Titel: | Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter Ausstellung. |
Autor: | L. Kohlfürst |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 73 |
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Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf
der Frankfurter Ausstellung.
Von Oberingenieur L. Kohlfürst.
(Fortsetzung des Berichtes S. 1 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter
Ausstellung.
IX. Sicherungsanlagen auf Bahnhöfen oder besonders gefährdeten
Bahnstellen.
Die verschiedenen zur Sicherung der Züge auf Bahnhöfen oder an sonstigen, besonders
gefährdeten Bahnstellen dienenden Anlagen haben in Prankfurt eine hervorragende und
ihrer Wichtigkeit angemessene Vertretung gefunden.
Textabbildung Bd. 284, S. 73Fig. 65.Rangirsignal von Peyer, Favarger und Co. Um vorerst von jenen Einrichtungen zu sprechen, welche bloss die
gegenseitige Abhängigkeit von Signalen zur Aufgabe haben, wären elektrische
Verriegelungsvorrichtungen (Verschlüsse) anzuführen, welche seitens der Firma Peyer, Favarger und Co. in Neuenburg ausgestellt waren.
Diese vom Ingenieur Favarger construirten elektrischen
Verschlussapparate weichen in ihrer Anordnung wesentlich von denjenigen ab, die für
gewöhnlich in Deutschland angewendet zu werden pflegen, und auch die Rangirsignale (Disques de garage), zu deren
Vervollständigung die gedachten Verriegelungen zu dienen haben, sind in den
deutschen und österreichisch-ungarischen Signalordnungen nicht vorgesehen. Der
Doppelflügel V und die Fig.
65. Laterne L eines solchen Signals (Fig. 65), wie es von der genannten Firma erzeugt wird,
sind auf einer senkrechten Spindel befestigt, welche in dem gusseisernen,
röhrenförmigen Säulenschafte S drehbar gelagert ist und
oben die Blechhaube H trägt, um den Innenraum der
Signalsäule gegen das Eindringen von Regen oder Schnee zu schützen. Der Flügel
parallel zur Bahn gestellt bedeutet: Rangiren erlaubt,
der Flügel senkrecht zur Bahn heisst: Rangiren
verboten. Diese Art Wendescheiben stehen auf grösseren Bahnhöfen der
Schweizer und französischen Bahnen in der Regel in der Nähe der Einfahrtsweichen an
den Rangirgeleisen oder am sogen. Auszugsgeleise und haben lediglich den Zweck, beim
Rangiren in Anwendung zu kommen. Gestellt wird das Signal durch den betreffenden
Bahnwärter oder den Rangirmeister, und zwar mit Hilfe der Kurbel K, indem dieselbe, wie dies die Fig. 66, 67 und 68 (worin die Einrichtung des Kurbelgehäuses K, Fig. 65, des Näheren
dargestellt erscheint) ersehen lassen, ihre Bewegungen durch das Kegelrad g auf das doppelt so grosse, auf der Signalspindel b festgekeilte Kegelrad e
überträgt. Jede halbe Umdrehung der Kurbel entspricht somit einer Vierteldrehung der
Spindel b, d.h. je einer
Signalumstellung. Der an der gusseisernen Gehäusewand festgeschraubte Träger i, in welchem die Kurbelachse h gelagert ist, trägt ausserdem noch die zwei von einander und vom
leitenden Apparatkörper wohlisolirten Contactfedern w
und x, welche der auf h
sitzende Daumen k bei jeder ganzen Umdrehung der Kurbel
einmal in Berührung bringt; dabei ist k in solcher Lage
auf h festgemacht, dass der Contactschluss wx nur erfolgt bezieh. besteht, wenn die Scheibe auf
Rangirverbot zeigt. Zum richtigen, genauen
Einstellen der Signalspindel bezieh. des Signals dient einerseits der auf der
Signalspindel festgekeilte, cylindrische Gusskörper d,
andererseits die in dem Winkelstücke p gelagerte, bei
t drehbare Klinke l;
erstere hat an vier Stellen prismatische Ausschnitte m1, letztere hingegen das seitlich
vorstehende Stück m, welches in die vorgenannten Ausschnitte oder Fallen hineinpasst
und stets in einer solchen ruht und auf diese Weise die Spindel b unverrückbar festhält, wenn die Wendescheibe sich in
einer Signallage befindet.
Textabbildung Bd. 284, S. 73
Fig. 66.Verriegelungsvorrichtung von Peyer, Favarger und Co.
