Titel: | Die Gefahren bei der Erzeugung der Explosivstoffe. |
Autor: | Oscar Guttmann |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 80 |
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Die Gefahren bei der Erzeugung der
Explosivstoffe.
Von Oscar Guttmann.
(Vortrag, gehalten am 7. März 1892 in der Society of Chemical Industry in London.)
Die Gefahren bei der Erzeugung der Explosivstoffe.
Die Gefahren, welche mit Explosivstoffen verbunden sind, können naturgemäss in ein
Wort zusammengefasst werden, allerdings ein schreckliches: Explosion. Wer jemals das
traurige Geschick hatte, eine grosse Conflagration von Explosivstoffen mit
anzusehen, wird den Eindruck dieses Schauspieles sein ganzes Leben hindurch wohl
schwerlich vergessen. Ein kurzer heftiger Schlag in der Luft, riesige rothe Flammen
zum Horizonte schiessend, gefolgt von undeutlichen dunklen Massen, dann ein dumpfer
Schauer von fallendem Schutt, und dann – tödtliche Stille. Wo noch vor einer Secunde
ein nettes, reinliches Gebäude stand, und geschäftige Hände arbeiteten, da ist jetzt
kaum eine Spur geblieben; eine tiefe Grube ist im Boden ausgehöhlt, und rundherum
auf grosse Entfernungen liegen zerstreut die Fragmente des Hauses, der Maschinen und
– der Arbeiter. Es ist sogar schwierig, dieselben zu identificiren. Ihre Kleider,
sofern sie nicht aus Schafwolle gemacht sind, sind verbrannt, ihre Gesichtszüge sind
nicht wieder zu erkennen, und nur manchmal dient ein Schuh oder einzelne
Gliedmaassen als das einzige Kennzeichen in dieser grausigen Arbeit.
Die Ursache der Explosion kann selten mit vollständiger Genauigkeit gefunden werden.
Wenn man die Berichte der englischen Explosivstoffinspectoren liest, so wird man
fast immer mehr als eine mögliche Ursache angegeben finden, zugleich aber auch
verwundert sein über die Summe der darin entwickelten Genialität, welche noch
jedesmal eine nützliche Lehre für die daran Interessirten lieferte. Unglücklicher
Weise werden solche Berichte nur in England veröffentlicht, und die wenigen kurzen
Notizen, welche von anderen Ländern kommen, sind ganz ungenügend, um den Fabrikanten
hinreichende Anhaltspunkte zur Vorsorge für ihre Arbeiter und ihr Eigenthum zu
liefern. Ich finde, es sei Jedermanns Pflicht, seine Erfahrungen in dieser Hinsicht
preiszugeben, und dies veranlasst mich, eine zusammenfassende Skizze über die
Ursachen der Gefahren im Zusammenhange mit der Erzeugung von Explosivstoffen zu
geben.
Constatiren wir zuerst, was eine Explosion ist.
Man ist allgemein einig darüber, dass sie der plötzliche
Zerfall einer mechanischen Mischung oder chemischen Verbindung in ihre Componenten
ist, wobei in einem kurzen Zeiträume grosser Druck entwickelt wird. Eine solche
Explosion kann durch verschiedene Mittel verursacht werden, welche nicht in allen
Fällen die gleichen sind. Manchmal bringt Entzündung den Zerfall hervor, häufig ein
Schlag, Reibung, ein elektrischer Funke, Schwingungen, plötzliche Erhitzung u.s.w.,
stets aber ist es nothwendig – wie Sir Frederick Abel
zuerst hervorhob, dass eine gewisse Anzahl von Schwingungen, und Schwingungen
besonderer Art als Folge einer der oberwähnten Ursachen auftreten, um Explosion
hervorzurufen.
Chlorstickstoff explodirt, wenn er in siedendes Wasser geworfen wird. Bestreicht man
ein winziges Papierstückchen mit Jodstickstoff, dessen Explosionstemperatur 100°
ist, und lässt es von etwa 1 m Höhe aus frei zur Erde flattern, so explodirt es beim
Berühren der Erde. Legt man ein solches Papierstückchen auf eine Bassgeige und
streicht die H-Saite, so bleibt es unbeeinflusst, es explodirt aber, wenn man die
G-Saite streicht, welche eine grössere Schwingungszahl als 60 in der Secunde
hervorruft. Wird eine Pulverladung im verdämmten Bohrloche entzündet, so brennt sie
schichtenweise so lange ab, bis der Gasdruck und die Wärme Explosion bewirken.
Entzündet man solcherart Dynamit, so wird es bloss verbrennen, ohne zu detoniren.
Legt man sie auf einen Amboss und führt einen scharfen Schlag in einem Winkel
(glancing blow), so werden alle Sprengstoffe der Praxis detoniren. Dynamit explodirt
zwischen Stahl und Stahl bei einer Schlagarbeit von 0,75 mk, Pulver bei einer
solchen von 7,75 mk; während jedoch die Explosion durch das ganze Pulver sich
fortpflanzt, detonirt Dynamit gewöhnlich nur an der vom Schlage getroffenen Stelle.
