Titel: | Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter Ausstellung. |
Autor: | L. Kohlfürst |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 247 |
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Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der
Frankfurter Ausstellung.
Von Oberingenieur L. Kohlfürst.
(Fortsetzung des Berichtes S. 73 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter
Ausstellung.
Eine besonders wichtige und interessante Weichensicherung befand sich unter den Ausstellungsobjecten der Firma Siemens und Halske in Berlin in der Halle für
Eisenbahnwesen. Die bei dieser Anlage in Betracht genommene Weiche ist eine solche,
welche ihrer Lage oder Verwendung wegen in das vorhandene Stellwerk nicht einbezogen
werden kann, nichtsdestoweniger aber für bestimmte Fahrstrassen bezieh. Zugs-Ein-
oder Ausfahrten in bestimmter Lage festgeriegelt werden soll. Die ausgestellte
Einrichtung bestand aus einem Stationsblockapparate der bekannten Siemens'schen Construction, jedoch mit drei
Blockfeldern, wovon nur zwei zur Freigabe von Fahrstrassen dienen, wogegen das
dritte die Lösung der Weichenverriegelung besorgt; ferner aus der Verriegelungsvorrichtung, die an einem Weichenmodelle
zur Anschauung gebracht war, und aus einem zweifeldrigen Wärterblockapparate. Die
Verbindung und gegenseitige Abhängigkeit dieser Apparate ist nun so getroffen, dass
die Freigebung einer Fahrstrasse seitens der Station nach dem Wärterblockapparate
nur erfolgen kann, wenn die betreffende Stromleitung, welche durch eine an der
Weiche angebrachte Contactvorrichtung läuft, daselbst geschlossen ist. Letzteres
kann aber nur dann der Fall sein, wenn die Weiche nicht nur in der richtigen Lage
sich befindet, sondern in derselben ausserdem festgeriegelt wurde. Das Festriegeln
geschieht seitens des betreffenden Weichenwärters, nachdem die Weiche ihre
vorgeschriebene bestimmte Stellung erhalten hat, mittels eines eigenartigen
Schlüssels, der in die in einer gusseisernen Büchse neben der Weiche untergebrachte
Verschlussvorrichtung eingesteckt und dort umgedreht wird. Sobald der Schlüssel
diese Lage erhalten hat, ist ein Umstellen der Weiche nicht mehr möglich, bis die
Station selbst mit Hilfe des oberwähnten dritten Blockfeldes die Verriegelung im
Weichenverschlusse wieder aufhebt. Diese Deblockirung kann übrigens
selbstverständlich nur unter der Bedingung bewirkt werden, dass vorher die
Freigebung der Fahrstrasse wieder zurückgenommen und diese wieder gehörig blockirt
worden ist.
Eine ähnliche Weichenversicherung war auch in der Sammlung der königl. preussischen
Staatsbahnen seitens der königl. Eisenbahndirection Altona zur Anschauung gebracht. Diese Einrichtung, gleichfalls von Siemens und Halske in Berlin erzeugt, stimmte mit der
oben geschilderten Anlage vollständig überein, bis auf den Umstand, dass die von Siemens und Halske ausgestellte Weiche in beiden Lagen versperrbar und in Abhängigkeit mit den
Einfahrtsignalen gebracht gewesen ist, wogegen die letzterwähnte Weiche nur in einer
Lage in den Zwangsverschluss einbezogen war.
In der Sammlung der königl. preussischen Staatsbahnen befand sich ferner die
Darstellung einer grossen Sicherungsanlage, welche zwischen dem Schlesischen Bahnhofe in Berlin und dem Bahnhofe Stralau an der Warschauerbrücke besteht, von Telegrapheninspector Zwez entworfen und von demselben unter Anwendung Siemens und Halske'scher Blocksignal- und Weichen Stellapparate ausgeführt
worden ist. Diese Anlage wird repräsentirt durch zwei normale Siemens'sche Weichen- und Signalstellwerke, zwei
Streckenblocksignalapparate und einem vorzüglich ausgeführten Modelle der gesammten
in Betracht kommenden Geleis- und Signalanlagen der Bahn. Mit dem einen Weichen- und
Signalstellwerke – welches das in Berlin befindliche repräsentirt – war unter einem
eine Hattemer'sche Blockbefehlstelle verbunden, welche Vorrichtung (vgl. 1891 280 * 35) es ermöglicht, dass der am Bahnsteige oder an
sonst einem bestimmten, vom Telegraphenbureau entfernten Punkte des Bahnhofes
beschäftigte dienstleitende Stationsbeamte den Befehl und die Zustimmung zur
Freigebung einer Einfahrt oder Ausfahrt an Ort und Stelle ertheilen kann, ohne sich
erst ins Telegraphenbureau zurückbegeben zu müssen.