An der Klinke l ist auch noch das
nach abwärts reichende Winkelstück n festgeschraubt und
am freien Ende das Uebergewicht o angebracht. Vermöge
dieses Gewichtes wird l, welches, solange die Kurbel
gedreht wird, mit m auf d
schleift, stets im
nächsten Einschnitte m einklinken und das Werk
arretiren.
Textabbildung Bd. 284, S. 74
Fig. 67.Verriegelungsvorrichtung von Peyer, Favarger und Co.
Textabbildung Bd. 284, S. 74
Fig. 68.Verriegelungsvorrichtung von Peyer, Favarger und Co.
Soll nachher die Scheibe wieder umgestellt werden, so hat man
die Klinke l mit Hilfe des auf der vorderen Seite
geradeführenden Hebels q aus-, d.h. hochzuheben, was
einfach durch Herunterziehen des messingenen Knopfes q1 bewerkstelligt wird. Eine etwaige
Beschädigung des Werkes in Folge zu starken Aufziehens der Klinke macht die Hemmung
r unmöglich. Die elektrische Verriegelung der
geschilderten Vorrichtung besorgt ein zweischenkliger Elektromagnet M, der in Fig. 69 näher
dargestellt ist, während Fig. 68 seine Lage, welche
er im Stellwerke einnimmt, kennzeichnet. Auf der Achse s des polarisirten Ankers A ist ein Arm u, der das eigentliche Verschluss- oder
Verriegelungsstück bildet, unverrückbar befestigt, so dass derselbe die Bewegungen
des Ankers mitmacht, welcher sich, je nach der Richtung des Erregungsstromes mit dem
Anschlagarme a an den einen oder an den anderen
Elektromagnetschenkel anlegt. Der Aufstellungspunkt des Elektromagnetes im Werke,
sowie die Wickelung seiner Spulen sind so gewählt, dass u bei Erregung des Elektromagnetes durch positive Ströme nach links
geworfen, die in Fig. 68 dargestellte Lage einnimmt,
während negative Ströme die in Fig. 69 gezeichnete
Stellung bewirken. Ersterenfalls liegt u unter l oberhalb des wagerechten Stückes des Winkels n. Ein Ausheben der Klinke l ist daher nicht möglich, weil n an u nicht vorüber kann; das Signal ist sonach in seiner
Lage festgelegt, d.h. verriegelt. Im zweitgedachten Falle liegt u rechts, ausserhalb des Winkelstückes n, und es kann daher das Ausheben der Klinke l bezieh. das Umstellen des Signals mittels der Kurbel
K uneingeschränkt bewerkstelligt werden. Will man
sich überzeugen, ob das Werk wirklich verriegelt sei, so hat man nur leicht an dem
Messingknopfe q1 zu
ziehen; kann derselbe nicht heruntergezogen werden, so befindet sich der Anker
in der Verschlusstellung und es sind die geeigneten, später zu besprechenden
Vornahmen zu treffen, um die Entriegelung zu veranlassen.
Textabbildung Bd. 284, S. 74
Fig. 69.Verriegelungsvorrichtung von Peyer, Favarger und Co.
Ist die Entriegelung aber erfolgt und soll eine
Signalumstellung vollzogen werden, so zieht man den Knopf q1 so weit herunter, als dies möglich ist,
macht dann ungefähr eine Vierteldrehung mit der Kurbel K und lässt nunmehr q1 wieder los, damit die auf d gleitende Nase m der Klinke l in der bereits erläuterten Weise in die
nächstkommende Falle m1
einschnappen kann, sobald eine halbe Umdrehung der Kurbel, d.h. eine Signalumänderung ausgeführt bezieh. vollzogen wurde.
Die vorstehend geschilderte Verriegelung ermöglicht es, die Handhabung der
Rangirsignale der Aufsicht und Controle der Stationsleitung vorzubehalten, was
überall geboten erscheint, wo die Verschiebungen während des Abgehens oder Ankommens
von Zügen unterbleiben müssen. Die Art und Weise der Verbindung, welche zwischen dem
Stationsbureau und dem Rangirsignale einfachsten Falles platzgreift, zeigt das
Stromlaufschema Fig. 70. Sowohl im Stationsbureau I als bei dem Rangirsignale S, d.h. in der demselben zunächst liegenden Wärterbude II, befindet sich je ein Apparat, der aus einem
Kurbelumschalter U, einer optischen Controlvorrichtung
M und einem Wecker W
besteht; ausserdem ist noch eine Batterie B vorhanden.