Lässt man über einer Schiessbaumwolladung eine Dynamitpatrone detoniren, so wird
erstere bloss ausbrennen; umgekehrt wird Schiesswolle das Dynamit sicher zur
Explosion bringen. Jeder Explosivstoff hat eine bestimmte Temperatur, über welche
hinaus er nicht plötzlich erwärmt werden kann, ohne dass er detonirt; diese
Temperatur ist z.B. für Jodstickstoff 100°, für Nitropräparate durchschnittlich 180
bis 184°, für Pulver zwischen 270 und 320° u.s.w.
Es folgt aus dem oben Gesagten, dass eine Explosion nicht lediglich dem Umstände
zuzuschreiben ist, dass der Explosivstoff auf eine gewisse Temperatur erhitzt wurde,
ja der Schlag oder die Reibung, welche eine grosse Anzahl von Explosivstoffen
detoniren machen, können ganz ungenügend sein, um die Temperatur irgendwie von
Bedeutung zu erhöhen, selbst wenn der Schlag auf einen einzigen Punkt concentrirt
wird, wie mit dem „glancing blow“ (Streifschlag).
Andererseits soll man sich vor allem hüten, was Schwingungen von genügender Menge und
Häufigkeit in dem Explosivstoffe hervorrufen könnte. So ist es z.B. wohlbekannt,
dass eine Stimmgabel eine grössere Anzahl von Schwingungen hervorbringt, wenn sie
gegen einen Stahlgegenstand geschlagen wird, als wenn dies gegen Bronze, Stein oder Holz geschieht, und dasselbe ist der Fall bei
einem Explosivstoffe, welcher auf oder zwischen verschiedenen Körpern sich befindet.
Stahl gegen Stahl ist am gefährlichsten, Holz gegen Holz am unschädlichsten. Dennoch
hat Dr. Dupré gezeigt, dass ein Streifschlag, geführt
mit einem Besenstiele gegen einen hölzernen Fussboden, die meisten Explosivstoffe
detoniren macht. Natürlich hängt viel davon ab, in welchem Zustande der
Explosivstoff selbst sich befindet. Ein Schlag auf eine ganze Patrone Sprenggelatine
kann ganz harmlos sein, wenn aber genügend Kraft ins Spiel kommt, um die Patrone
platt zu schlagen, und eine dünne Schichte einem hinreichend starken Schlage
auszusetzen, dann kann dies eine Explosion der ganzen Patrone zur Folge haben. Es
macht auch einen grossen Unterschied, ob der Explosivstoff warm oder kalt ist. Im
warmen Zustande
ist jeder Explosivstoff empfindlicher sowohl gegen Zersetzung, wie gegen Schlag oder
Reibung.
Die Ursachen einer Explosion können in zwei Klassen getheilt werden: mechanische oder
chemische. Mechanische Ursachen sind hauptsächlich Schlag, Reibung oder Entzündung
irgend einer Art. Die chemischen Ursachen wechseln mit der Natur des
Explosivstoffes. Mechanische Mischungen, wie Schiesspulver, Roburit u. dgl., sind
unter gewöhnlichen Verhältnissen chemischen Veränderungen nicht unterworfen, aber
chemisch verbundene Körper haben stets einen gewissen Mangel an Beständigkeit,
welcher nur durch sorgfältige Erzeugung vermieden werden kann. Natürlich gibt es
auch mechanische Mischungen, welche der Zersetzung ausgesetzt sind, und ich habe da
nur nöthig auf die Chloratmischungen hinzuweisen, welche, besonders bei Feuerwerken,
manche Unglücksfälle verursacht haben.
Im Nachfolgenden beabsichtige ich jeden Explosivstoff für sich zu behandeln, und die
in jedem Stadium der Erzeugung vorkommenden Gefahren anzudeuten. Natürlich werde ich
nur von solchen Stoffen sprechen, welche thatsächlich erzeugt und verwendet werden,
dabei es Ihnen überlassend, Ihre eigenen Schlüsse an der Hand der Aehnlichkeit der
Fälle zu ziehen, wenn Ihnen ein anderer Explosivstoff vorliegt.
In erster Linie, sowohl dem Alter nach, wie nach der Anzahl der es erzeugenden
Fabriken, kommt das Schiesspulver und seine
Nachahmungen.
Hier wie bei jedem anderen Explosivstoffe, ist es Grundbedingung, dass die
Rohmaterialien so rein als möglich seien, sowohl in chemischer Hinsicht, wie in
Bezug auf Abwesenheit mechanischer Beimengungen.
Bei Salpeter (Kalisalpeter, Natronsalpeter u.s.w.) ist Chlor die unwillkommenste
Verunreinigung. Obzwar zu Schiesspulver jetzt kein Salpeter mehr verwendet wird,
welcher mehr als 1/10000 Chlor enthält, so ist dies doch nicht immer der Fall mit
Schiesspulvernachahmungen, besonders bei jenen, für welche Natriumnitrat verwendet
wird. Einer meiner Assistenten machte einmal eine Pulvermischung, extrahirte den
Salpeter, welcher viel Chlor enthielt, dampfte ihn zur Trockne in einer
Porzellanschale und liess ihn nach dem Schmelzen abkühlen. Nach längerer Zeit begann
er den Salpeterkuchen mit einem Glasstabe abzukratzen, als plötzlich das Ganze
verpuffte. Es ist klar, dass in diesem Falle Chlorstickstoff gebildet war, dessen
Empfindlichkeit gegen die geringste Erschütterung ja wohlbekannt ist.
