Titel: | Methoden zur Untersuchung von Nahrungs-, Genussmitteln und Verbrauchsgegenständen. |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 261 |
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Methoden zur Untersuchung von Nahrungs-,
Genussmitteln und Verbrauchsgegenständen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 237 d.
Bd.)
Methoden zur Untersuchung von Nahrungs-, Genussmitteln und
Verbrauchsgegenständen.
Optische Analyse von Butterfett.
H. O. G. Ellinger benutzt hierzu das Oleorefractometer
von Amagat und Jean. Die
Construction des Apparates ist die folgende: Collimator und Fernrohr befinden sich
in fester Lage, so dass die Achse des einen in der Verlängerung des anderen liegt.
Das aus dem Collimator kommende Licht tritt durch einen von zwei planparallelen
Glasplatten begrenzten Glastrog, in dem ein Hohlprisma mit ebenfalls zwei
planparallelen Glasplatten steht, in das Fernrohr ein. Der Collimator hat statt
einer Spalte einen Schieber mit senkrechter scharfer Kante, welcher durch
Millimeterschrauben seitwärts verstellbar ist und in einer bestimmten Stellung
festgeklemmt werden kann. Im Fernrohr sind auf durchsichtigen Platten zwei feine
Scalen über einander angebracht, jede mit 100 Theilstrichen, aber mit verschieden
gestelltem Nullpunkt. Mit Hilfe dieses Apparates bestimmte Verfasser den
Brechungswinkel sowohl von reiner als auch mit Margarine vermischter Butter. Es
stellte sich heraus, dass reine geschmolzene Butter bei 45° einen Brechungswinkel
von 37° bis 23°, sehr selten einen solchen von 35° besitzt. Die verschiedenen
Margarinesorten zeigen je nach ihrem Gehalt an Butterfett verschiedene
Brechungsvermögen. Man ist durch diese Methode im Stande, einen Zusatz von 45 Proc.
Margarine in der Butter nachzuweisen. (Nach Tidskrift for
Physik og Chemi durch Beiblätter zu den Annalen für
Physik, 1891 Bd. 15 S. 712, und durch Chemiker-Zeitung, Repertorium 1891 Bd. 15 S. 165.)
Lobry de Bruyn und van
Leent sind über obiges Verfahren anderer Ansicht. Sie untersuchten eine
reine Naturbutter, welche die Reichert-Meissl-Wollny'sche Zahl 20,75 ergab und dabei im Oleorefractometer
nur eine Abweichung von – 20° anzeigte. Auf Grund dieser Wahrnehmung sprachen die
genannten Autoren die Ansicht aus, dass die optische Analyse mit dem Jean-Amagat'schen Oleorefractometer keine wesentlichen
Vortheile biete vor der Methode von Reichert-Meissl-
Wollny.
Dem gegenüber führt nun Jean an, dass nach seinen
Erfahrungen und denen von Kildan und Girard durch eine Fütterung der Kühe mit Oel-
besonders Leinkuchen ein Theil des im Futtermittel enthaltenen Fettes in die Milch
und daraus in die Butter übergeht und so, je nach der Natur des betreffenden
Oelkuchens, deren Verseifungszahl erhöht oder herabdrückt. Und, wie man durch zu
wasserreiche Fütterung die Milch der Kühe strecken kann, ebenso kann man durch
Füttern mit Oelkuchen schon in der Kuh das Butterfett der Milch
„margariniren“! Daher kann auch die Beobachtung der anfangs genannten
Autoren nicht befremden, dass Margarine weit unter sich abweichende
Oleorefractometeranzeigen liefert, wenn man bedenkt, dass fast alle Margarinesorten
des Handels pflanzliche Fettstoffe enthalten, wie Leinöl, Cocosnussöl, Arachisöl
u.s.w.
Zur quantitativen Bestimmung fremder Fette in Naturbutter ist das Oleorefractometer
nur dann geeignet, wenn die Natur der Beimischung mit aller Sicherheit bekannt ist.
Der Hauptwerth des Apparates liegt in der Schnelligkeit; mit welcher Anomalien bei
Prüfung einer grossen Zahl von Buttersorten sich zu erkennen geben, welche dann
einer eingehenden chemischen Prüfung zu unterziehen sind. Da die Reichert-Meissl- Wollny'schen Zahlen innerhalb weiter
Grenzen (normal zwischen 26 und 35) schwanken, so ist es leicht ersichtlich, dass
Fälschungen mit 20 bis 30 Proc. Margarine durch diese Methode nicht erkannt werden,
während das Oleorefractometer in solchen Fällen schon deutlichen Ausschlag gibt.
