Titel: | Neuere Kuppelungen. |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 197 |
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Neuere Kuppelungen.
(Schluss des Berichtes S. 177 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuere Kuppelungen.
D. Kuppelungen, welche die Bewegung durch Reibung einleiten
und später feste Verbindung einschalten.
Diese sind in denjenigen Fällen angezeigt, bei welchen im Allgemeinen auf einen
stossfreien und nicht sehr wechselnden Betrieb gerechnet werden kann.
Die Reibungskuppelung von David Hahn und Carl Treiber in Stockerau bei Wien (D. R. P. Nr. 58383
vom 6. Januar 1891) bewirkt die Ein- und Ausrückung durch federnde schiefe Flächen
auch während des Betriebes, und gewährt einen elastischen Anfangsschluss mit festem
Endschluss.
Textabbildung Bd. 284, S. 197Reibungskuppelung von Hahn und Treiber. Eine Scheibe Z (Fig. 27 und 28), welche mit dem eine
Schutzscheibe G aufnehmenden Hohlcylinder C ein Stück bildet, ist auf dem Ende der Welle fest
aufgekeilt. Dieser gegenüber ist auf dem anderen Wellenende eine mit Schlitzen
versehene Scheibe S festgekeilt. Hebel H, welche in den Lappen E
auf Bolzen drehbar gelagert sind, tragen die mit angeschraubten Bremsbacken B, Stellmuttern V und
Gegenmuttern V versehenen Druckschrauben D und sind am freien Ende mit Rollen N versehen. Auf der die Scheibe S tragenden Welle ist eine Muffe M in der
Längsrichtung verschiebbar, gegen Verdrehen jedoch durch Federkeile gesichert und
mit einer Ringnuth U zum Ein- und Ausrücken versehen.
An der Muffe M befinden sich in stumpfen Winkeln
gebogene Backen B, welche durch Federn F nach aussen gedrückt werden. Backen und Federn sind
in durch die Rippen P gebildeten Nuthen der Muffe M gelagert. Stifte T
stützen die Federn nach unten ab. Eine auf dem Rande der Muffe befestigte
Schutzhülse A ist den Backen B gegenüber mit abgeschrägten Führungsbacken P1 für die Rollen N versehen. Zur Einstellung der Bremsbacken R werden nach Entfernung der Schutzscheibe G und nach Einrücken der Muffe M die Stellmuttern V so weit angezogen, bis
durch den Widerstand, welchen der Hohlcylinder C
bietet, die Federn F durch die Hebel H und Backen B so weit
herabgedrückt werden, dass sie sich auf die Stifte T
legen, wodurch deren Federung begrenzt wird. Dann werden zur Sicherung die
Gegenmuttern W angezogen und die Schutzscheibe G vorgeschraubt.
In ausgerücktem Zustande sind die Hebel H durch die
Rippen P1 gehalten, die
Bremsbacken werden vom Hohlcylinder C abgezogen, es
kann daher auch keine unbeabsichtigte Einrückung durch Centrifugalkraft erfolgen.
Die Backen B werden durch die Federn F gehoben. Beim Einrücken der Muffe gleiten die Rollen
auf den schiefen Ebenen der Backen B, wodurch die Hebel
H gehoben und die Bremsbacken angedrückt werden.
Bei weiterem Einrücken der Muffe werden die Federn nach unten gedrückt. Die Mitnahme
der einzurückenden Welle beginnt daher schon, während die Federn noch wirksam sind,
und erst nachdem die einzurückende Welle sich schon zu drehen begonnen hat, oder
auch beide Theile schon gleiche Geschwindigkeit haben, erfolgt das Abstützen der
Federn F auf den Stiften T
und damit auch das zur sicheren Mitnahme nothwendige feste Anpressen der Bremsbacken
B an den Hohlcylinder.
L. Heller in Liebenstein theilt den Kuppelungsvorgang in
der Weise (D. R. P. Nr. 49547), dass er eine mit der Hand einzurückende
Reibungskuppelung so lange benutzt, bis die Geschwindigkeit bei treibender und
getriebener Welle gleich ist und alsdann eine unabhängig von der ersteren wirkende
feste Klauenkuppelung zum dauernden Betriebe gleichfalls mit der Hand einrückt.