Schliesslich ist noch ein ganz eigenartiger, von Telegrapheninspector Schellens in Köln construirter Weichen- und
Signalblockapparat hervorzuheben, der sich gleichfalls in der Collectivausstellung
der königl. preussischen Staatsbahnen befand. Der ausgestellt gewesene Stellbock war
bei Max Jüdel und Co. hergestellt, und zwar für zwei
Fahrstrassen ausgeführt. Das Wesentlichste daran, nämlich der elektrische Verschluss
der Signalstellhebel am Stellbocke, ist ein ebenso einfaches als sinnreiches
elektrisches Schloss. Die Schellens'sche Einrichtung
zählt zweifelsohne zu den interessantesten und bemerkenswerthesten
Eisenbahnneuigkeiten der Frankfurter Ausstellung und hoffen wir, Gelegenheit zu
haben, ehestens eine ausführliche Schilderung dieses Apparates hier nachtragen zu
können.
X. Weichencontrole.
Obwohl die verschiedenen elektrischen Einrichtungen, welche die Controle der Weichen
zur Aufgabe haben, unter die wichtigsten Behelfe des Eisenbahnbetriebes gezählt
werden dürfen, finden dieselben verhältnissmässig doch nur eine geringe Anwendung,
weil man in der Regel mechanische Stell- und Verriegelungsanordnungen für
ausreichend erachtet, obwohl dies nur bis zu einem gewissen Maasse der Fall ist.
Thatsächlich waren auf der Ausstellung nur wenige Vertreter der genannten
Apparatgattung vorhanden.
Eine dieser Vorrichtungen wurde von Siemens und Halske
in Wien an einem Siemens'schen Weichenstell- und
Verriegelungsapparate zur Anschauung gebracht. Diese Anordnung hatte die Aufgabe,
ein etwaiges unrichtiges Befahren, Durchschneiden, der
Weiche anzuzeigen. Bekanntlich besteht der Siemens'sche
Weichenstell- und Verriegelungsapparat aus einem topfförmigen, gusseisernen Gehäuse,
welches neben der Weiche auf den eisernen Querschwellen des Wechselrostes oder auf
eigenem Winkeleisen befestigt ist. Darin dreht sich um einen festgelagerten Stahlzapfen eine
Kettenrolle mit doppelter Kettenrille; an der Oberkante dieser Rolle ist ein
aufwärts stehendes Bogenstück, der Verriegelungsbogen, angegossen und ein
Mitnehmerzapfen eingeschraubt. Die Drehung der Rolle wird durch zwei Anschlagstifte
begrenzt. Ueber die Rolle weg kann sich in Einschnitten der Gehäusewand eine
Schubstange bewegen, welche mittels einer durch Schrauben verstellbaren
Gelenksstange mit den Weichenzungen in Verbindung steht. An der Schubstange ist eine
Kurbelschleife eingeschmiedet, in welche der aus der Rolle emporstehende
Mitnehmerzapfen bei der Drehung der Rolle so eingreift, dass bei einer halben
Rollenumdrehung (180°) die Schubstange und also auch die Weiche von einer Grenzlage
in die andere geschoben wird. Die Rolle dreht sich sowohl hinwärts als rückwärts
vermöge der Einwirkung des damit in Verbindung gebrachten Drahtzuges der
Weichenstellvorrichtung (beim Umlegen des Stellhebels am Stellbocke) jedesmal um
einen Winkel von 270°, und zwar um etwa 45°, bevor der
Mitnehmerzapfen der Rolle auf die Schubstange einwirkt, und ebenso viel hinterher. Dieser Ueberschuss der Rollenbewegung dient
dazu, einerseits die jeweilige Verriegelung aufzuheben, damit der Zapfen das
Umstellen der Weiche vornehmen kann, und andererseits nach dieser Verrichtung die
Weiche in der neugewonnenen Stellung wieder festzuriegeln. Zum Zwecke der
Verriegelung ist an der Unterseite der Schubstange S
(Fig. 76 und 77 – in diesen beiden
Abbildungen ist nur ein ganz kleiner Theil des Weichenstell- und
Verriegelungsapparates dargestellt, und zwar derjenige, welcher für die zu