Man muss auch Acht geben, dass Salpeter oder Pulver nicht in Berührung mit
Lothstellen kommen. Weber fand in einem besonderen
Falle, dass salpetersaures Zinn gebildet wurde, wovon es eine explosive Abart gibt,
die häufige Unglücksfälle veranlasste.
Die Holzkohle bietet keine andere Gefahr, als die der Selbstentzündung. Es ist gut,
die Kohle vorerst in besonderen Maschinen zu mahlen. Selbstentzündung ist die Folge
der Eigenthümlichkeit der Holzkohle, dass sie die Luft absorbirt und condensirt,
wodurch Wärme entsteht. Dies kann manchmal plötzlich erfolgen, wie z.B. wenn ein
Stück Holzkohle gebrochen wird, und der Kern, welcher sein Absorptionsvermögen
bewahrt hat, mit feuchter Luft in Berührung kommt.
Schwefel wird jetzt allgemein gemahlen, bevor er mit den anderen Bestandtheilen
gemengt wird. Obzwar durch schnelles Mahlen eine grosse Menge Wärme entwickelt
werden kann, ist dies doch kaum jemals genügend, um den Schwefel zu entzünden.
Dennoch finden Brände in Schwefelmühlen statt, und dies ist hauptsächlich der
bekannten elektrischen Eigenschaft des Schwefels zuzuschreiben, welche durch die
Reibung und Wärme beim Mahlen hervorgerufen wird. Einer meiner Freunde verband seine
Schwefelmühlen durch Kupferdrähte mit der Erde, um die elektrische Ladung nach
Maassgabe ihrer Bildung abzuleiten, und er hat seit dieser Zeit keinen Brand in
einer Schwefelmühle zu beklagen gehabt.
Falls ein Ventilator zur Abfuhr des Schwefelstaubes vorhanden ist, so sollte sein
Ausströmungsrohr in eine Staubkammer münden, da Schwefelstaub gefährlich ist.
Stampfmühlen werden hier zu Lande nicht mehr zur Mengung des Schiesspulvers benutzt,
doch anderswo bestehen sie noch. Dieselben haben gewöhnlich hölzerne Tröge und
Bronzeschuhe, und sie wären sicher genug, vorausgesetzt, dass der Kuchen häufig mit
Wasser besprengt wird, würden nicht manchmal Schmutz oder gebrochene
Metallbestandtheile hineinfallen. Dennoch entstehen die meisten Unglücksfälle bei
diesen, weil diese zwei Bedingungen für die Sicherheit häufig abgehen, und die
grosse Menge von Staub, welche durch die heftigen Schläge der Stampfen in die Luft
gewirbelt werden, durch einen Funken, oder die Reibung eines Stampfschuhes leicht
Feuer fängt.
Mengtrommeln waren früher stark in Gebrauch und scheinen hier zu Lande für gewisse
Pulvergattungen wieder beliebt zu werden. Da dieselben aus Sohlenleder oder Holz,
mit darin sich bewegenden Bronze- oder Holzkugeln gemacht werden, so sollten
dieselben keine andere Gefahr bieten, als die durch Ueberhitzen in Folge der raschen
Drehung entstehen kann. Doch gibt es da eine andere Quelle der Gefahr, mit welcher
wir uns alsbald beschäftigen werden.
Die zur Mengung der Bestandtheile des Pulvers hauptsächlich verwendeten Maschinen
sind die Kollermühlen, welche gewöhnlich sowohl das Bett, wie den Läufer aus
Gusseisen, manchmal aber auch Betten aus Stirnholz haben. Es ist bekannt, dass von
Zeit zu Zeit Kollermühlen in die Luft fliegen, und früher wurde die oft gehörte
Ausrede von einem Zündhölzchen, einem Nagel, oder einem ähnlichen Gegenstande, der
zufällig hineingefallen sein sollte, – ich will nicht sagen: gerne – als Erklärung
für den Unfall angenommen. Natürlich ist ein solcher Zufall möglich, aber
entschieden selten. Die Hauptursache ist fehlerhafte Construction der Mühlen. Die
Läufer wiegen 4 bis 5 t, und sobald während des Mengens der Kuchen härter und
trockener wird, dann wird sich der Läufer heben, wenn er über ein dickeres Stück
geht, und auf das nächste dünne niederfallen. Gute Kollermühlen werden nun so
construirt, dass der Läufer stets etwa 1 mm von Bette absteht, so dass Eisen niemals
mit Eisen in Berührung kommen kann.
Eine andere Ursache, welche ebenso bei Mengtrommeln, wie bei allen Maschinen für die
Pulverfabrikation vorkommt, ist die Elektricität, welche durch die Reibung des
Schwefels angesammelt wird. Vor einigen Jahren habe ich gerathen, die Kollermühlen
mit der Erde leitend zu verbinden, und ich glaube, dass die Anzahl der Unfälle sich
wesentlich verminderte, wo dieser Vorschlag angenommen wurde.
