängstlich bis zur Umränderung ausfüllen zu müssen. Diese
Umränderung lässt sich nun leicht durch Umdruckverfahren auf die einfarbigen Platten
übertragen, so dass nach fertiggestelltem Entwurf, bei wiederkehrenden Mustern,
keinerlei künstlerische Thätigkeit beansprucht wird. Die Umränderung selbst schmilzt
in den Grundschmelz ein und bildet nach dem Brande nur einen mattschwarzen
vertieften Strich, der auch bei zartester Farbgebung nicht störend wirkt, wohl aber,
durch entsprechende Verstärkung, als zeichnerisches Mittel zur Hebung der
Umrisslinien gebraucht werden kann.
Für unmittelbar auszuführende künstlerische Entwürfe bieten sich keinerlei
Schwierigkeiten, während sie bei Ausführung von Majolika-Malerei dem Künstler sehr
enge Grenzen setzen. Die Farben selbst, deren Zahl bis jetzt, in sanftesten
Abstufungen, gegen 30 beträgt und deren Wirkung durch mehrfachen Uebertrag und
Abschattirung sich noch weit steigern lässt, sind weder abhängig von dem ersten
Brande der Masse noch von dem zweiten Brande; sie sind so komponirt, dass sie
gleichmässig fliessen und ändern sich im Brande nicht, d.h. sie zeigen im rohen,
nicht aufgeschmolzenem Zustande ihren Grundton ohne Glanz und ergeben nach dem
Brande ganz genau den Ton der Farbenstaffel.
Die Platten, welche ein Emailbild aufnehmen sollen, können in sehr grossen
Abmessungen genau im gewünschten Grundton binnen 24 Stunden nach erfolgter
Bestellung hergestellt werden; zum Brennen des Gemäldes selbst bedarf es nur weniger
Minuten. Die Grundplatten können ein beliebiges Relief erhalten, wie es auf der
Drehscheibe durch Stanzen oder Treiben erzielbar ist. Für besondere künstlerische
Darstellungen, für welche ein bewegteres Relief, als es in weichem Eisen sich
herstellen lässt, erwünscht wäre, erübrigt noch die Wahl von Kupfer.
Die Fabrikanten dieser Email-Majolikawaren stellten auf vielen Ausstellungen
Schaalen, Schüsseln, Schilde, Becher, Teller, Lampenkörper aus, deren Eisenmaterial
unter der vollendet aufgeschmolzenen, theils einfarbig, theils gemusterten, theils
in der Weise der Limoges-Arbeiten behandelten Emaildecke völlig verschwindet.
Gleiche Anerkennung wie im Inlande fanden diese Erzeugnisse auch im Auslande, wo
dieselben ebenfalls prämiirt wurden.
In technischer Beziehung ist dazu noch folgendes zu bemerken: Der Grundschmelz von
schwärzlicher Granitfarbe wird derartig in die Fläche des Eisens eingebrannt, dass
derselbe in das Zellgefüge des Eisens eindringt, also nicht bloss einen mechanisch
haftenden Flächen-Ueberzug bildet. Auf diesen, in der Regel auch die Rückseite der
Bleche deckenden Grundschmelz kommt sodann die Grundfarbe in beliebigem Tone und
beliebiger Tiefe, welche vollständig unablösbar ist und mit der untern Schicht
zusammenschmilzt. Die nunmehr zur Dekoration aufgeschmolzenen Farben, welche sowohl
„opak“ als „translucid“ sein können, verbinden sich wiederum mit
beiden ersten derartig, dass es nur durch heftige Stösse, die das härteste Porzellan
in Trümmer zerschmettern würden, möglich ist, einzelne kleine Blättchen
abzusprengen; es wird dann die glänzende, feinkörnige, krystallinische Schicht von
Kieseleisen (Eisengalle) blossgelegt, in welcher sich das Gefüge des Eisens noch
erkennen lässt. Dadurch ist
nun ausgeschlossen, dass in Folge solcher gewaltsamen Verletzungen
Niederschlagswasser das Eisen selbst angreifen und durch Rostbildung die
Schmelzschicht allmählich losblättern könnte, wie dies ehemals bei unvollkommenem
Email so häufig an Strassenschildern zu beobachten war.