schildernde Weichencontrole besonders in Betracht kommt) ein Backen B mittels zweier Schrauben r (Abscherschrauben) festgemacht. Die Befestigungsstelle und die Länge des
Backens B, ebenso natürlich auch die Länge des aus der
Rolle vorstehenden Verriegelungssegmentes V sind so
gewählt, dass bei der einen vollständig bewerkstelligten Weichenstellung der Backen
B rechts vom Riegel V
liegt, wie es Fig. 76
zeigt. S kann bei der gezeichneten Lage nicht mehr
weiter nach rechts geschoben werden, weil dies die festgelegte Weichenzunge
unmöglich macht, die Schubstange kann aber auch, und das ist die Hauptsache, nicht
nach links bewegt werden, weil der Verriegelungsbogen V
vor B steht. Die Weiche ist also verriegelt. Soll nun
die Weiche umgestellt werden, so wird die Rolle R, von
der in Fig. 76 nur ein
kleines Endstückchen angedeutet erscheint, gedreht und dadurch vorerst das
Verriegelungssegment V aus dem Bereiche von B gebracht; dann schiebt der in der Zeichnung natürlich
auch nicht sichtbare Rollenzapfen die Stange S nach
links und schliesslich tritt ein Theil des Riegels V in
den Backen ausschnitt abc und S ist sonach wieder so festgeriegelt wie früher, nur von der anderen
Seite. Bei jeder der beiden Weichenlagen bildet also B
den eigentlichen Verschluss, und wenn nun die Weiche unrichtig befahren,
nämlich von rückwärts „durchgeschnitten“ würde, so presst das betreffende,
falsch in die Weiche gelangende Fahrzeug die an die Stockschiene anliegende
Zungenschiene von der ersteren ab, wobei die Schubstange gewaltsam in ihre zweite
Grenzstellung geschoben wird. Damit nun in einem solchen Falle nicht die ganze
Vorrichtung zerstört oder eine Entgleisung des Fahrzeuges herbeigeführt werde, sind
eben die vorgenannten zwei Abscherschrauben r
vorhanden, die denn auch beim „Durchschneiden“ der Weiche abgeschert werden.
Hierzu ist immerhin eine Kraft von ungefähr 1500 k nothwendig, welche aber nie und
in keiner anderen Weise auf den Verschluss zur Einwirkung gelangen kann, als durch
das falsch einfahrende Fahrzeug. Eine in gedachter Weise in Unordnung gerathene
Weiche muss natürlich sofort wieder hergestellt werden, was sich auch ganz leicht
und in kaum 5 Minuten durch die Wiederbefestigung des Verriegelungsbackens bezieh.
durch das Einsetzen zweier neuer Abscherschrauben ausführen lässt. Vor allem ist es
aber geboten, dass das eingetretene Vorkommniss selbst unverzüglich den
maassgebenden Bahnorganen zur Kenntniss gelange. Deshalb sind alle oder eine
beliebige Anzahl der wichtigsten Weichen derselben Bahnhofsseite durch eine
gemeinsame Ruhestromlinie verbunden, in welche nebst der Batterie auch noch im
Weichenthurme bezieh. in der Stellwerksbude, sowie im Stationsbureau je ein
Alarmwecker eingeschaltet ist. Die an jedem Weichenstell- und Verriegelungsapparate
anzubringende Zuleitung der besagten Alarmweckerlinie erfordert eine Anordnung,
vermöge welcher unbedingt die Leitungsunterbrechung erfolgt, sobald eine der
gedachten Weichen durchschnitten wird. Zu dem Ende treten die unterirdisch als Kabel
zugeführten zwei Leitungsdrähte in ein rückwärts an der Weichenstell- und
Verriegelungsvorrichtung angeschraubtes Gehäuse ein und sind da zu je einer isolirt
und parallel zur Schubstange S (Fig. 76 und 77) angebrachten
Gleitschiene angeschlossen. An S sind rechts und links,
isolirt von der Stange, Contactfedern befestigt, welche auf den vorbesagten
Gleitschienen schleifen, andererseits ist jede der Gleitfedern mit Hilfe eines
isolirten Drahtes l bezieh. l1 mit dem eigentlichen Unterbrecher in Verbindung gesetzt.