Die drei Posten I, II und S sind mittels zweier Drahtleitungen L1 und L2 verbunden, wovon die erstere als eigentliche
Blockirleitung und die letztere als Weckerleitung dient. Die einfache Anordnung der
Umschalter kann ohne weiteres aus der Zeichnung entnommen werden; die Wecker sind
gewöhnliche Selbstunterbrecher oder Selbstausschalter und die optischen
Controlvorrichtungen bestehen aus einem Elektromagneten mit polarisirtem Anker,
dessen Ankerachse ein rothbemaltes Scheibchen trägt, welches bei der einen Ankerlage
hinter einem
Fensterchen des Apparatkastens sichtbar wird und dieses roth erscheinen lässt, bei der anderen Lage jedoch unsichtbar bleibt, so
dass in diesem Falle das Fensterchen vermöge seines weissbemalten Hintergrundes Weiss zeigt. Das in der Fig.
70 dargestellte Verhältniss ist jenes, welches der normalen Ruhelage
entspricht; dabei zeigt das Controlfensterchen in der Station Weiss, das in II Roth, die
Umschalterkurbeln stehen in der Mittellage, die Wecker schweigen, die Wendescheibe
steht auf Rangiren verboten und ist elektrisch
verriegelt; die beiden Contactfedern w und x berühren sich. In dieser Beziehung besteht in der
Fig. 69 insofern eine Unrichtigkeit, als der auf
der Kurbelachse h sitzende Daumen k – was der Uebersichtlichkeit wegen absichtlich
veranlasst wurde – nach aufwärts gekehrt dargestellt erscheint, während er mit
Rücksicht auf die Stellung des Sperriegels u nach
abwärts stehen und die Feder w auf x drücken sollte.
Textabbildung Bd. 284, S. 75Fig. 70.Stromlaufschema der Verriegelungsvorrichtung von Peyer,
Favarger und Co. Soll nun rangirt werden, so hat der betreffende Rangirmeister oder
Bahnwärter hierzu erst die Zustimmung und Erlaubniss der Stationsleitung einzuholen
und zu diesem Ende seine Umschalterkurbel in II nach
rechts umzulegen. In Folge dessen gelangt ein Strom vom +-Pole der Batterie B2 über d2, c2, E2, E1, d1, 9, b1 in den Wecker W1 und über Z1, f1, 7, L2, 4, f2, U2, 6 zum – -Pole zurück. Der Wecker in I läutet. Kann die Stationsleitung die Erlaubniss zum
Rangiren ertheilen, so wird in I die Umschalterkurbel
U1 nach links
gestellt. Hierdurch gelangt die Batterie B2 in Thätigkeit, und zwar vorerst vom + -Pole über 10, U1, F1, a1, M1, 9 und d1 zum Zinkpole, dann
ebenso über 10, U1, F1, a1, 8, L1, 3, a2, M2, 5, d2, c2, E2, E1 und d1, sowie über 10, U1, F1, a1, 8, L1, 3, a2, 2, x, S, c2, E2, E1 und d1. Durch diese Ströme
wird das Fensterchen in I roth, jenes in II weiss gemacht und zugleich der elektrische
Verschluss des Rangirsignals in S aufgeschlossen. Nach
dem Einlangen dieser Deblockirung, die sich durch das weissgewordene Fensterchen in
II signalisirt hat, bringt der Bahnwärter oder
Rangirmeister die Kurbel U2 wieder in ihre Mittelstellung zurück; die Wendescheibe kann nunmehr auf
„Rangiren erlaubt“ gestellt und mit dem Rangiren kann begonnen werden.
Will die Stationsleitung das Rangiren wieder einstellen lassen, so wird in I die Umschalterkurbel U1 nach rechts gelegt, demzufolge von B1 ein Strom über 10, U1, f1)
7, L2, 4, f2, Z2, W2, 5, d2, c2, E2, E1 und d1 zur Wirksamkeit
gelangt und den Wecker in II läuten macht. Gemäss
dieses Auftrages hat der betreffende Bahnwärter oder Rangirmeister die
Verschiebungen sofort einstellen zu lassen, ferner die Wendescheibe vorerst wieder
auf Rangiren verboten zurückzustellen und sodann in II die. Umschalterkurbel U2 nach links zu legen. Hierdurch wird die
Batterie B2 in drei
Schleifen geschlossen, und zwar über d2, c2, E2, E1, d1, 9, M1, a1, 8, L1, 3, a2, 2, x, w, 1, F2, U2 und 6, ferner über
d2, 5, M2, a2, 2, x, w, 1, F2, U2 und 6, sowie schliesslich über d2, c2, S, x, w, 1, F2, U2 und 6. Durch diese
Theilströme werden also sowohl M1 als M2 und S erregt, und da
ihre Richtung die entgegengesetzte jener Ströme ist, welche, wie früher gesehen
wurde, von I aus mit Hilfe des Umschalters U1 in die gleichen
Apparate entsendet wurden, so wird jetzt das Fensterchen zu M1 wieder weiss, jenes zu M2 wieder roth und das Stellwerk des
Rangirsignals in S wieder verriegelt. Schliesslich bringen die Station, sowie der Wärter die
Umschalterkurbel U in die Mittelstellung zurück, wonach
die ganze Anlage ihren normalen Zustand wiedererlangt hat.