Textabbildung Bd. 284, S. 198Fig. 29.Schröder's vereinigte Reibungs- und Zahnkuppelung. Eine vereinigte Reibungs- und Zahnkuppelung zeigt das an Aug. Schröder in Rheydt ertheilte D. R. P. Nr. 57405
vom 22. Juli 1890 (Fig. 29). Zunächst wirken bei
derselben die Flächen n1 auf Bremsung der Bremsklötze n, welche an
der zur Welle senkrechten Fläche der Kuppelungsscheibe ihre Führung haben. Bei noch
weiterem Andrücken treten die Zähne v der Bremsklötze
mit Zähnen der Kuppelungsscheibe in Berührung, so dass die Kuppelung nunmehr nicht
weiter gleiten kann. Zur Verschiebung der Bremsklötze dient die in der Figur
dargestellte Hebelübertragung. Das Ende k des Hebels
hat in entsprechenden Schlitzen der Kuppelungsmuffe Führung.
Die Klauenfrictionskuppelung von Pfaff (Fig. 30) ist in dem von Director Pfaff in der Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure, 1888, veröffentlichten Berichte über die
Wiener Jubiläums-Gewerbeausstellung als eine von der Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft ausgestellte, neue lösbare
Kuppelung beschrieben, welche ein bequemes Einrücken auch während einer raschen
Drehung der Welle gestattet. Bei der gewöhnlichen Klauenkuppelung kann das Einrücken
des losen Muffes während des Maschinenganges nur bei langsamer Bewegung vorgenommen
werden; Stösse sind dabei unvermeidlich. Besonders unbequem ist das Einrücken, wenn
die Kuppelung für beide Drehrichtungen eingerichtet ist, wobei die Kuppelungszähne
beiderseits radial stehende ebene Flanken erhalten müssen. Bei der
Klauenfrictionskuppelung wird vor der Einrückung der Kuppelzähne die ruhende Welle
mittels einer für sich wirkenden Frictionskuppelung allmählich auf dieselbe
Umdrehungszahl mit der laufenden Welle gebracht. Da sich nun die beiden mit einander
zu verbindenden Theile der Klauenkuppelung mit gleicher Geschwindigkeit drehen,
verursacht das Einrücken der Kuppelzähne keine Schwierigkeiten. Die Einrichtung
dieser neuen Kuppelung ist folgende: An dem verschiebbaren Kuppelungstheile A ist ein konischer Kranz angegossen, sonst ist er wie
gewöhnlich ausgeführt, und wird in üblicher Weise durch Hebel oder durch einen
Schraubenmechanismus o. dgl. angezogen. Die auf der Welle W befestigte Kuppelungshälfte B trägt einen
angeschraubten Hohlkegelkranz, in welchen der Konus der anderen Kuppelungshälfte
genau hineinpasst. Soll während der Drehung der Welle eingekuppelt werden, so wird
zuerst der lose Muff (A) so verrückt, dass der konische
Kranz desselben in den Hohlkegel der Kuppelungshälfte B
eingepresst wird, wodurch die nicht angetriebene Welle mitgenommen und unter
allmählicher Beschleunigung auf die Umdrehungszahl der treibenden Welle gebracht
wird. Nach beiläufiger Erreichung der gleichen Geschwindigkeit wird der lose
Kuppelungstheil rasch in entgegengesetzter Richtung verschoben, wodurch die
Kuppelungszähne zz zum Eingriff kommen und die dauernde
Verkuppelung fortan herstellen. Die beschriebene Kuppelung wäre mit Vortheil bei
Walzwerken statt der gewöhnlichen Klauenkuppelung anwendbar.
Textabbildung Bd. 284, S. 198Fig. 30.Pfaff's Klauenfrictionskuppelung.Textabbildung Bd. 284, S. 198Fig. 31.Kuppelung mit selbsthätiger Ausrückung von Gustin. Die selbsthätige Kuppelung von Gustin wird in
Le génie civil, sowie in Revue industrielle vom 22. November 1890 beschrieben und soll in solchen
Fällen gute Verwendung finden, wenn von mehreren Motoren verschiedenartigen Ganges,
die auf dieselbe Welle zu wirken haben, einer wegen zu langsamen Ganges auszurücken
ist, was von der Kuppelung selbsthätig bewirkt wird. Auf der treibenden Welle ist
nach Fig. 31 eine Scheibe B aufgekeilt, welche an der einen Seite mit geneigten Flächen H versehen ist. Ist der treibende Motor in Bewegung, so