Textabbildung Bd. 284, S. 248
Weichenstell- und Verriegelungsapparat von Siemens und Halske.
Die leitende Verbindung zwischen dem letzteren und den beiden
Leitungszuführungen bleibt also durch Vermittelung des Schleifcontactes auch während
der Bewegungen der Schubstange und bei jeder Lage derselben gleichmässig aufrecht.
Der letzterwähnte, als Unterbrechungsstelle vorbereitete Theil der Alarmleitung
besteht aus den zwei auf der isolirenden Unterlage ii
bezieh. auf der Schubstange S angeschraubten
Messingspangen m und n.
Von m und n greifen die
Federn f und f1 auf die Messingspange q, welche isolirt auf dem Verriegelungsbacken B
befestigt ist. Der Stromweg besteht und bleibt also von l1 über m, f, q,
f1, n und l unter normalen Verhältnissen stets intact, hört aber
unbedingt auf, wenn beim Durchschneiden der Weiche die
Schubstange S nach links (oder rechts) gezogen wird,
während B vom Verriegelungsbogen V festgehalten bleibt und die Schrauben r abgerissen werden. Zufolge dieser Unterbrechung
gerathen nun die mit Fallscheiben ausgerüsteten Ruhestromwecker beim
Centralstellwerke und im Stationsbureau in Thätigkeit. Siemens und Halske in Wien haben für österreichische und ungarische
Staatsbahnen die geschilderte Einrichtung dahin ausgedehnt, dass auch die zur
Weichengruppe gehörigen Einfahrtsignale in die Alarmleitung mit einbezogen werden.
Dann sind diese Signale so angeordnet, dass der Flügel, wenn er etwa während einer
Weichendurchschneidung auf Frei stände, selbsthätig auf
Halt zurückfällt (vgl. 283 265), sobald in der Alarmleitung die Stromunterbrechung eintritt.
Textabbildung Bd. 284, S. 249Fig. 78.Weichencontrolvorrichtung von Schwenke. Verwandt, aber doch wieder in anderer Richtung wesentlich erweitert ist
die Aufgabe, welche eine von Schwenke construirte und
durch die ausführende Firma Schrader, Puppe und Co. in
Zerbst zur Ausstellung gebrachte Weichencontrolvorrichtung zu erfüllen hat. Diese
Vorrichtung soll nämlich dem dienstleistenden Stationsbeamten oder dem Weichenwärter
beim Stellwerke die Ueberwachung der betreffenden Weiche erleichtern, indem ihnen
ein optischer Zeichenapparat die wirkliche Weichenlage
fortlaufend genau ersichtlich macht. Zu diesem Ende ist für jede Weiche, die controlirt werden soll, an der
Controlstelle ein Zeichengeber Z (Fig. 78), dann eine Local- und eine Linienbatterie B1, B2 vorhanden; an der
Weiche selbst befindet sich für jede der beiden Stellungen je eine
Contactvorrichtung C1
bezieh. C2. Alle diese
Apparate sind durch zwei Telegraphenleitungen L1 und L2 entsprechend verbunden. Behufs Thätigmachung der
Contacte an der Weiche werden dort, ziemlich nahe bei den Enden der Weichenzungen
z1 bezieh. z2, an diese eiserne Winkelstücke w1 bezieh. w2 angeschraubt, welche den Druck der sich
an die Stockschiene S1
bezieh. S2 anlegenden
Zunge auf den aus der Contactvorrichtung hervorstehenden Arm a1 bezieh. a2 übertragen. Die Winkel w1 oder w2 drücken dabei nicht
unmittelbar, sondern durch die Schrauben s1 bezieh. s2 auf a1 bezieh. a2 und können sonach für das richtige
Zusammenarbeiten zwischen Weiche und Contact gleich bei der Aufstellung leicht
einregulirt werden. Von den Contacten aus, welche in gusseisernen Gehäusen
wettersicher eingerichtet sind, geht ein Anschluss in
die betreffende Leitung L1 bezieh. L2, der zweite