In den seltensten Fällen kann jedoch das hier geschilderte Verhältniss zwischen den
Rangirsignalen und der Stationsleitung als zureichend gelten, es erscheint vielmehr
geboten, mindestens auch die zur Regelung der Zugseinfahrten dienenden Stationssignale mit den Rangirsignalen in directe
Abhängigkeit zu bringen, damit die Stationsleitung ausser Stande gesetzt sei, eine
irrthümliche Verfügung zu treffen. In diesem Sinne sind denn auch die Hipp'schen Distanzsignale,
d. s. elektrische, mit Hilfe zweier Leitungen und einer
galvanischen Batterie betriebene Wendescheiben (vgl. Zetzsche, Handbuch der Telegraphie, Bd. 4 S. 499, 524 und 532), welche die
gleiche Aufgabe haben, wie vorgeschobene Bahnhofabschlussignale in Deutschland oder
die sogen. Stationsdeckungssignale in Oesterreich-Ungarn, mit den bezüglichen
Rangirsignalen entsprechend gekuppelt. Von den vorbesagten zwei Betriebsleitungen
dient die eine ausschliesslich nur für das Umstellen des Signals von Halt auf Frei und die
zweite ebenso ausschliesslich für die Rückstellung von Frei auf Halt. Das Stellen der
Distanzscheiben bezieh. die Entsendung der betreffenden Ströme geschieht mit Hilfe
eines ganz ähnlichen Apparates, wie solche in Fig. 70
bei I und II dargestellt
sind, und zwar steht die Scheibe auf „Einfahrt verboten“ (Halt), wenn die
Umschalterkurbel nach rechts gelegt ist, hingegen zeigt das Signal „Einfahrt
erlaubt“ (Frei),
wenn die Kurbel nach links liegt. Damit das Rangirsignal nur dann deblockirt werden
könne, wenn das Distanzsignal auf Halt steht, ist die
Leitung L1 (Fig. 70), auf welcher der Deblockirstrom von der
Station aus seinen Weg zum Rangirsignale finden muss, nicht direct an die
Anschlussklemme 8 des zugehörigen Stellapparates,
sondern vorher erst noch durch einen Federncontact
geführt, der im Stellapparate des bezüglichen Distanzsignals, und zwar so angebracht
ist, dass er nur durch die Umschalterkurbel des Distanzsignals geschlossen werden
kann, wenn dieselbe ganz nach rechts umgelegt wurde, d.h. also, wenn das
letztgenannte Signal selbst sich in der Haltlage befindet. Kaum weniger einfach ist
die umgekehrte Bedingung erfüllt, nämlich dass ein Freistellen des Distanzsignals
nur dann möglich sei, wenn das Rangirsignal auf Rangirverbot steht. Es wird zu diesem Ende jene Leitung, auf welcher die
freigebenden Ströme ihren Weg zu nehmen haben, auch wieder nicht direct an die zugehörige Stellvorrichtung, sondern vorerst durch die
Stellvorrichtung des mit dem Distanzsignal in Abhängigkeit zu bringenden Rangirsignals geführt und
daselbst an die beiden Contactfedern l1 und l2 (Fig. 71)
angeschlossen. Diese zwei Federn, welche zunächst dem Elektromagnete der zum
Rangirsignal gehörigen Controlvorrichtung, M1 in Fig. 70, auf
einem Messingbügel P (Fig.
71) isolirt befestigt sind, müssen also erst leitend mit einander
verbunden sein, wenn ein freimachender Strom zum Distanzsignal soll abgesendet
werden können. Eine solche Verbindung entsteht, sobald der an einem zweiarmigen
Hebel m, n isolirt befestigte Neusilberstift g an die beiden Federn gepresst wird. Für gewöhnlich
drückt aber die um die Drehachse q gewundene Wurmfeder
den linksseitigen Arm des Hebels m, n von den Federn
l1, l2 weg und mit dem Ende
m gegen das Ende k
eines um o drehbaren Tasterhebels T. An dem linksseitigen Ende des Hebels m, n ist ferner ein seitlich vorstehender Stahlstift
s eingesetzt und im Anker A eine Bohrung vorhanden, die dem Stifte genau gegenüber liegt, wenn die
Controlvorrichtung bezieh. die Ankerlage dem Signale „Rangiren verboten“
(Fensterchen im Telegraphenbureau weiss) entspricht.