Es ist bekannt, dass viele Explosionen in Kollermühlen vorkommen, wenn dieselben
plötzlich abgestellt, oder nach einem Stillstande in Gang gesetzt werden, wodurch
selbstverständlich eine grosse Menge von Schwingungen in einem Augenblicke erregt
werden. Viele Unfälle erfolgen auch, wenn der Kuchen herausgenommen, oder
Reparaturen ausgeführt werden. Es ist wichtig, und mit Recht von den Inspectoren
verlangt, dass der Kuchen nur im nassen Zustande abgehoben werde, und dass keine
Reparatur vorzunehmen sei, ehe vorher das ganze Gebäude gründlich gewaschen und
gereinigt wurde. Die Verwendung von Bronzewerkzeugen ist in einem solchen Falle nur
eine Verminderung der Gefahr, und keineswegs mehr als ein Palliativmittel gegen
Unfälle, ja selbst hölzerne Werkzeuge sollen nur benutzt werden, nachdem die
Beschickung gut befeuchtet wurde. Um Uebertragung der Explosion von einer Mühle zur
anderen zu verhindern, welche häufig paarweise von einem Wasserrade oder einer
Transmissionswelle getrieben werden, hat sich der Kippapparat (drenching apparatus)
recht bewährt. Dieser ist in kurzen Worten ein Wassergefäss über der Mühle, welches
mittels eines flachen Bretthebels so im Gleichgewichte gehalten ist, dass die
geringste Hebung es umkippt. Alle diese Bretthebel sind durch eine gemeinsame Welle
verbunden, wodurch im Falle einer Explosion in einer Mühle sofort alle anderen
Beschickungen ersäuft werden.
Wenn eine Kollermühle explodirt, so wird gewöhnlich nur das Gebäude, und auch dieses
nicht immer in bedeutendem Maasse beschädigt. Einer meiner Freunde hat die
vorzügliche Idee ausgeführt, alle seine Dächer ganz leicht herzustellen und das
ganze Dach nur mit zwei losen Holzbolzen festzustecken, so dass im Falle einer
Explosion das Dach einfach gehoben wird und den Gasen hinreichenden Ausweg bietet,
bevor genügend Druck zur Zerstörung des Gebäudes sich entwickeln kann.
Der Mühlenkuchen wird sodann in einer Vorbrechmaschine zerbrochen, welche im
Wesentlichen eine Walzenmühle mit einem Paar geriffelten und einem Paar glatten
Walzen ist. Diese Maschine bedarf nicht mehr Aufmerksamkeit, als andere
Pulvermaschinen, ausgenommen dass sie so construirt sein soll, dass der Druck auf
die Walzen nicht über eine gewisse Grenze steigen kann, was gewöhnlich
geschieht.
Hiernach folgt das Kuchenpressen, welches gewöhnlich mit hydraulischen Pressen
gemacht wird. Walzenpressen werden sehr selten verwendet. Früher presste man, indem
man in einen viereckigen hölzernen Kasten mit aufklappbaren Seitenwänden abwechselnd
eine Schichte Pulver und eine Bronzeplatte einlegte und dann einen Stempel aus
hartem Holz hineinpresste. Dies bewirkte, dass das Pulver an den Kasten wänden so
fest haftete, dass es grosser Kraft bedurfte, um sie zu öffnen, und manchmal
Unglücksfälle verursachte. Heutzutage legt man gewöhnlich das feuchte Pulvermehl auf
eine Ebonitplatte, streicht es flach mit einer Schaufel, legt eine zweite
Ebonitplatte darauf, und so fort abwechselnd Schichten von Pulver und Ebonit bis zur
gewünschten Höhe. Diese Art des Pressens ist verhältnissmässig sicher,
vorausgesetzt, dass die Pressen sorgfältig rein gehalten werden und der Pressblock
nicht zu rasch herabfallen gelassen wird. Dagegen ist da wieder die Gefahr der
Elektricität, welche besonders in diesem Falle nicht zu unterschätzen ist. Die
Ladung einer Kuchenpresse mit Ebonitplatten kann füglich wie ein Condensator
aufgefasst werden, und grössere Reibung, sowie elektrische Influenz von aussen
können eine zur Funkengebung genügende elektrische Ladung hervorrufen. Es sind
mehrere solcher Fälle bekannt geworden, und als ein Beispiel sei der einer grossen
continentalen Fabrik angeführt. Der Arbeiter hatte eben das Beschicken der Presse
vollendet und öffnete das Druckventil, als er bemerkte, dass ein Gewitter im Anzüge
sei. Seiner Instruction gemäss verliess er das Gebäude und kehrte zurück, nachdem
das Gewitter sich gelegt hatte; doch als er die Presse zu entladen begann,
explodirte sie. Der Mann starb, doch vor seinem Tode gab er noch an, er habe einen
10 cm langen Funken in seinen Finger bekommen, als er die Kuchen aus einander nehmen
wollte.
Es ist deshalb rathsam, Ebonit mit Vorsicht zu benutzen. Es ist ein sehr bequemes
Material, da es sehr zähe ist, eine glatte Oberfläche hat, hart und nicht viel
abnutzbar, dabei aber doch genügend elastisch ist. Es wird deshalb viel benutzt zu
Platten in Kuchenpressen, zur Bekleidung von Einlaufgossen bei Körn- und
Siebmaschinen u.s.w., aber man muss Acht geben, dass Elektricität sich selbst unter
ungünstigen Umständen nicht ansammeln kann.