schiebt sich die geneigte Ebene H über die
entsprechende Ebene H1
der Scheibe C. Hierdurch wird die Scheibe C fest an die Scheibe D gepresst. Der
Druck wird von der Scheibe E aufgenommen, die mit 6 bis
10 Stahlschraubenbolzen K an Scheibe B befestigt ist. Die Kraft wird alsdann übertragen.
Geht einer der Motoren langsamer, so tritt die Auslösung in nunmehr leicht zu
übersehender Weise ein; die dabei vorgegangene Aenderung ist in Fig. 31 dargestellt. – Es bedarf wohl nicht der
Erwähnung, dass diese Kuppelung auch unmittelbar mit einer Riemenscheibe, als welche
die Scheibe B ausgebildet werden kann, sich vereinigen
lässt.
E. Elektrische Kuppelungen.
In der Elektrotechnischen Zeitschrift, Heft 5 von 1891
S. 49, theilt Ernst Richter über eine
elektromagnetische Sicherheitskuppelung Nachstehendes mit:
Bei dem gegenwärtigen Bestreben, die Sicherheit in den Fabrikbetrieben in jeder Weise
zu erhöhen, so dass Unfälle mehr und mehr verhütet werden, wird ein neuer Vorschlag
in dieser Richtung nicht ohne Interesse sein.
Die Firma Siemens und Halske fabricirt seit einiger Zeit
eine neue Kuppelung, welche den Zweck hat, die häufigen Unglücksfälle, welche durch
Transmissionen und Treibriemen herbeigeführt werden, nach Möglichkeit
einzuschränken.
Textabbildung Bd. 284, S. 199Elektrische Kuppelung von Siemens und Halske. Die Aufgabe einer solchen Vorrichtung besteht stets darin, den
betreffenden Theil der Transmission, welcher durch seine Umdrehung im Begriffe ist,
ein Unglück herbeizuführen, möglichst schnell zum Stehen zu bringen. Die neue
Kuppelung verfolgt daher einen doppelten Zweck, nämlich einmal einen treibenden und
einen getriebenen Transmissionstheil zu verbinden, zweitens aber, wenn diese
Verbindung gelöst wird, den getriebenen Theil kräftig zu bremsen. Sie stützt sich
auf die Eigenschaft, welche die elektrischen Kraftäusserungen auszeichnet, dass
nämlich durch einfache Unterbrechung, Schliessung oder Umschaltung eines an und für
sich ganz schwachen Stromes beliebig grosse Wirkungen in beliebig kurzer Zeit und
aus beliebig grosser Entfernung in Thätigkeit gesetzt werden können. Bisher wurde
indessen diese Eigenschaft meist so verwerthet, dass die elektrische Einrichtung nur
auslösend oder einrückend auf an und für sich unabhängig vorhandene Kräfte
wirkte.
Bei der neuen Kuppelung ist dagegen insofern ein Fortschritt gemacht, als die
Anordnung derart getroffen worden ist, dass ein verhältnissmässig ganz schwacher
elektrischer Strom im Stande ist, selbst die Uebertragung beliebig grosser
Leistungen zu übernehmen. Da nun ein solcher Strom sich durch die einfachsten Mittel
überall hin leiten und ohne besondere Vorsicht umschalten lässt, so erfüllt
diese Einrichtung in höherem Grade als frühere ähnliche Versuche eine der
wesentlichsten Bedingungen aller Sicherungsvorrichtungen, nämlich die der äussersten
erreichbaren Einfachheit. Die angefügte Zeichnung Fig. 32 bis 34 zeigt, auf welche Weise dies erreicht wird. Auf die
vom Motor angetriebene Welle W ist ein scheibenförmiger
Elektromagnet E1, aus Gusseisen bestehend, unbeweglich aufgekeilt.
Dem Elektromagnet E1
gegenüber ist ein zweiter völlig gleichartiger Elektromagnet E2 fest an das Lager der Welle angegossen.