Bei der zweiten Ankerlage (Fensterchen roth) liegt
jedoch das volle Fleisch des Ankers dem Stifte s
gegenüber. Vermöge dieser Einrichtung wird ersterenfalls, wenn man den durch die
Kastenwand des Rangirsignalstellapparates nach aussen geführten Tasterknopf T niederdrückt, der Arm n
oder vielmehr der Stift g an die Federn l1 und l2 gepresst und von
einer zur anderen der Stromweg hergestellt, wobei der Stift s in die gegenüberliegende Ankerbohrung eintritt; zweitenfalls kann
hingegen T nicht so weit niedergedrückt werden, dass
g an die Contactfedern gelangt, weil sich s gegen A stemmt.
Textabbildung Bd. 284, S. 76
Fig. 71.Favarger's Blockverschluss.
Um das Distanzsignal auf Erlaubte
Einfahrt zu stellen, muss also nicht nur die Umschalterkurbel im
zugehörigen Stellapparate nach links gestellt sein, es
muss auch der im Stellapparate des mit dem Distanzsignale in Abhängigkeit gebrachten
Rangirsignals vorhandene Taster T niedergedrückt
werden, was jedoch dargestelltermaassen lediglich möglich ist, wenn das
letztgenannte Signal auf Rangiren verboten zeigt und in
dieser Lage verriegelt ist.
Eine in dieser Art gegenseitig gekuppelte Anlage, bestehend aus zwei
Distanzsignalen und zwei Rangirsignalen, steht beispielsweise in Chiasso, Station der Gotthardbahn, in Benutzung.
Einen ganz besonders imposanten Eindruck machten die von Siemens und Halske in der Halle für Eisenbahneinrichtungen aufgestellt
gewesenen Stations-Blockeinrichtungen und Weichen- und Signalstellwerke für die Ostseite des
Bahnhofes Zütfen. Durch eine oberhalb dieser Apparate
aufgehängte grosse Zeichnung war die genannte Station der „Niederländischen
Staatsbahnen“ mit ihren drei einmündenden eingeleisigen Bahnstrecken und der
gesammten Geleisanlage ersichtlich gemacht. Der Apparat für die Station erhielt 14
Blockfelder; das Stellwerk für die Weichen und Signale war dreitheilig und umfasste
22 Blockfelder. Der ganzen Anordnung liegt die Bedingung zu Grunde, dass die Station
die ausschliessliche Verfügung über sämmtliche Ein- und Ausfahrten besitzt und dass
die Lage der Ein- und Ausfahrtsignale sowohl in der Stellung auf Frei, als auf Halt von der
Station festgehalten und nur mit ihrer Zustimmung gewechselt werden kann. Nebenbei
ist die Einrichtung auch mit der ähnlichen Sicherungsanlage der Westseite des
Bahnhofes Zütfen und mit den von dort nach den
Richtungen Deventer, Hengeloo und Winterswyk laufenden drei Blocksignallinien in
Verbindung gebracht. Der elektrische Theil der einzelnen Blockfelder gleicht im
Wesentlichen den bekannten Siemens und Halske'schen
Apparaten dieser Gattung; die Verriegelungsmechanismen jedoch, welche die
wechselseitige Abhängigkeit der Blockfelder eines Stellwerkes zu bewirken haben,
sind in Abweichung von der früher und für gewöhnlich angewendeten Constructionsform
nicht der Höhe nach, sondern der Breite bezieh. Länge nach angeordnet, was die
Uebersichtlichkeit erhöht und, wie es scheint, insbesondere etwa später
wünschenswerthe oder nothwendige Aenderungen im Abhängigkeitsverhältnisse leichter
ausführen lässt.
Aehnliche grosse Anlagen waren vom Wiener Werke der Firma Siemens und Halske in dem Pavillon nächst der Telephonhalle ausgestellt
und sind diesbezüglich seitens der bezeichneten Anstalt die nachstehenden näheren
Erläuterungen bekannt gegeben worden. Das für einen Weichenthurm bestimmte, in Fig. 72 und 73 ersichtlich gemachte
Stellwerk mit Fahrstrassenverschluss ist mit dem im
Stationstelegraphenbureau aufgestellten Blockapparate durch die später noch des
Näheren in Betracht zu ziehende entsprechende Anzahl von Leitungen verbunden.