Diesen Ausführungen Jean's treten de Bruyn und van Leent
entgegen, indem sie geltend machen, dass in Holland die Kühe Oelkuchen dem Futter
zugemischt erhalten, ohne dass dadurch das Aroma und der Geschmack der Butter eine
Einbusse erleidet. Durch die Natur des Futters werde die optische Analyse mehr
gestört als die Methode von Reichert-Meissl-Wollny. In
Folge der weit aus einander gehenden Oleorefractometeranzeigen habe die Auswahl
verdächtiger Proben mittels des Jean'schen Apparates
etwas Bedenkliches. – Die beiden Verfasser weisen ferner darauf hin durch Citate aus
der neuesten Literatur, dass nicht allein in Holland, sondern auch in Frankreich
durch Violette, in Dänemark durch Ellinger, in Belgien durch Bilterijst und Depaire bedeutend von einander
abweichende Oleorefractometeranzeigen beobachtet worden sind. (Nach Revue internationale scient. et popul. des falsifications
des denrées aliment., 5, 65 und 78 durch Chemisches
Centralblatt, 1892 Bd. 1 S. 330 and 341.)
Ueber die Beschaffenheit des amerikanischen
Schweinefettes.
Dass die schon öfter ausgesprochenen Bedenken über die Beschaffenheit des
amerikanischen Schweinefettes berechtigt sind, beweist eine Arbeit von C. Engler und G. Rupp.
Danach genügt der grösste Theil des im Handel vorkommenden amerikanischen
Schweinefettes nicht den Anforderungen, welche man an unsere einheimische Waare
stellt. Um bei ihren Untersuchungen sicher zu sein, ob nicht vielleicht durch die
Art der Fütterung oder durch die Verschiedenheit der Rasse der Schweine die
Zusammensetzung oder die Eigenschaften des reinen Schweinefettes beeinflusst werden,
liessen sich Verfasser aus zuverlässigen Quellen reines, unausgeschmolzenes
Schweinefett direct von Metzgern oder Fettproducenten aus Amerika, England,
Frankreich, Italien und Ungarn kommen und unterwarfen dieselben unter Anwendung der
allgemein üblichen, unten näher bezeichneten Methoden einer genauen Prüfung. Gleichzeitig wurde ein
Baumwollsamenöl, dessen Reinheit ausser Zweifel stand, nach den unten beschriebenen
Methoden geprüft.
Die Methoden, welche bei der Prüfung der Fette zur Anwendung kamen, waren
folgende:
1) Bestimmung des Jodadditionsvermögens (Hübl'sche
Jodzahl).
2) Verhalten des Fettes beim Kochen mit alkoholischer Silbernitratlösung (Bechi'sche Reaction).
3) Färbung beim Behandeln des Fettes mit Bleiacetat und Ammoniak (Reaction von Labiche).
4) Bestimmung des Erhitzungsgrades beim Mischen des Fettes mit concentrirter
Schwefelsäure (Verfahren von Maumené). Ausser den
genannten Methoden ist die von Welmans zum Nachweis von
fetten Pflanzenölen brauchbar, welche vorher einer Behandlung mit chemischen
Agentien nicht unterworfen waren.
Die Prüfung von Welmans ist die folgende:
Schüttelt man eine Lösung von reinem Schweinefett in Chloroform mit einer Lösung von
phosphormolybdänsaurem Natron in Salpetersäure, so verändert sich die Farbe der
Mischung nicht, während beim Vorhandensein von fetten Pflanzenölen durch Reduction
der Molybdänsäurelösung eine Grünfärbung auftritt, die um so intensiver ist, je
reicher das Fett an fettem Pflanzenöl ist. Uebersättigt man diese Flüssigkeit mit
Ammoniak, so geht die grüne Farbe in Blau über, während auch hierbei die Mischung
mit reinem Schweinefett unverändert bleibt.
Die Untersuchung der vom Auslande bezogenen, von den Verfassern selbst
ausgeschmolzenen Schweinefettproben und des Baumwollsamenöls, sowie einer Anzahl bei
Metzgern erhobener Schweinefettproben führte zu folgenden Resultaten:
Sämmtliche Fette (fünf ausländische und zehn einheimische) zeigten fast nahezu
dieselbe Jodzahl (57,3 bis 59,0) und denselben Erhitzungsgrad (nach Maumené nämlich 31,0 bis 32°); ferner hielten
sämmtliche Fette die Silbernitratprobe nach Bechi und
die in ätherischer Lösung, sowie die Bleiacetatprobe nach Labiche.
Baumwollsamenöl besitzt ein weitaus grösseres Additionsvermögen; seine Jodzahl
beträgt 112; der Erhitzungsgrad 81.
Dagegen mussten von 61 Schweinefettproben, welche der Grossherzogl.
Lebensmittelprüfungsstation zu Karlsruhe übergeben waren, 33 als mit Baumwollsamenöl
versetzt beanstandet werden. Ausserdem zeigten einige der Proben ein abnormes
Jodadditionsvermögen und genügten wegen ihres Verhaltens beim Kochen mit alkalischer
Silbernitratlösung nicht ganz den Anforderungen eines reinen Schweinefettes.
Bezüglich der Zuverlässigkeit der Methoden, welche bei den Untersuchungen in
Anwendung kamen, glauben Verfasser der Bestimmung der Hübl'schen Jodzahl den Vorzug geben zu müssen.