Eine andere Befürchtung, dass nämlich das Email, in Folge ungleichen
Ausdehnungsvermögens von Metall und Email, unter dem Einflüsse von raschem und
fortgesetztem Temperaturwechsel rissig werden könnte, ist nach allen bisherigen
Versuchen, namentlich auch nach den Erfahrungen, welche an den seit langen Jahren
(z.B. in belgischen Eisenbahn-Wartehallen) in Gebrauch stehenden emaillirten
eisernen Oefen und Kaminen, insbesondere auch Häuserfaçaden gesammelt werden
konnten, vollständig ausgeschlossen. Die Schmelz-Temperatur der angewandten Flüsse
beträgt durchschnittlich 800–1200°. Auch die Elasticität des Emails ist ungemein
hoch: z.B. lässt eine 25 cm lange, beiderseits emaillirte, einerseits bemalte
Blechtafel sich um mehr denn 5 mm durchbiegen, ohne auch nur die geringsten
Haarrisse zu zeigen; wenigstens nicht solche, welche bei zehnfacher linearer
Vergrosserung und bei schief einfallendem Lichte wahrnehmbar wären.
Es kommen nunmehr aber noch einige Eigenschaften hinzu, welche darauf hinweisen,
diesem Material weite Verbreitung im Bauwesen da zu gewähren, wo bisher theils
Thonkacheln, theils lackirte Bleche, oder auch Holztafeln u.s.w. eine oft wenig
zweckentsprechende Verwendung fanden. Es sind dies: die gute Schirmwirkung gegen
strahlende Wärme, welche sich annähernd der von blank polirten Blechen gleichstellt,
– wobei die angewandte Farbgebung mitunter etwas abschwächend einwirkt – bei fast
ebenmässig gleichem Wärmeleitungsvermögen; andererseits geringe Dicke, also geringe
Rauminanspruchnahme, und entsprechend geringes Gewicht. Somit ist also auch ein
rascher Temperatur-Ausgleich durch Kontaktwärme gesichert, und damit erscheinen denn
– bei richtiger Verwendung – auch unliebsame Schweisswasser-Bildungen vermeidlich,
wie sie sonst bei Kachel-Verblendungen im Innern und Aeussern von Gebäuden oft als
sehr lästig empfunden werden.
Unter den zahlreichen Anwendungen seien einige hier hervorgehoben, die den
Architekten besonders interessiren müssen: Schilder zu Geschäftsläden u.s.w., die,
in plastischem Email ausgeführt, eine weit grössere Leuchtkraft haben, als die jetzt
üblichen Strassenschilder, Wandbekleidungen in Speise- und Badezimmern; letztere
können bei Aenderung in Benutzung der Räume abgenommen und anderwärts verwendet
werden. Ferner rechnen wir darunter die Ummantelungen zu Oefen aller Art. Auch wäre
damit ein Mittel gegeben zu einer rationellen Verbesserung des Kachelofens, der dem
Nordländer so viele zur Gewohnheit gewordene Annehmlichkeiten bietet. Es handelt
sich darum, dem Ofen die Fähigkeit zu verleihen, schon bei Beginn der Heizung Wärme
abzugeben, sowie die beheizte Luft in schnelleren Umlauf zu bringen. Auch zur
Verkleidung von Röhren und dergleichen in Schmuckräumen würde dieses Material sich
geeignet zeigen; z.B. könnten die „Ziereisen“ durch Uebermalung mit Email
eine höhere und dauerhafte Zierde erhalten. Zu Schmuck-Umhüllungen von Säulen und
Pfeilern, zu Thürfüllungen und Schlossschildern, Buffeteinrichtungen u.s.w.
dürfte nicht leicht ein zweckentsprechenderes Material zu finden sein.
Zur Beurtheilung des Kostenpunktes diene Folgendes als Anhalt: Wandbekleidungen,
welche aus Thon-, Porzellan- und Majolikaplatten fertig hergestellt, etwa 26,50 bis
36 Mark kosten, lassen sich in gleichem Farbenreichthum (und bei höherer Wirkung)
aus emaillirtem Eisen um die Hälfte billiger ausführen.