Selbstverständlich können in einer Station aber auch zwei oder mehrere Stellwerke
vorhanden sein, die dann alle mit dem Blockapparate der Station in übereinstimmender
Weise in Verbindung gebracht sind. Das Hebelwerk des Stellwerkes gleicht im
Wesentlichen ganz der bekannten Siemens und Halske'sche
Anordnung dieser Gattung und besteht also vorerst aus zwei oder nach Erforderniss
aus mehreren gusseisernen Ständern S, welche durch zwei
Querträger P und Q zu
einem festen Gestelle verbunden werden. Auf den Querträgern sind vorn, und zwar
behufs Raumersparnisses in zwei ungleich hohen Reihen,
die gusseisernen Böcke festgeschraubt, in welchen die Achsen der Hebelrollen R lagern. Ueber jede der letzteren ist ein in den
Doppeldrahtzug der betreffenden Signal Vorrichtung oder Weiche eingeschaltetes
Kettenstück geschlungen und an derselben festgemacht, so dass Drehungen der Rolle
auch ein Hin- und
Zurückgehen des Drahtzuges, d.h. ein Umstellen des Signals bezieh. der Weiche
bewirken. Die mit R fest verbundenen Hebel H dienen also zum Stellen der Weichen, Scheibensignale
und einflügeligen Semaphore und sind zwei- oder dreistellig, je nachdem sie in zwei
oder drei bestimmten Lagen in den Lagerböcken B, wie
Fig. 73 ersehen
lässt, einklinken können. Das Ein- und Ausklinken geschieht gleichzeitig mit dem
Ergreifen oder Loslassen des Hebelgriffes G. Zur
Erleichterung der Uebersicht erhalten die zu Weichen gehörigen Hebel einen
schwarzen, die Signalhebel hingegen einen grellrothen Anstrich. Ausserdem tragen
alle Stellhebel am Griffe gegossene Täfelchen mit der genauen Bezeichnung des
zugehörigen Signals oder der Weiche.
Textabbildung Bd. 284, S. 77
Stellwerk mit Fahrstrassenverschluss von Siemens und Halske in Wien.
An der Rückseite des Stellbockes befinden sich hinter jedem
Stellhebel zwei Kettenrollen r1 und r2, über welche die zu dem bezüglichen Drahtzuge
gehörende Kette weiterläuft. Auf dem oberen Querträger P ruht der verschlossene sogen. Schieberkasten
K, der die Mechanismen zur Bewirkung der gegenseitigen Abhängigkeiten
zwischen den Signalen und Weichen enthält. Von Ausschnitten, die im Umfange der
Hebelrollen angebracht sind, gehen nämlich senkrechte Sperrstängelchen nach aufwärts
in den Schieberkasten und hängen dort mit Klinken, Achsen und Schiebern systematisch
zusammen. Soll einer der Stellhebel aus seiner Ruhelage in eine andere gebracht
werden können, so muss das zugehörige vorgedachte Sperrstängelchen nach aufwärts
ausweichen können. Ist dies jedoch in Folge der Lage der darüberstehenden Schieber
nicht möglich, dann ist es auch nicht möglich, den Hebel auszuklinken und
umzustellen, d.h. in diesem Falle ist die betreffende Signalvorrichtung oder Weiche
verschlossen. Zwischen dem Hebel jedes Einfahrtsignals und jenem des
zugehörigen Vorsignals besteht überdem eine unmittelbare Abhängigkeit, nämlich
die sogen. Wechselsperrung, vermöge welcher beim
Signalwechsel von Halt auf Frei stets zuerst das Einfahrtsignal gezogen
werden muss, ehe das Vorsignal umgestellt werden kann, während umgekehrt, beim
Zurückbringen der Signale von Frei auf Halt, das Einfahrtsignal erst gestellt werden kann,
nachdem das Vorsignal bereits in die Haltlage gebracht worden ist. Auf dem
Schieberkasten K befindet sich der sogen. Fahrstrassenanzeiger F, d. i. gleichfalls ein
Blechkasten, in dessen Vorderseite so viele viereckige Fenster v eingeschnitten sind, als Einfahrtsgeleise bezieh.
Fahrstrassen und Einfahrtsstrecken in Betracht kommen. Jedes Fensterchen
repräsentirt also eine bestimmte Fahrstrasse. Dabei sind die Fensterchen bezieh. die
einzelnen Fahrstrassen, die von den Zügen einer
Einfahrtsstrecke benutzt werden können, neben einander gruppirt und jede dieser
Gruppen wird durch einen gemeinsamen Rahmen und eine bezügliche Ueberschrift
deutlich gekennzeichnet. Zu jeder solchen Gruppe gehört auch ein mit einer
Abfallscheibe versehener Wecker W. Unter jedem
Fensterchen v ist ein Handgriff (Knebel) k angebracht, der für gewöhnlich links liegt und
mittels welchem die die Stellhebel verschliessenden Schieber bewegt werden können.