Recht brauchbar ist auch die Bechi'sche Silberreaction,
wenn es sich um den qualitativen Nachweis von Baumwollsamenöl im Schweinefett
bezieh. nur um den Nachweis handelt, ob eine Waare rein ist oder nicht.
Gleichfalls gute Resultate gibt die Bestimmung des Erhitzungsgrades, wenn dieselbe
sorgfältig ausgeführt wird.
Dagegen scheint die Labiche'sche Bleiacetatprobe sehr
von der Einwirkung des Lichtes, vom Alter des Fettes, hauptsächlich aber vom
Grade der Rancidität beeinflusst zu sein. Es sind daher die entstehenden Färbungen
nicht immer zuverlässig (vgl. das nächstfolgende Referat).
Schliesslich betonen Verfasser mit Recht, dass es wohl an der Zeit sei, das
consumirende Publikum auf die Beschaffenheit des amerikanischen Schmalzes aufmerksam
zu machen, zumal dasselbe aus allen zum Pökeln nicht brauchbaren Theilen des
Schweines, sowie auch aus Fett von verletzten oder von auf dem Transport verendeten
Thieren gewonnen wird, ferner dass 90 Proc. von der Gesammtproduction des
Baumwollsamenöls zu Genusszwecken, insbesondere zur Schmalzfabrikation verwendet
werden. (Nach Zeitschrift für angewandte Chemie, 1891
S. 389.)
Prüfung von Schweinefett.
E. Dieterich unterzog eine Anzahl von Methoden zum
Nachweis von Baumwollsamenöl im Schweinefett einer Prüfung und gelangte zu folgenden
Ergebnissen:
Nach dem Verfahren von Labiche schüttelt man 25 cc des
geschmolzenen Fettes mit 25 cc Bleiacetatlösung (1 : 2) nach Hinzufügen von 5 cc
Ammoniak gut durch. Ist Baumwollsamenöl zugegen, so soll die emulsionsartige
Flüssigkeit eine gelbrothe Färbung annehmen, die nach eintägigem Stehen intensiver
werde. Dieterich bestätigt diese Angabe, fügt aber
hinzu, dass die Reaction nicht eintritt, wenn das Baumwollsamenöl vorher so weit
erhitzt war, dass es 1 bis 2 Minuten rauchte.
Die Angabe Perkins, dass Kaliumbichromat bei Gegenwart
von Schwefelsäure durch Baumwollsamenöl reducirt werde, wird von Dieterich zwar bestätigt, derselbe gibt aber an, dass
auch reines Schweinefett reducirt.
Auch das Verfahren von Taylor ist nach Dieterich unbrauchbar. Taylor löst 140 Grains (= 9,072 g) Schweinefett in Petroleumbenzin,
filtrirt ab und stellt das Filtrat 15 bis 20 Minuten in Eiswasser. Nach dieser Zeit
sollte sich das Fett ausscheiden, während das Oel gelöst bliebe.
Muter und de Koningk
stellen aus dem betreffenden Schweinefett zunächst eine Kaliseife her, fällen die
Lösung derselben mit Bleiessig, lösen das Bleioleat durch Aether, zersetzen dasselbe
mit Salzsäure und bestimmen in der ätherischen Lösung durch Titration die Oelsäure,
sowie die Jodzahl derselben. Nach den genannten Verfassern beträgt die Jodzahl für
die Oelsäure des Schweinefettes 93,66, für die des Baumwollsamenöles 136,69.
Diese Zahlen stimmen jedoch mit den Untersuchungen Dieterich's nicht überein. Letzterer kann sich daher der Ansicht v. Asboth's nicht anschliessen, dass ein Fett, welches
eine grössere Jodzahl als 94 habe, verfälscht sei. (Nach Helfenberger's Annalen durch Chemiker-Zeitung, Repertorium 1891 Bd. 15 S. 147.)
Auf Grund eingehender Untersuchungen veröffentlichte Wiley einige Methoden zur Prüfung des Schweinefettes auf Reinheit, von
denen zwei hier erwähnt seien:
1) Einige Tropfen des geschmolzenen Fettes werden mit einigen Tropfen Schwefelsäure
(Volumgewicht 1,7) gemischt. Reines Fett färbt dabei die Schwefelsäure gar nicht
oder nur hellrosa. bis schwach bräunlich. Baumwollsamenöl gibt dagegen eine
tiefrothbraune bis fast schwarze Färbung.
2) Geschmolzenes reines Schweinefett, mit concentrirter Silbernitratlösung in einem
Reagircylinder geschüttelt, reducirt letztere nicht. Baumwollsamenöl reducirt die
Lösung zu Silber,
das entweder als Metallspiegel oder in Form schwarzer Partikel abgeschieden wird.
(Nach Deutsche Apotheker-Zeitung durch Seifenfabrikant, 1891 Bd. 11 S. 667.)
(Fortsetzung folgt.)