Zwischen beiden Elektromagneten ist ferner auf der Welle die Losscheibe A aufgepasst, welche durch Riemen oder auf andere Weise
die der Welle vom Motor ertheilte Umdrehung den Arbeitsmaschinen zuführt. Da der
Elektromagnet E1 sich
mit der Welle dreht, so muss ihm der erregende Strom durch ein Paar Schleifenringe
SS zugeführt werden, welche auf seine Nabe isolirt
aufgezogen sind. Die Wirkungsweise des Ganzen ist folgende: Wird der Elektromagnet
E1 erregt, so legt
sich die Losscheibe A, wie dies die Abbildung zeigt,
mit ihren konisch ausgedrehten Innenflächen fest an die entstehenden ringförmigen
Polflächen an und wird daher mitgenommen. Wird aber der Erregungsstrom vom
Elektromagnet E1 auf
den Elektromagnet E2
umgeschaltet, so legt sich die Losscheibe an diesen an, und die Arbeitsmaschinen
werden mit derselben Kraft gebremst, mit der sie vorher angetrieben wurden, während
der Motor sofort von allen durch die Kuppelung getriebenen Transmissionen unabhängig
wird. Es wird also durch diese Kuppelung zweierlei erreicht. Erstens wird durch die
beschriebene Umschaltung derjenige Theil der Transmissionen, welcher durch den Motor
angetrieben wird, in wenigen Secunden zum Stehen gebracht; zweitens aber wird dieser
Theil auch völlig von den übrigen Theilen losgelöst, so dass diese letzteren
ununterbrochen im Betriebe verbleiben.
Die beschriebene Anordnung der Sicherheitskuppelung ist nicht die einzige, welche zur
Ausführung gelangt, obschon sie für die meisten Fälle in Frage kommt.
Textabbildung Bd. 284, S. 199Fig. 34.Elektrische Kuppelung von Siemens und Halske. Die Anordnung ist beispielsweise eine andere, wenn die zu treibende Welle
der Maschine nur kurze Zeit zu laufen hat, wenn umgekehrt als bei der in Fig. 33 dargestellten
Construction die Riemenscheibe das treibende und die Welle das getriebene
Transmissionsglied ist, wenn statt der Riemenübertragung eine Zahnradübertragung in
Verwendung kommt, wenn eine Welle, die in der Verlängerung der treibenden Welle
liegt, bewegt werden soll, wenn einem Transmissionsglied bald die eine, bald die
andere Drehrichtung ertheilt werden soll.
Da die erregende Kraft des Stromes ausser von seiner Stärke auch von der Windungszahl
abhängt, so kann die erforderliche Stromstärke stets auf jedes gewünschte Maass
herabgedrückt werden; indem man die Windungszahlen
entsprechend
wählt. Ausserdem aber ist durch die ausserordentlich günstige Anordnung des
magnetisch wirksamen Eisens, welche sich bei dieser Construction scheinbar von
selbst ergibt, auch dafür Sorge getragen, dass die elektrische Arbeit, welche
geleistet werden muss, um irgend eine gegebene Leistung sicher zu übertragen, auf
ihr kleinstes erreichbares Maass beschränkt bleibt.
Da es in jedem nicht ganz kleinen Fabrikbetriebe von grosser Wichtigkeit ist, dass
die Auslösung einer solchen Kuppelung von einer möglichst grossen Anzahl von Punkten
aus geschehen könne, welche in den Arbeitssälen vertheilt sind, so haben die Herren
Siemens und Halske eine besondere selbsthätige
Vorrichtung construirt, welche es unnöthig macht, dass ein vollständiger Umschalter
an jedem der genannten Punkte angebracht werde. Dies ist um so wichtiger, da die
Erfahrung gezeigt hat, dass es nicht immer genügt, wenn beispielsweise die
Transmission in Bewegung ist, den Elektromagneten K1 stromlos zu machen und dann den Elektromagnet E2 zu erregen. Da
nämlich die Kuppelung aus Gusseisen besteht, ist der remanente Magnetismus so gross,
dass die Losscheibe zuweilen an dem Elektromagnet E1 kleben bleiben kann. Diese Unsicherheit kann aber
auf das einfachste dadurch vollständig vermieden werden, dass der erregende Strom,
nachdem er unterbrochen worden ist, während einer kurzen Zeit einmal umgekehrt und
dann erst auf den gegenüberstehenden Elektromagnet umgeschaltet wird. Durch einen
solchen Stromstoss in entgegengesetzter Richtung wird der remanente Magnetismus
sozusagen herausgeschüttelt. Der selbsthätige Umschalter, welcher den
gekennzeichneten Zwecken dient, ist in Fig. 35
abgebildet. Das Gewicht wird von Hand in die in der Figur dargestellte Lage
gebracht, wobei der Elektromagnet E1 erregt, der Elektromagnet E2 stromlos ist. Dabei ist der Anker des
am Umschalter angebrachten und durch Ruhestrom erregten Elektromagnets angezogen,
und der Kniehebel verhindert, dass das Gewicht herabfalle. Sobald dagegen der
Ruhestrom unterbrochen wird, wird der Anker durch eine Feder abgerissen, das Gewicht
wird frei und besorgt beim Herabfallen die oben beschriebenen Um Schaltungen nach
der Reihe, indem die Contactbürsten, deren Enden auf der Abbildung zu sehen sind,
von dem Gewichte mitgenommen, nach der Reihe die verschiedenen Contactknöpfe
bestreichen, welche mit den beiden Wickelungen der Kuppelung in geeigneter Weise
verbunden sind.