Das Körnen des Presskuchens erfolgt durch eine der zum Vorbrechen verwendeten
ähnlichen Maschine, die gebildeten Körner werden nach Maassgabe ihrer Entstehung
durch unterhalb der Walzen angebrachte Siebe classirt. Bei dieser Operation entsteht
eine grosse Menge Staub, und ich habe noch keine Körnmaschine gesehen, bei welcher
das Herumfliegen von Staub vollkommen verhindert war; dagegen sah ich manche Häuser,
wo die Luft undurchsichtiger war als ein Londoner Nebel, und wo man bei offenen
Thüren den Pulverstaub auf mehr als 3 m Entfernung herauskommen sah.
Selbstverständlich sind Antriebswellen in dem Hause, die Körnmaschinen enthalten
eine Anzahl von Zahnrädern, Lagern u.s.w., und manchmal wird die Hauptwelle selbst
durch ein Zahnrad von einer anderen Welle aus bewegt. Dies erzeugt viel Lärm,
welcher in Gemeinschaft mit der Verfinsterung durch den Pulverstaub ein unheimliches
Gefühl erzeugt.
In vielen Fabriken erfolgt das Körnen noch nach dem Lefèbvre'schen Systeme, welches in kurzem aus einem oder mehreren, der
Länge nach oder im Kreise schwingenden Sieben besteht, in denen eine beschwerte,
mühlsteinartig behauene Scheibe aus Buchsholz sich bewegt und den Kuchen zerbricht.
Diese Art zu körnen erzeugt natürlich noch mehr Staub.
An manchen Orten findet man einen Ventilator, welcher den Pulverstaub durch eine
Oeffnung in der Wand ansaugt und auf ausgespannte Leinwand absetzt, aber dies ist
niemals genügend. Ich glaube, dass eine entsprechende Verkleidung um die
Körnmaschine herum und ein Hut über derselben in Verbindung mit einem Ventilator,
der nach einer Staubkammer hinsaugt, viel entsprechender wäre. Zahnräder sollten an
den Antriebswellen innerhalb des Gebäudes nicht gestattet sein, da sie nicht immer
genau zusammen passen und allmählich sich abnutzen, was zu gefährlichen Stössen
Veranlassung gibt. Es wird sich wahrscheinlich sogar empfehlen, die Antriebswellen
ganz ausserhalb zu verlegen, ausser sie laufen mit geringer Geschwindigkeit. Die
Lager der Körnmaschine sollten mit continuirlichen Schmierapparaten versehen
sein.
Während des Polirens, Abrundens und Siebens ist das Pulver einer fortwährenden
Reibung seiner einzelnen Theile gegen einander ausgesetzt, und besonders beim
Poliren, wo noch eine grössere Menge von Feuchtigkeit vorhanden ist, wird viel Wärme
entwickelt. Die Pflöcke in den Polirtrommeln müssen deshalb in regelmässigen
Zwischenzeiten geöffnet werden, um den gebildeten Dunst entweichen zu lassen, und
bei allen diesen drehenden Maschinen muss darauf gesehen werden, dass etwa
angesammelte Elektricität abgeleitet werde.
Das Trocknen des Pulvers erfolgt nicht mehr an freier Luft, wie bequem das auch
manchmal sein mag. Es war dabei stets die Gefahr vorhanden, dass das Pulver
verunreinigt und die Sonnenstrahlen darauf concentrirt wurden. Man bedient sich
jetzt allgemein der künstlichen Wärme, und nur in sehr seltenen Fällen werden die
Rauchgase der Heizung durch Röhren in das Trockenhaus geleitet. Dampf, Heiss- oder
Warmwasser werden jetzt ganz allgemein benutzt. Die Einleitung von Dampf- oder
Heisswasserröhren unmittelbar in das Gebäude ist verwerflich, da beim Beschicken und
Abräumen der Hürden stets eine Menge Staub verursacht wird, welche auf den heissen
Röhren sich ablagert. Warm wasserröhren verlängern die Trockenzeit ein wenig, sind
aber frei von diesem Einwände. Das beste Mittel ist jedenfalls ein Dampf- oder
Heisswasserofen ausserhalb des Gebäudes, über welchen mittels eines Gebläses ein
Luftstrom in die Trockenkammer geleitet wird. Dies gestattet die Temperatur ganz
gleichmässig zu erhalten und vermeidet alle Gefahr, vorausgesetzt dass die
Luftöffnung so angelegt ist, dass der heisse Luftstrom nicht unmittelbar über eine
Schicht Pulver geführt wird.
Manchmal wird der Presskuchen in grosse Würfel für das sogen. Kiesel- oder
Würfelpulver geschnitten. Diese Maschinen, wie immer deren Construction sei,
bedürfen keiner besonderen Erwähnung, da die Nothwendigkeit, starke Schläge
auszuschliessen, die Aufmerksamkeit auf Messer, Lager u.s.w. dieselbe ist, wie bei
allen anderen Pulvermaschinen.