zur Erde E. Der Zeichenapparat im Weichenthurme oder in
der Weichenstellwerksbude besteht aus einem Schränkchen, dessen Vorderwand einen
Blechbogen trägt, auf dem links die Aufschrift gerade
aus und rechts das Wort Ablenkung
angeschrieben steht. Vor diesem Bogen bewegt sich ein Zeigerscheibchen i, das nach links zeigt, wenn die Weiche auf die gerade Einfahrt gestellt ist, dagegen nach rechts
weist, sobald die Weiche auf Ablenkung steht. Wenn eine Umstellung der Weiche
erfolgt, so wird jene Contactvorrichtung, gegen welche die Weichenzunge bewegt
wurde, thätig gemacht, jedoch erst dann, wenn die Zunge wirklich schon fest an der
Stockschiene anliegt. Zufolge des hierdurch entstandenen Stromschlusses gelangt das
im Schränkchen des Zeichengebers aufgestellte bezügliche Relais zur Wirksamkeit und
schliesst die Localbatterie durch einen Elektromagneten, der nun dem Zeiger die
bezügliche Lage ertheilt, Erfolgt aber beim Weichenumstellen kein genauer
Schienenschluss oder würde etwa die Weiche falsch befahren (durchschnitten), so kann
keiner der Contacte wirksam werden bezieh. beide Leitungen werden dauernd stromlos
und demzufolge erscheint auf der Vorderseite des Zeichengebers ein
aussergewohnliches Warnungssignal, nämlich ein Täfelchen mit der Aufschrift kein Zungenschluss. (Vgl. Uhland's technische Rundschau, 1891 S. 362.)
Eine dritte, von den beiden früheren in Zweck und Ausführung völlig abweichende
Weichencontrole hatte die königl. Generaldirection der bayerischen Staatsbahnen auf
dem Platze vor der Eisenbahnhalle zur Ansicht gebracht. Diese Anordnung ist
eigentlich mehr mechanischer als elektrischer Natur und controlirt nicht die Lage
oder das Durchschneiden der Weiche, sondern den Umstand, ob dieselbe befahren wird oder nicht
befahren wird. Gleich an der Weiche liegt neben einem der Schienenstränge
eine 20 m lange Auflauf- oder Druckschiene (System Henning), welche normal durch starke Federn
etwa 2 cm über die Schienenoberkante gehalten wird. Sobald ein Zug die Weiche
befährt, wird jedoch die besagte Druckschiene durch die Räder der Fahrzeuge
niedergedrückt und dadurch ein Riegel in die Weichenstellvorrichtung geschoben, so
dass diese während des Befahrens absolut nicht mehr umgestellt werden kann. Zugleich
wird von der Druckschiene, solange sie durch Fahrzeuge belastet ist, ein
Quecksilbercontact umgekippt und dadurch beim Centralweichenwärter oder im
Stationsbureau ein Wecker in Thätigkeit versetzt, der mithin so lange läutet, als
der über die Weiche fahrende Zug dieselbe nicht bereits 20 m hinter sich hat. Die
letztangeführten Weckerzeichen haben für den Stationsbeamten den besonderen Zweck,
ihn erkennen zu lassen, ob er den Fahrstrassenhebel des Centralstellwerkes – bei den
in Bayern zumeist verwendeten Blockirungen sind die Fahrstrassenhebel auch während
der Lage auf Frei blockirt – bereits deblockiren kann
oder nicht.
Die gleiche Bestimmung hatten ferner die ebenfalls von den königl. bayerischen
Staatsbahnen ausgestellten; bei Alois Zettler in
München ausgeführten Rückmelder. Der betreffende, in der Regel oberhalb des
Stationsblockapparates angebrachte Zeichenapparat (Fig. 79 und 80) erweist sich
äusserlich als ein dosenförmiges, auf einer Holzconsole befestigtes Blechgehäuse,
aus welchem vorne ein FensterchenV ausgeschnitten ist.
