Titel: | Neuere mechanische Kraftübertragungen. |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 241 |
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Neuere mechanische
Kraftübertragungen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 217 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuere mechanische Kraftübertragungen.
II. Gliedertreibriemen.
Die ursprüngliche Form der Gliedertreibriemen war die der Gall'schen Kette, deren Glieder aus einzelnen Leder- oder Metallstücken
bestehen, die hochkantig auf glatten oder gezahnten Scheiben laufen und durch
Scharnierbolzen mit einander verbunden sind (vgl. 1889 271 * 255).
Textabbildung Bd. 284, S. 241Fig. 10.Tullis' Gliederriemen. Ein a. a. O. beschriebener Schieren'scher
Riemen von 8,70 m Länge, 88 mm Breite, 25 mm Dicke soll auf einer Scheibe von 0,965
m Durchmesser bei 125 minutlichen Umdrehungen 8 Jahre lang 15 übertragen
haben und dauernd in gutem Zustande geblieben sein. Nachdem derselbe sich in den
ersten drei Betriebsmonaten um 230 mm gelängt hatte, ist später eine Verlängerung
nicht mehr beobachtet worden.
Textabbildung Bd. 284, S. 241Fig. 11.Tullis' quadratisch geformte Treibseile Die Firma John Tullis and Son in Glasgow,
deren Gliederriemen sich in England einer grossen Verbreitung erfreuen, wendet die
schon erwähnte Form der an beiden Enden symmetrisch verdickten Riemen an (Fig. 10), was hier ja ohne Schwierigkeit geschehen
kann. Sie passt die Höhlung genau der Wölbung der Scheiben an und erzielt dadurch
eine vortheilhafte Adhäsion, die im Vergleich mit gewöhnlichen Riemen um 25 Proc.
vergrössert wird. Die Riemen, welche gekreuzt oder geschränkt laufen sollen,
erhalten einen trapez- oder keilförmigen Querschnitt.
Nach Tullis' Angabe überträgt einer seiner Riemen von 36
in Länge, 950 mm Breite und 25 mm Dicke in einer Anlage zu Burnley in
zufriedenstellender Weise 400 .
Tullis hat auch V-förmigen sechskant- und kreisförmigen
Querschnitt bei seinen Gliederriemen verwendet. Als Ersatz für Seile bei Seilbetrieb
nimmt Tullis auch quadratisch geformte Gliederketten,
die er in der durch Fig. 11 erläuterten Anordnung
verwendet.
Die Verwendung von Riemen mit kreisförmigem Querschnitt halten wir nicht für rathsam,
da keine Sicherung dagegen vorhanden ist, dass die Eisenbolzen in eine zur
Scheibenachse senkrechte Lage kommen, wodurch schädliche Spannungen
unvermeidlich entstehen würden.
Die Gliederriemen von R. A. Lister und Co. in Dursley
haben, um einen guten Anschluss an die gewölbte Scheibe zu erzielen, eine U-förmige
Einlage in der Mitte, wie Fig. 12 und 13 zeigen.
Textabbildung Bd. 284, S. 241Gliederriemen mit U-formiger Einlage von Lister. Als Vortheile der Gliederriemen werden angeführt: Die Riemen laufen in
Folge ihrer Geschmeidigkeit gerade, regelmässig und stossfrei. Ein besonderes
Riemenschloss ist nicht erforderlich, Verkürzung des Riemens lässt sich durch
Ausschaltung eines Gliedes bewirken. Die Riemen sind auf beiden Seiten zu verwenden,
sind für Leitrollen geeignet und daher in kleinen Räumen verwendbar. Als Nachtheil
darf erwähnt werden, dass das Auflegen der Riemen auf die Scheibe schwierig ist und
nur mit besonders eingerichteten Auflagern bewirkt werden kann.
III. Treibketten.
In denjenigen Fällen der Kraftübertragung, wo Stösse von einigem Belang vorkommen
oder bei denen der Abstand der zu einander gehörigen Wellen Schwankungen unterworfen
ist, verwendet man mit Vortheil die Treibketten. Sie sind dadurch gekennzeichnet,
dass die Kraftübertragung nicht lediglich auf die Adhäsion angewiesen ist, sondern
auch und in erster Reihe durch Aussparungen in der Kette, in welche passende Theile
der Scheibe hereinragen, bewirkt wird, auch kommt der umgekehrte Fall vor, dass
Vorsprünge der Kette in Aussparungen der Scheibe greifen. Einen der häufigsten Fälle
der Anwendung von Treibketten bilden die Treibriemen der neueren Fahrräder, der
sogen. Sicherheitsräder.