Zur Anlage eines Fabrikbetriebes, dessen einzelne Abtheilungen mittels der
Sicherheitskuppelungen rasch aus- und eingerückt werden können, ist nur noch der
erforderliche elektrische Strom zu beschaffen zur Erregung der Elektromagnete der
Kuppelungen und der Bremsen und gleichzeitig für den Ruhestromkreis zur Auslösung
der Umschaltvorrichtungen.
Wie schon erwähnt, ist hierzu nur eine sehr geringe elektrische Energie nöthig, so
dass für eine grosse Anzahl elektrischer Sicherheitskuppelungen eine kleine
elektrische Maschine ausreicht. Beispielsweise würde für 50 Sicherheitskuppelungen,
von denen jede zur Uebertragung von 6 bei den üblichen Geschwindigkeiten
eingerichtet ist, eine 3pferdige Dynamomaschine genügen. Es ist somit für die
Erzeugung des erforderlichen Stromes im Mittel ungefähr 1 Proc. der übertragenen
Leistung zu rechnen.
Die Dynamomaschine kann durch die Betriebsmaschine der Fabrik in Bewegung
gesetzt werden und muss so lange im Betrieb sein wie jene. Bei Fabriken, welche
elektrische Beleuchtung besitzen, kann die Stromquelle der Beleuchtung zu diesem
Zwecke mitbenutzt werden.
Wird bei Arbeitspausen die Betriebsmaschine der Fabrik abgestellt, so sinkt dabei die
Stromerzeugung. Die Auslöseelektromagnete der Umschaltevorrichtungen können ihre
Anker nicht mehr angezogen erhalten, es werden also die Sicherheitskuppelungen
ausgerückt und die Arbeitsmaschinen still gestellt, noch ehe die Betriebsmaschine
ganz zum Stillstand gekommen ist. Bei dem Wiederinbetriebsetzen der Fabrik sind, da
eine genügende Stromerzeugung die Auslöseelektromagnete zu erregen noch nicht
vorhanden ist, sämmtliche Sicherheitskuppelungen noch ausgerückt, so dass die
Betriebsmaschine sehr leicht in Gang gesetzt werden kann. Hat sie ihre normale
Geschwindigkeit erreicht, so ist auch der elektrische Strom zur Verfügung und es
lassen sich nun die Sicherheitskuppelungen einrücken.
Am vortheilhaftesten für die Sicherheit und Einfachheit des Betriebes gestaltet sich
aber die Anlage in ausgedehnten Fabriken, welche durch elektrische Kraftübertragung
betrieben werden. Die Vortheile einer solchen Anordnung sind kurz zusammengefasst
folgende:
Textabbildung Bd. 284, S. 200Fig. 35.Elektrische Kuppelung von Siemens und Halske. Es kann die Erzeugung der Kraft an einer Stelle vorgenommen werden, unter
Verwendung grosser und verhältnissmässig billig arbeitender Maschinen, alle
weitläufigen Transmissionen kommen in Wegfall, jede grössere Maschine (etwa über 4
), die betrieben werden soll, erhält ihren eigenen Elektromotor. Die
kleineren Maschinen werden in Gruppen bis zu etwa 6 zusammengefasst, deren
jede von einer kurzen Transmission betrieben wird. Etwa zwei solcher einander
benachbarter Transmissionen erhalten einen Elektromotor. Die Verbindung dieser
Transmissionen mit dem Elektromotor geschieht durch Sicherheitskuppelungen, wie auch
die grösseren Maschinen durch solche mit ihren Elektromotoren in Zusammenhang
stehen. Durch den Wegfall der weitläufigen Transmissionen wird die ganze Anordnung
viel einfacher, indem die Arbeit zur Bewegung dieser Transmissionen wegfällt, was
besonders beachtenswerth ist, wenn z.B. bei Nachtschichten nur einige
Werkzeugmaschinen zu arbeiten haben, und indem jede, die Fortpflanzung von
Feuersgefahren so begünstigende, sonst für die Transmission nöthige Oeffnung
zwischen übereinander liegenden Räumen hier vermieden wird.