Rechts auf dem Schieberkasten befindet sich der Wärterblockapparat M1, der zweierlei
Blockverschlüsse enthält, nämlich sogen. Signalblocks,
die die Hebel der Einfahrtsignale verschliessen, und sogen. Fahrstrassenblocks, welche die Fahrstrasse selbst, d.h. die Hebel der in
der Fahrstrasse liegenden Weichen festhält. Von den ersteren müssen so viele
vorhanden sein, als Einfahrtsignalhebel in das Stellwerk einbezogen sind; die Anzahl
der letzteren entspricht der Zahl der Einfahrtstrecken bezieh. der Gruppen im
Fahrstrassenanzeiger. Eigene Contactvorrichtungen sind unter jedem Fensterchen v des Fahrstrassenanzeigers im Schieberkasten
angebracht und stehen mit der Achse des bezüglichen Knebels k so in Verbindung, dass beim Umlegen des Knebels nach rechts die Einschaltung, beim Zurücklegen nach links die Ausschaltung der Telegraphenleitung zum Stellwerke
erfolgt. Für gewöhnlich stehen am Hebelwerke alle zweistelligen Hebel H mit den Griffen G nach
abwärts, die dreistelligen in der Mittelstellung. Die Fenster v des Fahrstrassenanzeigers sind weiss, jene der Signalblockapparate f roth und die der Fahrstrassenblockwerke f1 ebenfalls weiss.
Sowohl am Stellwerk- als wie am Stationsapparate – letzteren stellt Fig. 74 in der Seiten- und Vorderansicht, Fig. 75 in der Draufsicht dar – sind die elektrischen
Blockverschlüsse von der bekannten Siemens-Halske'schen
Einrichtung. Die Stationseinrichtung besteht wieder aus so vielen
Fahrstrassenblocksätzen, als Bahnlinien einmünden, und ebenso vielen
Signalblocksätzen, als Signale vorhanden sind. Ausser den Leitungen für diese
Blocksätze muss noch für jede Fahrstrasse des Fahrstrassenanzeigers je eine vom
Stellwerke zum Stationsblockapparate führende Telegraphenleitung vorhanden sein.
Textabbildung Bd. 284, S. 78Fig. 74.Blockverschlusse von Siemens und Halske. Unter den Blockapparatsätzen des Stationsapparates befindet sich in einem
Schutzkasten K, welcher auf seiner Deckplatte eine
Darstellung der Geleiseanlage zeigt, die Fahrstrasseneinschalte- und Sperrvorrichtung.
Für jede der einmündenden Fahrstrassen ist hier ein Schubknopf k1, k2..... angebracht,
welcher auf die verschiedenen Geleise I, II, III...
durch Verschiebung längs eines im Kastendeckel vorhandenen Schlitzes m1n1, m2n2... eingestellt
werden kann. In der Ruhelage befinden sich alle Schubknöpfe in der sogen.
Nullstellung, d.h. sie sind in diesem Falle auf gar keine Fahrstrasse eingestellt.
In dieser Fahrstrasseneinschaltevorrichtung ist die gleichzeitige Einstellung sich
kreuzender Einfahrtswege durch selbsthätige Schieber verhindert; für die Durchfahrt eines Zuges ist es jedoch immerhin möglich,
auf beiden Bahnhofsseiten dieselbe Fahrstrasse zu stellen. Ebenso ist die Freigabe
der verschiedenen auf einer Einfahrtseite für verschiedene Einfahrtslinien geltenden
Signale möglich, wenn die betreffenden Fahrstrassen sich nicht kreuzen. Durch das Einstellen eines Knopfes k auf irgend ein Geleise wird jene Telegraphenleitung, welche der
zugehörigen Fahrstrasse (Fensterchen v am
Stellwerksapparate) entspricht, und zwar stets
nur diese Leitung geschlossen. Der
Stellwerkswärter kann dagegen wieder nur jene Fahrstrasse verschliessen, für die die
Leitung geschlossen worden ist, und so ist es unmöglich, die Einfahrts- und
Distanz-(Vor-)Signale aus entgegengesetzten Richtungen freizugeben.
Soll also ein Zug eingelassen werden, so stellt der Stationsbeamte den in Frage
kommenden Knopf k auf das betreffende Geleis
(Einfahrtstrasse) ein und läutet dann mittels des Weckertasters T des bezüglichen Fahrstrassenblockapparates vor.