Die an der Console angebrachten Anschlusspangen der kommenden und gehenden Leitung
L1 und L2 sind gleich als
Blitzschutzvorrichtung angeordnet. Das Wichtigste des Inneren besteht aus einem
Elektromagneten M mit dem Anker A und einem wagerechten Stäbchen ab, welches
von einer in Spitzenlagern laufenden senkrechten Achse ll1 getragen wird. Diese Drehachse
befindet sich genau in der Mitte zwischen den beiden Elektromagnetschenkeln bezieh.
im Mittelpunkte des ganzen Apparates und steht daher in einer Bohrung des Ankers A, die weit genug ist, dass der Anker seine Bewegungen
machen kann, ohne ll1
zu berühren und umgekehrt. Auf der Achse ll1 ist mittels einer Klemmschraube, gerade so tief
unterhalb des Ankers, dass dieser in seinem Wege nicht behindert wird, eine kleine
Gabel festgemacht, in welche die an der Gestellsplatte befestigte lange Feder F mit ihrem oberen Ende eingreift. Die beiden Arme des
Gäbelchens sind gegen innen zu schneidenförmig gestaltet, also beiläufig wie zwei
><, zwischen welchen sich die Feder ohne Gefahr einer Verklemmung
leicht bewegen kann. Durch den Druck, welchen die Feder F auf das Gäbelchen, also auf die Achse ll1 ausübt; wird das Querstück ab gegen einen in der Zeichnung nicht ersichtlich gemachten Anschlagstift
gepresst. Zieht man aber an der an einem Bügel n
angebrachten Schnur S, so wird, weil n mit dem Knie lose auf einem Unterlagsplättchen
aufsteht, und am anderen Ende durch Schrauben an der Feder F befestigt ist, diese zurückgezogen und dadurch auch die Eingriffsgabel,
also auch die Spindel ll1 und der daran festsitzende Arm ab aus der
durch den Federdruck bewirkten Lage gebracht und zurückgedreht, wobei ein an dem
Arme ab nach unten vorstehendes Naschen hinter einer
auf dem Anker A aufgesetzten Schneide einschnappt. In
dieser durch das Anziehen der Schnur bewirkten Lage des Apparates verweilt derselbe
so lange, bis ein Strom durch M gelangt, der Anker
angezogen und sonach das Naschen i losgelassen wird, da
nunmehr die Feder F ihre Ruhelage wieder einzunehmen
trachtet und daher das ganze System in die frühere Lage zurückdreht. Der Arm ab trägt einen Papier- oder einen dünnen Blechcylinder
oder bloss ein Scheibchen der bezieh. das theils weiss
theils roth bemalt ist und einenfalls mit der weissen
und bei der zweiten Stellung mit der rothen Fläche vor das Fensterchen V gelangt.
Textabbildung Bd. 284, S. 250
Rückmelder von Zettler.
Diese Zeichenapparate oder Rückmelder, wie sie in Bayern genannt werden, haben dem die Blockirungen
durchführenden Stationsbeamten die erfolgte vollständige Ausfahrt der Züge ersichtlich zu machen. Zu dem Ende
sind Siemens'sche Schienendurchbiegecontacte im
Ausfahrtgeleise eingelegt, und zwar so weit von der letzten, äussersten Weiche
entfernt, als die grössten Güterzüge lang sind. Dieser Streckencontact ist dann
durch eine Leitung mit dem obengeschilderten Rückmelder
und mit einer Batterie verbunden. In der Kegel wird i
(Fig. 80) vom Anker
festgehalten und der Rückmelder zeigt Roth; hat der
ausgefahrene Zug aber den Streckencontact erreicht und in Thätigkeit gesetzt, so
wandelt der hierdurch hervorgerufene Strom das Fensterchen des Rückmelders in der
vorhin geschilderten Weise in Weiss um. Nunmehr ist der
Beamte sicher, dass die Weiche der offenen Fahrstrasse nicht mehr befahren wird und
er darf sonach den Verschluss des betreffenden Ausfahrtsignalhebels im
Centralstellwerke wieder aufheben. Auf diese Weise kann ein vorzeitiges Umstellen
der Weichen bei den Zugsausfahrten nicht vorkommen. Selbstverständlich muss der
betreffende Beamte im Telegraphenbureau bezieh. beim Stationsblockapparate den
Rückmelder stets für die nächste Zugsausfahrt rechtzeitig durch das Anziehen der
Schnur (am besten gleich nach Einlangen des Signales Weiss) auf Roth einstellen.
(Fortsetzung folgt.)