Eine solche Anlage, welche seit nunmehr einem Jahre im Charlottenburger Werk der
Herren Siemens und Halske
in Betrieb ist und
deren Besichtigung allen Interessenten bereitwilligst gestattet wird, hat sich in
allen Einzelheiten bisher auf das beste bewährt.
Das betreffende Gebäude, welches ausser verschiedenen kleinen Räumen und Lagerkellern
sechs grosse Arbeitssäle in drei Stockwerken enthält, ist in vier dieser Säle in
übereinstimmender Weise mit Betriebskraft versehen. In der Mitte des Raumes der Säle
befindet sich ein Elektromotor, der durch einen Riemen eine kurze an der Decke
montirte Welle betreibt. An den Enden dieser Welle sitzen Sicherheitskuppelungen,
durch welche die Uebertragung der Bewegung auf zwei den Saal entlang laufende Wellen
geschieht. Mittels Deckenvorgelegen werden von diesen Wellen die einzelnen
Werkzeugmaschinen angetrieben. An den Säulen sind die Unterbrechungstasten
angebracht und dicht bei dem Elektromotor befinden sich die Umschaltevorrichtungen,
die durch Niederdrücken jener Tasten ausgelöst werden können. Die Vertheilung des
elektrischen Stromes findet unter 110 Volt Spannung statt, und aus demselben
Leitungsnetz, aus welchem die elektrische Beleuchtung versorgt wird, werden auch die
Elektromotoren betrieben, die Sicherheitskuppelungen und die Ruhestromleitungen
gespeist.
F. Verschiedene Kuppelungen.
Im Nachstehenden mögen noch einige Kuppelungen besprochen werden, die sich den
vorstehenden Abtheilungen nicht wohl einordnen lassen.
Textabbildung Bd. 284, S. 201Newall's Universalkuppelung. Eine Universalkuppelung für biegsame Verbindungsstellen hat J. W. Newall in Manchester angegeben (Englisches Patent
Nr. 15259 vom 28. September 1889). Wie aus den Fig. 36 bis 38 zu ersehen ist,
dienen zur Kraftübertragung eine Anzahl von Zähnen, welche in die Kopffläche C und D der Wellen A und B eingeschnitten
sind. Gegen Verschiebung des Durchschnittspunktes der Wellenmittel dient die Kugel
E nebst dem durch dieselbe und die gezahnten
Verbindungsstücke hindurchgehenden Schraubenbolzen F,
dessen Kopf und Mutter G sich der Kugelfläche der
Theile C und D
anschliessen.
Die Max Mannesmann in Remscheid patentirte
Kreuzgelenkkuppelung in Form einer Klauenkuppelung mit zwischen den Klauen liegenden
Drehkörpern (D. R. P. Nr. 48235 vom 28. November 1888) ist, wie 1890 277 30 erwähnt worden ist, aus dem Bedürfnisse
entstanden, für die stark beanspruchte Uebertragung des Mannesmann'schen Röhrenwalzwerkes eine geeignete Construction zu haben.