Die Arbeit des Pressens in Prismen, Cylinder, Pillen u. dgl. erfordert die meiste
Aufmerksamkeit und ist nicht immer in erfahrenen Händen. Man verwendet hauptsächlich
zwei Arten, Hebel- und hydraulische Pressen. Bei Hebelpressen wird das Pulver
gewöhnlich in eine Form geladen, welche am unteren Ende durch einen Stempel
abgeschlossen ist und in welche ein anderer Stempel herabgeht, der durch einen von
einem Excenter bewegten Hebel angetrieben wird. Es gibt natürlich verschiedene Arten
solcher Pressen. Manche haben einen Pressblock mit vielen Löchern, in welche eine
Scheibe auf den Boden kommt, dann die Pulverladung, dann ein Stempel, und das Ganze
geht unter die Presse. Bei manchen Pressen dreht sich die Form auf einem Tische, und
ihre Löcher sind abwechselnd einem vollen und einem durchbohrten Theile des Tisches
gegenüber gebracht und gleichzeitig einem Stempel unterworfen, welcher die Ladung
presst, und einem längeren Stempel, welcher die vorher gepresste Patrone durch die
Bohrung des Tisches drückt, von wo sie in einen Behälter fällt. Manchmal gleitet ein
Trichter über die Form, füllt sie, gleitet hinweg, die Ladung wird gepresst, der
Boden der Form gleitet hinweg, und die Ladung wird herausgedrückt. Manchmal ist die
Form feststehend, manchmal ist sie schwebend erhalten, während je ein Stempel
von unten und oben eintritt.
Diese letztere Art von Pressen ist wohl die beste Gattung von Hebelpressen,
vorausgesetzt dass die Form senkrecht geführt ist, und einer der beiden Stempel eine
Sicherheitsvorrichtung hat, um Ueberdruck zu vermeiden. Hebelpressen, bei welchen
mehr als eine Patrone auf einmal gepresst wird, sind bedenklich, weil dieselben
selten eine Sicherheitsvorrichtung haben und weil, um eine solche verlässlich zu
machen, die Kosten der Presse genau so hoch sind, wie die einer entsprechenden
hydraulischen Presse.
Es ist Jedermann, der mit dem Pressen staubförmiger Substanzen zu thun hatte,
wohlbekannt, dass es sehr schwierig ist, eine Anzahl von Formen mit genau derselben
Menge in jeder zu füllen. Selbst kleine Trichter, deren Boden bei Ueberschreiten
eines bestimmten Gewichtes sich öffnet, geben nicht mehr als ungefähre
Gleichmässigkeit. Auch der Zustand der Atmosphäre, die Gestalt und der Durchmesser
der Form, sowie die Korngrösse bei Schiesspulver beeinflussen die Füllung.
Obzwar Schiesspulver einen bedeutenden Druck unbedenklich aushält, ist es doch nicht
räthlich, zu viel in dieser Hinsicht zu thun, weil es sehr leicht ist, durch die
Anwesenheit eines fremden Körpers oder eines harten Kornes Ueberhitzung an einem
Punkte zu erhalten. Ferner legt sich das Pulver um so mehr an die Form, je mehr es
gepresst wird, und beim Herausdrücken der Patrone wird mehr Druck erforderlich sein.
Die dadurch bewirkte Reibung erzeugt die grösste Hitze und ruft die meiste Gefahr
hervor. Wenn demnach eine Anzahl von Formen nicht gleichmässig gefüllt ist, und sie
sämmtlich durch an einem gemeinsamen Kopfe befestigte Stempel gepresst werden, so
kann unter Umständen die Patrone, welche am meisten Pulver enthält, den für die
Gesammtheit bestimmten Druck aushalten müssen und wird jedenfalls mehr als ihr Theil
erhalten. Daher entsteht die Nothwendigkeit einer Vorrichtung, um Ueberdruck zu
vermeiden. Dies kann entweder durch belastete Hebel an den Bodenstempeln, oder
besser und einfacher dadurch erfolgen, dass jede Form unabhängig und beweglich
gehalten ist.
Das Gleiche gilt für hydraulische Pressen. Meistens haben dieselben nur einen Kolben,
so dass die Patrone, deren Länge zwischen 40 und 75 mm wechselt, am unteren Theile
viel stärker gepresst ist, als am oberen. Die Pressen, welche je einen Kolben oben
und unten haben, geben bessere Pressung und benöthigen beiderseits weniger Druck,
aber sie sind theuer und complicirt. In keiner dieser Arten ist gewöhnlich eine
Vorrichtung zur Verhinderung von Ueberdruck vorhanden, und das beste Mittel hierzu
bleibt die bewegliche Form.
Pressen für prismatisches Pulver, wo Nadeln von Phosphorbronze in das Pulver reichen,
bedürfen sorgfältiger Aufsicht, da das geringste Verbiegen einer Nadel zu Brüchen
führen kann.
Eine andere Art der Pulvererzeugung soll nur kurz erwähnt werden. Sie war schon den
Tartaren bekannt und vor etwa 9 Jahren auch in diesem Lande verwendet, nämlich den
Salpeter in heissem Wasser zu lösen, die anderen Bestandtheile zuzufügen und das
Ganze unter fortwährendem Umrühren abzudampfen. Selbstverständlich würde die
englische Inspection verhindert haben, dass, wie dies eine Zeitlang auf dem
Continente erfolgte, das Abdampfen in einer Art Waschkessel über einem Kohlenfeuer erfolgte, und wo
der Inhalt des Kessels manchmal verpuffte, weil ein Theil des Pulvers am Boden anbuk
und übermässig erhitzt wurde.
Die Erzeugung des braunen Pulvers unterscheidet sich von der des Schiesspulvers nur
in der Herstellung der Kohle, welche nicht gefährlicher ist, als die Arbeit mit
einem Hadernkocher.