Die nachstehend abgebildeten Treibketten (Fig. 14 und 15) sind von Deakin angegeben (Revue
industrielle vom 28. April 1888). Die Verbindungsstellen zeigen bei Fig. 14 Kugeln e als Einlagen, welche durch die Kettenglieder b und Einlegscheiben d
gehalten werden; die äusseren Kettenglieder, welche in b cylindrische Führung haben, werden durch die Gelenkschraubenbolzen c gehalten, so dass das ganze Gelenk Halt hat. Bei Fig. 15 sind konische
Scheiben d eingelegt. In beiden Fällen sind die Bolzen
c mit der Schiene verschraubt, so dass die Mutter
des Bolzens nur als Gegenmutter dient.
Unter den deutschen Reichspatenten sind nur Treibkettenconstructionen von
untergeordneter Bedeutung. Reichel (D. R. P. Nr. 55704)
legt Querstege in die Kette ein, um die Gelenkstücke vor der Berührung mit den
Radzähnen und demgemäss vor Verschleiss zu schützen. Ebenso unwesentlich ist das D.
R. P. von O. Kötter, welches eine Treibkette mit
rahmen- und hakenförmigen Gliedern, deren Haken niedergebogen werden, zum Gegenstand
hat.
Textabbildung Bd. 284, S. 242Deakin's Treibkette.Textabbildung Bd. 284, S. 242Gandy's Kettenriemen. Unter Nr. 377484 ist ein amerikanisches Patent von M. Gandy in Liverpool beschrieben, welches, wie Fig. 16 bis 19 zeigen, für eine
rinnenförmige Scheibe bestimmt ist und aus einer Metallkette BA besteht, an welche Reibungsblöcke M oder
Hülsen D1 befestigt
sind. Diese sind mit einer Hülle C versehen, welche die
Adhäsion bezieh. Reibung vergrössern sollen. Wie aus den Figuren ersichtlich,
schliessen die Blöcke an die Form der Scheibe an. Wie die erweiterten Enden der
Klötze sich mit der Rinne abfinden sollen, wird in der Patentschrift nicht
erwähnt.
Textabbildung Bd. 284, S. 242Bartsch's Kette mit gezahnten Gliedern. Eine zerlegbare Kette mit gezahnten Gliedern ist von C. H. Bartsch in Breslau angegeben und demselben als
Zusatzpatent zum D. R. P. Nr. 56616 unter Nr. 56616 patentirt. Die Kette besteht aus
Gliedern einer und derselben Form (Fig. 20) und wird
hergestellt, indem man den Zahntheil n des einen
Gliedes in den Schlitz m des zweiten Gliedes
rechtwinklig einhängt. Die Kette A wird über die
Scheiben B und C (Fig. 20), welche auf
ihren Kränzen Schlitze Z nach der Theilung der Kette
haben, derartig gelegt, dass die Zahntheile in die Schlitze eingreifen, so dass die
Uebertragung der Kraft durch das Eingreifen derselben erfolgt.
Die in Fig. 21
gezeichneten Ketten greifen nicht in die Scheiben B und
C ein, sondern sind umgekehrt darauf gelegt, so
dass die Zahntheile n wie die Zähne von Zahnrädern in
einander greifen und die Kraft übertragen.
Die Form der Zähne ist aus den Fig. 20 und 22 zu ersehen.
Textabbildung Bd. 284, S. 242Fig. 23.Kadzidlowski's Gliederkette. Eine ähnliche zerlegbare Kette mit gezahnten Gliedern ist A. R. Kadzidlowski in Zawiercie, Russland, als D. R. P.
Nr. 54663 geschützt. Die Kette ist aus Gliedern von solcher Gestalt zusammengesetzt,
dass sie leicht in ihre Glieder zerlegt, verlängert oder verkürzt und als biegsame
Zahnstange benutzt werden kann.
Die Glieder sind entweder alle gezahnt, oder es sind nur einzelne derselben mit
Zähnen versehen. Die Anzahl der gezahnten Glieder, sowie deren Abstand von einander
hängen von dem Zwecke ab, für welchen die Kette Verwendung finden soll.
Hauptsächlich soll die Kette dazu dienen, in veränderbaren Zeiten gewisse Bewegungen
oder den Stillstand von Getrieben zu veranlassen. Die Grundform der sämmtlichen
Glieder einer Kette ist die gleiche.
Textabbildung Bd. 284, S. 242Kadzidlowski's Gliederkette Die Glieder können gestanzt, gegossen, gepresst, geschmiedet oder aus
Draht hergestellt sein. In Fig. 23 und 24 sind Glieder
dargestellt, welche aus einer Metallplatte durch Abstanzen und Biegen gebildet
wurden; Fig. 25 und
26 veranschaulichen
durch Giessen hergestellte Glieder.
Die Fig. 23, 25 und 26 zeigen mit einander
verbundene Glieder einer Kette, von denen eines verzahnt ist und sich von dem
unverzahnten nur dadurch unterscheidet, dass die Leiste c höher ist.
Um zwei Glieder mit einander zu verbinden, steckt man den Ansatz a des zweiten Gliedes durch den Ausschnitt b des ersten und zieht das zweite Glied so weit nach
aussen, bis der an der Innenkante abgerundete Kopf sich an die Leiste c des ersten Gliedes legt.