Die Patentschrift erörtert die Herleitung der neuen Form aus dem Cardani'schen Gelenke und erläutert die
geometrischen Bewegungsverhältnisse. Wir beschränken uns darauf, die
Ausführungsformen zu beschreiben. Fig. 39 zeigt einen
Durchschnitt durch eine Kreuzkuppelung, aa und cc sind die Klauen einer zweizahnigen Klauenkuppelung,
welche unter einander hinreichend Spiel haben. Zur Uebertragung der Bewegung sind
cylinderförmige Halbzapfen b1 eingesetzt, welche mit einer Endfläche auf der Kuppelungsfläche gleiten
können. In Fig. 40 sind
die Halbzapfen b als Halbkugeln oder als abgestumpfte
Kegel ausgebildet. Erstere bieten den Vortheil, dass sie sich in ihren Lagern etwas
drehen können, je nachdem die Kuppelung schräg steht. Auf diese Weise lässt sich ein
genaues Einschleifen der reibenden Flächen und ein gleichmässiger Verschluss
erzielen. Gehören, wie in Fig. 41 durch Pfeile angedeutet, die Klauen c dem treibenden Theile der Kuppelung an, so treten nur die Zapfen bb in Wirksamkeit, während die Zapfen b1b1 nur den Rückschluss
sichern. Man kann letztere daher kleiner halten, wenn man nur für genügenden
Rückschluss sorgt, wie dies bei Fig. 42 gezeigt ist.
Wegen des Weiteren verweisen wir auf die Patentschrift, aus der wir nur noch die
Patentansprüche anführen wollen: 1) Eine Kreuzgelenkkuppelung, gebildet aus einer
zweizahnigen oder mehrzahnigen Klauenkuppelung, bei welcher zwischen die treibenden
und getriebenen Flächen der Klauen Drehkörper eingeschaltet sind, die entweder in
einer Kuppelungshälfte oder theils in der treibenden, theils in der getriebenen
Kuppelungshälfte eingelagert sind, wobei die Drehachsen der Drehkörper senkrecht
oder fast senkrecht zur Achse der Kuppelungshülse stehen, in welche die Drehkörper
selbst eingelagert sind zum Zwecke, bei beweglichen Klauenkuppelungen die Kraft nur
durch ölbare Flächen zu übertragen.
Textabbildung Bd. 284, S. 201Mannesmann's Gelenkkuppelung. 2) Bei der unter 1) gekennzeichneten Kuppelung die Einschaltung von
Drehkörpern zwischen die Theile der Klauen, welche bei der Umkehrung der
Bewegungsrichtung die Kraftübertragung zu besorgen hätten, zum Zwecke, dadurch den
Rückschluss zu sichern und die Kuppelung zu einer vorwärts und rückwärts
arbeitenden, sowie einer sich selbst tragenden zu machen.
Eine Ausrück- und Bremshülse für Klauenkuppelungen zeigt das D. R. P. Nr. 60098 vom
29. November 1890 des Hüttenwerkes Michelstadt in
Hessen. Nach Fig. 43
bis 46 befindet sich
auf der Welle w eine Klauenkuppelung, deren eine Hälfte
a, welche die Bewegung einleitet, sich auf der
Welle frei drehen kann. Die Kuppelungshälfte b ist auf
der Welle
verschiebbar und wird durch eine Spiralfeder in die Kuppelungsklauen des Stückes a gedrückt. Die Kuppelung wird von einer bei i gerade abgedrehten Hülse h umgeben, die jedoch an der anderen Seite k
eine in sich zurückkehrende krumme Fläche bildet, deren höchster Punkt zu einem
Knaggen k1 ausgebildet
ist. Die entsprechende Fläche f der Hülse b hat einen für k1 passenden Ausschnitt l1. Fig. 43 und 46 zeigen die Kuppelung
im eingerückten, Fig.
44 und 45 im
ausgerückten Zustande. Wird die Hülse k auf irgend eine
Weise festgehalten, so gleitet der Knaggen an der schiefen Ebene vorbei, bis er in
Folge der Feder Wirkung einschnappt. Die Klauenkuppelung ist dann ausgerückt und die
Uebertragung unterbrochen.
Textabbildung Bd. 284, S. 202Klauenkuppelung des Hüttenwerkes Michelstadt.Textabbildung Bd. 284, S. 202Fig. 47.Spreizbackenkuppelung von Johann Brandner.Robert Wagner in Berlin hat nach D. R. P. Nr. 49947
eine Ausrückvorrichtung für Reibungskuppelungen unter Verwendung eines gesperrten
Ausrückhebels vorgeschlagen. Auf der Welle (Fig. 47)
ist eine Kuppelung angebracht, deren Einrückhebel durch Verschieben einer
kegelförmigen Muffe die Kuppelung einrückt. Während des Ganges ist der Hebel durch
einen Sperrstift gehalten. Letzterer ist von verschiedenen Stellen des Betriebes aus
durch eine Ketten- oder eine Drahtleitung auslösbar. Tritt die Auslösung ein, so
wirkt sofort eine kräftige Feder oder ein Gewicht auf das Ende des Ausrückhebels ein
und es erfolgt die Ausrückung.