In Verbindung mit dem Schiesspulver mag auch die Erzeugung von
Sicherheitszündschnüren erwähnt werden. Dieselbe bietet keine besondere Gefahr,
ausgenommen beim Spinnen der ersten Lagen der Zündschnur, wo ein feiner Strahl von
Pulver einfällt in dem Maasse, als die Schnur gebildet wird; der Ueberschuss an
Pulver fällt auf den Boden, wo er eine grosse Fläche bedeckt und
Vorsichtsmaassregeln bedarf gegen Reibung oder den Fall des Gewichtes, welches die
Zündschnur gespannt erhält.
Die nächste zu behandelnde Gruppe sind die sogen. Nitrokörper oder chemischen
Explosivstoffe. Dieselben werden im grossen Maasstabe erzeugt und gewinnen täglich
an Wichtigkeit, aber ihre Herstellung bedingt gewöhnlich eine Menge von Maschinen
und Apparaten, und die Kenntniss aller Nebenumstände ist noch lange nicht
vollkommen, abgesehen davon, dass sie manchmal sehr complicirter chemischer Natur
sind.
Die Nitrokörper explodiren bei einer geringeren Temperatur und sind empfindlicher
gegen Schlag und Reibung als Schiesspulver, und, als Producte chemischer Reaction,
sind sie ausserdem unter Umständen chemischen Veränderungen ausgesetzt, welche
dieselben unbeständig machen kann.
Nitrokörper werden gewöhnlich durch die Einwirkung von Salpetersäure auf einen
Kohlenwasserstoff gebildet; man gibt Schwefelsäure hinzu, um das während der
Reaction gebildete Wasser aufzunehmen und die Salpetersäure so viel als möglich in
ihrer ursprünglichen Stärke zu erhalten, damit die Bildung niedrigerer Nitrokörper
vermieden werde, welche entweder die Kraft des Explosivstoffes vermindern, oder ihn
selbst unbeständig machen würden.
Verhältnissmässig am wenigsten gefährlich ist die Erzeugung von Schiessbaumwolle und
Collodiumwolle. Mit Ausnahme der Nitrirung und des Pressens zu Patronen wird die
ganze Arbeit bei einem grossen Ueberschusse von Wasser ausgeführt, und obzwar es
vollkommen denkbar ist, dass ein Schiesswolltheilchen durch den Fall eines schweren
Gewichtes explodire, selbst wenn es in einer grossen Menge von Wasser sich befindet,
so ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass ein solcher Fall jemals eintrete.
Die Baumwolle muss sorgsam von Harz und sonstigen löslichen Bestandtheilen gereinigt
werden, weil dieselben unbeständige Nebenproducte bilden würden. Dies geschieht
gewöhnlich durch Kochen mit Sodalösung. Das Nitriren erfolgt in England durch
Eintauchen der Wolle in das in einem gusseisernen Gefässe enthaltene Säuregemisch,
oberflächliches Auspressen auf einem Roste und Einbringen in irdene Töpfe, welche in
fliessendem Wasser stehen, um die Nitrirung zu beendigen. Auf dem Continente
verwendet man Nitrirmaschinen, bestehend aus einem gusseisernen Gefässe mit
aufgeschraubtem Deckel und einem falschen Boden, welcher mittels einer durch den
Deckel hindurch gehenden Schraube bewegt werden kann. Die Baumwolle verbleibt
zwei Stunden lang in der Maschine, und dann wird der falsche Boden nach dem Deckel
hin gehoben, wodurch die Wolle ausgepresst wird. In einer anderen Fabrik erzeugt man
ein Vacuum unter dem falschen Boden, um die Wolle auszupressen.
Die nitrirte Wolle wird dann von dem grössten Theile der Säure durch Behandeln in
einer Centrifuge befreit, von wo sie so rasch als möglich in eine Waschmaschine
gelangt. Man muss Acht haben, dass die saure Wolle stets unter Säure oder Wasser
sich befindet, oder mindestens gut bedeckt ist, sonst nimmt sie rasch Feuchtigkeit
auf und zersetzt sich, und wenn einmal eine Zersetzung begonnen hat, so ist es fast
unmöglich, sie aufzuhalten. Bei dieser Zersetzung entwickeln sich grosse Massen
rother Dämpfe, und es müssen deshalb entsprechende Vorkehrungen für Ventilation und
Rettung vom Hause aus getroffen sein. Je wärmer die Mischung und je weniger flüssige
Säure sie enthält, desto leichter zersetzlich ist sie; deshalb fangen Centrifugen am
leichtesten Feuer an warmen und feuchten Tagen und seltener im Winter, ausgenommen
Wasser, Gel oder andere fremde Substanzen fallen hinein.
Nachdem die Schiesswolle in die Waschmaschine gebracht ist, ist sie nicht mehr plötzlichen Zersetzungen unterworfen während der
späteren Behandlung, aber die noch in ihr enthaltene Säure muss mit der grössten
Sorgfalt entfernt werden, sonst findet allmähliche
Zersetzung statt. Ich will diese Fabrikation hier nicht detailliren, da sie wohl
bekannt ist, es genüge zu sagen, dass Schiesswolle, welche die Wärmeprobe der
englischen Regierung besteht, unter gewöhnlichen Umständen ganz sicher ist.