Hierbei ertönt der hinzugehörige Wecker W am
Stationsapparate sowohl, als wie jener am Stellwerke, wo überdem im betreffenden
Fenster v (Fig. 72) des
Fahrstrassenanzeigers die Nummer des vorgeschriebenen Einfahrtgeleises sichtbar
wird. Gleich nach dieser Vornahme gibt der Stationsbeamte nun auch das der
angeordneten Einfahrt entsprechende Einfahrtsignal frei, indem er in bekannter Weise
die betreffende Blocktaste D (Fig. 74) niederdrückt und mit seinem Inductor J Wechselströme entsendet, wobei er sich selbst blockirt; dabei verwandelt
sich das bisher roth gewesene Blockfensterchen f des Stationsapparates in Weiss. Am Wärterblockapparate hat dieses Deblockiren des Einfahrtsignales
vorläufig noch keine Folgen. Der Wärter bringt auf
das vorgedachte Signal hin die der avisirten Fahrstrasse entsprechenden Weichenhebel
in die gehörige Lage und sperrt dieselbe mittels des zugehörigen Knebels K (Fig. 72). Hierdurch
wurde gleichzeitig die Blockleitung am Stellwerke eingeschaltet, und der Wärter
verschliesst nunmehr die Stellhebel mittels des betreffenden
Fahrstrassenblockapparates durch Niederdrücken des Deblockirtasters D1 und Drehen der
Inductorkurbel. Demzufolge wird das zugehörige Fensterchen f1 beim Stellwerksapparate sowohl als am
Stationsapparate roth und der Schubknopf k (Fig. 75) im
Stationsbureau durch die aufwärts gehende Sperrstange des Blockverschlusses
gesperrt. Jetzt hat nun auch der schon früher von der Station freigegebene
Signalblockapparat des Stellwärters den Signalhebel daselbst thatsächlich frei
gemacht. Sollte der Wärter irrthümlich eine andere als die vom Stationsbeamten
angegebene Fahrstrasse gestellt haben, so kann dieselbe nicht von ihm verschlossen
werden. Der Fahrstrassenblock wird durch die Signalfreigabe gesperrt, so dass die
Blocktaste nicht niedergedrückt werden und die Fahrstrasse nicht mehr freigegeben
werden kann, bis das Signal wieder auf Halt gestellt
und verschlossen wurde.
Textabbildung Bd. 284, S. 79Fig. 75.Blockverschlusse von Siemens und Halske. Nachdem der Wärter die vorgedachte Blockirung der Fahrstrasse und die
völlige Freimachung des Einfahrtsignalhebels vollzogen hat, stellt er letzteren auf
Frei und sodann das Vorsignal gleichfalls auf Erlaubte Einfahrt. Diese Signale werden nach dem
Vorbeifahren des Zuges in umgekehrter Reihe wieder auf Halt zurückgebracht und mittels des Blockapparates in bekannter Weise
verschlossen, wobei sich das bezügliche Fensterchen f
in der Station wie am Stellwerke wieder in Roth
umwandelt, während der Fahrstrassenverschluss am Stationsapparate unter einem wieder
frei gemacht worden ist. Die Weichenlage bleibt
jedoch noch immer verschlossen, bis der Stationsbeamte den Fahrstrassenapparat des
Wärters deblockirt, wobei das Fensterchen f1 des betreffenden Block Verschlusses in der Station
wie beim Stellwerke wieder weiss wird. Erst nach all
diesen Vornahmen kann und muss der Knopf k (Fig. 75) in der Fahrstrasseneinschaltevorrichtung der
Station auf die Nullstellung zurückgebracht werden und ist der Stellwerks Wärter im
Stande und gehalten, die Verschlusskurbel k (Fig. 72) nach links
zurückzulegen, wodurch die Nummer im Fensterchen v
verschwindet und alle Weichenhebel wieder frei beweglich werden.
Das Schwergewicht dieser im Ausstellungsverzeichnisse der Firma Siemens und Halske als System
Bank bezeichneten Einrichtung liegt darin, dass ausser den gewöhnlichen
Sicherheiten auch noch die Umstellung der für eine freigegebene Fahrstrasse
gestellten Weichen nicht bloss von der erfolgten Bückstellung des betreffenden
Fahrsignals, sondern auch noch von der vorausgegangenen Erlaubniss, d.h.
Deblockirung seitens der Station, abhängt, und dass also, nachdem diese Deblockirung
bei correcter Dienstabwickelung erst nach erfolgtem
Eintreffen des Zuges stattfindet, keine Weiche der Fahrstrasse während des Befahrens durch den Zug umgestellt werden
kann.
(Fortsetzung folgt.)