Textabbildung Bd. 284, S. 202Fig. 48.Spreizbackenkuppelung von Johann Brandner. Die Spreizbackenkuppelung von Brandner, die nach einer Mittheilung vom Patentbureau
Sack-Leipzig in mehreren Staaten patentirt ist, hat
den Zweck, das Gewinde einer Spindelmutter mit demjenigen der Spindel momentan in
und ausser Eingriff zu bringen. Dies zu erreichen, construirte Johann Brandner in Regensburg die Mutter aus zwei
Spreizbacken, deren eine mit einem Hebel versehen ist. Hebt man letzteren empor, so
kommen die beiden Backen ausser Eingriff mit dem Spindelgewinde; lässt man den Hebel
wieder in seine frühere Lage zurückfallen, so umschliessen beide Backen die Spindel
wieder, wobei durch die Wirkung der Schwere des Hebels das freiwillige
Herausspringen der Backenmutter aus dem Spindelgewinde ausgeschlossen wird.
Textabbildung Bd. 284, S. 202Spreizbackenkuppelung von Johann Brandner. Die Brandner'sche Kuppelung lässt sich für
die verschiedensten Fälle, hauptsächlich bei Druckbänken zum Bohren tiefer Löcher
u.s.w., so wie auch für Schubstangen u. dergl. verwenden, wobei die Spreizbacken aus
zwei Stücken bestehen, die anstatt der Gewindegänge eingedrehte Ringnuthen tragen,
während die zu kuppelnde Stange selbst mit einer Ringnuth versehen ist. Auch für
Transmissionen bietet die beregte Kuppelung Vortheile dar. Die Ausführung dieser
Kuppelung ist von Richard Prass in Nürnberg übernommen
worden.
Die Doppelflächenreibungskuppelung mit Bremsband-Ein- und Ausrückung von C. Danielowsky in Breslau (D. R. P. Nr. 47225 vom 29.
Juni 1888) besteht aus der Nabe A mit Hohlkegel und
Ringnuth (Fig. 51 und 52), dem Kegel B mit Schraubengewinde, der
Scheibe C mit Muttergewinde und dem Kuppelungsring D mit Ringwulst. C und D sind durch Schrauben f
fest verbunden. Die Kuppelung wird geschlossen, indem man die Scheibe C so dreht, dass sich der Kegel B in den Hohlkegel der Nabe A und dadurch auch der Ringwulst
an D sich in die Ringnuth an A fest hineindrückt. Uni die Kuppelung während des Betriebes lösen und
schliessen zu können, ist der bei h drehbare Hebel G mit der bei i drehbaren
Rolle K und dem endlosen Riemenbande L, der befestigten Scheibe M, sowie dem bei n befestigten Bremsband O angeordnet. Bei p ist
die Handhabe Q befestigt. Ist nun das rechts gelegene
Wellenende W das in der Pfeilrichtung sich bewegende
treibende, links das anzukuppelnde und hält man die Handhabe Q nach oben, so verbindet das Riemenband L
die Scheibe M mit C und
D und bewegt diese Theile in gleicher Richtung wie
W. Der mit Rechtsgewinde versehene Kegel B und der Ring D werden
gegen A gepresst, so dass das getriebene Ende
allmählich mitgenommen wird, bis die Kuppelung sich vollständig vollzogen hat. Das
Lösen der Welle geschieht, indem man die Handhabe Q
nach unten zieht, in leicht zu verfolgender Weise.
Textabbildung Bd. 284, S. 203Fig. 51.Doppelflächenreibungskuppelung von Danielowsky.Textabbildung Bd. 284, S. 203Fig. 52.Doppelflächenreibungskuppelung von Danielowsky. Eine Stützvorrichtung hat A. Frederking in
Leipzig angegeben (D. R. P. Nr. 45481), welche bezweckt, bei ausgekuppelten, auf
laufenden Wellen befindlichen Riemenscheiben den Druck des Riemens aufzunehmen. Die
Vorrichtung besteht aus einem oder mehreren Stützbacken, die von einem Drehpunkte
aus, von innen oder von aussen an den Scheibenrand, der Richtung des Riemenzuges
entgegen, angedrückt werden können und somit den Riemenzug aufheben.