Das Pressen von Schiesswolle in Patronen erfordert weit mehr Sorgfalt als das von
Schiesspulver, weil es in der Wärme erfolgt und Schiesswolle selbst im kalten
Zustande empfindlicher ist als Schiesspulver. Wenn die Schiesswolle aus den
Wassercentrifugen kommt, soll sie stets zuerst ein Sieb passiren, damit Nägel,
Zündhölzchen u. dgl. aufgefangen werden, welche zufällig hineingekommen sein mögen.
Was von Pressen für Schiesspulver gesagt wurde; gilt
noch mehr für Schiesswollpressen, obzwar dieselben immer hydraulische sind.
Gewöhnlich passen die Stempel genau in die Formen, d.h. sie saugen wie ein
Pumpenkolben. Es ist aber noch kein Metall bekannt, welches die während des Pressens
vorkommende fortwährende Reibung auf längere Zeit aushielte, und alsbald wird die
Form in jenem Theile weiter sein, wo die stärkste Pressung stattfindet. Das beste
Metall für diesen Zweck ist ein besonderer, von Krupp
erzeugter Stahl, doch ist auch dieser nur relativ am besten; für Stempelobertheile
ziehe ich Hartguss vor. Wenn die Lage der Formen und Stempel zu einander nicht stets
genau dieselbe ist, so findet, was man im Deutschen „Ecken“ nennt, statt,
nämlich die Form steht diagonal zum Stempel und eine gefährliche Reibung ist die
Folge.
Für gewisse Zwecke, wie Torpedos, Ingenieurpatronen u. dgl., muss die gepresste
Schiesswolle gedreht, gebohrt und gehobelt werden. Dies soll immer unter einem
Wasserstrahle stattfinden, um das Werkzeug sowohl, wie die davon berührte Schiess
wolle abzukühlen.
Es ist selbstverständlich nöthig, während der Pressung den die Ventile bedienenden
Mann zu schützen. In Waltham-Abbey hat man einen Vorhang aus Schiffstauen, welcher
zugleich elastisch und widerstandsfähig ist. Ich habe durch Erfahrung gefunden,
dass eine 30 cm dicke hölzerne Zwischenwand aus 5 cm dicken Brettern und mit
gemahlener Kohlenschlacke gefüllt einen sehr wirksamen Schutz bietet. Es sind selten
mehr als 5 Pfund Schiesswolle auf einmal unter Druck, so dass im Falle einer
Explosion die geschleuderten Stücke sich bloss in der Schlacke einbetten. Die
Zwischenwand hat eine Thür, um zur Presse zu gelangen, und eine konische Röhre geht
durch sie hindurch, welche dem Manne gestattet, die Arbeit von einem gesicherten
Standpunkte aus zu beobachten. Das Dach oder eine Seite des Gebäudes sollte aus Glas
gemacht sein, um der Explosion eine Richtung zu geben, und sie wird dann
thatsächlich die Mauern des Gebäudes nicht beschädigen, auch wenn sie nur einen
Ziegel stark sind.
Das Trocknen von Schiesswolle ist nicht weniger riskant, wenn es mit unzweckmässigen
Mitteln ausgeführt wird. Es wird allgemein angenommen, dass das Trocknen bei keiner
höheren Temperatur als 40° C. stattfinde. Wenn ein Strom warmer Luft über eine
Schiesswollschicht streicht, so wird diese elektrisch, und die meisten, wenn nicht
alle Brände in Schiesswolltrockenhäusern sind wahrscheinlich dem zuzuschreiben, dass
man es unterlässt die Elektricität abzuführen. Ich verdanke Herrn Walter F. Reid manche Mittheilung in dieser Hinsicht.
Er war meines Wissens der Erste, welcher metallene Rahmen, Ständer und Gitter zur
Aufnahme der Trockentücher aufstellte und sie mit der Erde leitend verband.
In Trockenhäusern entsteht eine grosse Menge Schiesswollstaub, welcher an den Wänden,
Fussböden, kurz überall sich anlegt. Da dieser Staub warm ist, ist er gegen Reibung
sehr empfindlich, ja Oberst Cundill sagte mir sogar,
dass selbst die starke Reibung mit einem Filzschuhe ihn schon entzündet hat. Die
Arbeiter in diesen Räumen sollen deshalb stets Filzschuhe tragen oder barfuss
herumgehen, alle unnöthige Reibung vermeiden und die Fussböden und Wände häufig
waschen. Der Fussböden soll entweder mit Gummi oder mit Linoleum bedeckt sein.
Unter keinen Umständen soll ein nacktes Metallrohr für die Wärmezufuhr im
Trockenhause gestattet werden. Obzwar die Wärme 40° C. nicht übersteigen und die
Ausstrahlung der Röhre genügend gross sein mag, so kann es denn doch eine
geschütztere Stelle, wie etwa ein Knie, eine Ecke neben einer Mauer u. dgl. geben,
in welcher Wärmemenge sich ansammelt und eine weit
höhere Temperatur erzielt wird, als die der eintretenden Luft, und gerade solche
Stellen werden mit Schiesswollstaub erfüllt, der an und für sich als Wärmespeicher
dient. Ein zufälliger Schlag auf die Röhre kann auch vorkommen, so dass es am besten
ist, dieselben ganz aus dem Raume zu verbannen.
(Schluss folgt.)